Wasserleiche

Wasserleiche

1. November 2023 0 Von Dr. Franz Maus

Liebe Bürgerpostleser, 

damit fing diese Geschichte an. Ich erhielt von Eva-Maria Mayer von Fotomayer diese Whatsappnachricht: „Wenn mol z’Hifinge bisch, kunsch bei mir im Lade vorbei….ich soll, (kann) Dir was zeigen😅“ 

Natürlich ließ ich sie nicht lange warten und Eva-Maria gab mir eine Schachtel mit diesem Inhalt:

Der arme Kerle muß in eine Erdregentonne gefallen sein und so wie oben zu sehen, wurde er herausgefischt. Eva-Maria hat das mitbekommen und gedacht, daraus kann ich vielleicht eine Geschichte machen. Dass es sich um einen Igel handelt, sieht man deutlich anhand der Stacheln. Also jetzt war klar, dass ein Igel durch Ertrinken zu Tode gekommen ist. Aber wieso sieht er so weiß aus? Mein erster Gedanke war, dass er verkalkt ist. Deswegen setzte ich einen kleinen Teil Substanz in Säure an, es passierte nichts. Außerdem hat Regenwasser keinen Kalk, wenn mich mein Gedächtnis nicht täuscht. Der hintere Teil war in größere Brocken zerfallen, ich konnte mit der Hand alles ohne große Anstrengung weiter bis zum Staub zerbröseln.


Die Knochen waren total in Takt, auf Bild rechts sieht man einen Oberschenkelknochen und Teile des Beckens. Ich kam nicht weiter und mußte die Bilder zweimal in den Whatsapp Status stellen, ehe jemand einen Tipp gab. Es war ein langjähriger Mitarbeiter eines Friedhofamtes einer größeren Stadt, ahnen Sie schon etwas? Er schieb: „Das sieht aus wie eine Wachsleiche“. Oha. Wikipedia gibt dazu die Auskunft, dass in einer nassen und kühlen Umgebung mit wenig Sauerstoff eine Leiche nicht wie üblich verwest. Stattdessen führt die Bildung von Adipocire (auf deutsch Leichenwachs) zu einer Verhärtung des Leichnames, die keine weiteren Verwesungsprozesse erlaubt. Durch die Zersetzung von körpereigenen Fettsäuren in nicht abbaubare gesättigte Hydroxy- oder Oxifettsäuren werden die Weichteile der Leiche zu einer grauweißen, pastösen Masse umgewandelt. Nach frühestens drei bis sechs Monaten beginnt die Verhärtung zu einer kalkartigen, organischen Substanz. Das trete auch bei Wasserleichen auf, und damit sind wir wieder bei unserem Igel angelangt. Das Rätsel ist gelöst, es ist ein Wasserwachsleichenigel. Aufgrung der kalkartigen Struktur ist er mindestens schon ein halbes Jahr tot, es könnte aber auch schon Jahre her sein. Denn diese Verwesungsart ist sehr stabil. 

Welche Gedanken beschäftigen Sie nun? Denken Sie vielleicht, das hätte er nicht schreiben brauchen. Für mich war es eine tolle Herausforderung, wieder etwas dazu lernen zu dürfen. Deswegen nochmals herzlichen Dank an Eva-Maria Mayer, dass sie mich in den Laden gelockt hat. Vielleicht passt ein Gedicht von Goethe dazu:

Solang Du dies nicht hast, dieses Stirb und Werde, bist Du ein trüber Gast auf dieser dunklen Erde.

Herzliche Grüße
Franz Maus