Abschlussrede von Gemeinderätin Hannah M Jaag 2024
Eigentlich wollte ich ja nichts mehr sagen, aber da Sie sonst meinen, Sie hätten mich mit ihren Unverschämtheiten zum Schweigen gebracht, möchte ich zumindest die letzte Haushaltsrede halten, bei der ich eigentlich als Fraktionssprecherin hätte reden sollen.
Als ich 2019 zum ersten Mal in diesem Gemeinderat saß, war ich zu allererst schockiert über das großkotzige, arrogante Verhalten vieler Männer.
Lange habe ich darüber nachgedacht, ob dies eine Eigenheit nur von Hüfingen oder vielleicht in ganz Deutschland ein Problem ist.
Ich bin promovierte Naturwissenschaftlerin und auch Ingenieurin und von daher gewohnt mit vielen Männern zu arbeiten. Nach vielen Jahren in den USA und auch der Schweiz war ich allerdings an eine kollegiale Zusammenarbeit und ein vollkommen anderes Demokratieverständnis gewohnt.
Es ist so, dass sich Frauen heute zwar wählen lassen dürfen, aber wenn sie gewählt sind, keinerlei Schutz ausserhalb einer Partei bekommen. Es kommt weder die Kommunalaufsicht, noch das Regierungspräsidium zur Hilfe. Ohne starken Mann in einer der Parteien im Hintergrund, ist eine Frau zum Abschuss frei gegeben. Genau dies wird vom Bm und seinem Fraktionssprecher hemmungslos ausgenutzt und genüsslich betrieben. Frei nach dem Motto: “Politische Teilhabe könnt ihr haben, aber dann werdet ihr eben fertig gemacht.” Qualifikation oder demokratische Grundprinzipien sind vollkommen egal.
Der Rechtsstaat wird für eine bestimmte Gesellschaftsschicht ausgesetzt und dies kann öffentlich betrieben werden, da es keine Presse mehr, sondern nur noch unreflektierte Hofberichterstattung gibt.
Die ständigen kompetenzfreien Machtdemonstrationen, das zusammenhangslose, dümmliche Sinnieren und auch das sinnlose, zerstörerische Verschwenden von Steuergeldern nervt mich einfach nur noch.
Ich wurde gewählt, damit auch die Natur und der Artenschutz in Hüfingen wieder eine Rolle spielen. Dies ist nicht möglich und wird verwehrt. Kompromisse gibt es keine. Bei der CDU sind Kompromisse: Ich mach was ich will und Du hältst den Mund. Wenn man diesen nicht hält, ist man halt nicht kompromissfähig.
Zum Haushalt
Dieser gesamte Haushalt ist ein Schlag ins Gesicht vom Naturschutz, von jungen Familien, die ihre Kinder nicht katholisch erziehen möchten, von Jugendlichen und auch aller Menschen, die irgendwie im 21. Jahrhundert angekommen sind, oder dies vielleicht möchten.
Was haben wir in Hüfingen:
5 katholische und 1 evangelischer Kindergarten. Ausser einer zuerst stark bekämpften Elterninitiative keine laizistische oder sonstige Einrichtung. Kein pädagogisches Personal das nicht den Wertvorstellungen des hiesigen Klerus entspricht.
Aber gut, es wurde mir bereits öfters gesagt, dass ich über keinerlei Kompetenzen verfüge über Kindergärten zu sprechen. Leider ist die hierfür ausgebildete Stadträtin komplett verstummt und überlässt es brav alten Männern.
Kommen wir zu meiner Expertise, dem Naturschutz.
Baugebiete Fläche Behla 0,85 ha (Nettobaufläche 6.924 m2), Fürstenberg 3 ha (Nettobaufläche 16.520 m2), Ziegeleschle 4,3 ha (Nettobaufläche 13.700 m2), Loretto 6,9 ha, Hausen vor Wald 2,17 ha (Nettobaufläche 11.303 m2), Mundelfingen 2,06 ha, Sumpfohren 0,9 ha (Nettobaufläche 4.329 m2).
Das sind mindestens 20 ha Neuversiegelung – ohne die 16 ha vom Lidl. Diese Neuversiegelung wird die Stadt die nächsten Jahre mindestens 10 Mio Euro kosten. Alleine 2024 stehen im Haushalt “immense Investitionen von 8.8 Mio Euro”. Es ist fraglich, ob sich diese Investitionen in den nächsten 20-30 Jahren amortisieren; insbesondere vor dem Hintergrund stark rückläufiger Bauanträge und steigender Zinsen.
Stellen wir uns den Aufschrei einiger Landwirte vor, wenn der Naturschutz 20 ha aus der intensiven Nutzung nehmen wollte. Aber gut, deshalb investiert die Stadt Hüfingen gleich besser rein gar nichts in den Naturschutz. Ganz im Gegenteil:
- Für das illegale 13b Baugebiet Hondinger Straße wurde ebenfalls illegal (nachträglich durch das LRA genehmigt) eine Streuobstwiese vernichtet.
- In das Biotop Behlaer Weiher wurde über Jahre hinweg Mischwasser eingeleitet. Um nichts wiederherstellen zu müssen, wird gelogen, betrogen und es werden alle verfügbaren Beziehungen ausgespielt.
- Auf Wunsch eines bestimmten Landwirtes seine Neupachtung ohne Hecke zu bekommen, wird auf der Längewiese illegal ein geschütztes Heckenbiotop gerodet.
- Für das Gewerbegebiet Ziegeleschle und einen CDU Wahlkampfhelfer wird ebenso vorsorglich wieder illegal eine Streuobswiese ausgerissen. Auch hier werden wieder alle verfügbaren Kontakte und Beziehungen ausgespielt.
Naturschutz ist in Hüfingen, wenn Ökopunkte generiert werden, um den gesetzlichen Vorgaben zu genügen.
Neben dem Naturschutz spielen auch die Jugendlichen in Hüfingen keine Rolle mehr. So wird gerade mal getan, was vom Staat gegenfinanziert wird. Der Stadtjugendpfleger wurde in die Nachbarstadt weggemobbt. Offene Jugendarbeit und seine Beliebtheit war den herrschenden Männern ein Dorn im Auge. Gerade nach der schlimmen “Coronazeit” wird diese fehlende Sozialisation vieler Jugendlichen der gesamten Stadt noch ordentlich auf die Füsse fallen.
Wie kann eine Stadt von der Größe Hüfingens auf ein funktionierendes Jugendhaus verzichten? Und nein, Vereine und Ehrenamtliche können und werden dieses Defizit nicht auffangen können.
Wofür aber Geld da ist, neben der Versiegelung und Zerstörung unserer Natur, ist ein sogenannter Bürgerdialog, Consulter, Anwälte, Berater, Architekten und natürlich Dienstwägen. Zum Ausverkauf des Hüfinger Stromnetzes sage ich gar nichts.
Aber zum vermeintlichen Luxusgut Sauna: Die einzigen Luxusgüter die Hüfingen sich leistet, sind Consulter, Anwälte und Architekten, deren Kosten und Beauftragungen sich dem Gemeinderat und der Öffentlichkeit entziehen. Hierzu wurden nie Zahlen genannt.
Dies war vermutlich das Letzte, was ich als Stadträtin sagen werde und ich hoffe, die Hüfinger Bürgerinnen und Bürger nutzen das Wahljahr 2024, um der unguten Entwicklung nachhaltig entgegen zu wirken.
Vielen Dank an meine Fraktionskollegen für die spannenden Diskussionen und die Unterstützung der letzten Jahre!
Da hier über 1000 Leute schon meine Rede gelesen haben und wissen was ich wirklich gesagt habe, wollte ich jetzt doch noch was klarstellen.
Die merkwürdige Behauptung ich habe die Sitzung vorzeitig verlassen stimmt nicht und soll nur davon ablenken was ich gesagt habe.
Sonst müsste man sich ja mit meinen aufgeführten Tatsachen auseinandersetzen.
Dann stand in der Zeitung noch was von Klima – jeder kann lesen, dass die Klimaveränderung kein Thema war.
Ich möchte meine Leser bitten, diese Behauptungen klar zu stellen, da ich ja gegen Gerüchte und die Zeitung keine Chance habe.
Übrigens ist mir vollkommen klar, dass die allermeisten Männer in dem Gemeinderat sich einen Teufel drum scheren was ich sage und sich auch nicht ändern werden.
Deswegen bitte ich inbrünstig alle Hüfinger bei den Wahlen etwas Parität und Mitbestimmung zu schaffen. Es gibt Listen ausserhalb der herrschenden FDP/CDU Männer.
Danke für den Text auf der Plattform. Gersten war der Inhalt bei uns Thema, heute im Südkurier. So konnte ich Ihr Original lesen. Ich finde die Abrechnung ist sehr pauschal. Als Architekt verteidige ich an der Stelle unsere Berufsgruppe: Meistens sind es sogar europaweite Ausschreibungen und Wettbewerbe. Mit lokalen Partnern wären die Kosten niedriger, auch der Umweltschutz größer (Regionalität). Die Stadt hält sich an geltendes Vergaberecht. Es ist kompliziert und teuer geworden. Dafür kann niemand in der Kommunalpolitik etwas (europäisches Recht und Bürokratie).
Weshalb ist es schwierig den Flächenverbrauch in Hüfingen zu stoppen? Weil wir seit 2015 durch Zuwanderung nach Deutschland viele Millionen mehr Einwohner dazu gewonnen haben und gesellschaftlich noch nie ehrlich darüber diskutiert haben, ob wir alle bereit sind persönliche Einschnitte beim Wohnen zu akzeptieren. Die Wohnfläche je Einwohner steigt stetig. Sind wir bereit uns zu verkleinern? Unter welchen Bedingungen?
Wenn ich als Kommunalpolitiker für die Wahl 2024 Frauen frage, ob sie für den Gemeinderat kandidieren möchten bekomme ich in der Regel ein klares Nein. Kein Interesse, andere Prioritäten. Basis für mehr Frauen in der Bundespolitik wäre die Kommunalpolitik. Wir von der FDP würden 50% der Plätze freiwillig Frauen zur Verfügung stellen, erreichen aber nur 5-10%. Jede Frau bekäme fast konkurrenzlos ein Spitzenplatz. In meinen Berufsalltag gibt es inzwischen mehr Frauen als Männer in behördlichen Leitungspositionen. Wenn es eine Auswahl gibt werden Frauen inzwischen (still) bevorzugt. Es entspricht dem Zeitgeist. Ich käme aber nie auf die Idee Geschlechter gegeneinander auszuspielen. Männer kämpfen eher und vernachlässigten manchmal die Familie, Frauen suchen tendenziell Harmonie und gehen Streit öfters einfach aus dem Weg. Ich bin mir sehr sicher, dass sich in ein paar Jahren 50 % der Männer um Kind und Haushalt kümmern werden. Ich war in den letzten Jahren als Mann alleinerziehend mit Beruf. Den Kindern ging es gut, aber anders. Werden wir in Zukunft dann 50% Frauen als Kandidatinnen für die Kommunalwahl haben? Mit mehr Frauen in den Fraktionen würde sich der Meinungsbildungsprozess ändern. Das kann man glaube ich Männern mit Bereitschaft zum kommunalen Ehrenamt heute pauschal so nicht vorwerfen.
Das können Sie gerne so sehen.
Allerdings könnten Sie sich auch mal hinterfragen warum Frauen nun in Wirklichkeit nicht auf Ihre Liste wollen, anstatt Ihre so praktische wie pauschale Behauptung hier darzustellen.
Donnerwetter! Eine volle Breitseite, aber auch nach meinem Eindruck der letzten Jahre nicht völlig unberechtigt!
Eine Frau mit Kompetenz und Mut, die sich niicht scheut die Wahrheit transparent zu machen……auch wenn es zu ihrer eigenen Last geht……Hut ab..
Dankeschön!
Ich mag ihre direkten und ehrlichen Artikel. Immer wieder faszinierend. Es wird Natur großflächig zerstört und wehe der Privatmann pflanzt auch nur eine Thuja zuviel, da kommt direkt die Garten Polizei. Wobei, Nein….das ist nicht richtig. Die kam erst 7 Jahre nach der Pflanzung. Von grundauf gezogene Bäumchen mussten rausgerissen werden. In denen sich Falter und Insekten aller Art heimisch fühlten. Auf denen Vögel saßen und den Morgentau getrunken haben.