Antworten von Niko Reith
Wir haben den Landtagskandidaten eine Liste mit vier Fragen zugesandt und um Beantwortung gebeten.
Ein Politiker hatte Hüfingen mal als Wurmfortsatz von Tuttlingen bezeichnet. Das stimmt ja auch, da Hüfingen bis jetzt irgendwie von den Kandidaten vom Schwarzwald-Baar-Kreis mitbetreut wird. Gerne hätten wir aber auch einen Ansprechpartner in Stuttgart, den wir auch wählen dürfen. Wie ist Ihre Meinung hierzu?
Niko Reith:
Explizit hatte der besagte Abgeordnete Donaueschingen als Appendix im Hinblick auf die Gewichtung der Gemeinden des Wahlkreises 55 Tuttlingen-Donaueschingen bezeichnet. Gemeint hat er vermutlich aber die gesamte Südbaar, also die Städte Hüfingen, Blumberg und Donaueschingen, die etwa ein Fünftel des gesamten Wahlkreises ausmachen. Ich bin in Hüfingen aufgewachsen und habe schon deshalb eine besondere Beziehung zu Hüfingen. So ist es sicherlich nachvollziehbar, dass mir die Anliegen der Hüfinger*innen sehr wichtig sind. Im Gegensatz zu dem zitierten Kandidaten möchte ich mich darüber hinaus aber selbstverständlich ausdrücklich um den ganzen Wahlkreis kümmern. Da ich der einzige Kandidat der zur Zeit im Landtag vertretenen Parteien bin, der auf der Südbaar wohnt, freue ich mich sehr über Ihre Frage und hoffe, dass viele „Sübaaremer“ und damit auch Hüfinger das ebenso sehen wie Sie, Frau Jaag, und sprechen dem „Einheimischen“ das Vertrauen aus in dem sie mir bei der Wahl ihre Stimme geben, wenngleich sie sonst vielleicht eine andere Partei wählen. Sehr gerne möchte ich unsere Region, unsere Heimat in Stuttgart mit einer Starken Stimme vertreten.
Ein großes Thema hier in Hüfingen ist die Transparenz. Wie stehen Sie zur Veröffentlichung von Protokollen und zur Kommunikation von Ergebnissen von Sitzungen?
Niko Reith:
Ein wesentlicher Bestandteil unserer Demokratie und der Parlamentsarbeit ist die Beteiligung der Öffentlichkeit. Inbegriffen dabei ist die Veröffentlichung von Sitzungsvorlagen und den dazugehörigen Protokollen. Auch die Ergebnisse von nicht öffentlichen Sitzungen müssen nach der obligatorischen Bekanntgabe in der nächsten Sitzung veröffentlicht werden. Dazu gehört aber auch die Teilnahme an den öffentlich angebotenen Sitzungen selbst, für die ich bei den Bürger*innen immer wieder werbe.
Es gibt also nicht nur eine „Bringschuld“ der Politik/Verwaltung, wir müssen es auch schaffen, dass die Bürger*innen sich mehr mit einbringen. Es lohnt sich in Sachen Bürger-Beteiligung an beiden Seiten zu arbeiten – also sowohl das Angebot und die Möglichkeiten verbessern, aber gleichzeitig auch die Bereitschaft dazu zu fördern.
In diesem Zusammenhang ist für mich die Jugendbeteiligung ein besonders wichtiges Anliegen um das ich mich bereits intensiv kümmere.
Manche Kommunen schaffen die Unechte Teilortswahl ab, wenige führen sie wieder ein. Ein Argument für die Abschaffung führen manche an, dass diese Wahl undemokratisch sei, da Kandidaten/Innen aus kleinen Stadtteilen mit weniger Stimmen gewählt werden könnten, andere wiederum sind der Meinung, dass eben Parität auch zur Demokratie gehört. Wie sehen Sie das?
Niko Reith:
Obwohl das kein originäres Landesthema und hier die kommunale Selbstverwaltung oberstes Gebot ist, nehme ich gerne als Kommunalpolitiker Stellung zu der Frage der unechten Teilortswahl.
Als 2007 in Hüfingen dieses Thema diskutiert wurde, war ich ehrlich gesagt sehr überrascht, dass sich die Mehrheit im Gemeinderat für eine Abschaffung entschieden hat. Dass der Gemeinderat diese Entscheidung von damals nun aktuell bestätigt hat, kann ich nachvollziehen, weil sich ein Gremium immer etwas schwer tut, einen einmal getroffenen Beschluss zu revidieren. Deshalb finde ich es sehr gut, dass das Gremium die Entscheidung nun den Bürger*innen selbst überlässt. Dabei müssen sich alle Hüfinger*innen dann die Frage beantworten, welches System für sie das Beste, weil Demokratischere ist.
Ich persönlich glaube, dass es im Laufe der Zeit immer schwieriger für Bewerber*innen aus den Ortsteilen wird, sich bei Wahlen durchzusetzen. Schon jetzt kann man in Hüfingen feststellen: immer weniger Ortsteile sind mit eigenen Räten im Gemeinderat vertreten. Und wenn die „alten“ und erfahrenen Gemeinderäte aus den Ortsteilen aufhören, wird sich das fortsetzen. Denn Gemeinderäte wie Adolf Baumann aus Mundelfingen oder Egon Bäurer aus Behla sind wegen ihres ehrenamtlichen, beruflichen und kommunalpolitischen Engagements auch in der Kernstadt bekannt und bekommen von dort viele Stimmen. Bei ihren Nachfolgern ist das nicht zwangsläufig so, weil sich unsere Gesellschaft verändert hat und nicht zuletzt der berufliche Mittelpunkt sich oft weiter weg befindet.
Natürlich hat jeder Gemeinderat bei seinen Entscheidungen die Gesamtstadt im Blick und ich bin überzeugt, dass das auch in Hüfingen zutrifft. Aber es ist trotzdem ein Unterschied, wenn ein Ortsteil-Bewohner zu „seinem“ Gemeinderat im Ort gehen kann, wenn ihn irgendwo der Schuh drückt.
In der Abwägung halte ich es deshalb für gerechter und demokratischer, den Ortsteilen einen Sitz im Gremium zu garantieren, mit dem Risiko, dass die Ortsteile manchmal etwas zu stark gewichtet sind. Die Gefahr, dass gar kein Ortsteil mehr vertreten sein könnte ist in Hüfingen zu groß.
Nicht zuletzt habe ich als Gemeinderat in Donaueschingen sehr gute Erfahrungen mit der Unechten Teilortswahl gemacht und würde deshalb nie für deren Abschaffung stimmen.
Die Biotopvernetzung ist auf dem Land ein großes Thema und es gibt große Spannungen zwischen Landwirtschaft, den vielen Neubaugebieten der Kommunen und dem Naturschutz. So braucht jede Ortschaft ein möglichst großes Neubaugebiet das auf ehemals landwirtschaftlich genutzten Flächen entsteht und die Landwirte werden wiederum immer mehr in die Natur gedrängt und müssen immer weniger Boden intensiver nutzen. Wie wollen Sie diesen Konflikt angehen?
Niko Reith:
Der Flächenverbrauch ist eines der zentralen Themen, die uns bei Wohnungsbau, Gewerbeansiedlung, Energiegewinnung und anderen Nutzungen, wie ganz aktuell bei der Suche der Bundeswehr nach einem geeigneten Standortnahen Truppenübungsplatz beschäftigen.
Selbstverständlich folge ich dabei dem Primat „Innen- vor Außenentwicklung“. Allerdings sind uns hier Grenzen gesetzt, weil es sehr häufig an den Eigentumsverhandlungen scheitert. Als hilfreich hat sich zum Beispiel der sogenannte Flächenmanager, dem es nicht zuletzt in Hüfingen gelungen ist, durch Beratung und mit guten Argumenten Eigentümer oder Erbengemeinschaften zu überzeugen, leer stehende Gebäude oder unbebaute Grundstücke zum Verkauf frei zu geben, oder selbst zu bebauen bzw. zu sanieren.
Doch auch das hat Grenzen und um das deutlich zu sagen: Enteignung von Eigentum, wie es OB Palmer in Tübingen praktiziert, kommt für mich nicht in Frage. Deshalb ist auch die Ausweisung von neuen Flächen zur Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit unserer Gemeinden der Südbaar unumgänglich.
Aber ich habe das Gefühl, dass die Gemeinden bereits sehr verantwortungsvoll bei dem Thema vorgehen und alle Aspekte der unterschiedlichen Bedarfe, der Nutzungs-Interessen und des Naturschutzes bei ihren Entscheidungen berücksichtigen. Sehr bewährt hat sich dabei das Umweltbüro des Gemeindeverwaltungsverbandes der Städte Hüfingen, Bräunlingen, Donaueschingen und Bad Dürrheim mit Dr. Bronner an der Spitze, das bei der Erstellung von Flächennutzungsplänen immer hinzugezogen und deren Expertise berücksichtigt wird.
Landespolitisch werde ich mich für die Stärkung der Hoheit und Freiheit kommunaler Flächenplanung einsetzen, denn das Beispiel zeigt: Vor Ort weiß man am besten Bescheid, wo die Bedarfe und Potentiale liegen.
Hallo Herr Reith,
herzlichen Dank für Ihre Antwort.
Zu Ihrer Aussage:“Ich bin in Hüfingen aufgewachsen und habe mich damals wie heute immer wohlgefühlt.“ möchte ich folgendes anmerken:
Es ist sicherlich schon sehr lange her, dass sie in Hüfingen gelebt haben. Für Außenstehende ist es sehr schwierig, unsere Verkehrssituation einzuschätzen. Allerdings konnten Sie im Januar 2015 im Rahmen eines Abgeordnetenbesuches mit betroffenen Anwohnern (Bürgerinitiative Verkehrsberuhigung Hüfinger Außerstadt) diesbezüglich sprechen. Freundlicherweise sind Sie unsere damaligen Einladung gefolgt und haben die Situation an der Schaffhauser Straße wie folgt kommentiert:“ An dieser Straße kriegt man es an die Waffel“ Sie konnten allerdings damals nach dem Gespräch wieder gehen, wir aber, die Bewohner, leben mit dieser Belastung 24 Stunden Tag für Tag, Jahr für Jahr.
Hüfingen nennt sich staatlich geprüfter Erholungsort. Viele Mitbürgerinnen und Mitbürger fragen sich, wie die Stadt zu dieser Auszeichnung kam.
Da wäre zuerst einmal der Luftsammelpunkt Rilax über der Stadt zu nennen und auch der Flugplatz Donaueschingen (über 90% Hobbyflieger), die Hüfingen und den näheren Umkreis täglich belasten. Bereits diese beiden Verkehrsbelastungen im Luftraum wären meiner Ansicht nach Ausschlusskriterien für einen Erholungsort.
Dann das Verkehrskreuz B27 und B31: Diese autobahnähnlichen Verkehrsachsen beschallen bei Tag und bei Nacht fast die gesamte Stadt von Süden und Osten.
Dazu kommen noch zwei stark befahrene Landstraßen, die die Innenstadt und damit die Anwohner mit Immissionen strapazieren. Hinzuzufügen wäre, dass dadurch in der Innenstadt leider wenig Aufenthaltsqualität gegeben ist. Außerdem bringen alle diese Straßen viel Schwerlastverkehr mit sich. Jeder Verkehrsteilnehmer, der nicht motorisiert ist (also Fußgänger, Radfahrer etc.), ist in Hüfingens Straßen großen Risiken ausgesetzt. Von einer Gleichberechtigung im Verkehrsraum für alle Teilnehmer ist die Stadt Hüfingen leider sehr weit entfernt.
Schredderarbeiten keine 80 Meter von Wohngebieten runden das Bild ab.
Wie lassen sich all diese Belastungen mit dem Prädikat „Erholungsort“ vereinbaren?
Welche Meinung vertreten Sie zu Geschwindigkeitsbegrenzungen innerorts und außerorts?
Ursula Albert
Liebe Frau Albert,
das Prädikat wird an Ortschaften vergeben, deren Luft und Klima Eigenschaften aufweisen, die der Erholung förderlich sind. Voraussetzung ist eine auf Tourismus ausgelegte Infrastruktur. Das ist meines Erachtens die kleinste Hürde, zur Erlangung eines Prädikats. Ob dafür auch ein Nachweis für die Lärmemission Voraussetzung ist, kann ich nicht sagen. Aber ich bin sicher, dass Ihnen Susanne Bucher vom Tourismusamt, Hauptamtsleiter Horst Vetter oder Bürgermeister Michael Kollmaier darüber detaillierter Auskunft geben können. Ziel ist es sicherlich, mit diesem Prädikat die Stadt Hüfingen touristisch besser vermarkten zu können. Das ist aus meiner Sicht trotz der von Ihnen beschriebenen Einflüsse auch gerechtfertigt. Ich bin in Hüfingen aufgewachsen und habe mich damals wie heute immer wohlgefühlt. Dennoch gibt es natürlich immer Verbesserungspotential. So setze ich mich schon seit 2009 dafür ein, dass die Flugverkehrsbelastung durch den internationalen Flughafen Zürich-Kloten nicht zu Lasten der Südbaar steigt und es endlich zu einer vertraglichen Einigung mit der Schweiz kommt. Diese muss sicher stellen, dass Wochenend- und Abend-/Nachtflugzeiten eingehalten, eine Reduzierung der Flugfeldhöhen verhindert, sowie eine massive Erhöhung der möglichen Überflüge von derzeit (vor Corona) 80.000 auf bis zu 400.000 unterbunden wird. Denn das alles möchte die Schweiz neben einem veränderten Anflug-Regime gerne durchsetzen. Mit dem Waldshuter Manifest, der Donaueschinger Resolution und der Stuttgarter Erklärung wurde das bereits mehrfach formuliert und von vielen Verantwortlichen unserer Region in großer Einstimmigkeit unterschrieben. Nur das CSU-geführte Bundes-Verkehrsministerium ist seit Jahren nicht in er Lage oder Willens das in einem Vertrag mit der Schweiz umzusetzen. Leider gab es auch weder von der Grün-Schwarzen noch von der Grün-Roten Landesregierung in den letzten 10 Jahren eine wirkungsvolle Bundesrats-Initiative in diese Richtung. Ich werde aber weiterhin nicht müde werden und das Ziel im Auge behalten.
Ohne den motorisierten Individual-Verkehr wird es in unserer ländlich strukturierten Region in nächster Zukunft nicht gehen. Deshalb müssen wir Lösungen für ein sicheres Miteinander von Fußgängern, Radfahrern und den motorisierten Verkehrsteilnehmern finden und umsetzen. Das ist möglich und vom Land werden dafür sowohl Know-how als auch finanzielle Unterstützung zur Verfügung gestellt. Die von Ihnen angesprochenen Geschwindigeitsbegrenzungen werden dabei eine Rolle spielen. Ich stehe dem grundsätzlich offen gegenüber und unsterstütze deshalb beispielsweise eine Initiative, die Kommunen bei Fragen der Geschwindigkeitsbegrenzung mehr Verantwortung und Entscheidungskompetenz überträgt. Denn vor allem bei Kreis-, Landes- oder Bundesstrassen, die durch Ortschaften führen gibt es regelmäßig Unstimmigkeiten, wenn Gemeinden eine Geschwindigkeitsbegrenzung einrichten wollen, die übergeordnete Behörde dem jedoch nicht zustimmt. Die entscheidenden Schlüssel aber werden eine intelligente Verkehrsführung und die Nutzung innovativer Technologien sein. Ich sehe hier eine Entwicklung hin zur intergrierten Verkehrsplanung mit der die Kommunen die Weichen für eine nachhaltige Mobilitätsplanung stellen.
Im Falle meiner Wahl, werde ich mich sehr zielorientiert und hartnäckig für eine Verbesserung des Angebots im ÖPNV und eine Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schiene einsetzen. Das sind zwar dicke Bretter, würden aber wesentlich zu einer Entlastung im Strassenverkehr beitragen.
Das alles wird die von Ihnen angesprochenen Belastung für die Hüfinger*innen nicht verschwinden lassen, da muss man schon ehrlich sein, aber ein Beitrag dazu leisten, dass Gäste auch in Zukunft gerne Zeit in Hüfingen verbringen und die Menschen gerne hier lernen, arbeiten und leben wollen.
Vielen Dank Niko Reith für die superschnelle und kompetente Beantwortung unserer Fragen!
Falls hier jemand noch Fragen an Niko Reith stellen will, werde ich ihn benachrichtigen, damit er hier antworten kann.