Behlaer Weiher

Behlaer Weiher

28. November 2020 9 Von Hannah Miriam Jaag

Eine kleine bakteriologische Untersuchung

Im Januar 2020 habe ich ja angedroht mich etwas mehr um den Behlaer Weiher zu kümmern.

1873 führte der Gemeinderat anläßlich der Ortsbereisung Klage über den Weiher und die daraus aufsteigenden Dünste. Eine gründliche Reinigung des Weihers von Zeit zu Zeit sei erforderlich. Diesem Verlangen wurde dann auch von der fürstlichen Verwaltung entsprochen.

Behla : Stadtteil von Hüfingen; Geschichte eines Baardorfes im Rahmen der Landschaft / von Alfred Hall; Egon Bäurer; Friedolin Kaiser (1989)

Ich hatte dann das Wasser grob untersucht und einen ziemlich hohen Nitratgehalt (30 mg/l) festgestellt. Mit meiner Aussage

„Leider kann ich die anderen Chemikalien, die die Landwirte in die Umwelt kippen nicht nachweisen.“

habe ich den Unmut einiger Landwirte provoziert.

Dass diese ja so einiges in die Landschaft kippen (oder vergraben), werden sie kaum bestreiten können. Allerdings an der Kloake im Behlaer Weiher tragen sie keine Schuld.

Schuld trägt die Stadt Hüfingen die es versäumt hat, Behla ordentlich an die Kanalisation anzuschließen. Aber der Reihe nach:

Für eine Besichtigung des Weihers stellten wir das Auto an der B27 ab, um über die Wiese an den Weiher zu gelangen. Fast genau an dieser Stelle kommt eine Abwasserleitung unter der Straße raus.

Eigentlich braucht man keine Mikrobiologin zu sein, um zu sehen (und zu riechen) was da raus kommt:

An dieser Stelle vielen Dank an den Ortschaftsrat Benjamin Schnaitter, der sich mutig und ohne zu zögern in die Brühe gestürzt hat, um Fotos zu machen und Wasserproben zu ziehen.

Wir haben also drei Wasserproben, denen ich (wegen anderer Projekte) folgende Nummern gegeben habe:

53 – am Ausfluss des Abwasserkanals in den Weiherwiesen.
54 – oben am Behlaer Weiher nach dem Zufluss des Baches aus den Weiherwiesen.
55 – Abfluss des Behlaer Weihers in das Feuchtgebiet auf der anderen Seite der B27

Da ich zuerst nur herkömmliche Nährmedien für die Untersuchung der Bakterien zuhause hatte, habe ich die Bakterien auf gewöhnlichen LB (Lennox Broth) Platten über Nacht bei 37°C untersucht.

LB Platten mit 100 µl der Wasserproben bei 37° über Nacht
LB Platten mit 50 µl der Wasserproben bei 37° über Nacht

Was man auf der Platte 53 deutlich sieht sind „coliforme Bakterien“, „Fäkalcoliforme“ oder „thermotolerante Coliforme“ kurz auch als CFU (coliform units) bezeichnet. Diese Bakterien zeichnen sich dadurch aus, dass sie bei 37°C in geeignetem Nährmedium sehr schnell wachsen. Was ja auch irgendwie logisch ist, da sie von Warmblütern stammen.

Dies ist also schon der eindeutige Beweis, dass es sich bei dem Abwasser um Fäkalien handelt. Ob von Mensch oder Tier lässt sich nicht bestimmen, aber ist in diesem Fall auch unerheblich.

Oben am Behlaer Weiher (54) konnte ich vereinzelt CFU Keime finden, wenn ich 1 ml der Wasserprobe ausplatiert hatte, unten am Ausfluss (55) war nichts zu finden. Der Behlaer Weiher klärt also noch ganz gut.

Im Abwasser wird die Anzahl der CFU pro 100 ml Wasser gemessen, um einen Standard als Vergleich zu haben. Normalerweise kommt man in einem Klärwerk auf eine Anzahl über 1 Mio. Deshalb habe ich hier die CFU für unsere Wasserproben mal kurz überschlagen:

53 – etwa 5.000.000.000 CFU/100 ml
54 – etwa 15.000 CFU/100 ml
55 – etwa 0 CFU/100 ml

Der Standard laut EPA (Environmental Protection Agency) um coliforme Bakterien zu bestimmen ist ein Nährmedium namens EMB (Eosin Methylenblau Broth). Hiermit kann man Escherichia coli von Enterobacter unterscheiden. Dies habe ich auch versucht, aber leider ist mein Methylenblau und auch das Eosin von meinem Großvater und über 50 Jahre alt.

EMB Platten mit 500 µl der Wasserproben bei 37° über Nacht. 53=Wasser aus dem Abfluss.

EMB Platten mit 500 µl der Wasserproben bei 37° über Nacht. 53=Wasser aus dem Abfluss.

Auf diesen EMB-Platten ist weniger gewachsen, als auf LB Platten und auch nur von dem Wasser, das direkt aus dem Abwasser von Behla kam.

Eine Möglichkeit langsam wachsende grampositive Bakterien zu bestimmen, sind sogenannte MSA Platten. Damit kann man verschiedene Kokken bestimmen. Also den berühmten Staphylococcus aureus vom mehr oder weniger harmlosen Staphylococcus epidermidis unterscheiden.

800 µl Wasserproben auf MSA Platten

Der pathogene Staphylococcus aureus fermentiert Mannitol und deshalb ändern die Platten die Farbe rot nach gelb. Oben erkennt man wieder, dass auch Staphylokokken nur im Abwasser zu finden sind. Also in 53 sehr viele, in 54 weniger und 55 keine. Dies bestätigt die Ergebnisse oben mit den CFU. Was man hier auch schon sieht ist, dass die rote Farbe bei 53 Richtung gelb umschlägt.

Aus diesem Grunde habe ich jeweils 8 Kolonien von 53 und 54 nochmal einzeln ausplatiert.

Acht Abstriche von Kolonien der Kokken aus dem Abwasser

Bei fünf der acht Abstriche handelt es sich eindeutig um Staphylococcus aureus.

Acht Abstriche von Kolonien der Kokken aus dem Behlaer Weiher.

Bei zwei der acht Abstriche handelt es sich auch hier eindeutig um Staphylococcus aureus.

An dieser Stelle will ich nichts über Staphylokokken erzählen. Wen es genauer interessiert, der mag auf den Seiten des Robert Koch Instituts nachlesen:

RKI Ratgeber Staphylokokken

Auf jeden Fall rate ich allen, der Hüfinger Klärgrube mit dem Namen Behlaer Weiher und dem offenen Abwasserkanal fern zu bleiben!

Haltet auch eure Tiere und vor allem eure Kinder fern. In wie weit diese Erreger antibiotikaresistent sind, werde ich auch noch abklären.

Hier breche ich vorerst ab und werde weitere Untersuchungen später veröffentlichen, wenn ich die passenden Chemikalien und mehr Zeit habe.

Warum die Eile?

Je mehr ich mich damit beschäftige, desto mehr ärgere ich mich .

Einer der vielen Stadtbauamtsleiter der von der Stadt Hüfingen „ausgebrannt“ wurde, hatte vor Jahren hier mal interveniert. Leider war dies nur von kurzer Dauer. Es ist den verantwortlichen Männern nicht wichtig und sowieso war es ja schon immer so, dass die Scheisse aus Behla in den Weiher fließt.

Wir schreiben das Jahr 2020, in Hüfingen wird seit Jahrzehnten ein Weiher als Kläranlage missbraucht, weil dies immer so war. Meiner Meinung nach ist das ein Verbrechen nicht nur an der Natur, sondern auch an der nächsten Generation.

Und jetzt höre ich auf, sonst mache ich mich vor Zorn noch strafbar.

Nachtrag
Weitere Infos

Im Januar 2021 habe ich erläutert, wie es am Behlaer Weiher einmal aussah: https://hieronymus-online.de/behlaer-weiher-einst-und-heute/

Dann gibt es auch eine Erläuterung zu Klärschlamm und dessen Entsorgung: https://hieronymus-online.de/unterschied-faekalien-und-silage/

Oberhalb vom Abflussrohr sieht die Welt noch halbwegs gut aus

Dann kommt die Abwasserleitung.

Mit all der Scheisse und was dazu gehört.

Die Exkremente fließen dann weiter in den Weiher.

Die nächsten Teile sind hier zu finden