Antworten von Christine Treublut

Wir haben den Landtagskandidaten eine Liste mit vier Fragen zugesandt und um Beantwortung gebeten.

Ein Politiker hatte Hüfingen mal als Wurmfortsatz von Tuttlingen bezeichnet. Das stimmt ja auch, da Hüfingen bis jetzt irgendwie von den Kandidaten vom Schwarzwald-Baar-Kreis mitbetreut wird. Gerne hätten wir aber auch einen Ansprechpartner in Stuttgart, den wir auch wählen dürfen. Wie ist Ihre Meinung hierzu?

Christine Treublut:
Mir ist ein Zitat dazu nur aus einer Nominierungskonferenz letzten Sommer bekannt, in der ein umstrittener Kreisvorsitzender eines Nachbarkreise einen Neu-Tuttlinger gegen eine Kandidatin aus der Baar durchdrücken wollte und sich dazu ordentlich im Ton vergriff. Da ich dessen Rhetorik und politische Gesinnung verachte, weiß ich nicht, was ich mit dem Zitat anfangen soll. – Ich kenne Hüfinger aus der Zeit, als ich beruflich zwischen Bonndorf und Donaueschingen pendelte. Manchmal habe ich in Hüfingen meine Mittagspause verbracht und dort gerne im Sommer den Keramik-Markt besucht. Seit ich in Tuttlingen wohne, war ich leider nur noch selten zu Besuch, was ich sehr bedauere. Ich kann mir vorstellen, dass die unterschiedlichen Zuschneidungen von Bundestags- und Landtagswahlkreisen bei einigen für Irritierung sorgt und zu dem Eindruck geführt hat, dass Kandidaten und potentielle spätere Landtagsabgeordnete sich stärker auf den Landkreis Tuttlingen konzentrieren. Für mich wäre es eher die gute Möglichkeit, wieder wie früher häufiger vor Ort zu sein.

Ein großes Thema hier in Hüfingen ist die Transparenz. Wie stehen Sie zur Veröffentlichung von Protokollen und zur Kommunikation von Ergebnissen von Sitzungen?

Christine Treublut:
Transparenz politischer Entscheidungsfindungen sollte überall ein großes Thema sein. Protokolle öffentlicher Sitzungen werden veröffentlicht. Wenn die Bürger den Eindruck haben, dass diese nur schwer auffindbar sind, so müssen sie einen besseren Zugang anmahnen. Darüber hinaus besonders wichtig ist aber auch ein Lobbyregister. In Baden-Württemberg soll es noch dieses Jahr in Kraft treten.  Ähnliches wünsche ich mir auch für den Bundestag. Vertreter, egal ob in Gemeinden oder im Landtag, müssen ihre Entscheidungen transparent machen. Wenn sie es nicht machten, gäbe es ja wenig Anlass, sie wiederzuwählen.

Manche Kommunen schaffen die Unechte Teilortswahl ab, wenige führen sie wieder ein. Ein Argument für die Abschaffung führen manche an, dass diese Wahl undemokratisch sei, da Kandidaten/Innen aus kleinen Stadtteilen mit weniger Stimmen gewählt werden könnten, andere wiederum sind der Meinung, dass eben Parität auch zur Demokratie gehört. Wie sehen Sie das?

Christine Treublut:
Da die Gemeinden selbst darüber entscheiden können, ist es kein ausdrückliches Thema für die Landtagswahl. Ein Vorteil der Unechten Teilortswahl ist ja, dass die Gemeinde als Ganzes über ihre Vertreter abstimmt und nicht nur die Bewohner der einzelnen Ortsteile über die Vertreter ihres Ortsteils-  was allerdings die Frage aufwirft, warum es darüber hinaus noch die Wahl der Ortschaftsräte gibt. Manche Bürger verstehen allerdings nicht, dass sie unter allen Bewerbern auswählen können und entscheiden sich aus Proporzgründen manchmal für Bewerber, die sie nicht so gut kennen. Letztlich ist das eine Abwägung von Vor- und Nachteilen, die jede Gemeinde für sich durchführt.

Die Biotopvernetzung ist auf dem Land ein großes Thema und es gibt große Spannungen zwischen Landwirtschaft, den vielen Neubaugebieten der Kommunen und dem Naturschutz. So braucht jede Ortschaft ein möglichst großes Neubaugebiet das auf ehemals landwirtschaftlich genutzten Flächen entsteht und die Landwirte werden wiederum immer mehr in die Natur gedrängt und müssen immer weniger Boden intensiver nutzen. Wie wollen Sie diesen Konflikt angehen?

Christine Treublut:
Ein Problem ist es, dass eine verdichtete Bauweise oft an undurchsichtigen Eigentumsverhältnissen von leerstehenden Gebäuden im städtischen Bereich scheitert. Da scheint es einfacher, mehr Neubaugebiete auszuweisen, um zumindest diesem Konflikt auszuweichen. Ich sehe eine weitere Zersiedlung sehr kritisch, da Natur kein „Nice to have“ ist, sondern Rückzugsgebiet und Grundlage für Artenvielfalt ist. Deshalb muss es klare gesetzliche Vorschriften für eine behutsame Ausweitung von Neubaugebieten geben. Zudem ist ein hoher Grad von Versiegelung ein großes Problem bei Wetterextremen, wenn großen Mengen von Niederschlägen nicht mehr versickern können.

Was wählen wir denn …

06.02.2021 von Frank Meckes

Es ist einfach herrlich. Wenn wir gerade durch unsere Straßen laufen, fahren oder irgendwie anders unterwegs sind, treffen wir auf viele Gesichter, die an Laternenpfählen auf Plakaten abgebildet hängen.

Manchmal hatte man auch etwas Glück und kann den Namen darauf lesen . Eine Partei hat scheinbar bei der Auswahl der Plakate zu viel Illegales zu sich genommen, sonst lässt sich das irre Farbenspiel kaum erklären. Insgesamt lässt sich kaum sagen was vor dieser Landtagswahl eigentlich in die zu Wählenden gefahren ist. Ein Name und ein Gesicht reicht kaum aus um über Ziele und Aussichten sowie Perspektiven für dieses Bundesland oder für seine Bewohner etwas aussagekräftiges hervorzubringen. Und wenn man mal etwas mehr Text als einen Namen findet, ist es so klein gedruckt, dass es scheinbar des Lesens gar nicht lohnt. Zumindest müsste man eine Vollbremsung machen und den ganzen hinter sich fahrenden Verkehr zum Stillstand bringen. Aber am meisten haut mich die Kampagne des Ministerpräsidenten vom Sockel.

Mit Aussagen wie: „Weil er weiß, was wir können“ kann man leider auch kein Land regieren. Wird er aber am Ende dann doch. Bleibt nur die Frage wie lange es Demokratie aushält, wenn man so selbstverständlich unkonkret in eine Wahl einsteigt und sich am Ende wundert, was und wer mit welchem Programm gewählt wurde.

Ein Weihnachtswunsch für die politische Vielfalt

21. Dezember 2020 von Philipp Polster

Baden-Württemberg steht für mich an sehr vielen Stellen für Vielfalt, insbesondere im Kleinen. Jede Stadt, jedes Dorf, ja jeder Teilort steht hier für genug Geschichte, Tradition und Brauchtum um eine Heerschar von Historikern und anderen Wissenschaftlern über Jahre zu beschäftigen. Und zwar rund um das Jahr, sei es zu Weihnachten oder Fasnet, und ja, auch zu Hanukkah oder dem Ramadan.

In einem tut sich das Land aber schwer: Der politischen Vielfalt und Buntheit in der Landespolitik.

Viele von uns tun sich schwer mit den kleinen Parteien und die kleinen Parteien tun sich deshalb schwer im Land. In der öffentlichen Wahrnehmung sind sie, grade auf dem Land, kaum vertreten.

Meine eigene Partei, Die Linke, hat es von allen kleineren Parteien hier noch am einfachsten:

Wir sind für viele anerkanntes Feindbild und man kennt wenigstens einige prominente Gesichter aus der Bundespolitik, sei es unsere Bundestagsabgeordnete Heike Hänsel, Sahra Wagenknecht oder Gregor Gysi. Doch wie viele politisch aktive Menschen von Piraten, Die PARTEI, Volt, Humanisten oder ÖDP können Sie aus dem Kopf aufzählen? Hand aufs Herz, bei wie vielen dieser Parteien wissen Sie ungefähr wofür diese stehen?

Sind wir ehrlich, die wenigsten können diese Fragen beantworten. Das ist nicht schlimm, aber schade.

Denn viele dieser Parteien sind weit mehr als ein-Themen-Parteien. Die Piraten sind weit mehr als eine „Internet-Partei“ geworden, die ÖDP hat weit mehr als nur „Umweltschutz“ im Programm, wir als Linke stehen für viel mehr als „Mietendeckel und Pflegepolitik“.

Auch viele der kleineren Parteien haben, oft in mühevoller Kleinarbeit, entsprechende Wahlprogramme ausgearbeitet, die vor allem viele derjenigen die sich in im Programm keiner der großen Parteien wieder finden und daher nun gar nicht wählen gehen, auffangen könnten.

Hinter diesen Parteien stehen keine Berufspolitiker, keine Großspender. Sondern normale Menschen die etwas ändern wollen in diesem Land.

Doch die meisten dieser Parteien werden Sie im März 2021 nicht auf Ihrem Wahlzettel finden.

Denn Baden-Württemberg hat sich selbst ein Wahlrecht verordnet, das es den kleinen Parteien mit am schwersten macht.

Für die Teilnahme in jedem Wahlkreis benötigen Sie 150 Unterstützerunterschriften. Nicht online, sondern auf speziellen, vom jeweiligen Kreiswahlleiter bereit gestellten Formularen welches nach Unterschrift noch manuell von den Gemeinden beglaubigt werden muss.

Besonders schön ist auch das Kleingedruckte: Jede(r) Wahlberechtigte darf hierbei natürlich nur eine Partei unterstützen. Wo kämen wir denn da hin, wenn jemand mehr Vielfalt möchte und sich vielleicht nicht nur von einer Partei vertreten sieht?

Zum Vergleich: Diese Hürde liegt fast fünf Mal höher als im benachbarten Rheinland-Pfalz und (je nach Region) mind. doppelt so hoch wie in Bayern.

Zwar hat der Landtag aufgrund eines Urteils des Verfassungsgerichts (1 GR 101/20) die Zahl der Unterstützerunterschriften für diese Wahl halbiert. Doch selbst damit bleibt man weit über den Anforderungen, die in anderen Bundesländern gelten.

Doch die Zeiten sind besonders: Veranstaltungen sind nicht möglich, Infostände nur eingeschränkt machbar, persönliche Gespräche mit Unterstützern unmöglich. Doch nur damit sind Menschen zu überzeugen, zu informieren, zu begeistern. Für Parteien deren Inhalte man nur selten in den Medien findet.

Täglich stellt sich für die KandidatInnen und ihr Team die Frage: Unterschriften sammeln oder Kontakte reduzieren? An den Infostand oder doch lieber die Kontaktreduktion?

Erst Recht, da in vielen Parteien Menschen, die man den Risikogruppen zurechnet zu den aktivsten Helfern gehören.

Will man hier etwas riskieren?

Lassen Sie es mich ganz klar sagen: Die Angst war und ist enorm. Keine Kandidatur ist es wert, dass dafür Menschen zu Tode kommen oder eine Corona-Erkrankung mit ihren potenziell schweren Verläufen und unbekannten Folgen durchmachen.

Schließlich darf man eines nicht vergessen:

Selbst wenn man es zur Wahl schafft: Unser System der reinen Erststimmen (ein echtes Unikat in den Landtagswahlgesetzen) sorgt dafür, dass die großen Parteien auch bei der eigentlichen Wahl bevorzugt werden. Es gibt zahllose Untersuchungen dazu, dass kleinere Parteien v.a. von Zweitstimmen profitieren, eine Möglichkeit, die in Baden-Württemberg eben nicht gegeben ist.

Die Regierung Kretschmann, die ihre Wurzeln ja auch in zwei aufstrebenden Kleinparteien hatte, hat eine mögliche Modernisierung des Wahlrechts zu Gunsten der Chancengleichheit und Vielfalt leider mit ihrem Regierungsantritt vergessen. Konkurrenz belebt das Geschäft leider nicht immer.

Damit bleibt die politische Vielfalt, die in diesem Land eigentlich herrscht weiterhin im Schatten, taucht weder auf den Wahlzetteln noch auf in den Wahlergebnissen auf, bleibt das ehrenamtliche Engagement tausender Helfer unbemerkt und noch mehr Menschen fühlen sich vom Programm der großen Parteien nicht abgeholt und gehen gar nicht wählen.

Lassen Sie mich daher einen kleinen Weihnachtswunsch an Sie richten:

Viele von uns spenden zu Weihnachten etwas an Hilfsorganisationen, Vereine und Kulturträger. Verzeihen Sie es mir bitte, wenn ich Sie an dieser Stelle auch um eine kleine Spende bitten möchte:

Spenden Sie dieses Weihnachten doch einmal eine Unterschrift. Eine Unterstützerunterschrift für eine kleine Partei honoriert all diejenigen politisch aktiven Menschen die in diesen schwierigen Zeiten das Risiko nicht gescheut haben und trotzdem zahllose Stunden in Aufstellungsversammlungen, Wahlprogrammdebatten, Parteitagen und vor allem an Infoständen verbracht haben. Selbst wenn Sie diese Partei vielleicht im März nicht wählen wollen hilft ihre Unterschrift enorm. Sie kostet Sie nur etwas Zeit.

Denn sie sorgt dafür, dass andere zu mindestens die Wahl haben.
Sie sorgt dafür, dass wir mehr politische Vielfalt und Buntheit in unserer Landespolitik erhalten. Denn für diese Vielfalt steht unser Baden-Württemberg.

Antworten von Philipp Polster

Wir haben den Landtagskandidaten eine Liste mit vier Fragen zugesandt und um Beantwortung gebeten.

Ein Politiker hatte Hüfingen mal als Wurmfortsatz von Tuttlingen bezeichnet. Das stimmt ja auch, da Hüfingen bis jetzt irgendwie von den Kandidaten vom Schwarzwald-Baar-Kreis mitbetreut wird. Gerne hätten wir aber auch einen Ansprechpartner in Stuttgart, den wir auch wählen dürfen. Wie ist Ihre Meinung hierzu?

Philipp Polster:
Ich muss gestehen, dass ich ob dieses Zitats zuerst ein wenig sprachlos war. Eine Gemeinde von der Größe Hüfingens als Wurmfortsatz Tuttlingens zu bezeichnen grenzt für mich an Arroganz. Fakt ist: Auch wenn der Wahlkreis Tuttlingen um einige Gemeinden des Altlandkreises Donaueschingen ergänzt wurde, muss die Vertretung für alle Wählerinnen und Wähler gleich ausgeprägt sein, egal ob sie aus Bärenthal, Tuttlingen oder Hüfingen kommen. In unserer Demokratie hat jede Stimme den gleichen Wert und damit genauso viel Vertretung verdient.

Leider ist der Plan meiner Partei in Hüfingen und Donaueschingen Aktionen vor Ort durchzuführen von der Pandemie bzw. deren zweiter Welle verhindert worden, wir arbeiten aber aktuell mit Hochdruck an einer Möglichkeit damit auch Hüfinger Wähler die Möglichkeit haben in einem virtuellen Format mit uns zu sprechen.

Ein großes Thema hier in Hüfingen ist die Transparenz. Wie stehen Sie zur Veröffentlichung von Protokollen und zur Kommunikation von Ergebnissen von Sitzungen?

Philipp Polster:
Sowohl für meine Partei als auch für mich persönlich ist das Thema essentiell und muss dringend ausgebaut werden. Die automatische Veröffentlichung von Protokollen und Sitzungsergebnissen müssten meiner Meinung nach Pflicht werden – und zwar nicht nur für die demokratischen Institutionen, sondern auch für die in Baden Württemberg ja sehr breit vorhandenen Organe der Selbstverwaltung wie den Jugendhilfeausschuss, den Bereichsausschuss Rettungsdienst, etc..

Ebenso benötigen wir dringend mehr Transparenz in Parteien. Lobbyisten-Kontakte, Nebeneinkünfte und Spenden müssen vollständig transparent publiziert werden, Zuwendungen von Firmen, insb. aus dem Ausland müssen dringend untersagt werden. Verstöße müssen empfindliche Folgen haben.

Diese Daten müssen aus meiner Sicht verpflichtend zentral publiziert werden, Seiten wie Abgeordnetenwatch.de, fragdenstaat.de oder Topf Secret zeigen wie gut so etwas funktionieren könnte.

Manche Kommunen schaffen die Unechte Teilortswahl ab, wenige führen sie wieder ein. Ein Argument für die Abschaffung führen manche an, dass diese Wahl undemokratisch sei, da Kandidaten/Innen aus kleinen Stadtteilen mit weniger Stimmen gewählt werden könnten, andere wiederum sind der Meinung, dass eben Parität auch zur Demokratie gehört. Wie sehen Sie das?

Philipp Polster:
Ein schwieriges Thema da beide Seiten gute Argumente zu Felde ziehen können. Der Wunsch nach Repräsentation ist genauso gut zu verstehen wie die Sorge nach dem demokratischen Gleichgewicht. Am Ende sehe ich es aber eher als Problem an, wenn das demokratische Gleichgewicht verändert wird. Aus meiner Sicht benötigen wir hier ein neues Modell, dass sowohl den demokratischen Gegebenheiten als auch dem Wunsch nach Repräsentation besser gerecht wird als die beiden derzeitigen, sich sehr widersprechenden, Modelle. 

Die Biotopvernetzung ist auf dem Land ein großes Thema und es gibt große Spannungen zwischen Landwirtschaft, den vielen Neubaugebieten der Kommunen und dem Naturschutz. So braucht jede Ortschaft ein möglichst großes Neubaugebiet das auf ehemals landwirtschaftlich genutzten Flächen entsteht und die Landwirte werden wiederum immer mehr in die Natur gedrängt und müssen immer weniger Boden intensiver nutzen. Wie wollen Sie diesen Konflikt angehen?

Philipp Polster:
Aus meiner Sicht ist die Neubaugebiet-Problematik v.a. ein Symptom unserer verfehlten Wohnungspolitik der letzten Jahrzehnte. Für viele junge Familien ist das Neubaugebiet im Grünen der notwendige Kompromiss, um endlich aus verfahrenen Mietsituationen raus zu kommen und in den eigenen vier Wänden nicht länger der Willkür einer Immobilienfirma ausgeliefert zu sein bzw. überhaupt etwas „Eigenes“ zu besitzen. Dieser Effekt, der zuerst v.a. den „Speckgürtel“ um die großen Ballungszentren betraf, hat mittlerweile auch die vermeintlich ruhigeren ländlicheren Regionen im Südwesten erreicht.

Hierbei wird dann oft, gerne auch unter dem Eindruck des großen Profits einiger weniger, der Charakter von ganzen Ortschaften umgekrempelt und die Ökologie bei Seite geschoben.

Auch unabhängig von der wohnungspolitischen Komponente muss das Land hier dringend für Regeln sorgen, die einen fairen Ausgleich zwischen den Interessenslagen sorgen.

Antworten von Niko Reith

Wir haben den Landtagskandidaten eine Liste mit vier Fragen zugesandt und um Beantwortung gebeten.

Ein Politiker hatte Hüfingen mal als Wurmfortsatz von Tuttlingen bezeichnet. Das stimmt ja auch, da Hüfingen bis jetzt irgendwie von den Kandidaten vom Schwarzwald-Baar-Kreis mitbetreut wird. Gerne hätten wir aber auch einen Ansprechpartner in Stuttgart, den wir auch wählen dürfen. Wie ist Ihre Meinung hierzu?

Niko Reith:
Explizit hatte der besagte Abgeordnete Donaueschingen als Appendix im Hinblick auf die Gewichtung der Gemeinden des Wahlkreises 55 Tuttlingen-Donaueschingen bezeichnet. Gemeint hat er vermutlich aber die gesamte Südbaar, also die Städte Hüfingen, Blumberg und Donaueschingen, die etwa ein Fünftel des gesamten Wahlkreises ausmachen. Ich bin in Hüfingen aufgewachsen und habe schon deshalb eine besondere Beziehung zu Hüfingen. So ist es sicherlich nachvollziehbar, dass mir die Anliegen der Hüfinger*innen sehr wichtig sind. Im Gegensatz zu dem zitierten Kandidaten möchte ich mich darüber hinaus aber selbstverständlich ausdrücklich um den ganzen Wahlkreis kümmern. Da ich der einzige Kandidat der zur Zeit im Landtag vertretenen Parteien bin, der auf der Südbaar wohnt, freue ich mich sehr über Ihre Frage und hoffe, dass viele „Sübaaremer“ und damit auch Hüfinger das ebenso sehen wie Sie, Frau Jaag, und sprechen dem „Einheimischen“ das Vertrauen aus in dem sie mir bei der Wahl ihre Stimme geben, wenngleich sie sonst vielleicht eine andere Partei wählen. Sehr gerne möchte ich unsere Region, unsere Heimat in Stuttgart mit einer Starken Stimme vertreten.

Ein großes Thema hier in Hüfingen ist die Transparenz. Wie stehen Sie zur Veröffentlichung von Protokollen und zur Kommunikation von Ergebnissen von Sitzungen?

Niko Reith:
Ein wesentlicher Bestandteil unserer Demokratie und der Parlamentsarbeit ist die Beteiligung der Öffentlichkeit. Inbegriffen dabei ist die Veröffentlichung von Sitzungsvorlagen und den dazugehörigen Protokollen. Auch die Ergebnisse von nicht öffentlichen Sitzungen müssen nach der obligatorischen Bekanntgabe in der nächsten Sitzung veröffentlicht werden. Dazu gehört aber auch die Teilnahme an den öffentlich angebotenen Sitzungen selbst, für die ich bei den Bürger*innen immer wieder werbe.
Es gibt also nicht nur eine „Bringschuld“ der Politik/Verwaltung, wir müssen es auch schaffen, dass die Bürger*innen sich mehr mit einbringen. Es lohnt sich in Sachen Bürger-Beteiligung an beiden Seiten zu arbeiten – also sowohl das Angebot und die Möglichkeiten verbessern, aber gleichzeitig auch die Bereitschaft dazu zu fördern.
In diesem Zusammenhang ist für mich die Jugendbeteiligung ein besonders wichtiges Anliegen um das ich mich bereits intensiv kümmere.

Manche Kommunen schaffen die Unechte Teilortswahl ab, wenige führen sie wieder ein. Ein Argument für die Abschaffung führen manche an, dass diese Wahl undemokratisch sei, da Kandidaten/Innen aus kleinen Stadtteilen mit weniger Stimmen gewählt werden könnten, andere wiederum sind der Meinung, dass eben Parität auch zur Demokratie gehört. Wie sehen Sie das?

Niko Reith:
Obwohl das kein originäres Landesthema und hier die kommunale Selbstverwaltung oberstes Gebot ist, nehme ich gerne als Kommunalpolitiker Stellung zu der Frage der unechten Teilortswahl.
Als 2007 in Hüfingen dieses Thema diskutiert wurde, war ich ehrlich gesagt sehr überrascht, dass sich die Mehrheit im Gemeinderat für eine Abschaffung entschieden hat. Dass der Gemeinderat diese Entscheidung von damals nun aktuell bestätigt hat, kann ich nachvollziehen, weil sich ein Gremium immer etwas schwer tut, einen einmal getroffenen Beschluss zu revidieren. Deshalb finde ich es sehr gut, dass das Gremium die Entscheidung nun den Bürger*innen selbst überlässt. Dabei müssen sich alle Hüfinger*innen dann die Frage beantworten, welches System für sie das Beste, weil Demokratischere ist.
Ich persönlich glaube, dass es im Laufe der Zeit immer schwieriger für Bewerber*innen aus den Ortsteilen wird, sich bei Wahlen durchzusetzen. Schon jetzt kann man in Hüfingen feststellen: immer weniger Ortsteile sind mit eigenen Räten im Gemeinderat vertreten. Und wenn die „alten“ und erfahrenen Gemeinderäte aus den Ortsteilen aufhören, wird sich das fortsetzen. Denn Gemeinderäte wie Adolf Baumann aus Mundelfingen oder Egon Bäurer aus Behla sind wegen ihres ehrenamtlichen, beruflichen und kommunalpolitischen Engagements auch in der Kernstadt bekannt und bekommen von dort viele Stimmen. Bei ihren Nachfolgern ist das nicht zwangsläufig so, weil sich unsere Gesellschaft verändert hat und nicht zuletzt der berufliche Mittelpunkt sich oft weiter weg befindet.
Natürlich hat jeder Gemeinderat bei seinen Entscheidungen die Gesamtstadt im Blick und ich bin überzeugt, dass das auch in Hüfingen zutrifft. Aber es ist trotzdem ein Unterschied, wenn ein Ortsteil-Bewohner zu „seinem“ Gemeinderat im Ort gehen kann, wenn ihn irgendwo der Schuh drückt.
In der Abwägung halte ich es deshalb für gerechter und demokratischer, den Ortsteilen einen Sitz im Gremium zu garantieren, mit dem Risiko, dass die Ortsteile manchmal etwas zu stark gewichtet sind. Die Gefahr, dass gar kein Ortsteil mehr vertreten sein könnte ist in Hüfingen zu groß.
Nicht zuletzt habe ich als Gemeinderat in Donaueschingen sehr gute Erfahrungen mit der Unechten Teilortswahl gemacht und würde deshalb nie für deren Abschaffung stimmen.

Die Biotopvernetzung ist auf dem Land ein großes Thema und es gibt große Spannungen zwischen Landwirtschaft, den vielen Neubaugebieten der Kommunen und dem Naturschutz. So braucht jede Ortschaft ein möglichst großes Neubaugebiet das auf ehemals landwirtschaftlich genutzten Flächen entsteht und die Landwirte werden wiederum immer mehr in die Natur gedrängt und müssen immer weniger Boden intensiver nutzen. Wie wollen Sie diesen Konflikt angehen?

Niko Reith:
Der Flächenverbrauch ist eines der zentralen Themen, die uns bei Wohnungsbau, Gewerbeansiedlung, Energiegewinnung und anderen Nutzungen, wie ganz aktuell bei der Suche der Bundeswehr nach einem geeigneten Standortnahen Truppenübungsplatz beschäftigen.
Selbstverständlich folge ich dabei dem Primat „Innen- vor Außenentwicklung“. Allerdings sind uns hier Grenzen gesetzt, weil es sehr häufig an den Eigentumsverhandlungen scheitert. Als hilfreich hat sich zum Beispiel der sogenannte Flächenmanager, dem es nicht zuletzt in Hüfingen gelungen ist, durch Beratung und mit guten Argumenten Eigentümer oder Erbengemeinschaften zu überzeugen, leer stehende Gebäude oder unbebaute Grundstücke zum Verkauf frei zu geben, oder selbst zu bebauen bzw. zu sanieren.
Doch auch das hat Grenzen und um das deutlich zu sagen: Enteignung von Eigentum, wie es OB Palmer in Tübingen praktiziert, kommt für mich nicht in Frage. Deshalb ist auch die Ausweisung von neuen Flächen zur Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit unserer Gemeinden der Südbaar unumgänglich.
Aber ich habe das Gefühl, dass die Gemeinden bereits sehr verantwortungsvoll bei dem Thema vorgehen und alle Aspekte der unterschiedlichen Bedarfe, der Nutzungs-Interessen und des Naturschutzes bei ihren Entscheidungen berücksichtigen. Sehr bewährt hat sich dabei das Umweltbüro des Gemeindeverwaltungsverbandes der Städte Hüfingen, Bräunlingen, Donaueschingen und Bad Dürrheim mit Dr. Bronner an der Spitze, das bei der Erstellung von Flächennutzungsplänen immer hinzugezogen und deren Expertise berücksichtigt wird.
Landespolitisch werde ich mich für die Stärkung der Hoheit und Freiheit kommunaler Flächenplanung einsetzen, denn das Beispiel zeigt: Vor Ort weiß man am besten Bescheid, wo die Bedarfe und Potentiale liegen.

Jens Metzger in Hüfingen

Der Kandidat von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN des Wahlkreises 55 Tuttlingen-Donaueschingen für die Landtagswahl 2021 in Baden-Württemberg, Jens Metzger, traf sich in Hüfingen mit Mitgliedern seiner Partei, sowie der BFSO, zu einem Gedankenaustausch. Thema war neben dem bevorstehenden Wahlkampf für die Landtagswahl 2021, das gegenseitige Kennenlernen und Zusammenwirken über die Landkreise hinaus, was aufgrund der Aufteilung des Wahlkreises erforderlich ist.
Bei einem kleinen Imbiss unter coronagerechten Bedingungen konnten viele Punkte angesprochen und angeschoben werden. Rundum ein gelungener Abend bei entspannter Atmosphäre. Ein besonderer Dank gilt der gastgebenden Familie für die gelungene Organisation.