Ein Weihnachtswunsch für die politische Vielfalt

Ein Weihnachtswunsch für die politische Vielfalt

21. Dezember 2020 0 Von hieronymus

21. Dezember 2020 von Philipp Polster

Baden-Württemberg steht für mich an sehr vielen Stellen für Vielfalt, insbesondere im Kleinen. Jede Stadt, jedes Dorf, ja jeder Teilort steht hier für genug Geschichte, Tradition und Brauchtum um eine Heerschar von Historikern und anderen Wissenschaftlern über Jahre zu beschäftigen. Und zwar rund um das Jahr, sei es zu Weihnachten oder Fasnet, und ja, auch zu Hanukkah oder dem Ramadan.

In einem tut sich das Land aber schwer: Der politischen Vielfalt und Buntheit in der Landespolitik.

Viele von uns tun sich schwer mit den kleinen Parteien und die kleinen Parteien tun sich deshalb schwer im Land. In der öffentlichen Wahrnehmung sind sie, grade auf dem Land, kaum vertreten.

Meine eigene Partei, Die Linke, hat es von allen kleineren Parteien hier noch am einfachsten:

Wir sind für viele anerkanntes Feindbild und man kennt wenigstens einige prominente Gesichter aus der Bundespolitik, sei es unsere Bundestagsabgeordnete Heike Hänsel, Sahra Wagenknecht oder Gregor Gysi. Doch wie viele politisch aktive Menschen von Piraten, Die PARTEI, Volt, Humanisten oder ÖDP können Sie aus dem Kopf aufzählen? Hand aufs Herz, bei wie vielen dieser Parteien wissen Sie ungefähr wofür diese stehen?

Sind wir ehrlich, die wenigsten können diese Fragen beantworten. Das ist nicht schlimm, aber schade.

Denn viele dieser Parteien sind weit mehr als ein-Themen-Parteien. Die Piraten sind weit mehr als eine „Internet-Partei“ geworden, die ÖDP hat weit mehr als nur „Umweltschutz“ im Programm, wir als Linke stehen für viel mehr als „Mietendeckel und Pflegepolitik“.

Auch viele der kleineren Parteien haben, oft in mühevoller Kleinarbeit, entsprechende Wahlprogramme ausgearbeitet, die vor allem viele derjenigen die sich in im Programm keiner der großen Parteien wieder finden und daher nun gar nicht wählen gehen, auffangen könnten.

Hinter diesen Parteien stehen keine Berufspolitiker, keine Großspender. Sondern normale Menschen die etwas ändern wollen in diesem Land.

Doch die meisten dieser Parteien werden Sie im März 2021 nicht auf Ihrem Wahlzettel finden.

Denn Baden-Württemberg hat sich selbst ein Wahlrecht verordnet, das es den kleinen Parteien mit am schwersten macht.

Für die Teilnahme in jedem Wahlkreis benötigen Sie 150 Unterstützerunterschriften. Nicht online, sondern auf speziellen, vom jeweiligen Kreiswahlleiter bereit gestellten Formularen welches nach Unterschrift noch manuell von den Gemeinden beglaubigt werden muss.

Besonders schön ist auch das Kleingedruckte: Jede(r) Wahlberechtigte darf hierbei natürlich nur eine Partei unterstützen. Wo kämen wir denn da hin, wenn jemand mehr Vielfalt möchte und sich vielleicht nicht nur von einer Partei vertreten sieht?

Zum Vergleich: Diese Hürde liegt fast fünf Mal höher als im benachbarten Rheinland-Pfalz und (je nach Region) mind. doppelt so hoch wie in Bayern.

Zwar hat der Landtag aufgrund eines Urteils des Verfassungsgerichts (1 GR 101/20) die Zahl der Unterstützerunterschriften für diese Wahl halbiert. Doch selbst damit bleibt man weit über den Anforderungen, die in anderen Bundesländern gelten.

Doch die Zeiten sind besonders: Veranstaltungen sind nicht möglich, Infostände nur eingeschränkt machbar, persönliche Gespräche mit Unterstützern unmöglich. Doch nur damit sind Menschen zu überzeugen, zu informieren, zu begeistern. Für Parteien deren Inhalte man nur selten in den Medien findet.

Täglich stellt sich für die KandidatInnen und ihr Team die Frage: Unterschriften sammeln oder Kontakte reduzieren? An den Infostand oder doch lieber die Kontaktreduktion?

Erst Recht, da in vielen Parteien Menschen, die man den Risikogruppen zurechnet zu den aktivsten Helfern gehören.

Will man hier etwas riskieren?

Lassen Sie es mich ganz klar sagen: Die Angst war und ist enorm. Keine Kandidatur ist es wert, dass dafür Menschen zu Tode kommen oder eine Corona-Erkrankung mit ihren potenziell schweren Verläufen und unbekannten Folgen durchmachen.

Schließlich darf man eines nicht vergessen:

Selbst wenn man es zur Wahl schafft: Unser System der reinen Erststimmen (ein echtes Unikat in den Landtagswahlgesetzen) sorgt dafür, dass die großen Parteien auch bei der eigentlichen Wahl bevorzugt werden. Es gibt zahllose Untersuchungen dazu, dass kleinere Parteien v.a. von Zweitstimmen profitieren, eine Möglichkeit, die in Baden-Württemberg eben nicht gegeben ist.

Die Regierung Kretschmann, die ihre Wurzeln ja auch in zwei aufstrebenden Kleinparteien hatte, hat eine mögliche Modernisierung des Wahlrechts zu Gunsten der Chancengleichheit und Vielfalt leider mit ihrem Regierungsantritt vergessen. Konkurrenz belebt das Geschäft leider nicht immer.

Damit bleibt die politische Vielfalt, die in diesem Land eigentlich herrscht weiterhin im Schatten, taucht weder auf den Wahlzetteln noch auf in den Wahlergebnissen auf, bleibt das ehrenamtliche Engagement tausender Helfer unbemerkt und noch mehr Menschen fühlen sich vom Programm der großen Parteien nicht abgeholt und gehen gar nicht wählen.

Lassen Sie mich daher einen kleinen Weihnachtswunsch an Sie richten:

Viele von uns spenden zu Weihnachten etwas an Hilfsorganisationen, Vereine und Kulturträger. Verzeihen Sie es mir bitte, wenn ich Sie an dieser Stelle auch um eine kleine Spende bitten möchte:

Spenden Sie dieses Weihnachten doch einmal eine Unterschrift. Eine Unterstützerunterschrift für eine kleine Partei honoriert all diejenigen politisch aktiven Menschen die in diesen schwierigen Zeiten das Risiko nicht gescheut haben und trotzdem zahllose Stunden in Aufstellungsversammlungen, Wahlprogrammdebatten, Parteitagen und vor allem an Infoständen verbracht haben. Selbst wenn Sie diese Partei vielleicht im März nicht wählen wollen hilft ihre Unterschrift enorm. Sie kostet Sie nur etwas Zeit.

Denn sie sorgt dafür, dass andere zu mindestens die Wahl haben.
Sie sorgt dafür, dass wir mehr politische Vielfalt und Buntheit in unserer Landespolitik erhalten. Denn für diese Vielfalt steht unser Baden-Württemberg.

Formblatt für eine Unterstützungsunterschrift für die Wahl zum 17. Landtag von Baden-Württemberg am 14.März 2021
DIE LINKE

Formblatt für eine Unterstützungsunterschrift für die Wahl zum 17. Landtag von Baden-Württemberg am 14.März 2021
Klimaliste BW

*Adresse steht jeweils auf der 2. Seite.

Gerne fügen wir hier das Formblatt weiterer kleiner Parteien ein.