Katzenschutzverordnung
von Nadine Vögel, Kreistierheimleitung
Am 27.7.2023 beschloss der Gemeinderat Hüfingen eine Katzenschutzverordnung.
Hintergrund
Seit Jahrzehnten kastrieren Tierschutzvereine wildlebende Katzen und sorgen so für eine Populationskontrolle. Kommunen sind als zuständiges Fundbüro auch für aufgefundene Tiere verantwortlich und müssen diese artgerecht unterbringen. Für diesen Zweck werden Dienstleistungsverträge mit Tierheimen geschlossen. Jahrelang existierte die Streitfrage zwischen Tierschutzvereinen und Kommunen, ob verwilderte Katzenpopulationen als Fundtiere gelten oder nicht. Die Kastration oder Unterbringung einer „verwilderten Katze“ lehnten die meisten Kommunen ab. Dies hatte zur Folge, dass sich die verwilderten Bestände immer weiter vermehrten und der Tierschutz durch fehlende Gelder und Mangel an ehrenamtlichen Helfern nicht in der Lage war, die Population in den Griff zu bekommen.
2018 fällte das Bundesverwaltungsgericht dann ein Grundsatzurteil. (BVerwG, Urteil vom 26. April 2018, Az. 3 C 24.16). In diesem Urteil wurde entschieden, dass von einer Fundsache immer dann auszugehen ist, wenn Eigentum an einer besitzlosen Sache nicht mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden kann. Dies gilt entsprechend auch für Fundtiere. Da das Eigentum an Tieren nicht aufgegeben werden kann, diese also nicht herrenlos werden können, sind typische Haustiere (also auch Katzen) grundsätzlich immer als Fundtiere zu behandeln.
Mittlerweile jedoch sind von ehemals sieben aktiven Tierschutzvereinen im Schwarzwald-Baar-Kreis nur noch drei übrig. Tierschutzverein Triberg und Umgebung e.V., so wie TSV St. Georgen u. U. e.V., um den es still geworden ist und TSV Villingen-Schwenningen e.V. welcher versucht das restliche Kreisgebiet abzudecken. Hüfingen selbst hat keinen Tierschutzverein.
Die nun schon schwierige Situation verschärfte sich durch die Coronajahre weiter. Zuerst der Lockdown in dem sämtliche Tierschutzarbeiten zum Erliegen kamen und danach der enorme Zuwachs an Haustieren, insbesondere Katzen, wovon viele unüberlegt angeschafft wurden und als die Normalität wieder eintrat, dann doch nicht erwünscht waren.
Die jüngste Erhöhung der Gebührenordnung für Tierärzte gibt finanziell schwachen Katzenbesitzer nun den Rest. Wer sich sein Tier noch leisten kann, überleg zweimal, ob Kastrieren und Kennzeichnen denn tatsächlich nötig ist und im Budget liegt.
Nicht kastrierte Halterkatzen (Katzen, die im Eigentum jemandes stehen) sorgen so für frisches genetisches Material in der verwilderten Population, schlimmer noch, es werden oftmals ausgehend von nur einer entlaufenen Kätzin ganz neue Populationen gegründet.
Die Tiere werfen bis zu dreimal im Jahr vier bis sechs Kitten und sind, während sie den ersten Wurf noch säugen, oftmals schon wieder trächtig. Die jungen Kater sind mit gut acht Monaten schon geschlechtsreif und nutzen ein Streifgebiet von fünf Kilometer, um zeugungsfähige Kätzinnen zu finden.
So vermehren sich nicht nur die Katzen rasant, sondern auch pathogene Keime, Viren und Bakterien. Der Zustand der Straßenkatzen ist besorgniserregend. Kaum ein Tier ist gesund, welches im Kreistierheim eingeliefert wird. Von offenen Wunden über Katzenschnupfen und Seuche ist alles dabei. Die Tiere leiden oft wochenlang und gehen qualvoll zugrunde, wenn sie nicht eingefangen werden. Und doch vermehren sie sich immer noch schneller als dass sie sterben.
Schmerzen, Leiden, Schäden
2019 wurde im Kreistierheim Schwarzwald-Baar-Kreis eine Studie zum Durchseuchungsgrad der Straßenkatzen gemacht.
Dabei bestätigte sich die hohe Krankheitsrate der Katzen. Im Jahr 2019 mussten 59% der eingelieferten Katzen gegen Endo- und Ektoparasiten (ausgenommen Giardien) behandelt werden. Es handelt sich hier um Erkrankungen durch z.B. Würmer und Flöhe, welche auch auf den Menschen übertragbar sind. Bei 35% war eine Behandlung mit Antibiotika erforderlich, um bakteriell verursachte Infektionen zu bekämpfen, darunter auch der Katzenschnupfen. 11% der Katzen erlagen trotz Behandlung ihrer Krankheiten oder mussten euthanasiert werden.
Bei 100 Jungtieren wurde festgestellt:
Coronavirus (FCoV) | Giardien | Parvovirus (FPV oder FPLV) | |
2019 | 31% | 72% | 43% |
2020 | 77% | 85% | 29% |
Erzeuger der felinen infektiösen Peritonitis (FIP) mit tödlichem Ausgang. Tiere, die nicht erkranken, können lebenslang infektiös für andere Katzen bleiben. Eine Impfung gibt es nicht, auch Halterkatzen sind gefährdet.
Sind sehr widerstandsfähige Einzeller, die zu starken wässrigen Durchfällen führen. Durch Dehydration und Nährstoffmangel verenden die Infizierten schlussendlich ohne Behandlung qualvoll.
Sie sind auf den Menschen übertragbar und sind dort für die menschliche Giardiose verantwortlich.
Parvovirus (FPV oder FPLV), Katzenseuche
Katzenseuche ist hochgradig ansteckend und tödlich, bei Kontakt können auch geimpfte Halterkatzen erkranken.
Anzahl der Katzen
Die tatsächliche Anzahl der wildlebenden Katzen ist schwierig zu ermitteln, da sie bei uns im Schwarzwald, anders als in den südlichen Ländern, erst in Erscheinung treten, wenn sie deutlich auf Hilfe angewiesen sind.
Durch eine statistische Berechnung kann man erahnen, wie viel Katzen alleine in Hüfingen wild leben und sich munter weiter vermehren.
Das große Problem ist nun, dass die 312 nicht kastrierte Halterkatzen mit Freigang sich mit den 189 verwilderten Katzen verpaaren und so weiter den verwilderten Bestand am Leben erhalten.
Kosten
Die Unterbringung von Fundkatzen verschlingt ein Vermögen, jüngst 222.828,60 €.
Die Kosten steigen proportional zur der Anzahl Katzen und kehren jährlich wieder.
Im Kreistierheim Schwarzwald-Baar ist das Kapazitätslimit im Sommer immer erreicht und es ist nur eine Frage der Zeit, wann ein Aufnahmestopp verhängt werden muss. Da der Vertrag mit den Städten und Gemeinden zur Aufnahme von Fundtieren nur bis zur maximalen Kapazität des Kreistierheims gilt, sind diese dann selbst in der Pflicht eine Unterbringung für die Tiere zu finden. Gleichzeitig bedeutet dies, dass auch das Veterinäramt tierschutzrechtliche Beschlagnahmungen oder sichergestellte Tiere nicht einliefern kann.
Katzenschutzverordnung
Die nun beschlossene Katzenschutzverordnung soll Abhilfe schaffen. Sie besagt, dass Katzen mit unbegrenztem Zugang ins Freie von Ihren Haltern kastriert, gekennzeichnet und registriert werden müssen. So können sie den Wildbestand nicht weiter puschen und durch die Registrierung auf den Besitzer das Kreistierheim entlasten, da eine aufgefundene Halterkatze so direkt wieder zu ihren Besitzern zurückgebracht werden kann.
Die Katzenschutzverordnung erhält ihre Gültigkeit sechs Monate nach der öffentlichen Bekanntgabe durch Stadt.
Auch die Katzenschutzverordnung entfaltet ihren Sinn nur durch Menschen, die sie befolgen. In den wenigsten Situationen werden Ordnungsämter oder das Veterinäramt die Gärten nach unkastrierten Tieren durchforsten. Sondern im Falle eines Falles, wie der z.B. die Population von über 40 Katzen, die sich bereits über die Dorfgrenzen hinweg in Hausen vor Wald vermehrt hatten, bestände eine gesetzliche Grundlage zur Auflösung so einer Situation auch gegen den Willen eines potenziellen Halters. So können auch die Kosten einer Kastration und Kennzeichnung dem Halter auferlegt werden.
Moderner Tierschutz ist eine Zusammenarbeit von Kommunen und engagierten Bürgern.
Angesprochen fühlen dürfen sich trotzdem auch Halter von Wohnungskatzen, da die Erfahrung sagt, es sind oftmals entlaufenen Wohnungskatzen, die nicht wieder nach Hause finden und ihr Leben als unkastrierte Straßenkatze beginnen.
Die Katzenschutzverordnung und deren Einhaltung ist momentan der wichtigste und effektivste Tierschutz.