In der badischen Gemeindeordnung vom Jahre 1921 wurde die Bezeichnung Stadt von einer Einwohnerzahl über 15.000 Personen abhängig gemacht. Damit verloren fast alle Baarstädte ausser Villingen die Bezeichnung „Stadt“. Bis 1935 gelang es lediglich Donaueschingen und Furtwangen seine Stadtrechte zurück zu erhalten. *
Am 31. Juli 1951 beantragte Hüfingen beim Ministerium des Innern des Landes Südbaden in Freiburg die Wiederverleihung des Stadtrechts.
Die Stadt Hüfingen kann auf eine ebenso reiche geschichtliche Vergangenheit zurückschauen wie die andern mittelalterlichen Städte der Baar. Die ältesten Spuren einer Besiedlung der Gemarkung gehen in die Urnengräberzeit (etwa 1000-800 V.Chr.) zurück, wo schon am Galgenberg eine kleine Siedlung bestand. Derselbe Galgenberg sah dann in den Jahren 40-74 n.Chr. ein römisches Kastell, das immer mehr erweitert und verstärkt , schließlich eine Besatzung von 1000 Mann faßte und dadurch zum ältesten Stützpunkt der Römer an der oberen Donau wurde. Von hier aus wurde einmal in den Jahren 73/74 n.Chr. Weltgeschichte gemacht. Zum ersten Mal wieder seit der Schlacht am Teutoburger Wald waren die Römer damals tiefer in das rechtsrheinische Gebiet vorgedrungen. Von Hüfingen aus setzten sie sich damals mit Erfolg in Bewegung, um den südlichen Schwarzwald südlich der Linie Offenburg-Tuttlingen in das römische Reich einzugliedern.
Im Anschluß an eine kleine alamannische Siedlung des 6. Jahr. n. Chr. haben im Anfang des 13. Jarh. die Herren von Hüfingen, wohl die Nachkommen der Gründer der alamannischen Siedlung, die kleine Burgstadt in der Hinterstadt errichtet und damit den ersten Schritt zur Erhebung des Dorfes Hüfingen zur Stadt getan. Diese kleine Burgstadt wurde dann von den Herren von Blumberg erweitert, ausgebaut und zum Mittelpunkt ihres ausgedehnten Besitzes in der Baar gemacht. Sie sind die eigentlichen Gründer der Stadt Hüfingen. Bereits im Interregnum hatte sich Johann von Blumberg im Schutze der Befestigung einen Markt errichtet, den ihm dann Rudolf von Habsburg schon 1274 bestätigte. 1292 erscheint zum ersten Mal ein Schultheiß und 1320 die Bürger der Stadt. 1353 erhielt der Stadtherr das Recht, einen Jahrmarkt abzuhalten. 1510 zählte man bereits deren sechs. Mit der Verleihung des Blutbannes der hohen Gerichtsbarkeit im Jahre 1364 hatte Hüfingen alle jene Vorrechte erhalten, durch die sich im Mittelalter die Stadt von dem Dorfe unterschied. Hüfingen war damit im Rechtssinn des Mittelalters eine volle Stadt geworden.
Die militärische Bedeutung wurde zum ersten Mal offenkundig, als das Haus Habsburg sich im Jahre 1362 in der Feste das Öffnungsrecht in Kriegszeiten für alle Zeiten sicherte. Die Lage an den Durchgangswegen aus der Schweiz und dem Breisgau verschaffte der Stadt erneute Bedeutung in den großen Kriegen der beginnenden Neuzeit. Schon im Schweizerkrieg wurde sie Sammelplatz der Reichstruppen. Besonderen Wert aber legten die Bauern auf den Besitzt der Stadt. Sie brauchten für ihre Züge einen Waffenplatz und einen Ort, wo sie sich ungestört versammeln konnten. Nach zwei vergeblichen Versuchen sie zu überrumpeln, erzwangen die Bauern die Übergabe der Stadt im Frühjahr 1525.
Schon vorher, im Jahre 1452 gab der damalige Stadtherr Berthold von Schellenberg der Stadt ihr Recht. In die Form eines Weistums gefaßt, ,, gibt uns dieses Stadtrecht eingehende Auskunft über die Rechts- und Wirtschaftsverhältnisse in der damaligen Stadt. Es wurde 1558 noch einmal revidiert, wobei die Herrenrechte erweitert wurden.
Schwer hatte die Stadt im Dreißigjährigen Krieg zu leiden. Zwei Ereignisse sind es, die bis heute in der Erinnerung des Volkes nachzittern: der Hexenprozeß gegen Tinctorius und dessen Gattin (1631/32) und das furchtbare Blutbad, das der württembergische Obert Rau am 15. Oktober 1632 in dem Städtchen anrichtete.
Von neuem blühte die Stadt erst wieder auf, als sie im 18. Jahrh. der Sitz eines fürstenbergischen Oberamts wurde. In jenen Tagen hat auch das geistige Leben durch Beamtenschaft und Hof einen gewissen Anreiz bekommen. Die schmiedeeisernen Wirtshausschilder und die Oberlichtgitter des Spitals und Knabenheims Maria Hof und die schön geschnitzten Kirchentüren, beides Werke von Hüfinger Meistern, zeugen von einer gewissen Blüte des Kunsthandwerks.
Es ist der Boden, auf dem am Anfang des 19. Jahrh. Männer erwachsen sind wie der Musiker Johann Nepomuk Schelble, der vielseitige Anreger Luzian Reich Vater und seine Beiden Söhne Xaver Reich, der Bildhauer , und der Kunstmaler und Volksschriftsteller Luzian, der Maler Rudolf Gleichauf, der Kunstmaler Josef Heinemann, Männer, die den Ruhm des Städtchens über die engen Grenzen der Heimat hinaustrugen.
Ein reich differenziertes Handwerk zeigen schon die Steuerlisten des 18. Jahrh. Schon infolge ihrer günstigen Verkehrslage war die Stadt Jahrhunderte lang die Marktstätte für die landwirtschaftliche Umgebung. Dieses Handwerkertum hat sich in Verbindung mit dem Handel auch im 19. Jahrhundert weiter gehalten und entwickelt. Dazu kam inmitten fruchtbaren Ackergeländes eine ertragreiche Landwirtschaft, wie sie von allem Anfang so bezeichnend ist für diese mittelalterlichen Ackerbürgerstädte. Sie setzte das alte Gemeinwesen instand, all die vielen Krisen und Katastrophen der Vergangenheit verhältnismäßig rasch und leicht zu überwinden.
Ein tüchtiges Gewerbe, eine leistungsfähige Landwirtschaft und eine bedeutende kulturelle Leistung in der Vergangenheit sind die Befähigungsnachweise, die das uralte Gemeinwesen beibringt, wenn es sich um den ihm zu Unrecht genommenen Titel einer Stadt von neuem bewirbt.
Antrag von Bürgermeister Richard Fischer am 31. Juli 1951 beim Ministerium des Innern des Landes Südbaden in Freiburg für die Wiederverleihung des Stadtrechts.
Mit Erlass des Badischen Ministeriums des Innern vom 3. September 1951 Nr. 30218 erhielt das Landratsamt Donaueschingen die Mitteilung, dass der Gemeinde Hüfingen gemäß § 9 Abs. 2 der Badischen Gemeindeordnung vom 23.09.1948 die Bezeichnung „Stadt“ verliehen werde. Am 28. Oktober 1951 überreichte Innenminister Schüly die Urkunde im Beisein des Staatspräsidenten Leo Wohlleb feierlich.*
Leo Wohleb Foto von Wikipedia
Auch Bräulingen , Blumberg und Fürstenberg bekamen die Stadtrechte zurück. Fürstenberg gab die Stadtrechte allerdings bei der Eingemeindung am 1. Januar 1972 nach Hüfingen wieder auf.
Festakt zur Wiederverleihung des Stadtrechts.
* Nach der Hüfinger Chronik von August Vetter 1984 und Wikipedia.
Der Augenblick der Entscheidung ist gekommen! Worte können unser Recht und unsere Freiheit nicht erobern.
(*1, 2, 3 Erste Version war am 15.01.2020)
Paul Revellio
Paul Revellio hat beschrieben wie am 10. April 1848 Friedrich Hecker von Konstanz aus die in Hüfinger Wirtshäusern versammelten Bauern, Tagelöhner und Handwerker aufgerufen hat, sich bewaffnet den Donaueschingern anzuschliessen:
Dezember 1848 Carl Revellio, Bürgermeister Joseph Hug und Sägewerksbesitzer Wilhelm Steiner gründen mit einer Art Rütlischwur den bald 114 Mitglieder umfassenden und stets im Ratssaal tagenden Volksverein. (nach 3)
Die Ackerbürgerschaft ging also in der bewegenden und bewegten Zeit auf die Barrikaden und machte 1848/49 Revolution über ihre Wehrausschüsse und über den Volksverein, unter dessen 114 Mitgliedern keine Frau war. (1)
Deshalb gründete sich 1849 der 130 Mitglieder zählende Frauenverein und setzte sich auf seine Weise für eine Veränderung ein.
Der Verein hatte mit den 130 Mitgliedern mehr als der Hüfinger Volksverein. Leider gäbe es im Hüfinger Stadtarchiv keine Hinweise auf die Tätigkeit des demokratischen Frauenvereins (3). Da ich weiß, dass dort Seiten aus den Büchern heraus getrennt wurden, könnten diese Hinweise durchaus nachträglich vernichtet worden sein.
Josefa Reich, geborene Elsässer (1823-1900)
Elisabeth Reich 1819-1871
Elisabeth (Lisette) Heinemann, geb. Reich 1819-1871
Josepha Reich geborene Schelble. Foto von 1865
Katharina Nober 1805-1871
Josefa Reich, geb. Elsässer (1823-1900)
Durch mehrere Berichte im Donaueschinger Wochenblatt gibt es aber einige Hinweise auf das Treiben des Vereins:
Hüfingen, 13. Juni. Eine ziemliche Anzahl hiesiger Frauen und Jungfrauen hat sich vereinigt, die hiesige Wehrmannschaft teils durch Geldbeiträge, teils durch Fertigung und Anschaffung der zum Felddienste erforderlichen Bedürfnisse nach Kräften zu unterstützen.
Zu demselben Zwecke wurden deshalb von jenen folgende Gegenstände und Geldbeträge bereits geliefert:
Kleidungsstücke und Weißzeug. 1 Schlafrock, 1 gestrickter Kittel, 80 Hemden, 19 Leintücher, 36 Handtüchlein, 18 paar Unterhosen, 72 paar Socken. Verbandsgegenstände. 138 Verbandtüchlein, 146 Binden, 12 Säckchen, 1 Korb voll Charpie. Ferner: 1 Couverte. An barem Gelde 31 fl. 40 kir. An das Finanzministerium wurden schon früher eingesandt 61 f. 36 kt. zusammen 93 fl. 16 kr.
Indem man dieses hiermit zur öffentlichen Kenntnis bringt, wird den edlen Spenderinnen zugleich der Dank ausgedrückt für ihre wohltätige Unterstützung und warme Teilnahme am Kampfe für die Sache und Freiheit des Volkes und des Vaterlandes.
Der Civilkommissär Häfelin
Donaueschinger Wochenblatt 13. Juni 1849
Schlacht bei Kandern 1848 Foto: Wikipedia
Friederich Hecker’s Abschied in Strasbourg auf seiner Reise nach Amerika. Setzt Eure Hoffnung nicht auf mich allein, einen sterblichen Mann, sondern auf Eurer gutes Recht und Euren eigenen Muth, auch ich verzweifle nicht an dem Gelingen der gorssen Volkssache, ungeachtet ich Vaterland, Frau und Kinder verlassen muss, ungeachtet mir mein mühsam erworbenes Gut genommen, und die Fürstenknechte mit ihrem aussaugenden Gefolge mich noch täglich vor der Welt mit Schmähungen übergiessen – nie ist eine große Sache ohne Opfer errungen worden!
Friedrich Hecker’s Ankunft in Nord-Amerika. Nach 14 tägiger Seereise betrat der edle Republikaner mit seinem Freunde Schöninger den freien Boden Nord Amerikas. Dort wurde ihm von seinen unzähligen Freunden ein Empfang bereitet, wie wenige gekrönte Häupter dessen sich rühmen können. Durch die oberste Behörde persönlich bewillkomt, wurde er Ehrengast der gesamten Freistaaten. Dort wird er freiere Staalseinrichtungen beobachten, und einst in sein bedrängtes Vaterland zuruckgekehrt, verwirklichen, was von so vielen als unerreichbar dargestellt wird.
*Fotos aus „American Dreams“ im Haus der Geschichte Stuttgart, Dezember 2023
Der Frauen- und Jungfrauen-Verein.
Das teure Vaterland ist in Gefahr, So rüstet euch, ihr edle Nationen, Bewaffne dich, du treue Männerschaar, Es gilt die stolzen Fürsten zu entthronen, Es gilt gerechtem Völkerkrieg, Der goldnen Freiheit ihren Sieg!
So ruft das edle Volk von Ost bis West, So ruft es selbst in Nordens düstern Gauen; Drum mutig auf was Gott am Leben läßt, Die Tyrannei soll eure Wunder schauen: Es gilt gerechtem Völkerkrieg, Der goldnen Freiheit ihren Sieg!
In Ungarn wo der Söldnerkampf erbraust, Dort seht ihr umgestürzte Trümmer rauchen; Mit Zorn geballt ist jede Mannes-Faust, Das Flammenschwert in Fürstenblut zu tauchen: Es gilt gerechtem Völkerkrieg, Der goldnen Freiheit ihren Sieg!
So schleudern höhnend die Tyrannen jetzt, Des Blitzes Glut in unserm deutschen Lande Eidbrüchige! ihr habt den Schwur verletzt, Habt aufgelöst der Gesellschaft Bande: Drum gilt’s gerechtem Völkerkrieg, Der goldnen Freiheit ihren Sieg!
Es stehen selbst des Volkes Frauen ein, Die friedlich sonst im eignen Hause wohnen, Und bilden einen Tätigkeits-Verein, Zur Unterstützung deutscher Legionen: Ja, gilt es doch dem Völkerkrieg, Der goldnen Freiheit ihren Sieg!
Jungfrauen, Frauen, kommt und schaaret euch! Besorget, spendet eure Kampfesgaben! Die allgemeine Not macht alle gleich, Und Alle werden sich am Siege laben: Drum „Vorwärts,“ Gut und Blut dem Krieg, Um jeden Preis der Freiheit Sieg!
Der Frauen und Jungfrauen Verein dahier zählt nun 130 Mitglieder, die alle gern und willig bereit sind, dem Zwecke des Vereins zu dienen, und daher freudig ihre Gaben auf den Altar des Vaterlandes niederlegen. Damit aber der Verein glücklich bestehe und gedeihe ist nötig, daß unter den Mitgliedern stets Einigkeit sei und bleibe. Daß diese sowohl von den gegenwärtigen als auch von den allenfalls noch beitretenden Mitgliedern gepflegt werde, steht zu erwarten, da alle vom Geiste der Eintracht und Liebe beseelt sind, womit sie an der guten Sache Anteil nehmen und Unterstützung da gewähren wollen, wo es notwendig ist.
Hüfingen, den 27. Juni 1849. Die Vorsteherin: Karoline Höfler. Die Schriftführerin: Elisabetha Gilli.
Donaueschinger Wochenblatt Juni 1849
Elisabetha Gilly geboren am 16.05.1825 und verheiratet am 08.01.1852 mit Markus Frey aus Hausen vor Wald, Gastwirt zum Löwen.
Karoline Höfler. Geboren als Karoline Aberle um 1817. Eltern Andreas Aberle und Magdalena Eytenbenz aus Möhringen. Wirtin vom Gasthaus Löwen. Ihr Mann Michael Höfler stirbt 1842 mit nur 29 Jahren.
Elisabetha Gilly war die Tochter von Josef Gilly aus Hondingen und Agatha Wagner. Sie wurde nach ihrer Großmutter Elisabetha Martin benannt.
…und an hohen Festtagen spielte er in der Kirche die Orgel, und der „Leuenbaschi” (Löwenwirt) sagte dann: „I ha’s bim erschte Griff scho gmerkt, daß es nit de Prezepter Thäddä ischt!” Dieser, der pensionierte Präzeptor Thaddäus Bader, war nämlich stets noch Organist.
Denkbuch von Lucian Reich 1896
Foto von Wikimedia von einem Frauenverein um 1900
Hüfingen, 27. Juni. Es ist wahrhaft erfreulich, wenn man wahrnimmt, wie hiesige Frauen und Jungfrauen in bedeutender Anzahl sich gleichsam wetteifernd bestreben, beim gegenwärtigen deutschen Freiheitskampfe unterstützend mitzuwirken, so viel sie nur immer vermögen. Dies beweist, wie sehr sie erkennen, was dem Volke und Vaterlande not tut, und was der Geist der Zeit fordert.
Dieselben haben darum einen Verein gebildet, wohlwissend, daß das Wirken für eine edle Sache nur durch vereinigte Kraft mit segenbringendem Erfolge gekrönt sein kann. Diesem Vereine haben sie daher Festigkeit verliehen durch angemessene Statuten, welche am 18. d. M. festgesetzt wurden, an welchem Tage sonach der Frauen- und Jungfrauen-Verein daselbst seine förmliche Konstituierung erhielt.
Der Zweck desselben ist zunächst die Teilnahme an den allgemeinen Freiheitsbestrebungen, die Unterstützung der hiesigen Wehrmannschaft und solcher hiesiger Personen, welche im Dienste der Freiheit unglücklich werden. Zur Erreichung dieses Zweckes werden alle 14 Tage von den Mitgliedern Geldbeiträge in die Vereinskasse entrichtet, die jedoch nicht festgesetzt, sondern dem Ermessen eines jeden Mitgliedes anheim gestellt sind. Auch werden Kleidungsstücke und zum Feld- und Wehrdienste erforderliche Bedürfnisse herbeigeschafft. Über schon früher eingegangene Beiträge und angeschaffte Gegenstände wurde schon am 13. d. M. vom Civil-Kommissär daher in diesem Blatte berichtet.
Es wurde nun noch von den Frauen und Jungfrauen eine neue, äußerst geschmackvolle und sinnreiche Fahne angeschafft und gefertigt. Am 20. d. M. fand die feierliche Übergabe derselben an das Bataillon des ersten Aufgebots des diesseitigen Bezirkes auf dem quadratförmigen, freien Platze bei der Kirche dahier statt: die Frauen und Jungfrauen des Vereins bildeten vom Rathause aus, wo sie sich gesammelt hatten, in festlicher Kleidung mit dreifarbigen Bändern und Schärpen geschmückt, einen Zug. Demselben voran gingen drei hierfür erwählte Jungfrauen, von denen eine derselben die zu übergebende Fahne trug, die dann, nachdem der Zug auf dem dem genannten Platze angekommen war, die Fahne nach gehaltener Rede dem Bataillons-Komandanten überreichte.
In dieser Rede wurde besonders herorgehoben, daß auch das weibliche Geschlecht beim Kampfe für die Rechte und Freiheiten des Volkes nicht gleichgültig zusehe, sondern bereit sei, sich nach der ihm dargebotenen Möglichkeit daran zu beteiligen. Unter Anderm enthielt die Rede auch den Wunsch, daß, wie einst unsere tapfern und heldenmütigen Vorfahrer unter der deutschen Fahne das unerträgliche Joch der römischen Zwingherrschaft brachen, auch diese Fahne sich entfalten möge im heiligen Kampfe gegen unsere deutschen Freiheitsunterdrücker, und daß sie, vereint mit andern wackern Streitern, mit Gott zum Siege für Volk und Vaterland führen möge, auf daß endlich Freiheit, Wohlstand und Bildung sich über Alle erstrecke.
In geeigneter Weise erwiderte auch der Bataillons-Kommandant und endete mit einem Hoch auf die Frauen und Jungfrauen des Vereins. Am Nachmittage desselben Tages marschierte dann das mutige und staatliche Bataillon nach Geisingen und Möhringen, wo es bis heute harrt, um nach dem wirklichen Kampfplatze zu ziehen, wo unsere badischen Brüder schon kämpfen gegen hessische, mecklenburgische, nassauische und preußische Söldner, die noch so verblendet sind, daß sie sich mißbrauchen lassen für die Unterdrückung des Bürgers. Hoffentlich werden auch diese noch zur Einsicht gelangen, daß sie im Fürstenheere nur für ihre eigene Knechtung und Unterjochung die Waffen führen.
Vincenz Rombach im Donaueschinger Wochenblatt am 27. Juni 1849
Die Hüfinger „Wehrmanschaft“ schloß sich am 7. Juli 1849 Sigels Volksarmee an, als diese durch Hüfingen marschierte. Hier, so berichtete Lucian Reich als Augenzeuge, „sah man noch einmal sämtliche Artillerie im Schloßhof aufgestellt . Um Mitternacht bei magischem Vollmondschein machte die ganze Retirade noch einen kurzen Halt in den Gassen. Dann ging es weiter der Schweizer Grenze zu nach Stühlingen. Unterwegs verbrannte man noch die gedeckte hölzerne Wutachbrücke in Grimmelshofen„
Die vom Frauenverein angefertigte Fahne wurde allem Anschein nach bei Grimmelshofen verloren. So schreibt der „Verweser“ Gilly dem Ortsvorsteher von Grimmelshofen einen Brief mit der Bitte sich nach der Fahne zu erkundigen. Der Ortsvorsteher schrieb zurück, dass keine Fahne zurückgeblieben sei. (3)
Mit der Niederschlagung der Badischen Revolution fand der Frauenverein anscheinend noch kein Ende und existierte im Untergrund fort. So spendete der Verein 1908 für die bei der Donaueschinger Brandkatastrophe Geschädigten 30 Mark. (2)
Brandkatastrophe in Donaueschingen am 5. August 1908. Hier spendete der Frauenverein den Geschädigten 30 Mark.
Formale Zusammenschlüsse und damit eine organisierte Frauenbewegung gab es im Deutschen Bund erst ab 1859 mit dem Badischen Frauenverein.
Der Hüfinger Frauenverein war somit wohl 1849 der erste demokratische Frauenverein im Deutschen Bund und mit 130 Mitgliedern auch beachtlich groß.
Vielleicht ist es an der Zeit, dass sich die Frauen in Hüfingen ihrer Wurzeln besinnen!
(1) Begegnungen mit dem 925-jährigen Hüfingen, Hugo Siefert, Schriften der Baar Bd 52 ab Seite 17, (2009)
(2) Hüfingen 1083-2008 Beschreibung einer Stadt im 925. Jubiläumsjahr. Kulturhistorische Reihe der Stadt Hüfingen, Band 9, Hugo Siefert (2009).
(3) Hüfingen und die Badische Revolution. Von Biedermännern und Heckerhüten. Kulturhistorische Reihe der Stadt Hüfingen, Band 3, Beatrice Scherzer (1998).
Die 1848er Revolution: Auswirkungen auf Wald und Jagd in der Region
Wer bereitete eigentlich die Revolution vor? Die Hirsche und Rehe taten es, welche nachts in den Kornfeldern weideten; sie waren die eigentlichen Demagogen, die Aufreizer zum Missvergnügen, sie waren es, die dem armen Bauersmann die ersten liberalen Ideen einpflanzten. (Wilhelm Heinrich Riehl: Land und Leute. Stuttgart 1861)
Geschichtliche Ereignisse, zumal Revolutionen wie jene vor 175 Jahren, lassen sich nie monokausal erklären. Dennoch darf gefragt werden: Gab es Riehls vierbeinige „Demagogen“, die „Aufreizer zum Missvergügen“, etwa auch auf der Baar? War der herrschaftliche Wald auch im Fürstenbergischen so etwas wie das Zwing-Uri der großen Herren neben dem schutzlosen Äckerchen des kleinen Landmanns, wie er in „Land und Leute“ behauptet? Die Hirsche, soviel ist sicher, können es nicht mehr gewesen sein, denn die waren in freier Wildbahn nicht mehr vorhanden: Die hatte Fürst Joseph Wenzel bereits 1781 in einer generalstabsmäßig vorbereiteten viertägigen Treibjagd durch 7560 zur Jagdfron verpflichtete Untertanen in einen 2000 ha großen „Thiergarten“ im Tal von Bachzimmern treiben lassen. Schon in den Jahrzehnten zuvor war der Abschuss verstärkt und den Bauern erstmals erlaubt worden, Schutzmaßnahmen gegen den Wildverbiss durchzuführen, nachdem rund 1000 ha Ackerland wegen der enormen Wildschäden nicht mehr bewirtschaftet werden konnten.
Spätestens in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, nach Ausrottung von Wolf und Luchs, hatten insbesondere der Rotwildbestand und damit auch der Leidensdruck der Untertanen so zugenommen, dass der Fürst reagieren musste. Die Rotwildstrecke auf der Baar und „über Wald“ hatte 1753 die Rekordhöhe von 1357 Stück plus 191 Stück Fallwild betragen.
„Abschaffung des Hochgewildes im Freien“
„Großer Thiergarten“ im Tal von Bachzimmern
Seine großmütige „Abschaffung des Hochgewildes im Freien“, das Ende der Rotwildjagd außerhalb des Geheges, ließ sich der Fürst von den betroffenen Gemeinden allerdings teuer bezahlen: die Ablösesumme betrug stolze 80.000 Gulden! Der allerletzte Hirsch fiel 1851 fernab der Baar in den F.F.-Wäldern nahe Menzenschwand. Umso ungestörter hatten sich unterdessen der Rehwildbestand und sogar die Hasen vermehren dürfen.
Ab 1818 existierte in Karlsruhe eine Zweite Kammer (eine Vorstufe des Parlaments), die alsbald förmlich geflutet wurde von Beschwerden und Petitionen, mit welchen erboste Bürgermeister auf die Nöte ihrer Bürger aufmerksam machten. So beklagt sich 1833 die Stadt Geisingen: Auf ihrer Gemarkung liege die Hofjagd des Fürsten, der das Wild ungewöhnlich stark hege, sodass es dem Landmann über den Kopf wachse. „Nicht bloß in den Saatfeldern, sondern auch in den Wäldern machen Rehe und Hasen unermesslichen Schaden.“
1837 folgt eine Petition zahlreicher Gemeinderäte und Gutsbesitzer aus Wolterdingen, Aufen, Mistelbrunn, Hubertshofen und Grüningen wegen allzu hohen Wildstands.
Ihr folgt 1839 eine Petition der Bürgermeister von Löffingen, Seppenhofen, Bachheim, Reiselfingen, Ditishausen, Göschweiler, Unadingen und Rötenbach: Auf ihren Gemarkungen, die der Standesherrschaft als Leibjagd vorbehalten seien, werde ein übertriebener Wildstand gehalten. Der Schaden, den das Wild in Gärten, auf den Feldern und in den Wäldern anrichte, sei ungeheuer. Der Wildstand sei hier so groß, wie er im ganzen Großherzogtum nirgends anzutreffen sei. Ganze Rudel von Rehen beweideten ihre „Öschen“. Was sie auch einsäen würden, die Felder sähen aus wie abgemäht.
Durch Wildverbiss geschädigte Weißtanne
Da in der Zweiten Kammer sachverständige Landwirte so gut wie nicht vertreten waren, neigte man dazu, die Schilderungen der Gemeinden als „Phantasiegemälde“ abzutun. Die Schuld an den Missständen liege nicht beim Fürsten, sondern bei seinen Bediensteten. Die Jagd verführe nun einmal zu Nichtsnutz und Liederlichkeit, weshalb der weise Großherzog es seinem Waldhutpersonal (wie auch den Lehrern) untersagt hatte, eine Jagd zu pachten.
Wie man andererseits mit Forstbeamten umsprang, die sich in Sachen Wildschäden zu weit aus dem Fenster lehnten, lehrt das Beispiel des großherzoglichen Bezirksförsters August Cron, der 1836 die (landesherrliche) Bezirksforstei Hüfingen übertragen bekommen hatte. In einer öffentlichen Versammlung hatte er die Wildstände auf den F.F.-Jagden zu kritisieren gewagt und war deshalb beim Fürstenhaus in Ungnade gefallen. Der Fürst höchstselbst beschwerte sich beim Großherzog über das für einen landesherrlichen Bezirksförster „höchst ungeeignete Verhalten“ und verlangte dessen Versetzung. Mit der Untersuchung des Falles wurde der Donaueschinger F.F.-Kollege beauftragt, der Cron als Mitglied einer ultraliberalen Partei verleumdete. Es ehrt den Großherzog, dass er seinem strafversetzten Beamten in Anerkennung seiner treuen Dienste 1870 das Ritterkreuz 1. Klasse zum Zähringer Löwenorden verliehen hat.
Derlei Disziplinierungsversuche änderten freilich nichts daran, dass die Zweite Kammer auch 1846 noch förmlich überschwemmt wurde mit Petitionen wegen Jagd und Wild, deren Ton sich zunehmend emanzipierter, in den Ohren des Fürsten zunehmend schriller und ungehöriger ausnahm. Eine Petition aus Tannheim etwa bezeichnete das Jagdrecht als „ein mittelalterliches Institut zur Lust und zum Vergnügen des Adels und zur Plage des Landmanns“. In der Diskussion über die Ergebnisse einer zur Klärung von Wildschadensfragen eingesetzten Kommission meldete sich auch der charismatische Mannheimer Abgeordnete Friedrich Hecker zu Wort, derselbe, der zwei Jahre später, am 15. April 1848 an der Spitze eines 400 Mann starken Zugs in Donaueschingen einmarschieren sollte, nachdem er zuvor in Konstanz die Republik ausgerufen hatte: „Obwohl ich Jäger bin“, unterstützte der streitbare Advokat einen Kommissionsantrag zum Dauerthema Wildschäden und führte dazu aus: „Das Jagdrecht ist als ein Ausfluss des Eigentums betrachtet worden. Es wäre nichts Natürlicheres, als dass jeder, der Grund und Boden besitzt, sich gegen Schädigung durch das Wild Hilfe schafft, indem er es erlegt.“
Vor dem Hintergrund katastrophaler Missernten erkannte die Regierung die brennende Lunte, und so erging im Mai 1847 noch eine Generalverfügung des Ministeriums des Innern gegen den Missbrauch des Jagdrechts. Dennoch sind auch in diesem Jahr noch zahlreiche Beschwerden der Baargemeinden beim Ministerium eingegangen, gegen die sich der Fürst mit Nachdruck verwahrte: Es würden hier „alljährlich waidmännische Jagden abgehalten“, und die hohe Jagd auf Rotwild sei sogar schon seit über einem Jahrhundert ganz beseitigt. Die Verbitterung des Fürsten über die wachsende Entfremdung zwischen ihm und dem Volk nahm weiter zu: „Wenn die Behauptungen der ungestümen Verfasser der Eingaben mich als Jagdberechtigten auch sehr empfindlich treffen, so müssen Form und Ausdruck, in welchen sie verfasst sind, noch weit mehr den gerechten Unwillen erregen. Nicht an mir kann es sein, eine Sprache zu ahnden, welche dem Gesetz zum Hohn in rücksichtslosen Ausfällen durch Drohung mit Gewalt und Selbsthilfe Person und Eigentum bedroht und die Erreichung unangemessener Wünsche auf solche Weise erzwingen will.“
Weit ist es nicht mehr bis zum Ausbruch offener Feindseligkeiten, so wenig verwunderlich es noch ist, dass die Baar zu einem der Zentren der Demokratiebewegung werden sollte. Am 1. März 1848 wurde der Kammer ein von Friedrich Hecker unterzeichnetes Programm vorgelegt, das dann auch mit geringen Änderungen dem Großherzog vorgelegt wurde mit der Forderung nach Beseitigung der Reste des Feudalwesens, insbesondere auch des Jagdregals. Zwar versprach die Regierung, den Forderungen nachzugeben, doch die Zusagen kamen zu spät: im Odenwald brachen offene Gewalttätigkeiten aus bis hin zur Zerstörung standesherrschaftlicher Rentämter. Auf der Baar kam es im März und April zwar auch zu Plünderungen und zu unerlaubtem Jagen, doch zur Schadensbegrenzung trug der Umstand bei, dass der Fürst eilends noch auf zahlreiche Rechte verzichtete und die Jagdausübung in den Jagden auf die Gemeinden übertrug.
Auch Großherzog Leopold reagierte noch rasch – zwei Tage vor Heckers (von den blutigen Berliner Barrikadenkämpfen ausgelösten) Konstanzer Putsch: Er unterschrieb das „Gesetz zur Aufhebung der Feudalrechte“ als da sind „Bann- und Fronpflichen“, aber auch sämtliche Jagd- und Fischereirechte, womit das Jagdregal gefallen war. Eine „billige Entschädigung der Berechtigten“ sollte durch besondere Gesetze nachträglich bestimmt werden. Doch wenigstens dieses Ergebnis der agrarsozialen Unruhen sollte den Bauern in den nachfolgenden Zeiten der Reaktion niemand mehr streitig machen.
Mitten in den revolutionären Wirren, am 26. Juli 1848, war noch als Übergangslösung das Gesetz zur Ausübung der Jagden verabschiedet worden, das den Gemeinden das Jagdrecht zusprach und den Staatsbehörden das Recht, Anordnungen zur Verringerung des Wildstands und der Wildschäden treffen zu können. Im Nachhinein wird man das Jagdgesetz vielleicht sogar als Taschenspielertrick, als Bauernfang einordnen dürfen. Mit ihm ist es der Regierung jedenfalls gelungen, die Bauern aus der revolutionären Front herauszubrechen. Womit es den preußischen Interventionstruppen leicht gemacht wurde, die Unruhen auch in Baden niederzuschlagen. Preußische Standgerichte verhängten und vollstreckten bis zum 27. Oktober 40 Todesurteile.
Als sich im März herumgesprochen hatte, dass den Kammern der Gesetzentwurf über die Abschaffung der Feudalrechte vorlag, begann für ein paar Monate der Volksbewaffnung das, was sich in späteren Forst- und Jagdpublikationen als „Vernichtungskrieg gegen da Wild“ niederschlug: der rechtlose Zustand der „freien Büchse“, der nach Auskunft des F.F.-Jagdchronisten Stephani dazu geführt hat, dass „der Rehstand strichweise fast völlig aufgerieben“ worden sei. Dem Wald, insbesondere der so verbissgefährdeten Weißtanne, verschaffte die erfolgte Dezimierung des Rehwilds eine kurze Verschnaufpause und vielerorts eine Welle von Waldverjüngung, von der auf der Baar und im Schwarzwald noch heute viele tannenreiche Altbestände zeugen.
Gedenkstein im Unterhölzer Wald
*iKurzfassung des Kapitels „März-Errungenschaften“ in Hockenjos, W.: Waldpassagen. Dold-Verl. Vöhrenbach, 2000
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