S’Leänedli – St. Leonhardskapelle

S’Leänedli – St. Leonhardskapelle

15. August 2024 0 Von Hannah Miriam Jaag

Die St. Leonhardskapelle dürfte wohl eine der ältesten Kapellen der Baar sein. Sie wurde 1479 erbaut und ist eine Stiftung der Brüder Konrad und Burkhard von Schellenberg und von Hüfinger Bürgern.

Eine alte Pergamenturkunde berichtet, dass im Jahre 1479, am Samstag vor dem St. Nikolaustag, die Gebrüder Konrad und Burkhard, Ritter von Schellenberg, und die Bürger zu Hüfingen die Kapelle, „vor der Bruck gelegen”, weihen ließen zu Ehren des hl. Lienhard und „am 19. Dezember 1630 wurde das Glöcklein von St. Leonhard geweiht.”*

Aus dem Jahre 1620 stammt die “Bräunlinger mappa“, in der die Territorialgrenze gegen Bräunlingen hervorgehoben ist. Sie enthält auch den westlichen Teil der Gemarkung Hüfingen.
Die Schächerkapelle, das Leprosenhaus, St. Leonhard, das Schützenhaus, die Seemühle und der Galgen sowie der Behlaer Weiher sind hier richtiger eingetragen als in der Landtafel der Baar.
Verzeichnet sind auch das Scharfrichterhaus und der Weg nach Behla.**
Landtafel der Baar von Hiffingen mit Schützenhaus und Stadtkirche. Die beiden Stadttore und überdimensional auch die Nikolauskapelle. Die Nikolauskapelle stand etwa da, wo der Garten der Stadtapotheke war und wurde 1788 abgerissen (Nikolausgasse).
Merkwürdigerweise fehlen die beiden Schlösser. Willkürlich ist die Bebauung innerhalb der Stadt gestaltet. Auf der Donaueschinger Stadtseite lagen eingezäunte Grundstücke (Gärten). Besonders ins Auge fällt ein Wegkreuz etwa auf dem Platz der nachmaligen Lorettokapelle. Weniger Sorgfalt als in der »Bräunlinger Mappa« wurde auf den Breglauf, die Wege und die topographisch richtige Lage der St. Leonhardskapelle und des Scharfrichterhauses (zwischen Kapelle und Wegkreuz) gelegt, das westlich der Dögginger Straße erbaut war.*


Die Außenwände der Kapelle sind mit einer Kette umzogen, an der sechs Hufeisen hängen, weil St. Leonhard der Patron der Fuhrleute ist. Sie gelten als „aneinandergereihte Danksagungen” an den Patron aller angeketteten Wesen, der Gefangenen und der Stalltiere. Daß die Kette von einem Fuhrmann als Dank für die Rettung aus der Hochwasser führenden Breg gestiftet wurde, darf wohl als Sage gelten, da ja die Mehrzahl der Leonhardskapellen mit Ketten versehen sind.

St. Leonhard lebte im 6. Jahrhundert, gehört zu den 14 Nothelfern und ist der Patron der Fuhrleute. Die Kette gilt als “aneinandergereihte Danksagung” an den Patron aller Wesen, der Gefangenen und der Stalltiere.

St. Leonhard wird nicht nur als Pferdeheiliger verehrt, sondern er nahm sich auch der Gefangenen an. König Theodebert erlaubte ihm, dass er den Gefangenen diente. Daran hatte bisher noch kein Mensch gedacht, dass Sträflinge auch Seelsorge brauchen. Leonhard sorgte für Gerechtigkeit im Strafvollzug, erwirkte Befreiung für Unschuldige und nahm sich besonders der Strafentlassenen an. Diese mußten wieder Boden unter die Füße bekommen, sonst gerieten sie auf neue Abwege. Er ließ sich Land schenken, stellte seine Schützlinge mit Spitzhacken und Spaten hin, lehrte sie roden und siedeln und wirtschaften. Nach ein paar Jahren waren sie ordentliche Menschen.*

Der Merowingerkönig Chlodwig I. wollte seinem früheren Höfling Leonhard, weil er so tüchtig war, ein Bistum besorgen; aber dem Demütigen stand der Sinn nicht darnach. Er ging in das Kloster Micy bei Orleans und nahm dort den Habit. Als er auch daselbst nach einiger Zeit selber den Stab führen sollte, machte er sich davon und suchte in einem Wald bei Limoges die Einsamkeit auf. Das Regieren Lag ihm nun einmal nicht, er wollte dienen.*

Er selber blieb in der Einsamkeit, aber mit der Zeit gesellten sich ihm Brüder bei. Man baute Zellen und eine Kapelle; der Anfang zum Kloster Noblat, später Leonhardskloster genannt, war gemacht. Als Gründer dieses Klosters wurde er trotz seines Sträubens zum Abt gewählt, man übergab ihm den Abtsstab.

Lucian Reich erwähnt in seinen Schriften, dass in der hiesigen Leonhardkapelle, im „Leänedli“, wie sie geheissen wird, jeweils vor dem Auftrieb des Viehes auf die verschiedenen Weiden Gottesdienste gehalten wurden.

Die Legende besagt, es seien durch das Gebet des heiligen Leonhard oder auf seine Anrufung hin auf wundertätige Weise die Ketten zahlreicher Gefangener zersprungen.

Der heilige Leonhard im Leändeli

Leonhard von Limoges, auch Leonhard von Noblat († 559), war ein fränkischer Adelssohn, der am Hof der Merowinger erzogen wurde; später lebte er als Eremit. Er ist einer der 14 Nothelfer. Sein Gedenktag ist der 6. November.

Der Heilige Leonhard in der alten Kapelle von der Lochmühle.
Die Kapelle wurde 1805 zum Gedenken, der beim Hochwasser 1804 Ertrunkenen, gebaut.

St. Leonhard von 1310 im Würzburger Dom.
Foto: Wikipedia

Die Statue in der Kapelle stellt St. Leonhard sitzend mit einer Kette mit Handschelle und Schloß und mit dem Abtsstab dar. Rechts der heilige Leonhard als Sandsteinfigur um 1310 im Würzburger Dom (Wikipedia)

Der heilige Leonhard, zunächst Schutzpatron der Gefangenen wird auch als „Kettenheiliger“ bezeichnet. Der Kettenheilige wird von Bauern, Stallknechten, Fuhrmannsleuten, Schmieden und Schlossern sowie Obsthändlern und Bergleuten angerufen. Er gilt auch als Helfer von Wöchnerinnen, bei Kopfschmerzen sowie Geistes- und Geschlechtskrankheiten.***

Der Altar im „Leänedli” stammt aus der wegen Baufälligkeit im Jahre 1788 abgebrochenen St. Nikolauskapelle. Das Altarbild, gemalt 1748 von Johann Pünner, einem heute unbekannten Maler, trägt oben die Inschrift:

„St. Leonhard und St. Nikolaus, bittet für uns.”

Besonders in Bayern, wo Leonhard der Liebling der Bauern vor allen andern Heiligen ist, wird sein Fest am 6. November recht feiertäglich begangen. In vielen Orten finden alljährlich die Leonhardifahrten statt. Über fünfzig Wagen in hochfestlichem Aufputz bilden in Tölz die freudige Prozession. Die Jungfrauen fahren in einer besonders schönen „Truhe”, im Dirndelwagen. Die Burschen und Männer aber reiten nach der Umfahrt den Kalvarienberg hinauf, nehmen am Gottesdienst teil, traben dreimal um die Leonhardikapelle herum und stellen sich dann zur Pferdesegnung auf.*

„St. Leonhard vorm Himmelstor,
wir reiten dir die Rosse vor.
Einst kommen wir zu Fuß herauf,
halt uns dann deine Hände auf!”

St. Leonhard von Franz Wintermantel 1972 aus Mii Boor – Mi Hoamet von Gottfried Schafbuch

Der Friedhof hinter der Kapelle wurde im Jahre 1629 vom Abt Georg Gaisser des Beneditinerklosters St. Georgen geweiht, da der Friedhof an der Stadtkirche für den 30-jährigen Krieg und die vielen Hexenverbrennungen zu klein wurde. Im Jahr 1772 wurde der Friedhof bei der Stadtkirche aufgegeben und der Friedhof hinter der Kapelle wurde 1806 und 1861 erweitert.

*nach Gottfried Schafbuch in Mii Boor – Mi Hoamet (1972)
** nach der Chronik von Hüfingen von August Vetter (1984)
*** nach Wikipedia