
Au des no
1. Version vom 8. Juni 2022
Fulgurit oder Blitzröhre
Des klei Muckeseckele vu me Virus frisst sich dorch die halb Welt, e Wasserwalz walzt a de Ahre alls platt, de Boris verzockt de Queen s Tafelsilber, de Kathole vertlauft s Personal und d Kundschaft, Schanzepfuscher verkaibet de guet ruf vum Waelderwald, scho wieder morkst en Holose Menscheschinder, Fraue, Kinder und Babuschkas ab, über Hungersnöt wie beim Stalin kaa der nuu schaebig grinse und d Aesche vum Pazifismus word grad im Schwarze Meer grosszügig uusgsaiet.

Und jetz au no des:
Grad wo mer sich im Wälderwald über die Urgmütliche, unterhaltliche Mühlefestli am Pfingschtmäntig freit, hauts am Obet vorher no bittlos inni. A de Öhlermilli i de Schildwendi hond s Fürderers, die guete Seele Maria und August mit de treue Helfer, alls wie immer nett und fürsorglich für de Mühletag am Pfingschtmentig grichtet.

Am Pfingssunntig zieht z mols e sau Dunderwetter über de Fürsatz is lieblich Schildwende Tal. Nochdem mer mont, es sei alls rum, krachets nomol gwaltig. Des gihts villmol bei “ positive“ Blitz. De Bode isch immer no spannungsglade und zieht vu dem abzogene Gwitter wie en Magnet, wie en Klammhoocke, doch no en Blitz aa. Und derlei Iischlaeg sind denno bis zu viermol so ghörig wie die normale, die sogenannte „negative“ Blitz.

On vu dere holose Sorte isch am Obet vor em Fescht in freie Waidberg vu s Fürderers oberhalb vu de Öhlermilli i d Matte iigschlage.

Sechs Kühe und fünf Kälbli sind absiits unter me Bomm gstande. Die mehrere hunderttausend Volt hond dene Vierbeiner wege de Schrittspannung blitzartig s Lebensliecht verloesche lau. Naehrmert im Wald kha sich erinnere, dass uffs mol so viel gütige, segensreiche Tierli umkumme sind. Und des ohne dass de Blitz direkt in mächtige Unterstands- Bomm ghaue hät, sondern i die frei Matte. Und uff s mol taucht wieder de Mythos vum Fulgurit, diesell ganz rar Blitz- Glasröhre uff.


Fulgurit



Noch sellem Muschter soll im Altertum s Glasmache aagfange haa. Zur Erinnerung a die uuschuldige Tierli isch amend en Fulgurit am Iischlagloch vum Blitz i de matte entstande?
Und no ebbis troomt eim:
Het des granate Gwitter nit paar tausend Kilometer gege Oeste uff dem platz mit dene farbige Zwiebeltuermle aabi gau kinne?
Allmaehlich daets mol lange mit so gruusige Storiax.


„Bläsi“ Glasbläser auf dem Dorfplatz Wolterdingen von Wolfgang Kleiser
Fulgurit oder Blitzröhre
Vielleicht ist dieses ganz neue Objekt in den FF Sammlungen Wolterdingen in 50 Sachen 1000 Jahre alt, vielleicht 20 000 Jahre oder noch viel älter. Denn es ist aus dem fast unvergänglichem Glas. Es ist nämlich Naturglas. Die zweite Form von natürlichem Glas neben Obsidian. Se ipse sculpcit. Schon das von Menschenhand gefertigte Glas ist fast unvergänglich. Nur vom natürlichen Glas übertroffen.

Wie also entsteht Fulgurit täglich, jährlich immer noch , oder wie ist unsere wertvolle Blitzröhre entstanden? Die meisten der seltenen Fulgurite findet man mit viel Glück in den grossen Sandwüsten. Aber auch in sandigen Quarzböden. Unsere Blitzröhre stammt von den Capverden, einer berüchtigten Gewitter Ecke im Atlantik. Aber die Weltinspiration, der big bang der Glasherstellung fand im Vorderen Orient statt. Die Orientalen wunderten sich über immer wieder im Dünensand anzuteffende, astartigen, knorrigen Gebilde, Skulpturen die in der Mitte Rohrkanäle aufwiesen. Bis eines Tages neben oder vielleicht in eine Karawane ein Blitz bei einem gar nicht so seltenen Wüstengewitter einschlug.
Da Kamele auf vier Beinen zu stehen pflegen, war die Wirkung wegen der Schrittspannung üblicherweise verheerend. Direkt an der Einschlagstelle aber entstand im Sand ein Krater aus dem ein Art Aststrunk herausspickte. Der hatte diese skurrile Röhre im Zentrum. Heureka, hätten Griechen gesagt, wenn sie dabei gewesen wären und überlebt hätten. Die Orientalen aber sagten: „Jetzt haben wirs endlich kapiert“ . Wenn wir jetzt den Quarzsand erhitzen, dann können wir Glas machen. Steinkohle für hohe Schmelztemperaturen gibt es im Orient durchaus im offenen Tagebau. Mit Holzkohle wirds schon schwieriger. Das klassische Kohlenmeiler Land ist der Wüstenorient eher nicht. Aber bald haben sie es gecheckt, dass Beigaben von Naturnatron aus Gruben bei Alexandria den Schmelzpunkt von dem Quarzsand deutlich senkte. So bekamen sie früher eine Fritte, eine Glassuppe, eine Glasschmelze, eine Glasmasse erschmolzen. Daraus machten sie zuerst Glasperlen und Ringe in Tonformen gegossen. Bald folgten in Tonformen, in Modeln gegossene Schalen, Becher und Teller. Jetzt fehlten nur noch amphohrenartige Hohlgefässe. Entweder sie mussten noch die Bronze- und Eisenzeit abwarten um Glaspfeifen zum Glasblasen zu verwenden. Es ist den pfiffigen Orientalen aber auch zuzutrauen, dass sie feuerfeste Blaspfeiffen aus Ton benutzten.
Inspiriert wurden sie auf jeden Fall von den Hohlblitzröhren. Was der Blitz kann, das kriegen wir auch erschmolzen und geblasen.
Weltwirtschaft gab es Zoll frei und erfolgreich lange vor Trump. Luxus hatte seinen Preis, insbesonders bei den feilschenden Basaris, die den Luxushändlern vom Mittelmeer die begehrten, exquisiten, Guccimässigen Glaswaren verkauften. Hochpreissegment lockt aber auch Nachahmer und Werksspione an. Bald hatten die Römer, Griechen, Marseiller und Venezianer den Trick auch raus. Und es war nur eine Frage von kurzer Zeit bis die Wahlen, Kobolde und Veneter die Glasmacher Kunst auch in den Silva Nera brachten. Denn dort waren die Voraussetzungen, die Rohstoffe und Märkte bestens geeignet. Lediglich das Natron aus Alexandria fehlte. Aber das ersetzte man durch Potaschegewinnung aus Farn und Laubholzasche. Auch aus unserem Laubenhausen?
Vielleicht verstehen wir jetzt die fundamentale Bedeutung für das Wunder des Glases von diesem unscheinbaren neu ausgestellten Objekt, diesem Fulgurit. Nicht nur der Name hat Poesie, erst recht das zierliche, verquarzte Ding Nr. 51. Wie sagt Neil McGregor: Anhand derartiger Artefakte kann man ihre Poesie und Seele geradezu ablauschen.
Nobed Hubert,
gern schließ ich mich de sympathische Konschdanzeri a.
Isch mer doch d Öhlermilli i gueter Erinnerung – au wenn`s gschüttet het bi de Freilicht-Ufführung domols,
woäsch es no?
En liebe Grueß vu de Alt-Eschingeri
Mathilde
Lieben Dank, verehrter Hubert Mauz, für diesen wenngleich traurigen, so doch überaus gelungenen Beitrag! :thumbsup:Und den letzten „frommen“ Wunsch gen Osten unterschreibe ich sofort!! Aus der alten Römerstadt am Rhein herzliche Grüße
von Patricia Fehrle
P.S.: Bin zwar Konstanzerin, aber schreiben auf „Hochdeutsch“ fällt mir leichter. 😉