Kinderbetreuung – Weiter denken!

Kinderbetreuung – Weiter denken!

7. Januar 2021 1 Von hieronymus

07.01.2021 von Frank Meckes

Ich möchte mich dem Thema der Kindergartenbetreuung widmen –
Seit einigen Monaten wird der Ausbau von Kindertagesstätten in unserer Gemeinde Hüfingen wieder stark thematisiert. Ich möchte an dieser Stelle gerne ein paar eigene Aspekte und Blickwinkel darstellen. Kinderbetreuungseinrichtungen sind wertvolle Orte, die fachlich fundiert eine hohe Qualität der Begleitung für Kinder unter 6 Jahren bieten.
Sie sind nicht einfach ein Ort, den Kinder mehrere Stunden am Tag besuchen – sie erleben dort Orte der Begegnung, des Lernens, sie wachsen miteinander und erfahren Freundschaften, angeleitet und begleitet durch Expertinnen und Experten, die unsere Kinder ein Stück Lebensweg begleiten. Die Art und Weise, wie die Diskussion meines Erachtens aktuell von politischer Seite geführt wird, läßt mehr und mehr den Eindruck entstehen, dass es bei den Überlegungen und Entscheidungen vorrangig um den „Raum“ in Zusammenhang mit dem örtlichen Standort geht. Doch wenn es so einfach wäre, gäbe es auch nicht so viel Diskussionsbedarf. Ist doch die Entscheidung, das Kind in die Obhut einer Betreuungseinrichtung zu geben maßgeblich für die weiteren Entwicklungsschritte. Eltern stellen sich viele Fragen vorab:

Ist mein Kind gut und liebevoll aufgehoben? Wird es bejahend betreut? Wie ist die Ausgestaltung der Räume und das Platzangebot? Wie gestalten sich die Konzepte und Angebote? Wie sind die Betreuungszeiten? Wie flexibel und transparent ist die Einrichtung? Diese und noch mehr Fragen beschäftigen Eltern, die Ihr Kind in eine Kindertageseinrichtung bringen. Ob das Kind nun 1 Jahr ist oder 3.

Fürstenberg


Hüfingen hat mit allen 6 Ortsteilen ein prognostiziertes Platzproblem zur Betreuung der unter und über 3jährigen. Diese Prognose ist nicht neu, weißt doch der Schwarzwald-Baar-Kreis seit einigen Jahren wieder einen verstärkten Zuwachs an Neugeborenen auf. Höher als im Landesdurchschnitt. Dies ist prima. Doch lässt es aufhorchen, dass Hüfingen in den letzten zwei Jahren Kinderbetreuungseinrichtungen auch geschlossen hat.


So wurde der Kindergarten St. Maria nach 90 Jahren in Hausen vor Wald geschlossen. Nach Aussage des Bürgermeisters bei der 1. Gmond im Januar 2020, um die Schellenberger-Schule zu stärken und hier für die Nachmittagsbetreuung neue Räume zu schaffen. Geschafft wurde allerdings augenscheinlich nichts, nun ja kaum etwas. Eilig sollen im Dezember noch die Räumlichkeiten gestrichen worden sein. Von einem Konzept zur Nutzung der „alten Kindergartenräume“ habe ich jedoch auch als Elternbeiratsvorsitzendem der Schellenberger Schule 2019/2020 nichts mitbekommen. Auch auf Nachfragen bei Ortschaftsräten ist hier eigentlich nichts passiert. Da stellt sich mir tatsächlich die Frage: Warum wurde die Einrichtung St. Maria geschlossen? Warum hat man die Eltern des Ortsteils Hausen vor Wald gezwungen, die Einrichtung zu wechseln, weil man das Angebot vor Ort entzogen hat? Und vor allem wundert folgendes: Während zum 1.9.2019 St. Maria geschlossen wurde, erschien am 17.12.2019 bereits der erste Artikel in der Zeitung, wo über Mehrbedarf an Kinderbetreuungsplätzen gesprochen wurde. Keine 3 Monate später. Im Übrigen hätte die Schellenberger Schule die zusätzlichen Raumkapazitäten während der ersten Pandemiephase gut gebrauchen können, wären die Räume tatsächlich mit einem ernsthaften Konzept für die Schule hinterlegt gewesen. Schaue ich in die Zukunft, stellt sich hier die erste Möglichkeit dar, recht schnell und ohne massiv Geld investieren zu müssen, bestandene und solide Raumkonzepte für Kindergartenkinder zu nutzen. Familienfreundlich und vor Ort. Und sogar schon neu gestrichen.

Hausen vor Wald


Auch verwunderlich ist, dass der Kindergarten St. Silvester in Sumpfohren, der zwar zu einer reinen Unter-3jährigen-Einrichtung für über 60.000 Euro umgebaut wurde, auch hätte bestehen bleiben können. Auch dieser wurde zum 1.9.2019 aufgegeben. Ein Kindergarten der durch Elterninitiative entstand und mit Leben gefüllt war. Mir ist bekannt, dass bereits im Frühjahr 2019, als der Kindergarten St. Silvester zur Umwandlung/Auflösung anstand, dem Bürgermeister ein Konzept für einen Bauerhofkindergarten vorgestellt wurde. Auch soll die Ortsvorsteherin das Konzept befürwortet haben. Jedoch wurde das Konzept nicht weiter bedacht und verschwand – hoffentlich – mindestens nur in einer Schublade. Sprechen wir also heute von der Errichtung eines Waldkindergartens, lag der Stadt bereits ein artverwandtes Konzept bereits im Frühjahr 2019 vor.


Eines bleibt bei den ersten zwei Standorten jedoch unbestritten und ist mir wichtig zu unterstreichen: Die neue Kindertagesstätte St. Georg in Behla hat im ersten Jahr Ihres Bestehens überzeugt und hat sich meines Erachtens großartig etabliert. In Konzeption, mit motivierten und kreativen Mitarbeiterinnen sowie im Zusammenspiel mit der Elternschaft. Auch in der wirklich für alle schwierigen Phase der Pandemie ab Frühjahr 2020.

Kindergarten Behla


Heute hört man vielerlei Wirrwarr über Standorte oder Möglichkeiten. Wie so oft wird wenig konkretisiert an die Öffentlichkeit gegeben. Daher komme ich nun zu dem, was man hört: Es ist zum einen von einem Kindergarten im Baugebiet Hohen II die Rede. Ein Neubau soll es dort sein. Doch wo? Plant man nicht ein Wohngebiet nach den Bedürfnissen der neuansiedelnden – meist jungen – Familien. Ist es da nicht sinnvoll, einen Kindergarten zentral zu positionieren. Hier scheint es gerade umgekehrt zu sein. Da geht es nach dem Bedarf, der „plötzlich“ auftritt und dann muss irgendein Raum dafür herhalten. Vergleiche ich jedoch die Anzahl der Bauflächen mit den geplanten Bauflächen der weiteren 5 Teilorte, so sehe ich zumindest hier ein Ungleichgewicht zu Gunsten einer Lösung in den Teilorten . Auch muss man bedenken, dass ein Kindergartenneubau nicht gerade ein kostengünstiges Vorhaben darstellt. So hat Bad Dürrheim für seinen Kindergarten-Neubau gute 4 Millionen Euro investiert (davon ca. 1 Millionen aus Zuschüssen von Land und Stadt). Dieser ist zwar groß geplant mit insgesamt 6 Gruppen, aber mal eine finanzielle Orientierung. Der Umbau der Kindertageseinrichtung in Behla von der ehemaligen Grundschule zum Kindergarten mit drei Gruppen hat mindestens 1,3 Millionen Euro gekostet. So können wir bei einem Kindergartenneubau von mindestens 2 bis 2,5 Millionen Euro ausgehen.


Als weitere Option hört man über die Aufstockung des Gebäudes der Einrichtung St. Verena in der Friedensstraße. Also, das Aufsetzen eines Stockwerks auf das bestehende Gebäude. Die Frage stellt sich dabei, welche Art der Einrichtung wir für unsere Kinder sehen. Eine Art „Aufbewahrungsstätte“ mit 200 Kindern und mehr oder ein Ort zwischen Lernen dürfen, Natur, Rückzugsmöglichkeiten, persönliche Begegnungen und Geborgenheit, der individuelle Begleitung ermöglicht? Denn irgendwann kommt jede pädagogische Konzeption auch an ihre Belastungsgrenze. Ich gebe dabei zu bedenken, dass in St. Verena in den letzten Jahren einige bauliche Erweiterung stattgefunden haben. Mehr Raum für Erweiterung sehe ich hier auch konzeptionell nicht. Das Investitionsvolumen lag dabei bei über 1 Mio. Euro . Zwei Krippengruppenräume sind entstanden und eine Mensa. Räume, die dem heutigen Standard entsprechen.

Kindergarten St. Verena Hüfingen


Betrachten wir nun die Bedarfsplanung, so lassen sich die derzeitigen Steigerungen über die noch freien Plätze in Fürstenberg und Behla abdecken. Und ja. Es entsteht für Eltern der Aufwand, die Kinder über eine Kurzstrecke fahren zu müssen. So wie es die Eltern der Ortsteile auch seit dem 1.9.2019 verstärkt machen. Hier wurde, um auch dies nochmals mit Nachdruck anzumerken, von den Eltern der Teilorte vorausgesetzt, dass Sie zur Betreuung in einer guten Einrichtung auch mal ein Stück fahren müssen. Auch dies ist von Eltern im Ortsteil Kernstadt zu erwarten. Eine Wiedereröffnung von St. Maria wäre eine Möglichkeit, kostengünstig vorhandene Räume zu nutzen (diese wären ja, wie bereits erwähnt, jetzt sogar gestrichen und auch die WC sind noch kindgerecht verbaut).


Verwunderlich ist auch, als beim Neuaufbau der Schule in Hüfingen niemand an einen erweiterten Bildungscampus mit Kindergarten gedacht hatte. Das wäre ein schlüssiges, zukunftsfähiges und in sich aufbauendes System gewesen. Mit Möglichkeiten der Vorschulbetreuung und Konzepten, die eine Weiterführung in das heutige Schulsystem an vielen Stellen vereinfacht hätten. Bei einem Investitionsvolumen in der Lucian-Reich-Schule von über 19 Millionen Euro in den letzten überschaubaren Jahren ein durchaus von den Planer zu berücksichtigender Aspekt in der Betrachtung. Leider versäumt. Gerade an diesem Standort auch für die neuen Anwohner auf Hohen II ein durchaus guter Ort mit ausreichend Parkplätzen, (Schwimmbad) und Sportanlagen. Und eine Nutzung von Räumen bei Reduzierung der Bedarfszahlen durch die Schule nutzbar.

Schule Hausen vor Wald


Auch an dieser Stelle frage ich mich nach der Konzeption und der Kompetenz, die in die planerischen Systeme einfließen, wenn wir von Betreuung und Bildung, Familienfreundlichkeit und Attraktivität des Standortes sprechen. Da hilft es auch mal, die vor Ort befindlichen Systeme, Träger und Betroffenen auf Augenhöhe ins Boot zu nehmen. Denn es gilt auch im kommunalen System. Lieber am Anfang mehr Geld in die Hand zu nehmen, als alle paar Jahre die gleichen Aufgaben mit hohen Beträgen neu denken zu müssen.


Sinnvoll wäre auf jeden Fall, mal eine Konzeption aufstellen zu lassen, welche die Prognosen gesellschaftlicher Entwicklungen der nächsten 10 bis 15 Jahre im Blick hat. Es erweckt immer wieder den Eindruck, dass man von den Bedarfen jährlich überrascht wird.


Auch eine Konzeptausschreibung in der Trägerlandschaft, gerne auch landesweit, könnte neue Erkenntnisse, Konzepte oder Partner bringen. Wissen doch die Träger mit ausgebildeten Expertinnen von Kindereinrichtungen am besten, wie Kindergarten funktioniert und wo Synergiebrücken entstehen. Und nur als Gedankenansatz: Neben den Kirchen gibt es auch zahlreiche freie Träger, die sich auf Ausschreibungen beteiligen würden, Ideen haben, eltern- und in erster Linie kindgerechte Angebote entwickeln können.


Aufgrund der – in der Presse erwähnten – angespannten finanziellen Lage Hüfingens bei der Reduzierung der Rücklagen des Kommunalhaushalts, vielleicht eine Option, bevor über waghalsige ungriffige Konzepte geredet wird, die nicht langfristig tragfähig sind. Am Ende möchte ich gerne noch einen Hinweis geben: Wir Elternvertreter sind bestimmt die Letzten, die sich eines ernstgemeinten Dialogs bei der Weiterentwicklung der Kinderbetreuungseinrichtungen entziehen würden. Man muss uns nur ansprechen.