Antworten von Philipp Polster
Wir haben den Landtagskandidaten eine Liste mit vier Fragen zugesandt und um Beantwortung gebeten.
Ein Politiker hatte Hüfingen mal als Wurmfortsatz von Tuttlingen bezeichnet. Das stimmt ja auch, da Hüfingen bis jetzt irgendwie von den Kandidaten vom Schwarzwald-Baar-Kreis mitbetreut wird. Gerne hätten wir aber auch einen Ansprechpartner in Stuttgart, den wir auch wählen dürfen. Wie ist Ihre Meinung hierzu?
Philipp Polster:
Ich muss gestehen, dass ich ob dieses Zitats zuerst ein wenig sprachlos war. Eine Gemeinde von der Größe Hüfingens als Wurmfortsatz Tuttlingens zu bezeichnen grenzt für mich an Arroganz. Fakt ist: Auch wenn der Wahlkreis Tuttlingen um einige Gemeinden des Altlandkreises Donaueschingen ergänzt wurde, muss die Vertretung für alle Wählerinnen und Wähler gleich ausgeprägt sein, egal ob sie aus Bärenthal, Tuttlingen oder Hüfingen kommen. In unserer Demokratie hat jede Stimme den gleichen Wert und damit genauso viel Vertretung verdient.
Leider ist der Plan meiner Partei in Hüfingen und Donaueschingen Aktionen vor Ort durchzuführen von der Pandemie bzw. deren zweiter Welle verhindert worden, wir arbeiten aber aktuell mit Hochdruck an einer Möglichkeit damit auch Hüfinger Wähler die Möglichkeit haben in einem virtuellen Format mit uns zu sprechen.
Ein großes Thema hier in Hüfingen ist die Transparenz. Wie stehen Sie zur Veröffentlichung von Protokollen und zur Kommunikation von Ergebnissen von Sitzungen?
Philipp Polster:
Sowohl für meine Partei als auch für mich persönlich ist das Thema essentiell und muss dringend ausgebaut werden. Die automatische Veröffentlichung von Protokollen und Sitzungsergebnissen müssten meiner Meinung nach Pflicht werden – und zwar nicht nur für die demokratischen Institutionen, sondern auch für die in Baden Württemberg ja sehr breit vorhandenen Organe der Selbstverwaltung wie den Jugendhilfeausschuss, den Bereichsausschuss Rettungsdienst, etc..
Ebenso benötigen wir dringend mehr Transparenz in Parteien. Lobbyisten-Kontakte, Nebeneinkünfte und Spenden müssen vollständig transparent publiziert werden, Zuwendungen von Firmen, insb. aus dem Ausland müssen dringend untersagt werden. Verstöße müssen empfindliche Folgen haben.
Diese Daten müssen aus meiner Sicht verpflichtend zentral publiziert werden, Seiten wie Abgeordnetenwatch.de, fragdenstaat.de oder Topf Secret zeigen wie gut so etwas funktionieren könnte.
Manche Kommunen schaffen die Unechte Teilortswahl ab, wenige führen sie wieder ein. Ein Argument für die Abschaffung führen manche an, dass diese Wahl undemokratisch sei, da Kandidaten/Innen aus kleinen Stadtteilen mit weniger Stimmen gewählt werden könnten, andere wiederum sind der Meinung, dass eben Parität auch zur Demokratie gehört. Wie sehen Sie das?
Philipp Polster:
Ein schwieriges Thema da beide Seiten gute Argumente zu Felde ziehen können. Der Wunsch nach Repräsentation ist genauso gut zu verstehen wie die Sorge nach dem demokratischen Gleichgewicht. Am Ende sehe ich es aber eher als Problem an, wenn das demokratische Gleichgewicht verändert wird. Aus meiner Sicht benötigen wir hier ein neues Modell, dass sowohl den demokratischen Gegebenheiten als auch dem Wunsch nach Repräsentation besser gerecht wird als die beiden derzeitigen, sich sehr widersprechenden, Modelle.
Die Biotopvernetzung ist auf dem Land ein großes Thema und es gibt große Spannungen zwischen Landwirtschaft, den vielen Neubaugebieten der Kommunen und dem Naturschutz. So braucht jede Ortschaft ein möglichst großes Neubaugebiet das auf ehemals landwirtschaftlich genutzten Flächen entsteht und die Landwirte werden wiederum immer mehr in die Natur gedrängt und müssen immer weniger Boden intensiver nutzen. Wie wollen Sie diesen Konflikt angehen?
Philipp Polster:
Aus meiner Sicht ist die Neubaugebiet-Problematik v.a. ein Symptom unserer verfehlten Wohnungspolitik der letzten Jahrzehnte. Für viele junge Familien ist das Neubaugebiet im Grünen der notwendige Kompromiss, um endlich aus verfahrenen Mietsituationen raus zu kommen und in den eigenen vier Wänden nicht länger der Willkür einer Immobilienfirma ausgeliefert zu sein bzw. überhaupt etwas „Eigenes“ zu besitzen. Dieser Effekt, der zuerst v.a. den „Speckgürtel“ um die großen Ballungszentren betraf, hat mittlerweile auch die vermeintlich ruhigeren ländlicheren Regionen im Südwesten erreicht.
Hierbei wird dann oft, gerne auch unter dem Eindruck des großen Profits einiger weniger, der Charakter von ganzen Ortschaften umgekrempelt und die Ökologie bei Seite geschoben.
Auch unabhängig von der wohnungspolitischen Komponente muss das Land hier dringend für Regeln sorgen, die einen fairen Ausgleich zwischen den Interessenslagen sorgen.
Hüfingen nennt sich staatlich geprüfter Erholungsort. Viele Mitbürgerinnen und Mitbürger fragen sich, wie die Stadt zu dieser Auszeichnung kam.
Da wäre zuerst einmal der Luftsammelpunkt Rilax über der Stadt zu nennen und auch der Flugplatz Donaueschingen (über 90% Hobbyflieger), die Hüfingen und den näheren Umkreis täglich belasten. Bereits diese beiden Verkehrsbelastungen im Luftraum wären meiner Ansicht nach Ausschlusskriterien für einen Erholungsort.
Dann das Verkehrskreuz B27 und B31: Diese autobahnähnlichen Verkehrsachsen beschallen bei Tag und bei Nacht fast die gesamte Stadt von Süden und Osten.
Dazu kommen noch zwei stark befahrene Landstraßen, die die Innenstadt und damit die Anwohner mit Immissionen strapazieren. Hinzuzufügen wäre, dass dadurch in der Innenstadt leider wenig Aufenthaltsqualität gegeben ist. Außerdem bringen alle diese Straßen viel Schwerlastverkehr mit sich. Jeder Verkehrsteilnehmer, der nicht motorisiert ist (also Fußgänger, Radfahrer etc.), ist in Hüfingens Straßen großen Risiken ausgesetzt. Von einer Gleichberechtigung im Verkehrsraum für alle Teilnehmer ist die Stadt Hüfingen leider sehr weit entfernt.
Schredderarbeiten keine 80 Meter von Wohngebieten runden das Bild ab.
Wie lassen sich all diese Belastungen mit dem Prädikat „Erholungsort“ vereinbaren?
Welche Meinung vertreten Sie zu Geschwindigkeitsbegrenzungen innerorts und außerorts?
Ursula Albert
Hallo Frau Albert,
vielen Dank für Ihre interessanten Fragen.
In der Tat liegt Hüfingen an bzw. mitten in einem neuralgischen Punkt des Verkehrs auf der Baar. Aber egal wo, wir müssen an jedem Punkt im Land die Belastungen durch den Verkehr abbauen.
Dazu gehört für uns beispielsweise die koordinierte Fern- und Nahverkehrsplanung – Viele der Flüge die man heute über Hüfingen stehen in direkter Konsequenz zu deutlich weniger belastenden Verkehrsmitteln wie der Bahn.
(Mein Lieblingsbeispiel hierzu ist die Flugverbindung Stuttgart-Zürich die für mich einerseits pure “Klimadekadenz” darstellt, andererseits nur der vierundzwanzig Jahre währenden Untätigkeit unserer Landesregierung in Sachen Gäubahnausbau geschuldet ist)
Wir fordern eine umfangreiche Verlagerung des Güterverkehrs aber auch des Mittelstreckenpersonenverkehrs auf die Schiene, die Errichtung von anbieterneutralen Logistikzentren in den (größeren) Gemeinden und Städten um nur noch auf den letzten Kilometern auf LKW angewiesen zu sein. Gerade dies wären dann auch ideale Strecken für alternative Antriebe.
Hierdurch wäre auch ein Ort wie Hüfingen leicht vor mind. die Hälfte seiner Emissionsbelastung zu schützen.
Nur dann ist meiner Meinung nach auch von einer echten Erholung im Ortsklima zu sprechen.
Bezüglich der Geschwindigkeitsbegrenzung: In meinen Augen sind weitergehende Begrenzungen durchwegs zu begrüßen – Sie müssen aber vor allem aber auch überprüft werden. Das schönste Temp 30 Schild nutzt nichts wenn niemals kontrolliert wird.
Gerne können wir das Thema auch in meiner Online-Kandidatensprechstunde weiter erörtern. Diese findet am kommenden Donnerstag, den 4.2.2021 ab 19:00 Uhr statt.
Unter der folgenden Webadresse können SIe sich anmelden:
https://us02web.zoom.us/webinar/register/9316117417304/WN_NqJOkIvRSwSj1hcJEKrEEA
Vielen Dank Philipp Polster für die schnelle Beantwortung unserer Fragen!
Falls hier jemand noch Fragen an Philipp Polster stellen will, werde ich ihn benachrichtigen, damit er antworten kann.
Hallo Herr Polster,
gerne möchte ich Sie in meiner Eigenschaft als Sprecher der BI Verkehrsberuhigung Hüfinger Außerstadt (Süden) https://bi-huefingen.jimdofree.com/ dazu einladen, sich mit mir zusammen für 15 Minuten an den Hüfinger Friedhof zu stellen, damit ich Ihnen die neuesten Verkehrsentwicklungen im Bereich der L 171/181 erläutern kann. Ich setze mich schon seit 2004 für die vielen betroffenen Anwohner im Süden von Hüfingen ein.
Bitte schlagen Sie einen Termin vor.