Kein Zebrastreifen für Hüfingen
von Peter Albert am 21.09.2019
Hochgradig traurig!
Mit großem Interesse habe ich Anfang Juli diesen Jahres vom interessanten Aktionsprogramm des Verkehrsministeriums Baden-Württemberg „Sichere Straßenquerung“ erfahren.
Erwartungsvoll habe ich in Absprache mit meiner Fraktion BFSO/DIE GRÜNEN-FRAKTION bereits am 13 Juli 2019 einen Antrag zur Aufnahme dieser sinnvollen Maßnahme in die Tagesordnung der nächsten Gemeinderatssitzung beim Bürgermeister gestellt. Nach Ansicht aller Fraktionsmitglieder hätte dieses Thema noch vor der Sommerpause am 1. August behandelt werden können, da diese Sitzung mit sehr wenigen Tagungsordnungspunkten ausgestattet war. Doch ich wurde bald eines Besseren belehrt. Auf Anfrage teilte mir der Bürgermeister mit, dass nach „§ 34 Abs. 1 Satz 4 GemO“ (Gemeindeordnung) genaue Fristen für Anträge einzuhalten wären und die von uns vorgeschlagene Beteiligung am o.g. Aktionsprogramm frühestens am 19. September, also acht Tage vor dem Ende der Bewerbungsfrist in Stuttgart, beraten werden könne.
Das unserer Meinung nach wichtige Aktionsprogramm unterstützt Städte und Gemeinden bei der Einrichtung von Zebrastreifen mit einem hierfür spezialisiertem Planungsbüro, sowie mit zusätzlichen finanziellen Mitteln. Da in Hüfingen in der Vergangenheit mehrere von der Stadt beantragte Zebrastreifen durch das Straßenverkehrsamt des Landratsamtes abgelehnt wurden, sah ich eine gute Möglichkeit hier mit der Fachkompetenz eines spezialisierten Fachbüros nochmals vorstellig zu werden. Der anfängliche Aufwand für die Stadtverwaltung in Sachen Bewerbung wäre sehr gering durch das Ausfüllen von lediglich vier DIN A4 Seiten online zu bewerkstelligen gewesen. Da bei der Auswahl durch das Ministerium nur „sechs Kommunen“ zum Zuge gekommen wären, hätte man sich nach Antragsstellung zuerst einmal gelassen zurücklehnen können.
Erstaunt stellte ich in der vergangenen Woche beim Durchgehen der neuen Sitzungsunterlagen für die Septembersitzung des Gemeinderates fest, dass der Bürgermeister auf „vier DIN A4 Seiten“ das Aktionsprogramm und unseren Vorschlag einer Bewerbung, eher reserviert gegenüber stand. Von einer Abstimmung für das Aktionsprogramm wollte er auch nichts wissen; diese wurde nicht einmal vorgesehen! Zuerst wurde die rechtliche Zulässigkeit unseres Antrags explizit schriftlich in juristendeutsch beschrieben, um gleich danach darauf hinzuweisen, dass zu unserem Antrag der Gemeinderat eigentlich gar nicht gehört werden müsste, da bei so einer Sache es sich eigentlich um „ein Geschäft der laufenden Verwaltung“ handele! Nichtsdestotrotz entschied sich der Bürgermeister dann doch dazu die Angelegenheit dem Gemeinderat allerdings erst am 19. September vorzulegen.
Nach der sehr ausführlichen juristischen Darlegung über die Gepflogenheiten, wie man (Frau) ordnungsgemäß Anträge nach der Gemeindeordnung zu stellen habe, wurde das Aktionsprogramm in der Sitzungsvorlage näher erläutert. Interessant in diesem Zusammenhang sei von meiner Seite erwähnt, dass es fußgängerfreundliche Lockerungen bei der Anordnung von Fußgängerüberwegen gibt, die die Chancen erhöhen, beispielsweise in der Bräunlinger, – Schaffhauser und auch Hauptstraße endlich weitere Zebrastreifen genehmigt zu bekommen.
Zu unserem Erstaunen beurteilte aber der Bürgermeister gleich im nächsten Absatz: „Ob der neue Leitfaden an dieser Bewertung etwas ändert, ist eher unwahrscheinlich.“ Interessant erscheint die Argumentation des Bürgermeisters hinsichtlich des abgelehnten Überwegs in der Hauptstraße in der Nähe des Rathauses.
Er weist darauf hin, dass beidseitig Parkplätze entfallen würden. Ist denn eine sichere Straßenquerung nicht wichtiger als ein oder zwei entfallene Pkw Parkplätze? Da war sie wieder, die Erinnerung an den letzten Bürgermeisterwahlkampf und an die Aussage unseres heutigen Bürgermeisters: „Ich bin ein bequemer Autofahrer“!
Weiter verweist das Schriftstück des Bürgermeisters auf die gute Zusammenarbeit mit den für die Einrichtung maßgebenden Behörden, wie beispielsweise dem Straßenverkehsamt. Als Sprecher der hiesigen Bürgerinitiative konnte ich allerdings bisher nur wenig bis gar kein Entgegenkommen dieser Entscheidungsträger in den zurückliegenden Jahren erkennen.
Am Ende der langen Sitzungsvorlage der Stadtverwaltung stehen aber dann auch Dinge, die mich sehr traurig und nachdenklich gestimmt haben. Die Teilnahme an dem Aktionsprogramm wäre mit enormen Zeitaufwand verbunden, oder die schlechten Erfahrungen, die man mit dem Fußverkehrschecks gemacht habe. Vielleicht lag das seinerzeit auch an den beiden federführenden beteiligten Gemeinderäten der CDU, welche mit der Aufgabe betraut waren. Einer betreibt übrigens ein Autohaus. Beides sind bis heute überzeugte stadtbekannte Autofahrer.
Ferner störte mich die Bemerkung, dass die „Gefahr“ besteht, dass der Bevölkerung der Eindruck vermittelt wird, dass „plötzlich eine Vielzahl von Fußgängerüberwegen eingerichtet werden könnten“. Zusätzlich negativ abgerundet wird die ganze Sache mit dem Hinweis, dass die Verwaltung mit der derzeitigen Personalausstattung an der Kapazitätsgrenze arbeitet.Diese Argumentationsweise ist schlichtweg demotivierend oder kurz gesagt: „Stellt bloß keine Anträge dieser Art“!
Die sich daran anschließende Beschlussfassung ergab ein interessantes Ergebnis: CDU und FW/FDP/UWV sowie der Bürgermeister stimmten mit insgesamt neun Stimmen gegen eine Beteiligung, unsere Fraktion und die SPD stimmten mit acht Stimmen für die Teilnahme des Aktionsprogramms „Sichere Straßenquerung“. Auch der Hinweis, dass ich am selben Tag noch mit der verantwortlichen Person im Verkehrsministerium telefoniert und diese mich in meinem Tun bekräftigt hatte, änderte letztendlich nichts daran. Das ist ein weiterer Sieg für den Autofahrer und für die autogerechte Stadt, die andernorts vielfach schon lange passee ist!
Resümee:
Es gibt wohl wenig Gemeinden in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg, die unter dem Straßenverkehr mehr leiden als Hüfingen. Was den Verkehr anbelangt, hat die Belastung der Anwohner längst die „Kapazitätsgrenze“ überschritten. Die Einrichtung von ein oder zwei zusätzlichen Zebrastreifen würde zumindest etwas zur Sicherheit beitragen!
Und noch was: In Deutschland gibt es elf Millionen Kinder unter 14 Jahren; angemeldete Kraftfahrzeuge sind es sechsmal so viele, also 62 Millionen!
Link der Bürgerinitiative Hüfingen: https://bi-huefingen.jimdo.com
Unglaublich traurig, dass einem Bürgermeister Parkplätze wichtiger sind als Zebrastreifen!!