Die AfD und die Windräder
Nach ihrem Donaueschinger EU-Wahlkampfauftakt in der Donauhalle und der lautstarken Demo davor, nach dem Großaufgebot der Polizei und ihrem stundenlang über der Stadt knatternden Helikopter dürften sich die Sympathien für die AfD in bescheidenen Grenzen gehalten haben. Schon der Gerichtsprozess gegen ihren Rechtsausleger Björn Höcke, erst recht die Ausladung ihres EU-Spitzenkandidaten Maximilian Krah nach den Enthüllungen über seine Russland- und China-Hörigkeit, über Spionagevorwürfe und Geldzuwendungen aus Moskau dürften der Partei eher geschadet haben. Dass es den meisten Demokraten dennoch graust vor den nächsten Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen und dass dort noch immer mit satten Zuwächsen dür diese Partei gerechnet werden muss, gar mit der Möglichkeit, dass Extremist Höcke Wahlsieger werden könnte, ist 2024 traurige Realität. Wobei jüngste Umfrageergebnisse besonders verstören, dass nämlich ausgerechnet der Zulauf von Jungwählern ungebrochen zu sein scheint, erklärbar mit deren pessimistischer Weltsicht wie mit mangelndem Vertrauen in die demokratische Politik generell.
Was sollen da überhaupt noch die ganzen Belastungen und Verteuerungen zur Eindämmung des Klimawandels, so werden die Jungen interpretiert, wo sich da doch eine Partei anbietet, die das alles für überflüssig hält? Die den Windstrom für zu flatterhaft hält und lieber die AKWs reaktivieren möchte. Und die sich nach wie vor gegen die „Verspargelung“ der Landschaft wendet – zumal im bislang weithin WEA-freien Thüringer Wald. Während in der Restrepublik derzeit ein gnadenloser Ausverkauf der letzten noch halbwegs intakten Kultur- und Naturlandschaften droht, entfesselt vor allem durch den Goldrausch der Waldeigentümer, wo immer sich Windradstandorte zur Verpachtung anbieten.
Da lohnt sich fraglos ein zweiter Blick nach Thüringen, wo sich im Landtag eine Koalition von CDU, FDP und AfD seit Monaten vergebens zu wehren versucht hat gegen die Novellierung des Waldgesetzes, das nach dem Willen von Rot, Rot, Grün, der Regierungskoalition, nicht zuletzt zur Erleichterung der Rodung von Wald für die Windenergiegewinnung kürzlich beschlossen worden ist. Denn schon im Februar 2022 hatte das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass das Verbot der Errichtung von Windenergieanlagen im Wald (in § 10 Abs. 1 Satz 2 des Thüringer Waldgesetzes) mit dem Grundgesetz unvereinbar und damit nichtig ist.
Doch nun wurde bei der Neufassung – auf listiges Drängen der FDP – doch noch eine Bremse eingebaut: Wo im Wald, wie üblich als Ausgleichsmaßnahmen für die erforderliche Rodung, Ersatzaufforstungen vorgeschrieben werden, dürfen diese nicht auf agrarisch genutzten Flächen erfolgen. Wo aber sonst könnte wohl noch aufgeforstet werden?
Dass im Freistaat Thüringen außerhalb Waldes schon bisher die Windenergie da und dort geradezu exzessiv gefördert worden ist, wird leicht übersehen bei all dem energiepolitischen Gezerre um das neue Waldgesetz. Und dass die allermeisten Thüringer nicht aus purer Widerborstigkeit, gar aus Rechtslastigkeit, auf die Barrikaden gehen, sondern aus echter Sorge um ihren Wald und um die schützenswerte Landschaft, ist durchaus nachvollziehbar. Nirgends scheint die Welt so mit Windrädern bestückt und verhunzt worden zu sein, wie um die Thüringer Stadt Eisenach herum. Auch der Blick aus dem Nationalpark Hainich nach draußen ist verstörend. Als ob da nicht längst ein Sättigungsgrad erreicht, wenn nicht gar ein Übersoll geleistet worden wäre – nicht viel anders als es hierzulande, im Grün-regierten Ländle, soeben durch die Regionalverbände mit der Ausweisung von Windkraftvorrangflächen (vorwiegend im Wald) angestrebt wird.
Ob Björn Höcke demnächst vielleicht auch auf dem Feld der Energiepolitik leichtes Spiel haben wird? Wo doch die über eintausend deutschen Bürgerinitiativen gegen den Windkraftausbau in bislang noch wenig belasteten, daher umso wertvolleren Landschaften schon jetzt Gefahr laufen, in die AfD-Schublade gesteckt zu werden. Da bleibt viel Platz für Demos.