Herren von Schellenberg

Herren von Schellenberg

17. Februar 2024 0 Von Hannah Miriam Jaag

Die Schellenbergs wurden in Quellen aus den Jahren 1137 bis 1157 als Vasallen des Otto von Freising erstmals erwähnt. Sie hatten ihren Stammsitz im oberen Isartal, dienten den Staufern ebenso wie Rudolf von Habsburg und gewannen damit politischen Einfluss und Reichtum.**

In der Stauferzeit ließen sich die Herren von Schellenberg auf dem Eschnerberg im heutigen Gebiet Liechtensteins nieder. Hier erbauten sie in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts die Burg Neu-Schellenberg und einige Jahrzehnte später die Burg Alt-Schellenberg. Es ist wahrscheinlich, dass die Stauferkönige die Schellenberg hier ansässig machten, um die Reichsstraße nach Italien zu sichern. Diesen Besitz im heutigen Fürstentum Liechtenstein verkauften die Herren von Schellenberg 1317 an die Grafen von Werdenberg-Heiligenberg. Dennoch trägt der Berg bei Eschen bis heute ihren Namen.**

Burg Schellenberg in Liechtenstein.

Obere Burg Schellenberg, 664 m ü.M.
Der Felskopf wurde schon ab dem 4. Jt. v. Chr., also in der Jungsteinzeit, als günstiger Siedlungsplatz genutzt. Der Name der aus Oberbayern stammenden Herren von Schellenberg ist zum ersten Mal in Urkunden des beginnenden 13. Jh. genannt. Die ältesten Bauten wurden möglicherweise bereits im 12. Jh. errichtet. Der Wohnturm stammt aus dem 13. Jh. Ihm folgte etwas später als Repräsentationsbau ein Palas. Im 14/15. Jh. wurde die Anlage mehrfach umgebaut und erweitert. Im Appenzellerkrieg von 1405 wurde sie gebrandschatzt.

Im späten Mittelalter und in der Frühen Neuzeit war das Geschlecht vor allem im Allgäu, in der Baar und im Hegau begütert. Als reichsritterliches Geschlecht gehörten die Schellenberg dem Ritterkanton Hegau-Allgäu-Bodensee im Schwäbischen Ritterkreis an.**

Wappen der Ritterkreise, darunter auch die der Kantone von 1721 des schwäbischen Ritterkreises**
Herren von Schellenberg**

Von 1280 bis 1374 waren die Schellenberger im Besitz von Wasserburg am Bodensee, das sie mit einer festen Mauer und einem Turm versahen. Wohl Ende des 13. Jahrhunderts erlangten sie als Reichslehen Burg und Herrschaft Rothenfels bei Immenstadt, die sie 1332 an das Haus Montfort-Tettnang verkauften. Um 1300 beerbte Marquard von Schellenberg, der auch mit der Reichsstadt Lindau in Fehde lag, die Herren von Kißlegg (Burg Alt-Kisslegg) und begründete eine eigene Linie und Herrschaft um den Marktort. 1560 bis 1570 erbaute Hans Ulrich von Schellenberg (1518–1606) dort ein hochgiebliges Schloss, das heutige „Alte Schloss“ oder „Wolfegger Schloss“. Mehrfach waren die Herren von Schellenberg-Kißlegg Vögte der Reichslandvogtei Oberschwaben.**

Bereits 1381 wurde die Herrschaft Kißlegg unter zwei Schellenberger Linien geteilt. Der eine Teil war seit 1525 im Besitz verschiedener Familien (Freiberg, Baumgarten, Trauchburger Nebenlinie des Hauses Waldburg) und kam letztlich 1793 an die Wurzacher Linie des Hauses Waldburg. Seit dem späten Mittelalter war eine Linie der von Schellenberg in Bräunlingen ansässig und – neben Österreich und Fürstenberg – auch Mitbesitzer der Stadt. 1557 bis 1609 gehörte den Herren von Schellenberg das Schloss an der Blaumeerstraße. Das dortige „Schloss Schellenberg“ brannte 1917 ab. **

Bertold (Benz) von Schellenberg

Als nach dem Tode Burkards von Blumberg im Jahre 1382 seine Besitzungen an seine Schwester Guta und damit an die Herren und späteren Freiherren von Schellenberg überging, leitete dieser Erbgang einen neuen Abschnitt in der Geschichte Hüfingens ein. Das Spätmittelalter (1273-1492) ist für das Heilige Römische Reich deutscher Nation eine Zeit der Auflösung. Gesetze des Stauferkaisers Friedrich II. (1212-1250) aus den Jahren 1220 und 1231/32 schufen die Grundlage für das Erstarken der Territorialstaaten. Diese Grundlage wurde durch die Goldene Bulle aus dem Jahre 1356 stark erweitert, und in dem Maße, in dem das Königtum an Macht verlor, seine Rechte einbüßte, wuchs die Macht der Landesherren, bauten diese ihre Landeshoheit aus. Diese Machtverschiebung wirkte sich auch bei den Herren von Schellenberg und damit in Hüfingen aus, ja, sie zieht sich wie ein roter Faden durch die Schellenberger Ära. Er endet im Jahre 1620 mit dem Übergang an das Haus Fürstenberg.*

Die Kißlegger erlangten durch Heirat auch die Herrschaft Sulzberg im Illertal, als Marquard I. die Erbtochter Klara Anna von Sulzberg ehelichte. Dieser Marquard hatte fünf Kinder, neben den Töchtern Margaretha und Anna die Söhne Berthold (Benz), Tölzer und Marquard. Von den Brüdern scheint Benz der Ältere gewesen zu sein. Sein Name taucht erstmals in einer Urkunde vom 16. März 1370 auf. Er vermählte sich mit Guta von Blumberg, die im Jahre 1382 ihren Bruder Burkkard beerbt hatte und wurde damit Herr von Hüfingen und Begründer der Baarer Linie, die bis in das Jahr 1812 bestand.*

LUB I, Bd. 5, Nr. 574.; zitiert nach: www.e-archiv.li/D48188; aufgerufen am 17.02.2024

Graf Heinrich von Fürstenberg erklärt, dass vor ihm sein Dienstmann Burkard von Blumberg, Sohn von Konrad selig, Hüfingen, Burg und Stadt mit aller Zubehör, fürstenbergisches Lehen, seiner Schwester Frau Guta von Blumberg, der Hausfrau von Benz von Schellenberg und allen ihren ehelichen Kindern vermachte und zwar mit der Bedingung, falls er, Burkard, keine ehelichen Erben hinterlasse, Hüfingen an seine Schwester fallen solle.

Graf Heinrich belehnt auf Bitten Burkards Guta und deren Kinder mit Hüfingen nach dem Wortlaut der Lehenurkunde Burkards. Es siegeln Graf Heinrich und Burkard von Blumenberg.

Liechtensteinisches Urkundenbuch (Belege des Schellenbergischen Stammbaums).

Bertold (Benz) von Schellenberg urkundete am 17. Juli 1383 zusammen mit seiner Gemahlin erstmals als Herr von Hüfingen. An jenem Tag erneuerten die Ehegatten dem Herzog Leopold von Österreich das schon von den Blumbergern eingeräumte Recht, daß ihm die Stadt Hüfingen jederzeit zu öffnen sei. Damit setzte Bertold die enge Bindung an Österreich fort, die schon von den Herren von Blumberg eingegangen worden war. Bertold von Schellenberg war jedoch nicht viel Glück beschieden, denn er starb schon bald nach dem Tode seines Schwagers. Bereits am 16. Oktober des gleichen Jahres 1383 weilte er nicht mehr unter den Lebenden. Seine Gemahlin Guta wurde fast gleichzeitig vom Tode ereilt. Sie war am 6. November 1383 ebenfalls nicht mehr am Leben. Zurück blieben die unmündigen Kinder Konrad I., Burkard I. und Klara Anna.*

In ihrer mißlichen Lage wurden die Waisen von ihren Verwandten mütterlicherseits angefeindet, denn diese hatten es nicht gern gesehen, daß die Stadt Hüfingen an ein völlig fremdes Geschlecht gefallen war. Unverzüglich nahm sich ihr Onkel Tölzer, ein Bruder ihres Vaters, tatkräftig der verwaisten Kinder an, wurde ihr Vormund und ließ sich bei ihnen in Hüfingen nieder. Es gelang ihm, wenn auch erst nach einigen Jahren, den Streit mit den Blumbergern, bei dem es u. a. um einen Teil des Laienzehnten in Hüfingen ging, zugunsten seiner Mündel beizulegen.

Während dieser Zeit kaufte er für sich das Dorf Mundelfingen, als dessen Herr er am 26. Juni 1388 aufgeführt ist.

Als Konrad I. volljährig geworden war, zog sich Tölzer wieder in seine Besitzungen zurück. Dort verstarb er am 20. Oktober 1427. Da er nur unebenbürtige Kinder hinterlassen hatte, die wohl von einer hörigen (leibeigenen) Mutter stammten und nicht erbberechtigt waren, und auch sein Bruder Marquard, auch Märk genannt, kinderlos starb, erbten die Hüfinger Schellenberger einen Großteil der Herrschaft Kißlegg im Allgäul.

Konrad I. zählte zu den bedeutendsten Gliedern des Geschlechtes derer von Schellenberg. Seine erste Nennung am 16. Oktober 1383 fällt mit der Bestätigung der Blutgerichtsbarkeit für die Stadt Hüfingen durch König Wenzel (1378-1400) zusammen.*

Schellenberg versus Fürstenberg

Im Jahre 1435 wurde Konrad I. durch seinen Sohn Gebhard I. von neuem in einen Konflikt mit Fürstenberg verwickelt. Graf Egon von Fürstenberg bemächtigte sich Gebhards und hielt ihn längere Zeit gefangen. Fast gleichzeitig waren andere Punkte mit Fürstenberg strittig, und es bestand kein Zweifel daran, daß die Fürstenberger schon seit längerer Zeit versuchten, Konrad I. von Schellenberg zu unterdrücken und zu schädigen.*

Ritter Konrad I. war in weitem Umkreis ein angesehener Mann und wurde mehrfach in wichtigen Rechtstreitigkeiten als Schiedsrichter berufen. Wie fast alle seine Nachkommen gehörte er dem Ritterbund vom St. Georgenschild an. Während der letzten Lebensjahre setzte er seine Söhne zu Mitinhabern seiner Besitzungen ein. Als er ausgangs 1448 oder anfangs des Jahres 1449 starb – er ist am 25. September 1448 letztmals erwähnt – erhielt sein Sohn Berthold II. die Güter in der Baar. Konrad und Gebhard I. bekamen die Herrschaft Sulzberg und die Hälfte von Kißlegg. *

Bertold II., der vom 10. März 1435 an urkundlich faßbar ist, erbte die von ihm während der letzten Lebensjahre seines Vaters mitverwalteten Besitzungen in der Baar. Graf Heinrich von Fürstenberg belehnte ihn am 30. September 1450 mit Hüfingen. Er wird am 17. April 1459 letztmals erwähnt, und am 7. Juni 1460 war seine Frau Ursula von Ellerbach bereits Witwe. Während der rund zehnjährigen Herrschaft konnte er den Familienbesitz zwar nicht vermehren, büßte aber auch nichts davon ein. *

Es fällt auf, daß Bertold II. die alten Beziehungen zu Österreich erneuerte, bevor er den Lehensherren um die Erneuerung des Lehens anging. Es ist unverkennbar, daß es sich dabei um einen Vorgang in dem stetigen schellenbergischen Bestreben handelte, von Fürstenberg vollständig unabhängig zu werden. Es ist verständlich, wenn die Schellenberger beim Hause Österreich Rückhalt suchten. Andererseits machten die Fürstenberger immer wieder den Versuch, die Schellenberger in ihren alten wohlbegründeten Rechten zu beschneiden.*

Der älteste von Bertholds II. Söhnen war sein gleichnamiger Sohn. Er muß noch jung gewesen sein, als er am 9. Juni 1460 auch im Namen seiner Brüder mit Hüfingen belehnt wurde, denn auch noch nach dieser Belehnung treten seine Mutter und die Oheime Konrad II. und Gebhard I. für ihn handelnd auf. Auch er erneuerte 1466 das Öffnungsrecht, erscheint aber schon am 27. Juni 1470 zum letzten Mal in den Urkunden. Im Jahre 1472 werden seine beiden Brüder allein mit Hüfingen belehnt.

Konrad III. zählt ebenfalls zu den bedeutendsten Persönlichkeiten derer von Schellenberg. Unter ihm gelangte das Geschlecht in der Baar auf die Höhe seiner Macht und seines Ansehens. 1478 gerieten Konrad III. und sein Bruder Burkard III, in einen weiteren Streit mit den Grafen von Fürstenberg, der vor das Hofgericht zu Rottweil gezogen wurde.

Die beiden Brüder dotierten am 4. Dezember 1473 die St. Leonhardskapelle, die sie zuvor mit den Bürgern erbaut hatten. Am 18. Februar 1480 wurden von den beiden Brüdern, dem Schultheißen und den Bürgern eine Große Jahrzeit und Bruderschaft in der Pfarrkirche zu Hüfingen gestiftet.* (Der Friedhof war damals neben St. Verena und Gallus).

Leonhardskapelle „s`Leänedli“, erbaut 1473 und gestiftet von Konrad und Burckhart von Schellenberg.

Am 17. August 1485 kaufte Konrad III. von Heinrich von Almshofen auf der Neuenburg das Dorf Hausen vor Wald. Nach dem Tode seines Bruders Burkard III. im Jahre 1505 oder 1506 ging dessen Anteil am schellenbergischen Familienbesitz auf Konrad III. über. Damit war der Besitz des Geschlechtes in der Baar wieder in einer Hand. Konrad III. konnte ihn im Jahre 1506 um die Neuenburg an der Gauchach und Bachheim vermehren. Damit besaß er mit Allmendshofen, Hüfingen, Behla, Hausen vor Wald, Mundelfingen, der Neuenburg und Bachheim eine zusammenhängende Herrschaft und ein Achtel von Kirchdorf im Brigachtal zusätzlich. Schließlich hatte er am 8. Januar 1480 bedeutenden Grundbesitz des Kosters St. Märgen in Hüfingen und Allmendshofen erworben.

Peter und Paul in Hausen vor Wald
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Totenschild des am 9. März 1556 verstorbenen Georg von Schellenberg in Peter und Paul Hausen vor Wald.
Wappen in Peter und Paul in Hausen vor Wald
Grabmahl Konrad III. von Schellenberg und seiner Gemahlin Adelheid von Blumberg in St. Verena und Gallus

Hans von Schellenberg

auch Hans der Gelehrte von Schellenberg (* 19. Februar 1552 oder 19. Februar 1551 im Schloss Hüfingen in Hüfingen; † 29. März 1609 im Schloss Randegg in Randegg bei Gottmadingen) gehörte zu den einflussreichen Männern der Baar und des Bodenseeraums.**

Hans von Schellenberg war der Sohn von Gebhart von Schellenberg († 13. März 1583) und dessen Ehefrau Barbara († 7. Juni 1582), Tochter von Eberhard von Fulach aus Schaffhausen; er hatte noch einen Bruder sowie zwei Schwestern. 1573 heiratet er Anna (geb. von Reischach); die Ehe bleibt kinderlos. Nach der Hochzeit lebt er im Schloss Randegg, das sein Vater 1567, neben der Burg Staufen, nach der Zerstörung im Schweizerkrieg 1499, wieder aufbauen ließ. **

Hans der Gelehrte von Schellenberg nach einem Ölgemälde.*

Nachdem Hans von Schellenberg, gemeinsam mit seinem Bruder, durch Hauslehrer unterrichtet worden war und sie das Jesuitenkolleg in Ingolstadt besucht hatten, immatrikulierte er sich 1564 im Alter von zwölf Jahren gemeinsam mit seinem jüngeren Bruder an der Universität Ingolstadt; dort hörten sie Vorlesungen über Rhetorik, Dialektik und Geschichte. 1567 begann er mit einem Studium der Rechtswissenschaften und besuchte weiterhin Philosophie-Vorlesungen; gemeinsam mit seinem Bruder wurde er 1569 in den Universitätsmatrikeln der Universität Freiburg erwähnt. Mit seinem Bruder setzt er die Studien in Italien fort – dort stirbt sein Bruder 1572 in Rom – sowie in Burgund und weiteren Orten. Durch die Auslandsaufenthalte sprach er zu seiner Heimatsprache sehr gut auch die französische und italienische Sprache.**

Bereits 1605 berichtete Hans von Schellenberg von römischen Münzfunden und einem Ziegelmosaikboden in Hüfingen, darauf ließ er auf dem Gelände des Kastell Hüfingen am „Galgenberg“ Sondierungsgrabungen vornehmen und Funde bergen. Nach seinem Tod geriet der Fundort als solcher aber wieder in Vergessenheit. Neben seinen archäologischen Studien, er beteiligte sich hierbei auch an den Ausgrabungen in Hüfingen, beschäftigte er sich mit numismatischen, genealogischen, historischen und theologischen Themen.**

Aquatinta von W. Scheuchzer und G.L. von Kreß sc. Verlag J. Velten in Karlsruhe etwa 1825

»Hans war ein Mensch von außerordentlich vielseitiger Begabung, als hochgelehrter Mann und vortrefflicher Historicus ebenso bekannt, wie von der Ritterschaft und dem Hause Österreich als kluger Berater und oft bewährter Geschäftsträger geschätzt«. So beschreibt Paul Revellio zusammenfassend Hansens Persönlichkeit und fährt fort: »Freilich, eine produktive Natur war Hans nicht, aber ein Mann von großer geistiger Regsamkeit, der das ganze Wissen seiner Zeit in sich aufgenommen hatte«. Die Ereignisse seiner Zeit beurteilte Hans von seiner streng katholischen Gesinnung aus. Von seinem kirchlichen Sinne zeugen auch eine Reihe von Stiftungen. So erhielt 1586 eine Glocke in der Mundelfinger Pfarrkirche seinen Namen, erbaute er in Randegg eine neue Kirche, erwarb er sich große Verdienste um die Gründung des Konstanzer Jesuitengymnasiums, vermachte er der Kirche und den Kaplaneien der Stadt Hüfingen zu frommen Zwecken 2150 Gulden.*

Hans ist immer ein guter Deutscher gewesen. Trotz seiner humanistischen Bildung verteidigte der Altertumsfreund seine Muttersprache. Daneben liebte er die Tafelfreuden und benutzte häufig deftige Ausdrücke und derbe Zoten, eine starke sinnliche Natur scheint ihm eigen gewesen zu sein.*

Mit Humor und Sarkasmus versuchte Hans zwar über sein Gichtleiden hinwegzukommen, aber es zwang ihn schon im Jahre 1600 zur Benützung einer Krücke und machte ihm wohl in den letzten Lebensjahren auch das Schreiben unmöglich. Am 29. März 1609 ist Hans der Gelehrte in der Pfarrkirche zu Hüfingen bestattet worden.

Mit seinem Tod starb die Linie aus; er wurde in der Pfarrkirche in Hüfingen begraben und kehrte damit zu der Grabstätte zurück, die er 1572 für seine Eltern errichten ließ. Als Erben werden der Neffe Conrad Vintler von Plätsch und die Nichten Christina und Clara Vintler von Plätsch eingesetzt.**

Die Hauptlinie bis zum Tode Abogasts von Schellenberg

Arbogast, der wahrscheinlich 1521 in Niederbayern geboren ist, wurde Stammvater aller Schellenberger der Baarer Linie und verwaltete ab 1550 den väterlichen Besitz in der Baar. Nach seiner Vermählung mit Helena von Rechberg zu Hohenrechberg nahm das Paar seinen Wohnsitz zu Hüfingen; Arbogast stand aber noch in österreichischen und bayerischen Diensten. Noch vor dem Tode seines Vaters kaufte Arbogast auf eigene Rechnung von den Stehelin von Stockburg ein Drittel des Zehnten von Bräunlingen und um 1570 vom dortigen Schultheißen Ludwig Reif genannt Welter von Bleidegg das »Schellenbergische Gut« (Schloß), das aus zwei mittelalterlichen Burgsässen entstanden war und acht bäuerliche Lehengüter einschloß.*

Im Jahre 1571 – sein Vater lebte noch – wurde Arbogast Schultheiß zu Bräunlingen und blieb es wohl bis 1577. In seiner Bestellungsurkunde ist zu lesen, daß er in Hüfingen wohnen bleiben könne, er müsse aber täglich »von und zu reiten«. Er geriet jedoch mit dem Rat der Stadt, der seine Rechte zu wahren wußte, in Streitigkeiten, so daß er 1576 oder 1577 das Amt wieder verlor, aber die Unstimmigkeiten hielten – wenn auch mit Unterbrechungen – bis zu seinem Tode an. Da Arbogast auch in Hüfingen zahlreiche Liegenschaften erwarb, die in der Fron bebaut werden mußten, beschwerten sich seine Untertanen, und Gebhard II. und Hans der Gelehrte mußten 1578 einen Vergleich herbeiführen.*

Mit dem Hause Fürstenberg lag Arbogast beinahe sein ganzes Leben lang in Streit. Dabei ging es einmal mehr um die Märkte zu Hüfingen, um die hohe Gerichtsbarkeit, aber auch um das Jagdrecht im Bräunlinger Bann und selbst um die Belehnung.*

Als Gebhard II. im Jahre 1583 starb, war für seinen Sohn Hans der Gelehrten und Arbogast eine erneute Belehnung erforderlich. Am 17. April 1583 kamen die beiden Schellenberger beim Grafen Heinrich auch um die neuerliche Belehnung ein. Der Graf war gewillt, Hans den Gelehrten zu belehnen, aber gegen eine weitere Belehnung Arbogasts weigerte er sich mit der Begründung, daß Arbogast das Lehen verändert habe und Differenzen zwischen ihnen bestünden. Selbst mit dem Bischof von Konstanz geriet Abogast 1602 in Steit. *

Arbogast I. von Schellenberg starb am 23. August 1605 und wurde ebenfalls in der Hüfinger Pfarrkirche beigesetzt. Er hatte aus erster Ehe elf Kinder: Es waren Burkard VI., Katharina, Anna, Konrad VI., Arbogast II., Walpurga, zwei Söhne namens Georg, Wolf (Wolfgang), Heinrich II. und Hans III.*

Burkhard von Schellenberg in St. Verena und Gallus.
Epitaph Arbogasts von Schellenberg in St. Verena und Gallus

1620 wurde Hüfingen an das Geschlecht der Fürstenberg verkauft.

Die Hausener Linie

1570 bauten die Herren von Schellenberg eine Burg in Hausen vor Wald. Das Schloß wurde leider 1823 abgeborchen, aber unter dem Haus befinden sich noch das Gewölbe des alten Kellers. Dieser konnte in den 1980ern noch mit Prof. Dr. Günther Reichelt besichtigt werden.

Totenschild des am 9. März 1556 verstorbenen Georg von Schellenberg in Peter und Paul Hausen vor Wald.
Frantz Hector Freiherr von Schellenberg, starb zu Hüfingen den 29. Heumonat 1742
“Hier stand einstmals die Burg der Freiherren von Schellenberg, erbaut um 1570, umgebaut als Schloß 1745-1750, abgebrochen 1823.”
Wappen in Peter und Paul in Hausen vor Wald
Frau Eva Maria Freifrau von Schellenberg ist in Gott entschalfen den 15. Oktober 1682
Herr Joseph Schellenberg gestorben 5. Juni 1740

Joseph Schweichard, 1664 geboren, dürfte der alteste Sohn Ernst Georgs gewesen sein. Er starb am 5. Juni 1740 im Alter von 76 Jahren und wurde in Hausen vor Wald beigesetzt. Seine Geschwister überließen ihm laut Vertrag vom 8. Dezember 1695 den liegenden Besitz der Familie gegen geldliche Abfindung. Das Erbe wurde ihm mit 23 193 Gulden angerechnet. Er blieb in Hausen vor Wald und war seinen dortigen Untertanen ein guter Herr. Nach dem Tode Johann Franz Bertolds erbte er im Jahre 1708 die Besitzungen der Burg-Bachheimer Linie, nämlich Neuenburg und Bachheim und 1727 schließlich beim Aussterben der Landstrost-Bräunlinger Linie auch das schellenbergische Zehntdrittel zu Bräunlingen. Wohl unverheiratet und kinderlos starb er am 5. Juni 1740 in Hausen vor Wald und vererbte seinen Besitz an den 17 Jahre jüngeren Bruder Franz Hektor.*

Franz Hektor, das jüngste unter den dreizehn Geschwistern, war 1695 Edelknabe beim Grafen von Fürstenberg und blieb sein Leben lang in fürstenbergischen Diensten. Er wurde wie sein Vater Oberjägermeister und fürstenbergischer Geheimer Rat. Da er während des Spanischen Erbfolgekrieges (1701-1714) gedient zu haben scheint, wird er auch Hauptmann genannt. Er wohnte die meiste Zeit in Hüfingen, wo seine Familie wieder ein Haus erworben hatte. Die Anteile, die er wie sein Bruder erbte, gingen ihm infolge von Prozessen und Schulden verloren. Franz Hektor vermählte sich um 1712 mit Maria Antonia Susanna von Schönau. Im Jahre 1740 erbte er von seinem Bruder Joseph Schweichard auch Hausen vor Wald und vereinigte danach wieder den ganzen noch vorhandenen schellenbergischen Besitz in seiner Hand. Er starb am 29. Juli 1742 kinderlos. Noch wenige Tage vor seinem Tod hatte er die Patronatsrechte der Hüfinger Pfarrei dem Hause Fürstenberg vermacht. Auch er wurde in der Kirche zu Hausen vor Wald beigesetzt. Seine Gemahlin, die am 27. Januar 1758 starb, erbaute nach dem Tode ihres Gemahls 1747 die schöne Kirche in Hausen vor Wald und das dortige Schloß, wie aus der Grabinschrift in der neuerbauten Kirche hervorgeht.*

Die letzten Freiherren von Schellenberg

Nachdem Johann Franz Bertold am 16. Januar 1708 gestorben war, fielen seine Lehengüter an seinen Vetter Franz Hektor von Schellenberg, den fürstenbergischen Oberjägermeister und späteren Geheimen Rat von der Hausener Linie. Als auch er am 29. Juli 1742 gestorben und in der Pfarrkirche zu Hausen vor Wald beigesetzt war, galt das Geschlecht der Freiherren von Schellenberg als (im Mannesstamm) erloschen, und das Haus Fürstenberg zog noch im gleichen Jahr die erledigten Lehen ein.*

Noch lebte Franz Hektors Gemahlin Maria Antonia Susanna von Schönau, als ein unbekannter angeblicher Freiherr von Schellenberg erschien und seine Ansprüche geltend machte. Es handelte sich um einen Enkel Johann Josephs I. von der Burg-Bachheimer Linie, einem Sohn Hans Ludwigs, der die Linie begründet hatte. Mit dem Auftauchen dieses Freiherrn von Schellenberg nimmt das romantischste und zugleich traurigste Kapitel des alten Rittergeschlechtes seinen Fortgang.*

Schon Lucian Reich schilderte es 1882 in der Karlsruher Zeitung, Eugen Balzer nahm diese Schilderung auf, und auch Gottfried Schafbuch faszinierte das Schicksal der letzten Schellenberger.*

Johann Joseph I., dessen Geburtsdatum sich nicht ermitteln läßt, soll zur Sterbezeit seines Vaters zusammen mit seinem Bruder Johann Franz Bertold in Freiburg studiert haben. Während eines Besuchs bei seiner Schwester Maria Eva von Dankenschweil in Mühlingen bei Stockach verliebte er sich in deren Köchin Maria Herbstin, eine leibeigene junge Witwe. Er war nicht der erste seines Geschlechtes, dessen Herz in Liebe zu einer Unebenbürtigen entbrannte. Dennoch unternahmen seine Verwandten alles, was ihnen möglich erschien, um eine Heirat zu verhindern.*

Trotzdem ließ sich Johann Joseph I. im Jahre 1681 mit Maria Herbstin in Kirchdorf trauen, und es kam zum Bruch mit der Verwandtschaft. Der Sohn Johann Joseph II. und die Tochter Maria waren geboren, als der Vater in die kaiserliche Armee eintrat und wenig später am 6. März 1683 als Oberleutnant bei Sargan in Ungarn im Kampf gegen die Türken fiel. Seine Witwe wurde weder in Mühlingen noch in der Neuenburg geduldet und auch um den Besitzanteil ihres gefallenen Mannes gebracht. In ärmlichen Verhältnissen lebend, wohnte sie in Mainwangen bei Stokkach, wo sie auch verstorben sein soll. Ihre Tochter Maria war ihr im Tode bereits vorausgegangen.*

Johann Joseph II., am 5. September 1783 geboren, diente als Bauernknecht und verdiente später sein Brot als Kohlenmesser in Zizenhausen, das ebenfalls bei Stockach liegt. Er legte den Adelstitel ab, nannte sich fortan einfach »Schellenberger« und heiratete Elisabeth Bellin aus Emmingen ab Egg. Aus ihrer Ehe gingen die Kinder Martin, Maria Anna, Magdalena, Johann Joseph III., Johann Michael und Dominikus hervor.

Dem Sohn Johann Joseph III. (geb. 10. September 1710) gelang es, durch die Beschäftigung seines Vaters in der Hüttenarbeit Fuß zu faßen. Schon in jungen Jahren wurde er Berg- und Hammerwerksverwalter mehrerer Werke im Allgäu und in Vorarlberg und später wurden die vorderösterreichischen Werke seiner Oberaufsicht unterstellt.*

Am 23. April 1752 heiratete Johann Joseph im Alter von 42 Jahren Maria Theresia Notburga Agnes Simpherosa von Pappus und Tratzberg. Durch diese Heirat mit einer Adeligen rehabilitiert und wohl auch zu – wenn auch nur bescheidenen – Geldmitteln gekommen, begann er die Rückgabe der Lehen des 1742 verstorbenen Freiherrn Franz Hektor von Schellenberg von Fürstenberg und dem Bischof von Konstanz zu betreiben. Während ihn der Bischof von Konstanz mit den Zehnten in Hüfingen und Bräun-lingen belehnte, als feststand, daß er seine Forderungen zu Recht gestellt hatte, wurde er von Fürstenberg mit dem Hinweis auf seine unebenbürtige mütterliche Herkunft zurückgewiesen.*

Johann Joseph ließ sich nicht entmutigen und klagte sein Recht beim Reichshofrat in Wien ein, wo er 1754 obsiegte. Nach einem Vergleich wurden er, seine Brüder Johann Michael und Dominikus mit Hausen vor Wald, Neuenburg und Bachheim belehnt. Auch um die Eigengüter Franz Hektors mußte er gegen Reinhard Friedrich von Neuenstein den Rechtsweg beschreiten. Doch kam dieser Streit erst 1781 zum Austrag und endete ebenfalls mit einem Vergleich. Allerdings war Johann Joseph zu diesem Zeitpunkt nicht mehr am Leben. Der tatkräftige Freiherr hatte es nicht leicht mit seinem neuen Besitz, denn mit ihm hatte er auch die auf ihm liegenden Schulden übernehmen müssen. Von den Geschwistern Johann Josephs III. starben Martin, Maria Anna und Magdalena vor der glücklichen Wende im Prozeß gegen das Haus Fürstenberg in ärmlichen Verhältnissen. Die beiden Brüder Johann Michael und Dominikus beteiligten sich an der Seite ihres Bruders am Kampf um die Wiedereinsetzung in ihre Rechte, traten dabei allerdings nicht hervor. Der eine von ihnen soll die Bierbrauerei und der andere die Bäckerei erlernt haben, aber Johann Michael wird später auch Leutnant genannt.*

Dominikus, der um 1719 geboren sein mag, lebte einige Zeit in Eglofs im Allgäu und kam in den Mitbesitz der Baarer Güter. Er beschloß sein Leben am 16. Januar 1787 und wurde in Hausen vor Wald begraben.*

Johann Joseph III. starb, wie viele seiner Ahnen, verhältnismäßig jung am 6. Oktober 1769 im Alter von 59 Jahren in Ebratshofen im Allgäu, wo er auch seine letzte Ruhe fand. Aus seiner Ehe mit Maria, Theresia Freiin von Pappus und Tratzberg zu Rauchenzell und Laubenberg, die ihren Gatten um 17 Jahre überlebte, war nur der Sohn Johann Joseph Anton neben einem früh verstorbenen Sohn und einer ebenso früh verstorbenen Tochter hervorgegangen.*

Johann Joseph Anton, der am 31. Mai 1754 wahrscheinlich im Allgäu das Licht der Welt erblickte, war also beim Tode seines Vaters noch unmündig. Seine Mutter scheint eine schlechte Haushälterin gewesen zu sein. Sie verheiratete ihren Sohn 1774 im Alter von 20 Jahren mit Maria Franziska von Lilgenau zu Popolan und Kaisersdorf, die aus Böhmen (Eger) stammte. Seine Frau schenkte Johann Joseph Anton am 4. September 1775 ein Töchterchen, das die Namen Johanna Nepomucena Josepha Maria Theresia Barbara Franciska erhielt, aber schon am 17. September 1777 im Geburtsort Hausen vor Wald starb.*

Seiner Schulden wegen war Johann Joseph Anton, der später Joseph Anton genannt wurde, am 11. Februar 1783 gezwungen, die Dörfer Hausen vor Wald, Neuenburg und Bachheim an eine Baronin von Neuenstein, eine Verwandte, zu verkaufen. Diese gab die drei Dörfer noch im gleichen Jahr für 48 000 Gulden an das Haus Fürstenberg weiter. Damit hatte die Herrschaft Schellenberg endgültig aufgehört zu existieren. Es war Johann Joseph Anton gelungen, aus dem Handel eine lebenslängliche Jahresrente von 800 Gulden und 24 Klafter Holz zu erhalten. Daneben blieben ihm die Zehntanteile in Hüfingen und Bräunlingen und ein Haus, das in Bräunlingen stand, erhalten. Bereits 1785 steckte er wieder so tief in Schulden, daß er vor seinen Gläubigern die Flucht ergriff. Kopflos geworden, ließ Johann Joseph Anton seine Frau und seine Mutter in größter Not zurück. Jetzt wurde sein restliches Vermögen mit Beschlag belegt und der Konkurs eröffnet, der sich über Jahre hinzog. Im Zwangswege wurde das Schellenbergische Haus versteigert. Als 1791 auch sein letztes Haus in Bräunlingen vom Magistrat versteigert wurde, trennte sich seine Frau endgültig von ihm. Sie erhielt die Hälfte seiner jährlichen Rente und zog nach München.*

Ohne Vermögen, auf seine halbierte Rente angewiesen, kam Joseph Anton wieder nach Hüfingen zurück. Dort zog er als Mieter des Amtmanns Melchior Reichlin, der das »Schellenbergische Haus« erstanden hatte, in sein einstiges Haus. In ihm verbrachte er den Rest seines Lebens. Seine Gemahlin ließ ihm im Chor der Pfarrkirche in Hüfingen, der Grablege seines Geschlechtes, eine einfache Gedenktafel anbringen. Luzian Reich senior meißelte in die Marmortafel unter dem Wappen derer von Schellenberg diese Inschrift:

»Dem Freiherrn Joseph Anton von Schellenberg,
geboren den 31. Mai 1754, gestorben den 8. Oktober 1812,
letzten Sprossen eines alten, edlen Geschlechts,
setzte dieses Denkmal ehelicher Liebe seine trauernde Gattin,
Franziska von Schellenberg, geb. Freiin von Ligenau.

Wie die Blätter am grünen Stamm wachsen und abfallen,
so die Geschlechter der Menschen.
Das eine stirbt und ein anderes wird geboren.«

Diese Worte aus den Sprüchen des Jesus Sirach wählte Lucian Reich später als Motiv zu seinem »Hieronymus«, aber wo hätten sie größere Aussagekraft als auf dem Grabmal des letzten Freiherrn von Schellenberg, dem letzten Sproß des Geschlechtes, das neben den Fürstenbergern einst das mächtigste Geschlecht in der Baar war.*

*Chronik von Hüfingen von August Vetter 1984
** Wikipedia