Und sie dreht sich doch
„Tamensi movetur!“ oder „Eppur si muove!
Dieser eigensinnige Satz wird Galileo Galilei in den Mund gelegt, nachdem er sich in einem Inquisitionsverfahren herausreden konnte. Zwar hat nicht er oder andere Naturwissenschaftler und Entdecker des ausgehenden Mittelalters das Gravitations- Pendel kreiert, sondern Leon Foucault anno 1851.
Er hat dieses Gravitationspendel in der Pariser Sternwarte aufgehängt nach dem Sinnspruch: „Was es zu beweisen gilt“. Die berühmtesten, populärsten Foucaultschen Pendel hängen im Pariser Pantheon und im deutschen Museum in München.
Einige Universitäten und naturwissenschaftliche Einrichtungen schmücken sich ebenfalls mit diesem fast selbsterklärenden Objekt. Es stellt anschaulich und sehr einfach die Erdrotation dar. Ein möglichst schweres Pendel, ein Art Senkel, und ein möglichst langer Draht genügt eigentlich. Einen Physiksaal mit mindestens 20 m Höhe haben aber die wenigsten Gymnasien.
Deshalb ist es umso erstaunlicher, dass beim Entwurf, bei der Planung und der Ausführung 1954 des neuen, nun 3. Gymnasium im beschaulichen Donaueschingen, des gallischen Physikers Leon Foucault gedacht wurde. War es auch ein Hofknicks gegenüber der benachbart einquartierten Besatzungsmacht?
Kluge Köpfe, ob es wohl der Architekt, der Direktor, der Bürgermeister oder sonst ein einflussreicher Ideengeber war? Das sollte man noch herausfinden, um ihm einen Kranz zu winden. Sie alle setzten das Projekt um einschliesslich einer Messing- Intarsie auf dem Treppenhausboden mit den lokal Koordinaten.
Auf jeden Fall bot sich der anmutige, ovale Treppenaufgang im neuen, humanistischen Gymnasium in der Lehenstrasse als „oval office“ für ein derartiges Pendel an. War vielleicht dieses naturwissenschaftliche Signal bereits Hinweis für eine Neuausrichtung dieser Bildungseinrichtung ?
18 m Höhe gab dieser elegante, oval gewendelte Treppenaufgang für eine Pendelaufhängung her. Eine solide, schwere Messingkugel wurde beschafft und ab Einweihung Ende 1954 konnten die Physik- und Geographie Studienräte den verblüfften, bedingt verständnisvollen Mittelstufenschülern, zeigen und beweisen:
Sie dreht sich halt doch!
Obwohl sie sich immer noch dreht, pendelte sich die Kugel aus und kam ganz zum Stillstand.
Als nämlich der 4. Gymnasiumsumzug 1970 in die Humbolstrasse anstand , verschwand leider physisch sowohl die Messingkugel als auch mental das historische, episodische und kulturelle Gedächnis an dieses Unikat in der eigentlich sehr bildungsbeflissenen Baar.
Wie man aber sieht, verflüchtigte es sich nicht aus dem narrativen, episodischen Gedächtnis der allermeisten F. -G- ler der 50-er bis 60-er Jahre. Auf einmal betrachtet man das Pendel fast als Markenzeichen der damaligen Penne. Und deshalb soll ein neues, aussagestarkes, symbolträchtiges Pendel an der Humboldstrasse wieder neuen Schwung aufnehmen und über der, in die Humbolstrasse zu translocierenden Messing- Intarsie, dort dann anschaulich und neu gestylt wieder schweben.