Behlaer Weiher
Eine kleine bakteriologische Untersuchung
Im Januar 2020 habe ich ja angedroht mich etwas mehr um den Behlaer Weiher zu kümmern.
1873 führte der Gemeinderat anläßlich der Ortsbereisung Klage über den Weiher und die daraus aufsteigenden Dünste. Eine gründliche Reinigung des Weihers von Zeit zu Zeit sei erforderlich. Diesem Verlangen wurde dann auch von der fürstlichen Verwaltung entsprochen.
Behla : Stadtteil von Hüfingen; Geschichte eines Baardorfes im Rahmen der Landschaft / von Alfred Hall; Egon Bäurer; Friedolin Kaiser (1989)
Ich hatte dann das Wasser grob untersucht und einen ziemlich hohen Nitratgehalt (30 mg/l) festgestellt. Mit meiner Aussage
„Leider kann ich die anderen Chemikalien, die die Landwirte in die Umwelt kippen nicht nachweisen.“
habe ich den Unmut einiger Landwirte provoziert.
Dass diese ja so einiges in die Landschaft kippen (oder vergraben), werden sie kaum bestreiten können. Allerdings an der Kloake im Behlaer Weiher tragen sie keine Schuld.
Schuld trägt die Stadt Hüfingen die es versäumt hat, Behla ordentlich an die Kanalisation anzuschließen. Aber der Reihe nach:
Für eine Besichtigung des Weihers stellten wir das Auto an der B27 ab, um über die Wiese an den Weiher zu gelangen. Fast genau an dieser Stelle kommt eine Abwasserleitung unter der Straße raus.
Eigentlich braucht man keine Mikrobiologin zu sein, um zu sehen (und zu riechen) was da raus kommt:
An dieser Stelle vielen Dank an den Ortschaftsrat Benjamin Schnaitter, der sich mutig und ohne zu zögern in die Brühe gestürzt hat, um Fotos zu machen und Wasserproben zu ziehen.
Wir haben also drei Wasserproben, denen ich (wegen anderer Projekte) folgende Nummern gegeben habe:
53 – am Ausfluss des Abwasserkanals in den Weiherwiesen.
54 – oben am Behlaer Weiher nach dem Zufluss des Baches aus den Weiherwiesen.
55 – Abfluss des Behlaer Weihers in das Feuchtgebiet auf der anderen Seite der B27
Da ich zuerst nur herkömmliche Nährmedien für die Untersuchung der Bakterien zuhause hatte, habe ich die Bakterien auf gewöhnlichen LB (Lennox Broth) Platten über Nacht bei 37°C untersucht.
Was man auf der Platte 53 deutlich sieht sind „coliforme Bakterien“, „Fäkalcoliforme“ oder „thermotolerante Coliforme“ kurz auch als CFU (coliform units) bezeichnet. Diese Bakterien zeichnen sich dadurch aus, dass sie bei 37°C in geeignetem Nährmedium sehr schnell wachsen. Was ja auch irgendwie logisch ist, da sie von Warmblütern stammen.
Dies ist also schon der eindeutige Beweis, dass es sich bei dem Abwasser um Fäkalien handelt. Ob von Mensch oder Tier lässt sich nicht bestimmen, aber ist in diesem Fall auch unerheblich.
Oben am Behlaer Weiher (54) konnte ich vereinzelt CFU Keime finden, wenn ich 1 ml der Wasserprobe ausplatiert hatte, unten am Ausfluss (55) war nichts zu finden. Der Behlaer Weiher klärt also noch ganz gut.
Im Abwasser wird die Anzahl der CFU pro 100 ml Wasser gemessen, um einen Standard als Vergleich zu haben. Normalerweise kommt man in einem Klärwerk auf eine Anzahl über 1 Mio. Deshalb habe ich hier die CFU für unsere Wasserproben mal kurz überschlagen:
53 – etwa 5.000.000.000 CFU/100 ml
54 – etwa 15.000 CFU/100 ml
55 – etwa 0 CFU/100 ml
Der Standard laut EPA (Environmental Protection Agency) um coliforme Bakterien zu bestimmen ist ein Nährmedium namens EMB (Eosin Methylenblau Broth). Hiermit kann man Escherichia coli von Enterobacter unterscheiden. Dies habe ich auch versucht, aber leider ist mein Methylenblau und auch das Eosin von meinem Großvater und über 50 Jahre alt.
Auf diesen EMB-Platten ist weniger gewachsen, als auf LB Platten und auch nur von dem Wasser, das direkt aus dem Abwasser von Behla kam.
Eine Möglichkeit langsam wachsende grampositive Bakterien zu bestimmen, sind sogenannte MSA Platten. Damit kann man verschiedene Kokken bestimmen. Also den berühmten Staphylococcus aureus vom mehr oder weniger harmlosen Staphylococcus epidermidis unterscheiden.
Der pathogene Staphylococcus aureus fermentiert Mannitol und deshalb ändern die Platten die Farbe rot nach gelb. Oben erkennt man wieder, dass auch Staphylokokken nur im Abwasser zu finden sind. Also in 53 sehr viele, in 54 weniger und 55 keine. Dies bestätigt die Ergebnisse oben mit den CFU. Was man hier auch schon sieht ist, dass die rote Farbe bei 53 Richtung gelb umschlägt.
Aus diesem Grunde habe ich jeweils 8 Kolonien von 53 und 54 nochmal einzeln ausplatiert.
Bei fünf der acht Abstriche handelt es sich eindeutig um Staphylococcus aureus.
Bei zwei der acht Abstriche handelt es sich auch hier eindeutig um Staphylococcus aureus.
An dieser Stelle will ich nichts über Staphylokokken erzählen. Wen es genauer interessiert, der mag auf den Seiten des Robert Koch Instituts nachlesen:
Haltet auch eure Tiere und vor allem eure Kinder fern. In wie weit diese Erreger antibiotikaresistent sind, werde ich auch noch abklären.
Hier breche ich vorerst ab und werde weitere Untersuchungen später veröffentlichen, wenn ich die passenden Chemikalien und mehr Zeit habe.
Warum die Eile?
Je mehr ich mich damit beschäftige, desto mehr ärgere ich mich .
Einer der vielen Stadtbauamtsleiter der von der Stadt Hüfingen „ausgebrannt“ wurde, hatte vor Jahren hier mal interveniert. Leider war dies nur von kurzer Dauer. Es ist den verantwortlichen Männern nicht wichtig und sowieso war es ja schon immer so, dass die Scheisse aus Behla in den Weiher fließt.
Wir schreiben das Jahr 2020, in Hüfingen wird seit Jahrzehnten ein Weiher als Kläranlage missbraucht, weil dies immer so war. Meiner Meinung nach ist das ein Verbrechen nicht nur an der Natur, sondern auch an der nächsten Generation.
Und jetzt höre ich auf, sonst mache ich mich vor Zorn noch strafbar.
Nachtrag
Weitere Infos
Im Januar 2021 habe ich erläutert, wie es am Behlaer Weiher einmal aussah: https://hieronymus-online.de/behlaer-weiher-einst-und-heute/
Dann gibt es auch eine Erläuterung zu Klärschlamm und dessen Entsorgung: https://hieronymus-online.de/unterschied-faekalien-und-silage/
Die nächsten Teile sind hier zu finden
Ich denke, die Bauern leiten da ihre Jauche einfach rein. Das ist nicht gut. Man müsste den ganzen Seich trocken legen und dann renaturieren. Ich finde es gut, dass sie auf diesen Missstand hinweisen.
Ich bin fassungslos – das gleicht einem Verbrechen! Vielen Dank an die Autorin für die umfassende Recherche und Untersuchung.
Nicht nur ich bin der Meinung, dass das Hüfinger Patriarchat etwas weniger lästern sollte und statt dessen den Leuten zur Abwechslung mal zuhören. Dann sollten dringend endlich Stellen nach Qualifikation vergeben werden und nicht nach Parteibuch und Kolping-Segen.
Zuerst einmal ein großes Lob an die Autorin, die mit Fachkenntnis und viel Engagement und Herzblut, Aufklärungsarbeit leistet.
So wie es aussieht, wussten die Verantwortlichen von diesem Umweltskandal ganz genau bescheid.
Weine Fragen wäre nun zuerst einmal:
Wer wusste davon?
Warum wurde nicht nachgefasst, geschweige gehandelt?
Wie geht es jetzt weiter?
Eines ist jedenfalls sicher: Bevor eine grundlegende Sanierung des Weihers erfolgen kann, muss zuerst einmal dieser Umweltfrevel abgestellt werden!
Hier wird ohne Skrupel die Natur mit Füssen getreten!
Ich vermute, dass es sich um einen Regenwasserkanal handelt, an den (fälschlicherweise) Hausbwasserrohre angeschlossen wurden. Aber es ist nicht trivial,herauszufinden, in welchen Häusern die Fehlanschlüsse liegen. Ich weiß, dass schon vor vielen Jahren die Stadt Hüfingen an dem Thema dran war, ich weiß aber nicht, mit welchem Erfolg. Kamerabfeharungen könnten helfen.
Für die Sanierung des Behlaer Weihers wäre es auch wichtig, ihn abzulassen. Auch schwierig, weil dann Schlamm in den abführenden Bach gelangt und dort Schaden anrichten kann. Und wegen des defekten Mönches ist ein Ablassen derzeit gar nicht möglich.
Was mich dabei erstaunt ist, dass im Abwasser kein Toilettenpapier o.ä. zu finden ist. Dann geht das Gerücht, dass eben dieser ehemalige Stadtbauamtsleiter genau wusste, wo die Fäkalien her kommen.
Den abführenden Bach temporär verschließen und eine EMEA Analyse könnten helfen. Letztere könnte auf relativ aunaufwändige Weise Hinweise auf die grundsätzliche Herkunft des Wassers geben. Mit Tracerreinspeisung in das Abwasser in Frage kommender Haushalte kann Evidenz hergestellt werden…
Die politische Seite? Keine Ahnung. Die technische Seite der Abklährung ist jedenfalls nicht so komplex als daß es Jahre brauchen würde.
Gruß
EMMA
Das ist ja wohl eine Sauerei ohnesgleichen und nach meinem Dafürhalten und nach nur grober Sichtung der rechtlichen Lage verboten. Ein ganz klarer Verstoß gegen Gesetze.
Hier nur zwei Links zu diesem Thema:
1. https://www.lubw.baden-wuerttemberg.de/wasser/abwasser
2. https://um.baden-wuerttemberg.de/de/umwelt-natur/wasser-und-boden/abwasser/
3. http://www.landesrecht-bw.de/jportal/?quelle=jlink&query=WasG+BW&psml=bsbawueprod.psml&max=true&aiz=true#jlr-WasGBW2014pP46
Warum werden die Verantwortlichen nicht zur Rechenschaft gezogen? Weil es schon immer so war? Heilige Scheiße, das kann doch nicht wahr sein. In welcher Welt leben wir hier in Hüfingen eigentlich? Diese Gutsherrenmanier mancher Verantwortlichen in der Verwaltung ist unerträglich.