Die AfD und die Windräder

Die AfD und die Windräder

24. Januar 2025 1 Von Wolf Hockenjos

Seit Alice Weidel beim AfD-Wahlkampfauftak getönt hat, alle Windräder niederreißen zu wollen, und seit gar  der neugewählte amerikanische Präsident die Abkehr von der Windenergie zugunsten der heimischen Erdöl- und Gasindustrie propagiert, den menschengemachten Klimawandel leugnet und per Dekret aus dem Pariser Klimaschutzabkommen ausgestiegen ist, wird es heikel, sich hierzulande noch gegen die „Verspargelung“ ökologisch und touristisch wertvoller Kulturlandschaften zu engagieren. Denn gar zu leicht wird man jetzt in den falschen Topf geworfen und der Sympathie mit Rechtspopulisten verdächtigt.

Ob und wie sich die Zustimmung zur AfD angesichts ihrer brachialen Ankündigungen bei den Bundestagswahlen niederschlagen wird, ist noch ungewiss, mag sich Kanzlerkandidatin Weidel im Zwiegespräch mit Milliardär Elon Musk auf dessen „sozialem“ Medium X noch so blamiert haben („Hitler ein Kommunist“). Wie die Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg gezeigt haben, sind es vor allem die Jungwähler, die sich so leicht nicht abschrecken lassen, die zu Teilen rechtsextremistische Partei immer ungenierter zu wählen. Was sollen noch all die Belastungen und Verteuerungen zur Eindämmung des Klimawandels, so wurden die Jungwähler interpretiert, wo sich da doch eine Partei anbietet, die das alles für überflüssig hält? Die den Windstrom für zu flatterhaft einschätzt und dafür lieber die AKWs reaktivieren möchte – was mittlerweile ja auch CDU/CSU und FDP für sinnvoll erachten. Und macht es da nicht Sinn, sich gegen die weitere „Verspargelung“ selbst der letzten naturnahen Landschaften zu wenden – ganz wie es der AfD-Landesvorsitzende Björn Höcke für den bislang noch weithin WEA-freien Thüringer Wald propagiert? Derweil hat doch in der Restrepublik ein gnadenloser Ausverkauf der Wälder begonnen, entfesselt vor allem durch den Goldrausch von privaten, kommunalen und staatlichen Waldeigentümern, wo immer sich Windradstandorte zur Verpachtung anbieten. Man müsse die widerborstigen Anlieger nur finanziell beteiligen, dann breche ihr Widerstand sogleich in sich zusammen.

Oder richtet sich die Beeinträchtigung, ja, Zerstörung schöner heimatlicher Landschaft durch 250 m hohe industrielle Anlagen nicht etwa doch gegen das Naturschutzrecht wie auch gegen Grundgesetzartikel 20a, der die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere „auch in Verantwortung für die künftigen Generationen“ schützen soll? Man blicke bloß nach Thüringen, wo sich vor den jüngsten Wahlen noch eine Koalition von CDU, FDP und AfD monatelang vergebens zu wehren versucht hatte gegen die Novellierung des Waldgesetzes, das nach dem Willen von Rot, Rot, Grün, der damaligen Regierungskoalition, speziell auch zur Erleichterung der Waldrodung für die Windenergiegewinnung beschlossen worden ist. Wo doch das Bundesverfassungsgericht schon im Februar 2022 entschieden hatte, dass das Verbot der Errichtung von Windenergieanlagen im Wald (in § 10 Abs. 1 Satz 2 des Thüringer Waldgesetzes) mit dem Grundgesetz unvereinbar und damit nichtig ist.

Doch dann wurde in dessen Neufassung – auf listiges Drängen der FDP – doch noch eine Bremse eingebaut: Wo im Wald, wie üblich als Ausgleichsmaßnahmen für die erforderliche Rodung, Ersatzaufforstungen vorgeschrieben werden, dürfen diese nicht auf agrarisch genutzten Flächen erfolgen. Wo aber sonst als in der Feldflur könnte wohl noch aufgeforstet werden?

Ausblick aus dem Thüringer Wald (aus der Wartburg)

Dass im Freistaat Thüringen, freilich außerhalb Waldes, schon bisher die Windenergie da und dort geradezu exzessiv gefördert worden ist, war nicht zu übersehen bei all dem energiepolitischen Gezerre um das neue Waldgesetz. Und dass die allermeisten Thüringer nicht aus purer Widerborstigkeit, gar aus Rechtslastigkeit, auf die Barrikaden gehen, sondern aus echter Sorge um ihren Wald und um die schützenswerte Landschaft, ist durchaus nachvollziehbar. So scheint die Welt nirgends so mit Windrädern bestückt und verhunzt worden zu sein, wie etwa um die Thüringer Stadt Eisenach herum. Als ob da nicht längst ein Sättigungsgrad erreicht, wenn nicht gar ein Übersoll geleistet worden wäre – ganz anders als es hierzulande, im Grün-regierten Ländle, wo soeben erst durch die Regionalverbände die Ausweisung von Windkraftvorrangflächen (vorwiegend im Wald) massiv vorangetrieben wird.

 Ob Björn Höcke demnächst nicht doch auch bundesweit auf dem so umstrittenen Feld der Energiepolitik leichtes Spiel haben wird? Wo doch die über eintausend deutschen Bürgerinitiativen gegen den Windkraftausbau in bislang noch wenig belasteten, daher umso wertvolleren Landschaften schon jetzt Gefahr laufen, in die AfD-Schublade gesteckt zu werden. Sie seien ja ohnehin vor allem von Veränderungsängsten getrieben, getreu dem Motto „not in my backyard“, nicht vor meiner Haustür. Während Arten- und Landschaftsschutz nur vorgeschoben würden.

Wie wird die Welt auf die klimapolitische Kehrtwende des neuen Washingtoner Präsidenten reagieren? Leitet er nun auch zusätzliches Wasser auf die Mühlen der AfD? Und wird er dazu beitragen, die Widerständler noch mehr in Misskredit zu bringen, mag ihr Anliegen noch so honorig sein?

Ausblick aus dem Hainich-Nationalpark