Fondsgesellschaft mit angeschlossener Stadtverwaltung
16. März 2021 von Kurt Kammerer
Auf der Jagd nach Zinsen in einer zinslosen Zeit hat die Stadt Hüfingen wohl drei Millionen Euro ihrer Bürger in Anlagegeschäften mit der Greensill Bank verloren. Hätte die Stadt tatsächlich Risikominimierung betrieben wie vom Bürgermeister behauptet, dann hätten solche Anlagen wegen des möglichen Totalverlustes nicht getätigt werden dürfen. Es wäre jetzt falsch, alleine beim Stadtkämmerer der Kleinstadt Hüfingen die Schuld zu suchen, denn er kann neben seinen anderen Aufgaben die Millionen der Stadt nicht Tag und Nacht beaufsichtigen. War die Stadt Hüfingen immer stolz auf ihre stetig wachsenden Millionen-Rücklagen, so fragt sich der staunende Bürger heute, warum seine Stadt mittlerweile eine Art Fondsgesellschaft betreiben muss, die sein Geld bei derzeit 13 Banken verwaltet. Ist die Stadt Hüfingen denn eine Finanzunternehmen mit dem Ziel der Gewinnmaximierung oder eine dem Gemeinwohl verpflichtete Gemeinde? Das Geld kommt doch von den Bürgern und dort muss es auch wieder hin in Form von bezahlbaren städtischen Leistungen, guter Infrastruktur und Investitionen in die Zukunft. Jedem Schulkind einen Computer zu geben, kostenlose Nachhilfe anzubieten oder die Pflege auszubauen wären gut angelegtes Bürgergeld, gerade in dieser Zeit. Geld im Tresor zu bunkern und damit zu spekulieren ist es nicht. Zum Hüfinger Irrweg passt, dass die Stadt junge Familien, die in den Stadtteilen bauen wollen, maximal abkassiert, indem sie den Bauplatzpreis auf in unserer Gegend unerreichte 149 €/qm festgesetzt hat, während alle Nachbargemeinden weit günstiger anbieten, Wutach sogar zu 88 €/qm. Es ist höchste Zeit, dass die Stadt Hüfingen das Wohl ihrer Bürgerinnen und Bürger wieder höher bewertet als die Füllhöhe der Stadtkasse.
Widerwärtig + stümperhaft zugleich, wie ein polit. verantwortlicher Bürgermeister einen – mit Verlaub gesprochen – “kleinen” Kassenleiter ans zentrale Verantwortungskreuz zu nageln versucht. Bleibt nur zu hoffen, dass die Menschen die Unappetilichkeit dieses – hoffentl. untaugl. – Entlastungsversuchs durchschauen + dies bei der nächsten BM-Wahl auch zum Ausdruck bringen.
Sehr geehrter Herr Trippen,
respektvoll ziehe ich vor Ihnen meinen Hut und applaudiere. Ich danke Ihnen für Ihre offenen und treffenden Worte in dieser Angelegenheit. Dieses Verhalten des Bgm ist sowohl eines Bgm, als auch eines Reserveoffiziers, was er immer so gerne betont, unwürdig. Ehre und Anstand, vor allem aber Bereitschaft Verantwortung für sein Handeln, bzw. Nicht-Handeln zu übernehmen sind Dinge die man auf dem Offizierlehrgang lernt. Als ehemaliger Berufssoldat mit 40 Dienstjahren auf dem Buckel ist für mich schon “Fremdschämen” angesagt, für jemand der nicht müde wird, seinen Reserveoffizier herauszuhängen. Man braucht sich aber auch nicht zu wundern, dass er “nur” Hauptmann der Reserve ist, während es andere bis zum Oberstleutnant der Reserve geschafft haben. Die Bundeswehr ist zwar auch nicht immer fehlerfrei, aber wer in der Reserve nichts taugt, kommt auch nicht voran und wird nicht mehr gezogen.
Ich hätte aber noch eine Fachfrage an Sie: Welche Möglichkeiten hat denn die kommunale Fachaufsicht diesen Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen? Als Leiter der Stadtverwaltung kann es doch nicht sein, dass man sich so einfach aus der Verantwortung stiehlt.
Auch mich interessiert diese Frage sehr.
Frau Skodell schrieb zwar, dass man “…das Landratsamt um eine kommunalrechtliche Stellungnahme und Prüfung der Sachlage gebeten. Die Kommunalaufsicht ist für solche Vorgänge zuständig und wird uns nach Abschluss der Prüfung den Bericht zukommen lassen….”, allerdings ist ja auch bekannt, dass die Frau des BGM die Leitung des Dezernats II “Rechts- und Ordnungsverwaltung” inne hat sowie der BGM und der Landrat (Chef der BGM-Gattin) der gleichen Partei angehören und bis dato nicht durch gegenseitige Feindseeligkeiten in der Öffentlichkeit auffielen.
Daher ist die Frage durchaus berechtigt. Genauso berechtigt ist aber die Frage, ob der Weg der SPD (aus den genannten Gründen) wirklich zu einem neutralen Ergebnis führt, oder ob man hier nicht besser zu staatsanwaltlichen Methoden greifen sollte/muss?
Sehr geehrter Herr Hofmann,
zu Ihrer Anmerkung: Bei rechts- bzw. sorgfaltspflichtwidrigem Verhalten hat die Rechts- und Fachaufsichtsbehörde entspr. Beanstandungs- – und korrespondierend zu den fraglichen Verstößen – auch spezifische.Eingriffsrechte. Dies zu beurteilen, unterfällt freilich der Einschätzung der zuständigen Kommunalaufsicht.
Zugleich geht es m.E. aber auch – und wenn man so will: auf einer 2 Schiene – um politische Hygiene + sozialverträgliche Standards. Da der freiheitl. demokratische Staat bekanntlich von Voraussetzungen lebt, die er allein nicht zu garantieren vermag, ist er zwingend auf die positive Teilhabe, sprich den sozialen Gundanstand jedes Einzelnen angewiesen. Dies gilt sicherlich in ganz besonderem Maße für die politisch handelnde Klasse. Missstände sollten daher benannt + thematisert werden – gerade + insb. dann, wenn sich politische Schadensbegrenzungs-Dramaturgien etwaige Bauernopfer erwählen..
Vielen Dank für Ihre umfassende Antwort. Mit Ihnen würde ich gerne mal ein Viertele schlotzen. 😉
Lieber Michael,
danke für deine Worte.
Treffender hätte man nicht formulieren können, was so viele Hüfinger Bürger*innen, aber sicher auch Außenstehende (die durch die Presse von diesem Skandal erfahren haben), angesichts dieses Vorfalls derzeit empfinden.
Es ist eine ausgesprochene Beschämung, einen Kassenleiter öffentlich an den Pranger zu stellen und sich hinter diesem zu verstecken, sich regelrecht “wegzducken”.
Dieses Verhalten zeugt von Arroganz und Erbärmlichkeit. Es verdeutlicht, dass der BGM seines Postens nicht würdig ist.
Denn sonst hätte er den Anstand gehabt, die Schuld nicht von sich abzuwälzen, sondern für eine unverzügliche, transparente (!) Aufklärung zu sorgen, die er den Hüfinger Bürger*innen mehr als schuldig ist.
Nachdem nun von der Verwaltung öffentlich die Schuldzuweisung auf den Kassenleiter abgewälzt wird, muss ich meinen Unmut auch in diesem Forum kundtun.
Klar ist – eine Anlage über 3 Mio. darf nur in gemeinsamer Verantwortung vom Bürgermeister und vom Kämmerer getroffen werden.
Klar ist- Geldanlagen in dieser Höhe dürfen nicht ohne vorheriger Überprüfung der Bank entschieden werden. Greensill war längst nicht mehr im A Rating, wie das die vom Gemeinderat beschlossenen Anlagerichtlinien der Stadt fordern, sondern längst in Rating B.
Das Fehlverhalten des Kassenleiters, das Rating vom 15. Dezember 2020 noch einmal zu
überprüfen, ist unprofessionell gewesen. Geldanlagen in dieser Höhe dürfen nicht ohne
vorheriger Überprüfung der Bank entschieden werden. Die Greensill Bank war längst nicht
mehr im A Rating, wie das die vom Gemeinderat beschlossenen Anlagerichtlinien der Stadt
fordern, sondern längst in Rating B. Das hätte aber zumindest bei der gemeinsamen
Entscheidung der 3 Millionen Geldanlage Greensill Bank, zwischen Kämmerer und
Bürgermeister nochmals überprüft werden müssen. Wenn das nicht der Fall war, ist das ein
fahrlässiges Verhalten. In einer Größe wie Hüfingen, darf man eine solche Entscheidung
nicht einem untergeordneten Angestellten überlassen. Da muss sich bei 3 Millionen auch der
Chef darum kümmern. Interneterfahren ist er ja.
Das waren wir früher anders gewohnt. Um noch auf die 11.6 Mio. Zinserträge seit 2000 zu
sprechen zu kommen. Herr Kollmeier ist erst seit August 2016 Bürgermeister der Stadt
Hüfingen. Das sind noch nicht mal fünf Jahre. Die 16 Jahre zuvor hat sein Vorgänger in
umsichtiger und verantwortungsvoller Weise Gelder angelegt und angespart. Sich nun mit
Zinserträgen seines Vorgängers zu rühmen, ist schon ein wenig dreist.
In der Poltik ist es eigentlich üblich, dass nach solchen Fehlern der Hut genommen wird, in der freien Wirtschaft wird die Kündigung ausgesprochen. Aktuell sieht es jedoch nicht danach aus als ob der Bürgermeister überhaupt Verantwortung übernimmt, sondern lieber Bauernopfer sucht.
Wird denn die SPD juristische Schritte prüfen? Immerhin wurden hier Anweisungen/Richtlinien zum Nachteil der Stadt und des Steuerzahlers gebrochen. In anderen Städten scheint es schon solche Schritte zu geben. Wird dem der Gemeindrat und/oder einzelne Fraktionen diesem Beispiel folgen?
Die SPD Fraktion hat in diesem Fall das Landratsamt um eine kommunalrechtliche Stellungnahme und Prüfung der Sachlage gebeten. Die Kommunalaufsicht ist für solche Vorgänge zuständig und wird uns nach Abschluss der Prüfung den Bericht zukommen lassen.
Welche Konsequenzen hat denn ein solcher Bericht ?
Hüfingen als “strukturschwache” Gemeinde hat schon unter den Bürgermeistern G. und noch mehr unter BM K. mit “guten” Anlagen die in Hüfingen nicht besonders üppig fliessenden Gewerbesteuern bei soliden Banken zu einem gewissen Teil mit Geldanlagen kompensiert. Dies bedeutet natürlich eine Herausforderung und permanentes “Kümmern” um jede “Kleinigkeit” für den jeweiligen Bürgermeister. Offensichtlich hat dies in diesem Fall nicht stattgefunden, sonst könnte im Januar 2020 keine Anlage bei einer Bank getätigt worden sein, die spätestens seit Oktober letzten Jahres – bekannt für Jeden, der es wissen wollte- in Schieflage war.
Wir versuchen hier, wenn möglich, keine Namen zu nennen. Deshalb habe ich G. und K. daraus gemacht. Danke!