Bauernaufstand
Was geht einem nicht alles durch den Kopf, wenn in den Nachrichten die Treckerkolonnen anrücken, wenn man gar selbst irgendwo im Stau steckt. Und wenn in der Abendschau dann auch noch Szenen von Pöbeleien und Handgreiflichkeiten gegen Politiker serviert werden. Oder die populistischen Anbiederungsversuche von Parteiengrößen, dazu der staatsmännische Auftritt des Bauernverbandspräsidenten und dessen Bekenntnisse zur Demokratie und zur EU. Daneben Gebrüll und Slogans wie „An den Galgen mit der Ampel!“ Ob sich die Wut wohl vollends entladen haben wird, ob genügend Dampf abgelassen worden ist, wenn all die großrädrigen und PS-strotzenden Traktoren nach den Demos in die Höfe zurückgekehrt und wieder zur Feldbestellung eingesetzt sein werden? Wird man in der Landwirtschaft wohl wieder zur Normalität zurückfinden, oder ist eher ein Flächenbrand zu befürchten nach den Muskelspielen auf zugestellten Straßen und Plätzen, zusätzlich befeuert durch Lokführer- und Ärztestreik sowie von extremistischen Brandbeschleunigern mit der Aussicht auf eine saftige Quittung bei den demnächst anstehenden Wahlen in Brüssel und in den ostdeutschen Bundesländern?
Wie sich die Agrarpolitik hierzulande seit Sicco Mansholt selig („Wachsen oder Weichen!“) seit Jahrzehnten dargeboten hat, musste sie ja selbst unter urbanen Normalbürgern Skepsis auslösen angesichts des Höfesterbens, mehr aber auch des Artensterbens. Der für Milchbauern so ruinös niedrige Literpreis ist uns Konsumenten bei Lidl, Edeka oder Aldi ja dennoch stets zupass gekommen. Und wie rasant sich in der Folge – trotz aller Subventionen und satellitengestützter Überwachung der Auflagen – das Bild der Agrarlandschaft wie das der Bauernhöfe verwandelt hat, das konnte eigentlich keinem entgangen sein. Je rascher aus Höfen „Agrarfabriken“ wurden und je üppiger die neuen Hallenställe ausfielen, desto artenärmer und monotoner entwickelte sich die Feldflur. Während sich die Baar von der „Kornkammer Badens“ in eine Maiskammer verwandelte, wurde die Diskussion über CO2- und Umweltbilanz der Landwirtschaft immer lauter und unnachsichtiger geführt – Blühstreifen hin oder her. Zugleich wuchs mit dem Zwang zur Rationalisierung der Maschinenpark in den verbliebenen Vollerwerbsbetrieben, vom Melkroboter bis zur Biogasproduktion. Wie waren da all die Investitionen überhaupt noch finanziell zu stemmen?
Am auffälligsten war die Aufrüstung mit immer noch schwereren Traktoren mitsamt deren oft mehrachsigen Nachläufern für Gülletransport und Ernte: Was waren das doch für Zeiten, als außer den Misthaufen vor den Häusern auch noch geräuschvoll dahin tuckernde Kramer-, Deutz- oder Lanzbulldogs das Dorfbild prägten; nun haben allenfalls bei Hobby- und Nebenerwerbslandwirten noch welche überlebt. Umso mehr darf gerätselt werden, wie unter den Rädern der tonnenschweren Nachfolgergeneration die Produktionskraft der „Ackerkrume“ überhaupt erhalten werden kann, zumal unterm Vorzeichen des Klimawandels mit seinen sich häufenden Hitze-, Trocken- und Überflutungsphasen.
Vom Artenschwund in der Insekten- und Vogelwelt ganz zu schweigen, egal ob mehr vom Kunstdünger- oder vom Pestizideinsatz verursacht. Doch mit jeder erneuten Umwelt- und Tierwohlauflage staute sich noch mehr Frust an, Wut auf die Bürokraten in Brüssel wie auf die Regierenden in Berlin, sodass schließlich die Aufkündigung der bisher gewährten Steuervorteile und des Agrardiesel-Vorzugspreises der Tropfen war, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat, mochte die Ampel in Berlin noch so verzweifelt nach akzeptableren Einsparmaßnahmen gesucht haben seit dem Stopp durch das Verfassungsgerichtsurteil.
„Landwirtschaft hilft allen“, so lautete unlängst noch ein vollmundiger Werbeslogan des Bauernverbands, der auf Autoaufklebern und Plakaten weite Verbreitung gefunden hatte. Ob unter den Vorzeichen des sich steigernden Proteststurms, gar dessen Unterwanderung durch extremistische Kräfte, nicht doch das noch immer vorwiegend positive Image des Bauernstands Schaden erleiden wird – so sehr, dass sogar die Umsätze der Biolandwirte, der Selbstvermarkter und Bauernläden abzusinken beginnen? Warten wir´s ab: Kommt es zu wachsender Radikalisierung, zur Vereinnahmung durch AfD, Querdenker und Reichsbürger oder bleibt es bei halbwegs maßvoller Ausübung des demokratisch-zulässigen Demonstrationsrechts? Und nimmt man wirklich den Mund zu voll, wenn man Zweifel äußert an Sinn und Zweck der gegenwärtigen Protestwelle?
Ja, man nimmt den Mund zu voll, wenn man grundsätzlich Zweifel an Sinn und Zweck der gegenwärtigen Protestwelle im Hieronymus äußert. Wäre der Hieronymus in Meck-Pom zu Hause, wären Zweifel erlaubt.Der Hieropnymus ist aber auf der Baar (leider noch zu wenig) verbreitet. Und da passen die Zweifel überhaupt nicht . Gut die Bauern fahren auch hier große Traktoren,.aber diese brauchen sie zur Arbeit. und nicht zum Vergnügen
Süddeutsche Bauern sind für mich die Unternehmer mir dem geringsten Einkommen.Es liegt unter dem Durchschnittslohn eines Arbeitnehmers. Wo ist da die Risikoprämie und die Entlohnung der mithelfenden Familie. Von den hohen Arbeitszeiten ,auich am Samstag und Sonntag ganz zu schweigen.
Bin ich froh, daß ich Beamter bin…