Kolumne Heike Boeke

22. August 2019 0 Von Heike Boeke

Weil Hüfingen mit am Herzen liegt

“Irgendwann ist Deutschland zugebaut, aber alles ist selbstverständlich naturschutzrechtlich korrekt ausgeglichen” Axel Mayer , Bund Geschäftsführer (frei zitiert nach Hans Mattern, dem früheren Leiter der Bezirksstelle für Naturschutz und Landschaftspflege Stuttgart)

Die Stadt Hüfingen verfügt über ein sogenanntes Ökokonto. Wissen sie was das ist? Ich bis vor Kurzem auch nicht, bis durch die Nachrichten das Wort Ausgleichsmaßnahmen geisterte, die in Deutschland zwar bei der Erschließung neuer Wohngebiete, Straßen und Gewerbeparks verordnet würden, oft jedoch erst Jahre später, unsinnig oder nie umgesetzt werden. Zudem würde viel zu wenig kontrolliert und viele der angeblichen Ausgleichsflächen würden kaum oder gar nicht mehr gepflegt und letztendlich irgendwann untergepflügt. Und hier kommt jetzt das Ökokonto ins Spiel. Es ist kein Konto im eigentlichen Sinne, denn es kann zwar leer aber nie ins Minus rutschen. Man könnte es eher als ein Sparbuch bezeichnen auf dem Maßnahmen eingezahlt werden, die den ökologischen Wert einer Fläche erhöhen und die dann später gegen eine versiegelte Fläche gegengebucht wird. 

Erst  mal eine gute Idee fand ich, bis ich jedoch recherchiert habe, was das für ein Geschäftsmodell ist. Ganz viele Punkte bekommt man auf seinem Konto gutgeschrieben, wenn man z.Bsp. ein Flussgewässer renaturiert oder irgendwo einen Tümpel anlegt. Wenn ein Konto also über genügend Guthaben verfügt, dann kann man erst mal richtig ordentlich bauen und irgendwann die entsprechende Ökopunktzahl abheben.

Deutschland ist, was den Flächenverbrauch betrifft an einem Spitzenplatz. In den letzten 60 Jahren hat sich die Siedlungs- und Verkehrsfläche mehr als verdoppelt. Im Jahr 2014 alleine wurde täglich eine Fläche von 69 Hektar, die Fläche von ca. 100 Fußballfeldern ausgewiesen, und das zulasten von Landwirtschaft und fruchtbaren Böden ( Quelle Naturschutzbund Baden) Man regt sich hierzulande über den immer kleiner werdenden Amazonasregenwald auf und macht vor der eigenen Haustür das Gleiche, nämlich die Natur zu zerstören und zu versiegeln. Das Geschäft mit den Ökopunkten vereinfacht nämlich den Bau von Straßen, Wohnungen und Gewerbeparks. Inwiefern?

Es wird mit sehr zu hinterfragenden Ausgleichmaßnahmen richtig viel Geld gemacht, denn das Schaffen von Natur auf Vorrat entbindet die Bauherren davon in unmittelbarer Nähe, was gefordert ist, Ausgleichsflächen zu suchen, denn sie können Ökopunkte kaufen. Ein sinnvolle Ausgleich findet dadurch gar nicht statt, denn was nützt irgendein Tümpel, der irgendwo abgelegen angelegt wurde der Natur vor Ort , die mit Schaufel und Bagger zerstört wird?

Ausgerechnet Acker, die zur Nahrungsmittelproduktion notwendig sind, werden zu Schnäppchenpreisen erstanden und sind leicht ökologisch aufzuwerten. Da werden ein paar Hecken gepflanzt und schon fließen die Ökopunkte. Auch Streuobstwiesen sind solche Ökopunktbringer. Nur dass es sich hier um reine Kulturlandschaften handelt, die regelmäßig gepflegt werden müssten, woran es danach meist hapert. Theoretisch kann man also ein ökologisch hochwichtiges  Hochmoor mit der Pflanzung von ein paar Hecken verrechnen. Natur wird daher zum reinen Wirtschaftsgut.

Was wurde in Hüfingen als Ausgleichsmaßnahme für das Neubaugebiet Hohen  durchgeführt? Wie sieht das derzeitige Ökokonto der Stadt Hüfingen aus und welche Maßnahmen stecken dahinter? Wurde bei der Planung der Versiegelungsflächen auch überlegt, wie man diese reduzieren kann?

Planzungen mit ärmlichen Grünstreifen sind an Schnellstraßen gang und gäbe – siehe B27. Ist das der Ausgleich, den sich die Bürger wünschen? Wie sinnvoll sind die auf dem Ökokonto befindlichen Maßnahmen für die Stadt und ihre Bewohner? Das zu erfahren wäre sicherlich für alle sehr interessant.