Antworten von Jens Metzger
Wir haben den Landtagskandidaten eine Liste mit vier Fragen zugesandt und um Beantwortung gebeten.
Ein Politiker hatte Hüfingen mal als Wurmfortsatz von Tuttlingen bezeichnet. Das stimmt ja auch, da Hüfingen bis jetzt irgendwie von den Kandidaten vom Schwarzwald-Baar-Kreis mitbetreut wird. Gerne hätten wir aber auch einen Ansprechpartner in Stuttgart, den wir auch wählen dürfen. Wie ist Ihre Meinung hierzu?
Jens Metzger:
Hüfingen und damit vermutlich die ganze Südbaar als Wurmfortsatz zu bezeichnen ist mindestens eine schlechte Wortwahl. Und im schlimmsten Fall wird hier offensichtlich, dass in der Politik oft nach Mehrheiten entschieden wird: die Mehrheit der wahlberechtigten Bürgerinnen lebt im Landkreis Tuttlingen, deshalb wird die Vertretung desselben von manchen Lokal-Politiker*innen als wichtiger angesehen.
Für mich ist jedoch völlig klar, dass ich als Landtagsabgeordneter des Wahlkreises 55 alle Bürger*innen gleich vertreten will, egal ob diese nun im Landkreis Tuttlingen oder in der Südbaar leben und arbeiten.
Beim Beantworten dieser Frage ist eine weitere Frage in mir aufgekommen: Welche Funktion hat ein eigentlich der Wurmfortsatz?
In der Schule hatte ich noch gelernt, dass der Wurmfortsatz des Blinddarms keinen Nutzen hat: der Wurmfortsatz des Blinddarms ist, wie die Weisheitszähne, ein Rudiment (ein durch die Evolution funktionslos gewordenes Organ), das uns Menschen im Falle einer Blinddarmentzündung sogar noch Schmerzen hinzufügt.
Mittlerweile ist die Forschung hier aber auch schon wieder weiter. So geht man davon aus, dass der Wurmfortsatz, der sehr viele Lymphfollikel enthält, eine wichtige Funktion bei der Immunabwehr innehat. Außerdem bietet er nützliche Darmbakterien eine Art Unterschlupf, von welchem aus sie – nach einem Darminfekt – den gesamten Darm wiederbesiedeln.
Ich selbst würde Hüfingen immer noch nicht als Wurmfortsatz bezeichnen.
Aber wenn man die „neu“ entdeckte Funktion des Wurmfortsatzes kennt, so könnte man das vielleicht sogar als Kompliment sehen: Hüfingen und die Südbaar als Keimzelle der Heilung. Das ist doch eine charmante Bezeichnung. Insbesondere zu Zeiten, in denen wir mehr den je auf ein funktionierendes Immunsystem angewiesen sind.
Ein großes Thema hier in Hüfingen ist die Transparenz. Wie stehen Sie zur Veröffentlichung von Protokollen und zur Kommunikation von Ergebnissen von Sitzungen?
Jens Metzger:
Es steht für mich außer Frage, dass Protokolle von öffentlichen Sitzungen dem/der Bürger*in zugänglich gemacht werden müssen. Der Gemeinderat ist die Vertretung der Bürger*innen und das Hauptorgan der Gemeinde. Dementsprechend sind Protokolle öffentlicher Sitzungen wichtige Informationsquellen und es muss das gemeinsame Ziel des gesamten Gemeinderates sein, über seine Arbeit und Entscheidungen aufzuklären.
Für mich geht das über die Veröffentlichung von Protokollen oder die amtliche Bekanntmachung hinaus. In Zeiten der Informationsflut müssen Gemeinderat und Verwaltung gemeinsam überlegen, wie sie möglichst viele Menschen erreichen. Das kann zum Beispiel über die vermehrte Nutzung von Social Media geschehen oder durch die Einführung einer Bürger-App, die es den Bürger*innen ermöglicht schnell an alle wichtigen Informationen zu kommen.
Manche Kommunen schaffen die Unechte Teilortswahl ab, wenige führen sie wieder ein. Ein Argument für die Abschaffung führen manche an, dass diese Wahl undemokratisch sei, da Kandidaten/Innen aus kleinen Stadtteilen mit weniger Stimmen gewählt werden könnten, andere wiederum sind der Meinung, dass eben Parität auch zur Demokratie gehört. Wie sehen Sie das?
Jens Metzger:
Die Kurzzusammenfassung meiner Sicht: Wenn man die Unechte Teilortswahl abschafft, dann schafft man damit auch gleichzeitig die politische Beteiligung in den kleinen Stadtteilen ab. Und das wäre ein schlechtes Zeichen für unser demokratisches System.
Das belegt auch eine Umfrage des Städtetages aus dem Jahr 2007. Dort kam heraus, dass bei der ersten Wahl nach Abschaffung der unechten Teilortswahl bei 45% der Kommunen ein oder mehrere Stadtteile nicht mehr im Gemeinderat vertreten waren.
Und wie fühlt es sich für eine*n Bürger*in an, der/die keinen politische*n Vertreter*in in seinem/ihrem Stadtteil mehr hat? Schlecht. Man fühlt sich nämlichen der politischen Mitsprache beraubt.
Ein Kritikpunkt bei der Unechten Teilortswahl ist es, dass sie komplizierter ist und deshalb weniger Leute zur Wahl gehen.
Anstatt jedoch die Unechte Teilortswahl abzuschaffen, ist es auch hier Aufgabe des Gemeinderates, der Verwaltung und meines Erachtens auch des Landes Baden-Württembergs die Bürger über die Gründe und die Funktionsweise des Wahlverfahrens der Unechten Teilortswahl aufzuklären.
Die Biotopvernetzung ist auf dem Land ein großes Thema und es gibt große Spannungen zwischen Landwirtschaft, den vielen Neubaugebieten der Kommunen und dem Naturschutz. So braucht jede Ortschaft ein möglichst großes Neubaugebiet das auf ehemals landwirtschaftlich genutzten Flächen entsteht und die Landwirte werden wiederum immer mehr in die Natur gedrängt und müssen immer weniger Boden intensiver nutzen. Wie wollen Sie diesen Konflikt angehen?
Jens Metzger:
Eine sehr spannende Frage!
Wichtig ist es für mich hier zu betonen, dass wir aufhören müssen, Landwirtschaft, Naturschutz und Wohnraum als gegenseitige Konkurrenten zu sehen.
Sondern wir müssen die verschiedenen Bereiche zusammen denken.
Wie?
Hier ein paar Beispiele:
Wohnraum: Wohnraumverdichtung in den Innenbereichen der Gemeinden, die einerseits zum Ortsbild passt und gleichzeitig ökologischen Fragestellungen gerecht wird (zum Beispiel durch mehr Gründächer oder der konsequenten Durchsetzung des Schottergarten-Verbots).
Gerade im ländlichen Raum gibt es noch viel Wohnraum-Potenzial in den ehemaligen Wirtschaftsteilen der alten Bauernhäuser.
Landwirtschaft: Größer werdende Gemeinden – im Sinne der Einwohnerzahl – bieten Landwirt*innen auch Vorteile. Durch die wachsende Anzahl an Konsumenten vor Ort können lokale Wirtschaftskreisläufe aufgebaut werden, in welchen der/die Landwirt*in nicht mehr zu Weltmarkt-Preisen produzieren muss, sondern seine lokale Gemeinde zum Beispiel via Direktvermarktung mit Nahrungsmitteln und/oder Energie versorgt. Eine weitere Möglichkeit, die insbesondere auch den Kontakt zwischen Landwirt*in und Verbraucher*innen stärkt, ist die Solidarische Landwirtschaft.
Naturschutz: Für mich gehen Naturschutz und Landwirtschaft Hand in Hand. Allerdings müssen sich hierfür die Rahmenrichtlinien maßgeblich ändern und die werden in der EU mit der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) vorgegeben. Mit dem derzeitigen Beschluss der Abgeordneten von CDU/CSU, FDP und ihren Europäischen Schwesterparteien wird der Großteil der Steuergelder, die 1/3 des EU-Haushaltes ausmachen, weiterhin an Großgrundbesitzer*innen und die vor- und nachgelagerte Agrarindustrie gehen – und nicht an Landwirt*innen, die eine zukunftsweisende Landwirtschaft betreiben wollen.
Das muss sich ändern: Landwirt*innen, die Naturschutz/Klimaschutz und Landwirtschaft zusammenbringen, müssen dafür belohnt werden.
Hallo Herr Metzger,
gerne möchte ich Sie in meiner Eigenschaft als Sprecher der BI Verkehrsberuhigung Hüfinger Außerstadt (Süden) https://bi-huefingen.jimdofree.com/ dazu einladen, sich mit mir zusammen für 15 Minuten an den Hüfinger Friedhof zu stellen, damit ich Ihnen die neuesten Verkehrsentwicklungen im Bereich der L 171/181 erläutern kann. Ich setze mich schon seit 2004 für die vielen betroffenen Anwohner im Süden von Hüfingen ein.
Bitte schlagen Sie einen Termin vor.
Hallo Herr Albert,
herzlichen Dank für die Einladung und den Termin vor Ort in der Schaffhauser Straße vom vergangenen Dienstag.
In der Tat, das Verkehrsaufkommen und hier vor allem der Schwerlastverkehr von und nach Bräunlingen ist immens und für die betroffenen Anwohner sehr belastend.
Sollte ich gewählt werden, werde ich mich mit Nachdruck für eine Verbesserung der unbefriedigenden Verkehrssituation in Hüfingen einsetzen. Uns Grünen ist es wichtig, dass die Städte noch lebenswerter werden. Auch aus diesem Grund wollen wir uns für ein flächedeckendes Tempo 30 in unseren Städten einsetzen. Auch in der Schaffhauser Straße wäre Tempo 30 und die Aufstellung von Blitzern eine Möglichkeit, um die Lärmbelästigung zu reduzieren.
Mit den besten Grüßen
Jens Metzger
Hüfingen nennt sich staatlich geprüfter Erholungsort. Viele Mitbürgerinnen und Mitbürger fragen sich, wie die Stadt zu dieser Auszeichnung kam.
Da wäre zuerst einmal der Luftsammelpunkt Rilax über der Stadt zu nennen und auch der Flugplatz Donaueschingen (über 90% Hobbyflieger), die Hüfingen und den näheren Umkreis täglich belasten. Bereits diese beiden Verkehrsbelastungen im Luftraum wären meiner Ansicht nach Ausschlusskriterien für einen Erholungsort.
Dann das Verkehrskreuz B27 und B31: Diese autobahnähnlichen Verkehrsachsen beschallen bei Tag und bei Nacht fast die gesamte Stadt von Süden und Osten.
Dazu kommen noch zwei stark befahrene Landstraßen, die die Innenstadt und damit die Anwohner mit Immissionen strapazieren. Hinzuzufügen wäre, dass dadurch in der Innenstadt leider wenig Aufenthaltsqualität gegeben ist. Außerdem bringen alle diese Straßen viel Schwerlastverkehr mit sich. Jeder Verkehrsteilnehmer, der nicht motorisiert ist (also Fußgänger, Radfahrer etc.), ist in Hüfingens Straßen großen Risiken ausgesetzt. Von einer Gleichberechtigung im Verkehrsraum für alle Teilnehmer ist die Stadt Hüfingen leider sehr weit entfernt.
Schredderarbeiten keine 80 Meter von Wohngebieten runden das Bild ab.
Wie lassen sich all diese Belastungen mit dem Prädikat „Erholungsort“ vereinbaren?
Welche Meinung vertreten Sie zu Geschwindigkeitsbegrenzungen innerorts und außerorts?
Ursula Albert
Liebe Ursula Albert,
da selbst Google mir nicht sagen kann, seit wann Hüfingen staatlich anerkannter Erholungsort ist, ist es wahrscheinlich angemessen davon auszugehen, dass dieser Zertifizierung schon einige Jahre alt ist und Hüfingen zu dieser Zeit noch etwas ruhiger war.
Zwischenzeitlich hat sich das wohl sehr geändert. Das ist zumindest die Aussage einiger Hüfinger, mit denen ich gesprochen habe. Insbesondere am Hüfinger Friedhof soll der Verkehr unerträglich sein. Vielleicht sollte das Prädikat “Erholungsort” nochmal überprüft werden? Oder aber man überlegt, was man tun könnte, damit die Stadt Hüfingen diesen Namen wieder Zurecht tragen darf.
Wir Grüne haben da einige Ideen:
Damit es in unseren Gemeinde ruhiger und sicherer wird, wollen wir die Höchsgeschwindigkeit von 50 auf 30 km/h drosseln. Das führt zu einer wahrnehmbaren Lärmentlastung, zu einem besseren Verkehrsfluss und damit zu geringeren Schadstoff-Belastungen.
Zur Sicherheit trägt Tempo 30 ebenfalls bei. Überleben bei Tempo 50 nur 30% der angefahrenen Fußgänger*innen den Unfall, so sind es bei Tempo 30 fast 90%.
Tempo 30 führt auch zu einem höhren Sicherheitsgefühl von Fahradfahrern und sorgt somit auch zu einer höheren Bereitschaft noch öfters aufs Auto zu verzichten.
Viele entscheidende Regelungen im Verkehrsbereich werden auf Bundesebene getroffen. Deshalb setzt sich Baden-Württemberg unter der grüngeführten Regierung auch dort für mehr Verkehrssicherheit ein. Z.B. dafür, dass Kommunen innerhalb von Ortschaften Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit einführen können – unabhängig von der Widmung einer Straße.
Beim Schreiben dieser Antwort, muss ich auch an das Altenpflegeheim denken. Dessen Bewohner*innen würden mit einem verminderten Verkehrsaufkommen und weniger Schadstoffbelastungen sicherlich auch zufrieden sein.
Generell bin ich für mehr Geschwindigkeitsbegrenzungen. Insbesondere auch auf Autobahnen. Tempo 130 ist mehr als ausreichend, sorgt ebenfalls für einen besseren Verkehrsflluss, weniger Emissionen und weniger Verkehrstoten. Das das Tempolimit überfällig ist, wird allein schon dadurch ersichtlich, dass Deutschland das einzige Land in Europa ist, dass nach wie vor kein generellese Tempolimit auf Autobahnen hat..
Mich würde es freuen, wenn Hüfingen mehr auf den Radverkehr setzt. Denn das ist gesund, günstig, platzsparend, klimafreundlich und innerorts meist sogar schneller als das Auto.
Wir Grünen setzen uns sehr für den Ausbau von Fahrradwegen ein. Mittlerweile haben wir 7000 km Radweg in BaWü und wir wollen, dass es noch mehr bzw. noch besser ausgebaute werden (Stichwort: Lastenfahrrad)
Hüfingen liegt im Städte-Dreieck. Hier bietet sich der Ausbau der Rad-Infrastruktur geradezu an!
Ich hoffe ich konnte, die Fragen zufriedenstellend beantworten.
Mit den besten Grüßen
Jens Metzger
Vielen Dank für deinen Besuch im Lädele in Donaueschingen. Und die Zeit du dir genommen hast. Und alle Fragen beantwortet und uns noch tatkräftig unterstützt hast die Schaufenster zu renovieren. Beste Grüße von dem ganzen Team vom Olaf Fürstenberg
Vielen Dank Jens Metzger für die Beantwortung unserer Fragen!
Falls hier jemand noch Fragen an Jens Metzger stellen will, werde ich ihn benachrichtigen, damit er antworten kann.
Danke Hannah!
Ich freue mich über Fragen. Immer her damit!