Brigobannis: Römerstraßen und Peutingerkarte
aktualisiert, Originalbeitrag vom Januar 2021
Im September 2020 habe ich über die Villa Rustica im Naturschutzgebiet Deggenreuschen geschrieben.
In dem Artikel von Dr. Paul Revellio (3) wurde ein Segment der sogenannten Peutingerkarte, einer mittelalterlichen Kopie einer römischen Straßenkarte des 4. Jahrhunderts, erklärt. Es ist eine eine kartografische Darstellung, aus dem spätrömischen Reich von den Britischen Inseln über den Mittelmeerraum und den Nahen Osten bis nach Indien und Zentralasien. Der Ausschnitt von Revellio (3) zeigt die Römerstraße von Vindonissa (Schweiz) über Brigobanne (Hüfingen) nach Samulocenis (Rottenburg).
Da auch die Suche nach der Villa Rustica in Fürstenberg läuft, kam ich auf die Idee mir die Römerstraßen rund um Brigobannis (Hüfingen) etwas genauer anzuschauen. Hierbei kamen mir die Schriften der Baar zu Hilfe.
Der Artikel in den Schriften der Baar ist zwar ungewohnt unwissenschaftlich, aber er bietet einen guten Überblick über die Literatur der letzten 200 Jahre.
Peutingerkarte
Die Tabula Peutingeriana ist nach Konrad Peutinger (1465–1547) benannt und zählt zum UNESCO-Weltdokumentenerbe. Sie ist in der Österreichischen Nationalbibliothek in Wien aufbewahrt.
Die Datenbank der Karte ist Teil des DFG-Projekts „Kommentar zur Tabula Peutingeriana“ und steht online auf der Seite https://tp-online.ku.de/ zur freien Verfügung.
Arbor felix (segenbringender Baum) auf der anderen Seite Sees ist das Kastell Arbon bei Arbon im Kanton Thurgau und rechts daneben ist Brigantio (Bregenz). So ist der dicke grüne Fleck der Bodensee. Tenedone (Zurzach) und Juliomagus (Schleitheim) ist auf der Karte links von Brigobanne. Aris Flavis (Rottweil) und Samulocenis (Rottenburg) sind rechts von Brigobanne.
Der Abzweig der Römerstraße auf der Hüfingen liegt geht also von Vindonissa (Windisch) nach Adlunam (Kastell Urspring).
Wer hier mehr erleben möchte, auf der Webpage Römertraße gibt es noch so einiges. Vielleicht gute Ausflugstipps für den nahenden Sommer?
Römerstraße um Hüfingen
Der römische Geograph Strabo berichtet, dass Tiberius, der Stiefsohn von Kaiser Augustus, 15. v. Chr. zu den Quellen der Donau kam, also in den Raum der Baar und vielleicht bereits bis nach Hüfingen, der kleinen keltischen Siedlung an einer Handelsstraßenkreuzung am Ufer der Breg mit einer Furt.(1)
Im dritten Kapitel desselben Buches erklärte Strabo, dass der Danuvius ursprünglich der Name des Oberlaufs dieses Flusses gewesen sei: “Denn sie [die Römer] gaben dem oberen Teil des Flusses vom Gebiet seiner Quellen bis zu den Katarakten den Namen Danuvius, nämlich dem Teil, der hauptsächlich durch die Gebiete der Daker fließt, während sie den unteren Teil des Flusses, der durch die Gebiete der Geten fließt, von den Katarakten bis zum Pontus “Ister” nennen. Die Identität des Danuvius und des Ister wurde möglicherweise erst während des Feldzuges des Statthalters von Makedonien C. Scribonius Curio im Jahre 72/73 v. Chr. gegen die Dardaner und Moesier erkannt.
Die Aussage von Strabo, Tiberius habe die Donauquellen nach nur einer Tagesreise erreicht, entspricht jedoch nicht der tatsächlichen Entfernung, die länger ist. Dies würde vielleicht darauf hindeuten, dass er nur bis zum Zusammenfluss von Breg und Brigach östlich von Donaueschingen kam.
Als historische Quelle der Donau gilt die Quelle des Donaubachs bei Donaueschingen, während die tatsächlichen Quellen der Donau hydrologisch gesehen die der größeren Breg sind, die sich bei der Martinskapelle bei Furtwangen befindet.
Unabhängig davon, welchen Bach im Bereich der Donauquellen Tiberius tatsächlich gesehen hat, lässt sich feststellen, dass die Römer noch in der augusteischen Zeit über ein völlig unzureichendes Wissen über die Geographie der Alpenregionen verfügten
Übersetzt von: TIBERIUS IN STRABO’S GEOGRAPHY: ECHOES OF HIS ACTIVITIES IN ILLYRICUM von MARJETA ŠAŠEL KOS, Seite 139-155, TIBERIUS IN ILLYRICUM
Unabhängig davon, welchen Bach Tiberius tatsächlich gesehen hat, darf die geneigte Leserin und auch der Leser, unten die Breg beim Römerbad im Wechsel der Jahreszeiten sehen.
Die Römer legten eine Militärstraße an, überquerten den Hochrhein bei Zurzach und marschierten über die Höhen bei Blumberg gegen Norden weiter nach Hüfingen, Rottweil, Rottenburg bis nach Regensburg. Später errichteten die Römer zwischen Donau und Main den Limes als Schutzwall gegen die Germanen und sicherten ihr erobertes Gebiet durch weitere Straßen und Kastelle. (1)
Nach der Chronik der Stadt Hüfingen von August Vetter (1984) hatte sich Hans von Schellenberg 1605 schon mit Altertümern im Gebiet des Hüfinger Galgenberges befasst. Unterhalb fand man am 17. März 1768 in einem Ackerfeld silberne und metallene römische Münzen von Titus, Vespasian “und andere”. Im Jahr 1820 vermutete Professor Andreas Buchner (1776-1856) aus Regensburg das römische Brigobanne der Peutingerkarte bei Hüfingen. Er fand nach kurzen Grabungen im Mühlöschle römisches Mauerwerk. Noch im gleichen Jahr stieß eine vom Fürsten Karl Egon II. zu Fürstenberg (1796-1869) eingesetzte Kommission, die sich aus Alois Hirt, Luzian Reich, E.J. Leichtlen, Heinrich Schreiber und dem fürstenbergischen Leibarzt W.A. Rehmann als Leiter zusammensetzte, auf das Römerbad. (4)
Mehr dazu gibt es im Denkbuch von Lucian Reich.
Karl Alois Fickler beschreibt 1821 unmittelbar westlich des Römerbades einen römischen Straßenkörper, der durch das Hammeltal bis zum Deckrischen Wald (Deggenrauschen) verfolgt wurde. (1)
Die vom Klettgau kommende römische Hauptstraße zog das Tal von Riedböhringen hinauf über die Wasserscheide zwischen Aitrach und Donau gegen Behla. Etwa 1 km vor Behla schlägt die Straße die Richtung Hausen vor Wald ein, wohl um die sumpfigen Ausläufer des Donaueschinger Rieds zu umgehen. Während der römische Straßenkörper bis dahin in den Äckern und Wiesen rechts und Iinks der heutigen Straße (ca. 1895) sicher nachzuweisen ist, fehlt es zwischen Hausen vor Wald und Hüfingen an jeder Spur.
G. RIEGER (1900) (1)
Ein zweiter vorgeschichtlicher Weg, der ebenfalls von den Römern benutzt wurde, kam vom Schweizer Rhein und zog von Schleitheim über die Wutach nach Stühlingen und über Weizener Häusle nach Ewattingen. Dort durchquerte er das Wutachtal ein zweites Mal, um an Mundelfingen vorbei gerade auf das Kastell Hüfingen zuzustreben. Auf ihm sind wohl die Römer von Schleitheim aus an die Donau vorgerückt. Die von den Römern ausgebaute Strecke verlief von Schleitheim über Zollhaus und unter der jetzigen Landstraße Schaffhausen-Donaueschingen bis nördlich Behla, verließ sie beim Behlaer Weiher, um durch den Wolfsbühl das Kastellgelände zu erreichen.
Paul Revellio (1937) (1)
Hab die Straße dann gemieden,
Mich im Wald herumgetrieben,
Meinem lieben Wolfesbühl,
Wo ich in dem Dickicht kühl,
Zu dem feuchten Waldesgras
Oft als Knabe Beeren las.
Ferienbummlers Rundgang in der Baar von Franz Josef Schelble 1899
Die Römerstraße überquerte auf der Luttlinger Brücke, die wohl ihretwegen gebaut wurde, das Bächlein (Kennerbach) in den Schleewiesen und wurde durch den Bau der Höllentalbahn abgelenkt. Aber westlich des Bahndamms ist sie von dem Höhenpunkt 692,5 ab auf eine Strecke von 200 m erhalten, weil dieses Stück bis zum Jahre 1870 von der Straße Hausen vor Wald-Hüfingen benutzt wurde.
Paul Revellio (1937) (1)
Das kann allerdings so kaum stimmen, da diese beiden Wege keinesfalls auch nur wenige Meter parallel verliefen, sondern sich mit nahezu 90° kreuzten.
Luftbildaufnahmen von 1961/62 ließen südlich des Kastellgeländes im Gewann “Krumme Äcker” auf ein weiteres römisches Bauwerk schließen. Bei der eingeleiteten Notgrabung wegen Ausbaues der Bundesstraße 31 (1977/78) ergaben sich Hinweise auf ein zeitlich dem Galgenberg-Kastell vorausgehendes Truppenlager, zu dem ein ungewöhnlich großer, vierflügeliger Holzbau gehören dürfte. Noch etwas weiter südlich konnten 31 römische Brandgräber mit Urnen und weiteren Beigaben aufgedeckt werden. Weitere Grabungen ab 1952 im Bereich Mühlöschle bestätigten das römische Dorf (vicus) und damit neben dem Römerbad die Bedeutung von Hüfingen als wichtiger römischer Garnisonsort mit Kastell, Handwerkern und Händlern am Knotenpunkt uralter und von den Römern erbauter Verkehrswege in alle vier Himmelsrichtungen.
Diese musste das Kastell am Galgenberg und das Erdkastell im Gewann “Krumme Äcker” tangieren und zwangsläufig am Römerbad vorbei zur Furt durch die Breg gehen, um den gegenüberliegenden vicus im Mühlöschle zu erreichen. Von dort ist die Straße vor Allmendshofen, bei der ehemaligen Kammgarnspinnerei Wirth, in Richtung Donaueschingen gesichert.
(1) Wie die Römer nach Hüfingen kamen von Günter Hofmann in den Schriften der Baar 46 (2003)
Leider sind die vielen Aufzeichnungen und Funde von Straßenbauamt nicht zu finden, ebenso die Erkenntnisse des Denkmalamtes scheinen geheim. Gesichert sind Funde bei Behla beim Bau der Wasserleitung.
Deshalb schließe ich hier. Wir müssen wohl zufrieden sein mit dem aufkochen von über 100 Jahre alten Erkenntnissen.
(1) Wie die Römer nach Hüfingen kamen von Günter Hofmann in den Schriften der Baar 46 (2003)
(2) Ein römisches Bauernhaus im Deggenreuschenwald bei Hüfingen von Dr. Paul Revellio in den Schriften der Baar 14 (1920)
(3) Die Römer in der Baar von Dr. Paul Revellio in der Badische Heimat 8 (1921)
(4) Chronik der Stadt Hüfingen. August Vetter (1984)
Es ist nur Schade dass der Gemeinderat es nicht fertiggebracht hat für die Hüfinger Ortsschilder und für das Stadtmarketing dem Beinamen “Römerstadt” zuzustimmen. Obwohl wir lesen können wie bedeutend Hüfingen früher war und wie geschichtsträchtig unser Städtle ist.