Gendern in der Forstpartie

Gendern in der Forstpartie

18. Januar 2024 3 Von Wolf Hockenjos

Strobl will Gendern verbieten (Schlagzeile auf der Titelseite des Schwarzwälder Boten am 17. 1. 2024)

„Bin im Wald! – Mit einem Forstexperten durchs grüne Dickicht“, so lauten Titel und Untertitel 1 eines 2022 erschienenen Buches, verfasst von Bastian Kaiser, seines Zeichens Rektor der Forsthochschule Rottenburg. „Bin im Wald!“ basiert auf einer Erinnerung des Autors an seinen ersten Lehrherrn: an eine Zeit, in der es noch keine Mobiltelefone gab und der Forstberuf noch ausschließlich eine Männerdomäne war: Bei Reviergängen hing damals jeweils ein kleines Schild an der Forsthaustür mit dem Hinweis „Bin im Wald!“ Dass sich zwischenzeitlich im Forst und unter den Forstleuten einiges bewegt hat, dass Försterinnen erfreulicherweise längst keine Exotinnen mehr sind, schlägt sich im Buch in ebenso konsequenter wie gewöhnungsbedürftiger Verwendung der Gendersprache nieder, die im Plural anscheinend nur noch die weibliche Form kennt: Demnach ist der Wald neuerdings durchweg im Besitz von „Waldbesitzerinnen“ (S. 37), was freilich nicht ausschließt, dass die Forstleute „häufig keine Expertinnen für gute Kommunikation“ (S. 40) seien. Unter Lehrkräften und Studierenden an der Forsthochschule scheint sich das Gendern inzwischen eingebürgert zu haben, auch wenn der Leser von Bastian Kaisers Buch dabei noch so sehr ins Stolpern gerät.

Dessen Lektüre, so wendet sich der Autor gleich im Vorwort an seine Leserschaft, „macht Sie noch nicht zu Expertinnen, soll aber Ihre Emotionen um Fakten ergänzen“. Denn die früher verbreitete, naiv-romantische Försterverehrung scheine in eine „manchmal sehr allgemeine und besserwisserische Forstwirtschaftskritik umzuschlagen“. Was wiederum „den Nährboden für populistische Vereinfachungen und Verschwörungstheorien“ biete. 

Dass Bastian Kaiser – von gelegentlich durchschimmernder Polemik abgesehen – klug zu erklären versteht, was er seinen Studierenden beibringt, um sie trotz der enormen Breite des Wissensstoffs zu tüchtigen „Försterinnen“ heranreifen zu lassen, versteht sich von selbst. Und so kommt denn auch für interessierte Laien (oder muss es nicht besser „Laiinnen“ heißen?) reichlich Licht ins „grüne Dickicht“ der Waldwirtschaft – spätestens mithilfe des Anhangs mit seinen 142 Anmerkungen. 

Ungeklärt bleibt freilich, was Hochschulprofessoren wohl dazu treibt, im Plural nur noch die weibliche Form der Berufsbezeichnung zu verwenden. Sollte es sich dabei um eine subtile Form des Protests gegen Sternchen und Großbuchstaben, gegen Förster*innen und FörsterInnen oder das doch etwas umständliche Försterinnen und Förster handeln, wozu in Baden-Württemberg doch das Chancengleichheitsgesetz verpflichte. Schließlich sind mittlerweile ja 30 % der Absolventinnen (m/w/div) der forstlichen Universitäten und Hochschulen weiblichen Geschlechts. Ob man dort inzwischen im Plural generell auch von Forstwirtinnen schreibt, wo bislang nur von Forstwirten, Waldarbeitern und Holzhauern die Rede war – und dies, obwohl auf dieser Berufsebene derzeit begreiflicherweise nur ca. 1 % weiblichen Geschlechts ist?

Doch jetzt wird man an der Rottenburger Hochschule und der Freiburger Uni reagieren müssen. Seit nämlich durchgesickert ist, dass Landesinnenminister Thomas Strobl (wie auch in Bayern Markus Söder) das Gendern in der Amtssprache verbieten will? Wird man im exklusiven Hochschulbereich den Studierenden (falls Strobls Plan aufgehen sollte) weiterhin das Gendern erlauben bzw. zumuten, wiewohl sie sich hernach im Beruf der (genderfreien) Behördensprache zu befleißigen haben werden? Eher zu vermuten ist wohl, dass alsbald neue sprachliche Mischformen entstehen werden, um die Klippen der offiziellen Schreibweise zu umschiffen. Mag sein, dass Rektor Bastian Kaiser mit seinen Försterinnen ja den Stein der Weisen bereits gefunden hat.

Im grünen Dickicht

 1 Bastian Kaiser: Bin im Wald! – Mit einem Forstexperten durchs grüne Dickicht. Hirzel-Verlag Stuttgart 2022. 300 Seiten mit 24 farbigen Abbildungen.
Hardcover 22,00 €. ISBN 978-3-7776-3040-3