Spaziergang über den Friedhof Hüfingen zu Allerheiligen
aktualisierter Beitrag, 1. Version vom 02. April 2021
31.10.2023
31.10.2024
Die Kette mit den 6 Hufeisen an der Leonhardskapelle befindet sich trotz aller Sagen wohl dort, weil an so gut wie allen Leonhardskapellen Ketten sind. St. Leonhard lebte im 6. Jahrhundert (starb wohl 559) und gehört zu den 14 Nothelfern – er ist der Patron der Fuhrleute. Die Kette gilt als „aneinandergereihte Danksagung“ an den Patron aller Wesen, der Gefangenen und der Stalltiere.
Ebenfalls vorne an der Leonhardskapelle (erbaut 1479 und gestiftet von Konrad und Burckhart von Schellenberg) kann man die verschiedenen Wasserpegel von Hüfingen bestaunen:
Der Friedhof wurde im Jahre 1629 vom Abt Georg Gaisser des Beneditinerklosters St. Georgen geweiht und wurde 1806 und 1861 erweitert. Problem war nicht nur, dass wegen des Dreißigjährigen Krieges der Friedhof bei der Stadtkirche zu klein wurde, sondern auch die ermordeten der sogenannten „Hexenverfolgung“ verscharrt werden mussten. Archivrat Franck meint 1872: “Wen mahnt es aber nicht an höhere Strafe und Gerechtigkeit, wenn er sich erinnert, daß über die Hüfinger Blutmenschen selbst schon am 15. Oktober 1632 das fürchterliche Blutbad durch die Würtemberger hereinbrach?”
Als Sinnbild der Vergänglichkeit kennt jeder die Rose, dabei ist der Efeu schon seit vorchristlicher Zeit das Sinnbild der Erlösung und des ewigen Lebens.
Epitaphien sind Grabinschriften für einen Verstorbenen an einer Kirchenwand oder in der Friedhofsmauer. Hier will ich einige zeigen. Wie es sich für den Hieronymus gehört beginne ich mit Lucian und Xaver Reich und Nepomuk Heinemann.
Lucian Reich
Schriftsteller und Kunstmaler
26. Februar 1817 – 2. Juli 1900
Xaver Reich
Bildhauer
1. August 1815 – 8. Oktober 1881
Josepha Reich
geb. Elsässer
23. Aprlil 1823 – 19. November 1900
Johann Nepomuk Heinemann
Litograf
30. Mai 1817 – 22. Februar 1902
Karl Bromberger, Litograph
Ehernbürger der Stadt Hüfingen
1873-1965
Clara Bromberger, geb. Bölke
1871-1958
Durchbohrt von eines Mörders Hiebe.
Blieb CURTA noch ein Muster von Geduld.
Noch sterbend sprach er voll der Liebe.
Vergebet meinem Mörder seine Schuld.
Dieses Denkmal der Liebe weihet ihrem Gatten Vallentin Curta Handelsmann seine betrübte Witwe mit VIII. verzogenen Kindern. Geboren zu der H. Dreyfaltigkeit in Gressoney. Starb den IV. Oktober MDCCCV. im LIII. Jahr seines Alters. R.I.P.
Dieses Denkmahl der Einzigen Liebe und des oantbiex? andenkens seihen dir Sehrvermißten Curtaischen Kinder ihrer ? für ? und alle jene, die sehr herzlichen unvergeßlichen Mutter
Rosina Burkhard
verehelichten Curta deren Geist aus der zerbrechlichen irdischen Hülle zu der ewigen Stütze und zur fehgälich gewünschten wiedervereinigung zu ihrem vorangegangenen Gatten eille.
der 22. März 1808. eben als die das 40 e Lebensjahr angefangen hatte.
Gottes friede weh in Blumen düften Vater Mutter über Euer Gräber her.
Maria Franziska von Ehren
geb. D. IX. September gestorben D. 22 ANG. 1863
?
Denkmal
Ihrer Hochedelgebohrenen Frau Katharina Kletser gebohrene Bosch. Sie starb den 5. November 1815 im 40 Lebensjahr.
Lasset die Kinder zu mir kommen
Dem hoffnungsvollen Knaben
Ferdinand Fischerkeller
Geb. den 8. August 1818
Gest. 25 April 1828
Weihen dieses Denkmal seine trauernden Eltern
Hier ruht
Johann Babtist Fischerkeller
geboren zu Donaueschingen den 21ten August 1749.
gundler Kaplan zu Jungnau druch 13 – zu Kaseifingen G_ und endlich dazu ad 6. Blasium durch 26 Jahre ? seine irdische Laufbahn den 21 ten Juny 1852.
Gott gebe Ihm und allen ? dir Ewige ? Amen
Francisco Neser
Josepf Anton Heizman
Raul Stoerk
Ruhestätte des Hochwürdigen Herrn LOS. Benedict Rebsteix
(Pfarrer?)
2. von links: Maria Magdalena Nober geb. Moog 24. Juni 1765 – 14. Juli 1840
Dem Andenken Des Hochwürdigen Herrn
Benedici Merck
Des villino, Rur:Kap;Exdecans
Bischöf. Konk, geist. Raths, und durh 35 Jahrepfarrer dahier
Legte ab die Körperliche Hülle nach 7 Jahren Leiden den 21 May 1798 im 64 Alterjahre: Geweiht v. seinen Geschwistern.
In der Mitte das Epitaph eines Bäckers.
Die Brezel bindet die gesenkte Fackel des Todes ein.
Das von Franz Xaver Reich 1864 erschaffene Steinkreuz verbindet die Hauptachse des alten Friedhofsteiles mit dem neuen Teil.
Der obere Teil scheint neuer zu sein. Vielleicht weiß ja jemand wo sich das ursprüngliche obere Kreuz befindet?
Die Einsegnungshalle wurde 2007 vom damaligen Bürgermeister Anton Knapp zusammen mit dem Architekten Rolf Schafbuch mit einer großen „Lichterscheinung“ vom Hüfinger Künstler Emil Kiess neu gestaltet.
Das Glasfenster von Emil Kiess mit 6000 kleinen Glasplatten spiegelt den Friedhof wie ein Mosaik.
Ebenfalls bei der Einsegungshalle befinden sich die Grabplatten von Adolf Heer und Rudolf Gleichauf.
Adolf Heer Bildhauer geboren 13. September 1819 gestorben 29. März 1898
Grabstein Adolf Heer und Rudolf Gleichauf
Rudolf Gleichauf Historienmaler geboren 29. Juli 1826 gestorben 15. Oktober 1896
Die Grabstätte (Grabstein) von Adolf Heer und seinem Freund Rudolf Gleichauf ehemals auf dem Hauptfriedhof in Karlsruhe.
Nach dem Tode Adolf Heers veranlasste der Landschaftsmaler Wilhelm Klose, ein ehr vermögender Karlsruher Mäzen (Ehrenbürger der Stadt Karlsruhe), eine würdige Grabstätte für seine Freunde zu errichten. Die Ausführung lag in den Händen von Bildhauer Johannes Hirt, der ein langjähriger Mitarbeiter von Heer bei der Gestaltung des Kaiser-Wilhelm-Denkmal war. Auch die zwei Bronzereliefs von Heer und Gleichauf am Grabstein sind mit J. Hirt signiert. J. Hirt wurde vom Verlassenschaft -Gericht als Abwickler der noch nicht vollendeten Arbeiten von Heer bestimmt. Er wurde ein bekannter Bildhauer in Karlsruhe. Das Grabmal fand seinen Platz auf dem sogenannten „Hügel“, eine bevorzugte Lage mit Bäumen, Farnen und Stechpalmen – wahrscheinlich unter Denkmalschutz stehend.
Wenig verständlich erscheint ein Bericht im Südkurier im Jahre 1976, „Silberdisteln schmücken das gemeinsame Grab von A. Heer und R. Gleichauf, wo den Besuchern von der Friedhofsverwaltung erklärt wird: „Wir halten es für eine Selbstverständlichkeit und Pflicht, den Gräbern Heers und Gleichaufs unsere Aufmerksamkeit zu schenken“. Mit wenigen einprägsamen Worten wird die Bedeutung der Künstler skizziert: .. Heer und Gleichauf haben im vergangenen Jahrhundert mitgeholfen, die Züge des Kunstschaffens in Karlsruhe zu prägen“. Monate später wird dann in einem Schreiben an die Stadtverwaltung Hüfingen und wahrscheinlich auch Vöhrenbach angefragt, ob Interesse am Grabstein der beiden Künstler bestehe: „Das Grab wird aufgelöst.“ Die Stadtverwaltung Hüfingen holte den Grabstein, der jetzt bei der Aussegnunghalle und den Urnenstelen steht. Leider ist der Stein nur ein Torso, denn die kunstvolle Einfassung fehlt. Auch sollte die Inschrift erneuert werden.
Bildhauer Prof. Adolf Heer,
Sein Leben und seine Werke auf der Baar und dem Umland von Erich Willmann
Schriften der Baar 53, (2010)
Dr. Erwin Sumser
(8. Oktober 1891 in Merzhausen bei Freiburg im Breisgau als Erwin Josef Sumser – 22. Januar 1961 in Hüfingen).
Pionier des Naturschutzes.
Eva von Lintig
Ehrenbürgerin
11.07.1931 – 10. 09.2023
De Goppfried Schafbuch
(* 3. Jänner 1898 z Hiifinge – 23. Oktober 1984)
isch e dytsche Dialäktdichter un Haimetforscher gsii.
Hermann Felder (1772 – 1954)
Geistlicher Rat
Monsignore Hermann Josef Kast (01.09.1888 – 21.06.1967)
Ehrenbürger von Hüfingen und Rektor von Mariahof
Abschließen möchte ich diesen Spaziergang mit dem Hüfinger Künstlerkreis und dessen Gedenkstein von der Hüfinger Heimatzunft im Park gegenüber der Breg.
Für Ergänzungen und Tipps bin ich jederzeit dankbar!
Sehr schöner Beitrag zur Hüfinger Kirchen-und Stadtgeschichte!
Das erste Grab
Gottfried Schafbuch hat unter diesem Titel eine traurige, aber interessante Geschichte zum städtischen Friedhof in seinem Werk „Mii Boor-Mii Hoamet“
auf der Seite 69 verewigt.
Sinngemäß heißt es dort:
Im Dreißigjährigen Krieg konnte der Hüfinger Kirchhof – so hieß der Friedhof um die Stadtkirche herum – die vielen Toten nicht mehr aufnehmen, so dass ein Ausweichplatz eingerichtet werden musste. Dieser Bereich befand sich wie heute
draußen vor dem Stadttor bei der St. Leonhardtskapelle. Abt Gaißer von St. Georgen weihte den neuen Friedhof am 24. September 1629 ein. Der neue Friedhof musste vor allem die unzähligen Toten des Hüfinger Blutbades von 1632 sowie die Opfer der Hexenverfolgung und der darauffolgenden Pestepidemien aufnehmen.
Die Totengräber und Bestatter hatten alle Hände voll zu tun.
Nach dem großen Krieg lag Hüfingen und die ganze Baar am Boden. Auf der bekannten Stadtansicht von Martin Menrad um 1688, sieht man, dass viele Jahre nach dem Krieg immer noch zerstörte Gebäude das Stadtbild prägten. Der Dreißigjährige Krieg war die größte Katastrophe die Hüfingen bis heute erlebt hat.
Ab 1680 wurde der Friedhof bei der Leonhardtskapelle wieder geschlossen, da der Kirchhof bei der Stadtkirche die Toten „Gott sei Dank“ wieder aufnehmen konnte.
Im 18. Jahrundert betrieb ein gewisser Andreas Minzer als Gastwirt das Gasthaus zum Kreuz bei der Stadtkirche (heute Blumenladen Nickel). Minzer war auch Stadtrat. Dem Gastwirt war der Kirchhof, der in unmittelbarer Nähe zu seinem Gasthaus lag zu rückständig und er bat mehrfach darum diesen stillzulegen und die Toten, wie zu Notzeiten bei der St. Leonhardtskapelle zu bestatten. Seinem Wunsch wurde nach zwanzig Jahren endlich entsprochen und der Friedhof an der Breg im Mai 1782 wieder eingeweiht.
Wer wird es sein, dem das erste Grab geschaufelt wird?
Bereits am 27. Mai 1782 kündete das Totenglöcklein vom Ableben eines Hüfinger Bürgers, welcher am 29. Mai bestattet wurde. Es war der Kreuzwirt und Stadtrat Andreas Münzer als erster auf dem neu eingerichteten Friedhof. Kurze Zeit darauf starb auch der gleichnamige Sohn des Wirts mit 14 Jahren am 19. Oktober 1782 und wurde in das achte Grab gelegt. Eine alte Grabsteinplatte erinnerte noch lange an das erste und achte Grab auf dem neuen Friedhof.
Übrigens wird die St. Leonardtskapelle irrtümlich gerne als Friedhofskapelle bezeichnet.
Diese Kapelle, welche von den alten Hüfinger Bürger*innen liebevoll „s`Leänedli“
genannt wird, ist viel älter als der Friedhof.
Des hät au emol messe g`seit sii.
Karfreitag ist für die das christliche Abendland der trauervollste Tag im Jahr. Im Coronajahr, was mit einer Krone wahrhaftig nichts zu tun hat, im Besonderen. Der wunderbare reich bebilderte Artikel von Hannah M. Jaag über den Hüfinger Friedhof bringt das beschaulich und besinnlich zum Ausdruck.
Ein Grabstein, ein Name hat mich geradezu elektrisiert: Curta oder Curtas oder Curtaz wie er im Augstbord heisst, hat mich spontan zur Veröffentlichung im Hieronymus dieser sehr persöhnlichen, anrührenden Mundartgeschichte bewogen: „Memento Laureta Thedy“ . Eine Leidensgeschichte, wie sie nicht besser zu einem Karfreitag passen kann.