
Tempo 30 ist durch!
Der Hüfinger Gemeinderat hat heute gegen die Simmen der FDP und zwei Männer der CDU beschlossen, dass in Hüfingen Innenstadt eine Zone 30 eingerichtet wird.
Gemeinderatssitzung vom 29. September 2022
Es ist Gemeinderatssitzung kurz vor 19:00 Uhr im Sitzungssaal des Rathauses. Viele betroffene Anwohner der Hauptverkehrsstraßen von Hüfingen sind gekommen. Der Sitzungssaal ist bis auf den letzten Platz gefüllt. Es liegt ein kleiner Hauch von Aufbruchstimmung in der Luft. An diesem Abend soll beschlossen werden, inwieweit in Zukunft die Geschwindigkeit in der Haupt-, Donaueschinger, Schaffhauser, Dögginger, Bräunlinger und Hochstraße von 50 km/h auf 30 km/h reduziert werden soll. Alle sind gespannt, wie die verschiedenen Gemeinderäte*innen argumentieren werden. Unter TOP 5 „Beschlussfassung des Lärmaktionsplanes“ eröffnet der Bürgermeister, nachdem die Erläuterungen vom Projektleiter des Büro Rapp Trans AG allen Anwesenden den Sachstand erklärt hatte, die Diskussion innerhalb des Gremiums. Das Für und Wider von Temporeduzierungen wird erörtert. Zuerst beziehen die Fraktionssprecher*in Stellung. Für die BFSO/DIE GRÜNEN-FRAKTION spreche ich, unter anderem auch in meiner Eigenschaft als Vertreter der betroffenen Anwohner*innen. Hier mein Redebeitrag:
Grundsätzlich möchte ich zuerst einmal folgendes sagen:
Es ist immer wieder verblüffend, wie Mitglieder dieses Gremiums, welche an ruhigen Stellen in Hüfingen wohnen, denjenigen Betroffenen, die an verkehrsreichen Straßen leben, deren Widrigkeiten schönreden.
Herr Wahl und seine Mitarbeiter*innen, haben es in ihrem Bericht trefflich formuliert:
„Hüfingen ist von Umgebungslärm betroffen, da das Gemarkungsgebiet entlang der B 27, der B 31 und der L 171 mit hohen Verkehrsmengen belastet ist. Ebenfalls ist die Stadt vom Verkehrslärm der L 181, sowie der Hochstraße betroffen.“
In unserer Stadt wurde jahrelang in Sachen Verkehrsbelastung nicht, oder nur ganz wenig gehandelt. Die Aufenthaltsqualität lässt sehr zu wünschen übrig! Es ist nun an der Zeit, dass endlich etwas geschieht!
Viele Gemeinden sind uns weit voraus.
Was die Verkehrsmengen angeht, möchte ich auch auf meine Hinweise im Rahmen der frühzeitigen Beteiligung der betroffenen Anwohner*innen in der Festhalle am 5. Juli zurückkommen.
Es wird immer versucht, die 8200 Bewegungen am Tag, welche 3 Millionen im Jahr entsprechen, zu unterschreiten. Dies ist eine magische Zahl.
Die Stadt Hüfingen hat in den vergangenen Jahren des Öfteren Geschwindigkeitsmessungen durchgeführt. Dabei wurden die Fahrzeuge auch gezählt. Die Ergebnisse wurden stets im Hüfinger Bote veröffentlicht. Dabei fällt auf, dass die dort gemessenen Verkehrsbewegungen erheblich höher sind, als die Ergebnisse, welche dem beauftragten Büro vorgegeben wurden. Ich habe drei Messungen näher betrachtet: Es handelt sich dabei um eine Zählung im Jahr 2015 und um zwei Zählungen aus dem Jahr 2017.
Dabei wurden durchschnittlich 10.204 Fahrzeugbewegungen registriert!
Das Ehepaar Hildegard und Bruno Eichinger, welche an der Schaffhauser Straße wohnen, haben sich im Jahr 2017 die Mühe gemacht und in „14 Stunden“ 11.543 Fahrzeuge gezählt.
Ich möchte auch darauf hinweisen, dass durch Akkuwechsel oder sonstige Unterbrechungen der städtischen Zählungen, nicht alle Fahrzeuge in den Messzeiträumen erfasst werden. Auch der Kolonnenverkehr, der recht häufig vorkommt, ist problematisch.
Die Fehlerquelle liegt bei ca. 10 %. Dies trifft auch auf die Zählungen der dauerhaften Messstellen zu. Diese Dinge sollten unseres Erachtens mitberücksichtigt werden. Die fest installierte staatliche Messstelle für die L 181 – Bräunlinger, Schaffhauser und Hochstraße betreffend – liegt weit außerhalb bei Bräunlingen. Ich möchte alle Ratsmitglieder auffordern, gemeinsam endlich für Verbesserungen einzutreten.
Der Verwaltungsvorschlag, auf allen der sechs vielbefahrenen Straßen Tempo 30 einzurichten, wird auf Antrag aus dem Gemeinderat vor der Abstimmung aufgedröselt, so dass über jede einzelne Straße abgestimmt werden muss. Am Ende gibt es für alle sechs Straßen eine klare Mehrheit für die Temporeduzierung. Unter den Zuhörer*innen macht sich Erleichterung und Freude breit. Ein kleiner Wermutstropfen bleibt, da letztendlich die untere Verkehrsbehörde, welche im Landratsamt des Schwarzwald-Baar-Kreises angesiedelt ist, dem Verlangen der Stadt Hüfingen noch zustimmen muss.
Der Ordnung halber sollte auch erwähnt werden, dass im Frühjahr die Fraktion BFSO/DIE GRÜNEN-FRAKTION den Antrag auf Temporeduzierung auf der Donaueschinger bzw. Hauptstraße und einem Teilabschnitt der Schaffhauser Straße gestellt hatte, welcher durch das Verfahren des Lärmaktionsplanes aber zurückgestellt wurde.
Bravo!
Eine richtige, längst überfällige und zukunftsweisende Entscheidung, die in der gestrigen Gemeinderatsitzung getroffen wurde. Ein Dank den Gemeinderäte*innen und dem Bürgermeister, die die Weichen für ein kleines Stück mehr Lebensqualität in Hüfingen gestellt haben.
Genereller Dank gilt dem Büro Rapp Trans AG, das durch seine Arbeit einen wichtigen Beitrag für lebenswertere Städte leistet.
Abschließend zitieren möchte ich noch den Bürgermeister von Hagnau, der mir auf meine Anfrage vom 25. Mai 2018 u.a. folgendes geantwortet hat:
“Sehr geehrte Frau Albert, vielen Dank für Ihren Brief und Ihr Interesse an unseren “Tempo 30-Erfahrungen” in Hagnau am Bodensee. Da Sie selbst als Anwohnerin betroffen sind, werden Sie gut nachvollziehen können, wie belastend eine vielbefahrene Straße ist. Durch die Einführung von Tempo 30 wurde der Verkehr nicht weniger, aber zumindest erträglicher…” “Mein Fazit: Die Einführung hat sich in jedem Fall gelohnt, die Vorteile für die hier lebenden Menschen überwiegen und die geringen Fahrzeitverluste für die durchfahrenden Verkehrsteilnehmer sind nicht so gravierend, als dass sie nicht zumutbar wären. Wenn wir Tempo 30 noch nicht hätten, würden wir es jetzt einführen.”
Super! Dann kann man hoffentlich mal über die Zebrastreifen in der Hauptstrasse, ohne dass man Angst haben muss, über den Haufen gefahren zu werden. Erst heute morgen wieder am eigenen Leib erfahren.