Wanderblühten – Die Familie des Einungsmeisters

Wanderblühten – Die Familie des Einungsmeisters

7. April 2023 0 Von Hannah Miriam Jaag

Ich möchte hier erwähnen, dass ich das alte Buch mit der sehr eigenwilligen Schreibweise in Frakturschrift vorgelesen habe, um den gesprochenen Text von einem Programm namens f4transkript in Buchstaben umzuwandeln. Den umgewandelten Text habe ich danach bearbeitet, da viele der Wörter dem Programm nicht bekannt waren. Aus diesen Gründen ist der Text ein Gemisch aus alter und neuer Schreibweise.

Was es in den verschiedenen Kapiteln des Buches gibt, ist diese vorgelesene Tonspur mit dem Transkript in schwarz.
In blau sind unten noch Erklärungen und Fotos dabei.

Einführung über Konrad Ebner

Liebet Friede, legt zu Seiten
Haß und Streiten,
Als den Brunnquell aller Pein.
Werdet nicht hierinnen müde,
Weil zum Friede
Wir von Gott berufen seyn.

Paul Flemming
“Es isch e brave Ma, in alle Stücke biwandert,
u si Frau, Statthalters Blut, mit Tugend bihaftet.”
Johann Peter Hebel

In den fünfziger Jahren des letztverflossenen Jahrhunderts hauste auf dem Wirtshaus zum goldenen Hirsch in Dogern die Witwe des verstorbenen Wirtes Ebner. Einsichtsvoll und verständig hatte die Frau, während der bösen Zeiten der Salpetererhändel, ihr Hauswesen nicht nur gut durchzuführen, sondern auch das Vorhandene nicht unbedeutend zu mehren gewußt. Mit Beharrlichkeit und Selbstgefühl konnte sie daher auf einen wohlgeordneten Hausstand blicken, der bei bürgerlicher Sinnesart kaum mehr zu wünschen übrig ließ. Eine Tochter war glücklich, das heißt in einen vermögenden Mann verheiratet, und dem einzigen Sohne, einem feurigen jungen Burschen, Konrad, durfte man wohl mit Recht zutrauen, dass er in dieser Beziehung auch keinen Fehlgriff tun werde. Die fürsorgliche Mutter, längst geneigt, die Zügel ihres häuslichen Regiments teilweise einer wackeren Schwiegertochter in die Hände zu legen, hatte bereits in Gedanken sich umgesehen, wo für den Sohn wohl eine passende Partie zu finden wäre. Und nicht nur der Mutter, auch ihrer Mitbürgerinnen war die Brautwahl des jungen Mannes Gegenstand angelegentlicher Sorge, und die Frage: Seyn oder nicht seyn? unter ihnen förmlich an der Tagesordnung.

Glücklicherweise schien der Gusto des Sohnes diesmal mit dem Wünschen der Mutter in schönster Übereinstimmung. Denn es war so viel wie entschieden, dass der junge Hirschenwirt sein Augenmerk auf das goldlockige Fränzele, die Tochter eines sehr vermöglichen Hofgutbesitzers in der Nachbarschaft geworfen, und schon einmal mit der beneideten Schönen den Josephs-Markt in Hauenstein besucht habe; ein Umstand, in welchem die ländliche Politik so viel wie eine offizielle Erklärung erblicken wollte. Und als man kurz darauf die beiden als Gevattersleute bei der Taufe des Erstgeborenen der verheirateten Schwester des Konrad zur Kirche schreiten sah, mußte auch der letzte Zweifel schwinden. Weil jedoch, wie man zu sagen pflegte, bei der gleichen Angelegenheit allemal der Himmel hauptsächlich mit dem Spiele ist, so erwies sich auch hier menschliche Berechnung als zu kurzsichtig. Ein in dieser Zeit fallendes Ereignis brachte mit einem Mal eine Veränderung in der ganzen klug ausgesponnenen Familienplan. Es war der Tod des Einungsmeisters Tröndlin, der dem Ebner’schen Hause verwandt und befreundet, nach langem, vielbewegten Leben eingegangen war zur ewigen Ruhe.

Konrad kam von einer Fahrt, die er mit seinem vierspännigen Zuge für einen Kaufmann nach Zurzach getan, noch zur rechten Zeit nach Hause, um der Beerdigung des Vetters beiwohnen zu können. Die Leiche war mit allem, einem Einungsvorstand gebührenden Ehren zur Erde bestattet worden. Der kaiserliche Waldvogt selbst, die Achtmannen, die Einigungswaibel mit ihren Hellebarden und hochroten Röcken, nebst einer großen Menge Volkes hatten den Verblichenen zum Grabe begleitet. Früh morgens war der junge Ebner nach Alpfen geritten, und gegen Mittag, nach beendigter Trauerzeremonie, kehrte er wieder zurück, auffallend zerstreut und nachdenklich. Die Mutter, welche auf ihre Frage nur wortkargen Bericht über die Begräbnisfeier erhalten, schrieb sein bestimmtes Wesen dem Eindruck zu, den das frische Grab, das Leid und die Klage der Anverwandten auf sein mitleidiges Herz gemacht habe, und schmeichelte sich, dass der Sohn in dieser in diesem Punkte ganz der Mutter nachschlage, welche bei fremdem Unglück bekanntlich niemals ungerührt bleiben könne.

Wider seiner Gewohnheit hatte er sonst so gesprächige lebensfrohe Mensch Abends, statt sich zur Gesellschaft an den vorderen Tisch zu setzen, im Finstern auf der Ofenbank Platz genommen, und nachdem er eine Zeit lang mit geschlossenen Augen, und zuweilen seufzend wie in schwerem Traume, dagelegen, begab er sich früh auf seine Kammer, wo er aber, wie es sich herausstellte, nicht allsogleich einschlafen konnte; denn als die Gäste spät nach Hause gingen, sah man den Träumer noch unter seinem Fenster in die laue Sommernacht hinauslugen.

Am anderen Morgen war aber der junge Mann früh im benachbarten Hause seines Vetters und “Göttes” erschienen. Dieser, ein Vertrauter und Freund des Ebner’schen Hauses, saß eben mit den Seinigen bei der Morgensuppe und sprach seine Verwunderung aus, sein Patenkind so früh schon bei sich zu sehen. Die Base aber hatte sogleich einen Stuhl zurecht gerückt mit der Einladung, der Vetter möge mithalten beim Frühstück. Dieser jedoch dankte für Alles und beschäftigte sich, bis das Essen vorüber war, mit dem kleinen Kinde, welches in seinem großen blauen Augen so verständig aus dem bauschigen, rotgeblümten Kissen schaute, als verstünde es den Zuspruch des freundlichen Vetters.

Als das Mahl vorüber und das Tischgebet gesprochen war (die Base trug eben die leere Schüssel hinaus), wendete sich Konrad zu dem Götti: er habe etwas unter vier Augen mit ihm zu reden. Und sie gehen in die Kammer, und der Götti zieht die Tür geheimnisvoll hinter sich zu; denn aus der Miene des jungen Vetters zu schließen, muss es wohl etwas Wichtiges sein, was er mitzuteilen hatte.

Ich möchte”, fing hierauf Konrad mit etwas gedämpfter Stimme an, “ich möchte in einer Sach’, die mir sehr am Herzen liegt, Euren Rat erbitten.”
Und das wäre”? fragte der Götti erwartungsvoll.
Ihr wißt”, versetzte der Andere, “daß ich auf Jakobi den Kauf übernehmen soll, und, wie es sich von selbst versteht, bald eine Frau -”
Aha”, fiel ihm der Göttie in die Rede, “versteh’ dich schon, du möchtest die Sache beschleunigen, vielleicht noch vorher den Ehebund –
“hört mich nur weiter”, unterbrach der junge Mann; der Götti aber ließ ihn nicht zu Wort kommen: “die Sache ist schon eingefädelt”, fuhr er fort, “Schatz, überlaß nur mir die Leitung; erst gestern habe ich mit des Fränzeles Vater über die Angelegenheit verhandelt; der Alte ist content, und was das Mädel anbetrifft – “
Daraus wird nichts, kann nichts werden”, fuhr der Jüngere hastig dazwischen, “mich bindet kein Verspruch, wir beide sind ganz und gar nicht für einander, und war Alles mehr das Werk meiner Mutter und Schwester. Schaut, Götti, ich muss offen bekennen: – keine Andere als des Müllers Kätherle will und kann ich heiraten!”

Der Familienrat machte große Augen, drehte sich halb auf dem Absatz herum und schaute mit einem Ausruf des Erstaunens an die hölzerne Decke des Gemaches, als solle er ein Wunder schauen; dann wendete sich der fast merklich beleidigt an den Sprecher: “wenn der Handel”, warf er empfindlich hin, “denn schon so sicher und abgemacht ist, was soll denn noch mein Rat?”

Götti”, fing hierauf der Andere etwas geschmeidiger an, “ich weiß, dass Ihr’s gut mit mir meint; auf Ehr und Seligkeit versichere ich Euch, dass ich bis jetzt mit keinem Menschen noch ein Wort über die Sach gesprochen habe, als mit Euch; schaut, ich werde noch manchem Berg zu übersteigen haben, bis ich am Ziel bin, weiß ja doch selbst noch nicht einmal, ob’s Kätherlr will und wie es gestimmt ist; auch wird es sonst noch manchen Strudel absetzen. Doch, ich denk’, wenn ich nur Euch zu meinem Beistand hab’, so wird sich das Andere finden.”

Sichtlich geschmeichelt durch dieses Zutrauen, schwieg der Rat eine Weile, dann hub er an: “Also das Kätherle! – ei was man doch nicht Alles erleben muss – hm, das Ding wird seine Häckle haben und will überlegt sein. Vor Allem nur nichts übereilt; es ist bälder etwas verrennt als verschlichen, sagt das Sprichwort. Ja freilich wird es noch Berg’ zu übersteigen geben. Potztausig! deine Mutter – die Weiber sind eigensinnig, und eine Hauensteinerin vorweg, wie ich aus meinem 20-jährigen Ehepraxis selbst am besten weiß. So viel mir bekannt ist, Vetter, steht die Tröndlin’schen nicht am Besten – zwar, des Hirschwirtssohn von Dogern braucht nicht auf Geld und Geldwert zu schauen, ob aber deine Mutter auch so rechnet, nu das wird sich geben; was sein soll schickt sich wohl. Was ich aber fragen will: tu’ vor der Hand keinen Zug, ich will’s mir überlegen und einleiten – Der Dunder! ‘s. Und da Feänzle das dauert mich; doch es hat Geld, und Geld ist die Welt!”

Nach langem Hin- und Herreden mußte der Freier wiederholt geloben, keine übereilten Schritt zu tun. Dafür sagte eben der Vetter feierlich seine Dienste und Hilfe zu; auch der Vater des Fränzles wollte er über sich nehmen und die Sache, wenn es denn einmal nicht anders sein solle, schlichten, ohne dass eine Todfeindschaft daraus entstünde. Soweit die Verabredung.

Doch, hören wir den Leser oder vielmehr die geneigte Leserin neugierig zu fragen: wer ist denn dieses Kätherle, und durch welche Mittel gelang es ihm, die Seele des jungen Burschen also so zu verhexen und einzunehmen? Ehe sich aber hierauf antworten. Sei uns erlaubt, einen Blick in die Vergangenheit zu tun, und Einiges über die Geschichte des älterlichen Hauses der Schönen und damit zusammenhängender Zustände des Landes zu sagen.

Der Müller und Einungsmeister Josef Tröndlin und seine Familie in den Salpeterkriegen

Begeben wir uns deshalb landeinwärts näher an das Gebirge, wo zwischen Kornfeldern und Tannenhügeln das Dorf Unteralpfen liegt. Dort, wo ich das kleine, aus dem “Hirschmatten” rinnende Bächlein mit dem “Steinbache” vereinigt, unterhalb des Dorfes, steht am kleinen Weiher eine Mühle und Wohnhaus, ehemals das Eigentum des Einungsmeisters Joseph Tröndlin, desselben Mannes, von dem bereits gesagt ist, dass er während der Zeit der Salpeterkriege stets an der Spitze der besonnenen Partei gestanden, die sich nach ihm die Müller’sche oder Tröndlin’sche genannt habe.

Das Ländchen hatte zu jener Zeit noch seine althergebrachte Gauverfassung; ein Bund zu gegenseitigem Schutz und Trutz von dem Waldvolke beschworen, der zum Zwecke hatte, die überkommenen Freiheiten und Rechte allzeit gebührend zu wahren, sowie bei Kriegsgefahr die Grenzen des Landes zu verteidigen: Alles jedoch unbeschadet der kaiserlichen Obergewalt.

Die oberste Leitung des bürgerlichen Wesens lag in der Hand eines vom Volke gewählten Redmann’s, dem als Vertreter kaiserlicher Hoheitsrechte ein Waldwaldvogt gegenüberstand, nebst einem Waldpropst, welcher die Ansprüche des benachbarten Stiftes St Blasien, welches im Lande viele Zinsverpflichtete hatte, überwachen soll. Das Land zerfiel wiederum in acht Distrikte, deren jeder eine, der Gesamtheit angeschlossene Einung bildete, in der ein alljährlich neu gewählter Einungsmeister die oberste Stelle einnahm.

Eine große Anhänglichkeit an das Altererbte machte, das diese Einrichtung Jahrhundete lang erhalten blieben; doch war dieser löbliche Zug im Charakter des Volkes bei Vielen auch mit einem störrischen Misstrauen und unbelehrbaren Eigensinn gepaart, der jede, auch die wohltätigste Neuerung, als gefährlich erscheinen ließ; und gewiss trug diese Sinnesart nicht wenig zu der Langwierigkeit der hässlichen Salpeterhändel bei, welche während eines halben Jahrhunderts den Frieden des Landes störten. – Die Veranlassung zu diesem Wirren lag in dem Verhältnisse Hauensteins zu dem Stifte St. Blasien.

Viele Einwohner nämlich waren als ehemals Leibeigene dem Stifte noch zinsbar. Während langer Kriegszeit aber waren diese Verbindlichkeiten nicht mehr geltend gemacht worden und daher fast in Vergessenheit geraten. Da geschah es im Jahr 1719, dass die Abtei ihre Rechte aufs Neue wieder bestätigen und in Kraft treten lassen wollte. Auf dem längst nicht mehr gehaltenen Dinggericht zu Remetsweil sollte durch einen Bevollmächtigten des Klosters und zwölf vom Volke gewählten Richter die Angelegenheit ins Reine gebracht werden.

Während der Verhandlung erhob sich ein früherer Einungsmeister, Fridolin Albig von Buch, seines Geschäftes ein Salpeterdieder, und machte Einsprache: der Dingrodel sei verjährt, behauptete er, die Leibeigenschaft durch die Gnade Kaiser Leopolds abgeschafft, daher die Ansprüche St. Blasiens ungerecht.

Es fruchtete nichts, dass der Waldvogt die Erklärung gab: es handele sich nicht um die allerdings abgeschaffte Leibeigenschaft, sondern um daher stammende Rechte und Abgaben, die kaiserlicher Seits anerkannt, dem Stifte rechtlicherweise zukämen. Ohne ein Verständnis erzielt zu haben, gingen die Versammlung lärmend auseinander. Der Funke der Widerspenstigkeit hatte getzündet, die Zahl Derer, welche den Forderungen des Stiftes ihre Anerkennung versagten, wurde mit jedem Tag größer; dieses aber hatte seine Sache vor dem Kaiser als den Schutzherren des Klosters gebracht, während andererseits Albiz, der Salpeterer, sich an die Spitze der Protestierenden stellte.

Dieser Mann war wie gemacht zum Parteihaupte. Bei einem männlich ausdrucksvollem Äußeren besaß er die Gabe der Rede wie Wenige, und an Schlauheit und Energie fehlte es ihm ebenfalls nicht. Starrsinnig und zugleich rauen Gemüts war er aber jeglicher Belehrung unzugänglich, und weil er kräftig den Rosenkranz betete und fleißig zur Kirche ging und wallfahrte, so stand er im Rufe besonderer Frömmigkeit, und Alles, was er sagte und behauptete, ward von seinen Anhängern den Aussprüchen eines Orakels gleich geschätzt.

Das Land”, so lautete seine halb auf wiedertäuferischen Vorstellung beruhende religiös-politische Lehre, “sei nach dem letzten Willen des Grafen Hans von Hauenstein eine freie Reichsgrafschaft unter dem Schutze des Kaisers; St. Blasiens angebliche Rechte seien treulos erworben und erkauft – Bald werde jedoch unter Gottes Leitung die goldene Zeit des Patriarchalen-Lebens zurückkehren. Jedermann werde frei sein, jnd Gottes Wort allein, ohne andere Zuthat, richten. Nachdem die Bundesbrüder die Güter der Gegner unter sich geteilt, werde jeder Hausvater unter dem Baume vor seiner Hütte die Angelegenheiten der um ihn versammelten Angehörigen schlichten. – Doch werde bis dahin mancher Jünger im Gefängnis schmachten, ja sogar Marter und Tod erleiden müssen”, u.s.w.

Es ist begreiflich, dass solcherlei Grundsätze und Ideen ganz geeignet waren, die Menge zu gewinnen. Je mehr deshalb auf der einen Seite Hindernisse sich gestalteten, desto größer ward auf der anderen Trotz und Leidenschaftlichkeit- – Mag auch über die unchristliche Leibeigenschaft und ihre Ausflüsse, zumal von einem geistlichen Stifter ausgeübt, verschieden gedacht werden, so muss doch die Art und Weise, wie die Salpeteranhänger den Streit führten, und zugleich fanatisch-feindselig gegen ihre übrigen Mitbürger auftraten, entschieden mißbilligt werden.

Um den Schritten St. Blasiens in Wien entgegen zu arbeiten, hatte der Häuptling, unterstützt von seinen Freunden, eine Reise in die Kaiserstadt unternommen. Verwiesen an die Landesregierung zu Freiburg, wo seine Beschwerden vorzubringen habe, kehrte er in die Heimat zurück, Wunderdinge erzählend von dem guten Empfange, der ihm beim Hofe geworden. – Er gab vor, sogar einen kaiserlichen Gnadenbrief zu besitzen, der ihm der Monarch selbst eigenhändig habe, und als bald darauf bei einer Einungs-Vorstandsgswahl, die alljährliche im Frühling vorgenommen wurde, seine verblendeten Anhänger auf die Veröffentlichung des Dokuments drangen, fragte er schlau und berechnend: Ob ihnen denn der Brief noch nicht zugestellt worden sei? Der Einungsmeister Tröndlin, sein Hauptgegner, müsse in entweder unterschlagen, oder treuloserweise an das Stift St. Blasien verkauft haben!

Dergleichen schlauberechnete Ausfälle verfehlten natürlich ihre Wirkung auf die erhitzten Gemüter nicht. Die Aufregung wuchs mehr und mehr, und als der unruhige Mann bald darauf verstarb, führten seine Anhänger den Streit weiter, der in kurzer Zeit über den ganzen Unterwald sich verbreitete.

Im Jahr 1727 wollte St. Blasiens Abt im Lande die Huldigung vornehmen lassen, sie ward aber verweigert; und als die Regierung schärfere Maßnahmen gebrauchte, kam die lang verhaltenen Flamme zum Ausbruch. Der Waldvogt hatte die, um selbige Zeit von den Salpetern eigenmächtig erwählten Achtmannen greifen und ins Gefängnis nach Freiburg verbringen lassen.

Dies war die Losung zu rachsüchtiger Erhebung. Wie vorauszusehen, entlladete sich die drohende Wolke zuerst über dem Hause des besonnenen Einungsmeisters zu Alpfen, der stets zur Besonnenheit und billigen Verständigung der Parteien geraten. Mit Knitteln bewaffnet streiften nächtlicher Weile wildtobende Rotten vom Gebirge her über den Wald. Raub und Gewaltthätigkeit droht allen sogenannten Ruhiggesinnten, die erschreckt sich flüchten. Die Mühle zu Alpfen wird überfallen; man raubt Pferde und Hausrat, läßt den Mühlteich ab, fischt ihn aus und verstopften die Deichel; kaum dass der Einungsmeister dem Tode von der Hand heimlich Auflauender entgeht.

Endlich zieht von Freiburg her kaiserliches Militär mit etlichen Geschützen auf; in ihrem Rücken aber erhebt sich der Landsturm, über 1000 Salpeterer mit einigen 100 gewaltsam fortgerissen “Ruhigen”. Auf den Feldern bei Dogern schaart sich der Haufe um die altehrwürdige Landesfahne, den heranziehenden Grenadieren die Spitze zu bieten.

Doch schon nach den ersten Schüssen stiebt der Haufen auseinander, und die Flüchtigen berichten den Ihrigen daheim: St. Blasien habe sich zum Nachgeben bereit erklärt, daher weiteres Blutvergießen unnötig.

Nachdem mehrere Haupträdelsführer ergriffen und zur Strafe an die ungarische Militärgrenze abgeführt worden waren, kam einige äußere Ruhe über das Land – Doch im Inneren der erbitterten missgeleiteten Gemüter gärte noch der alte Groll und die Hoffnung, dereinst dennoch zu obsiegen.

Trotz der Stürme von aussen war die Mühle zu Alpfen die Stätte glücklicher Häuslichkeit. Der Sohn des Einungsmeisters mit einen tätigen braven Weibe verheiratet, besorgte das Müllgeschäft, während der Großvater den einungsmeisterlichen Geschäften oblag. Ein Töchterlein war von mehreren Kindern allein noch am Leben und daher mit doppelter Sorglichkeit von den Eltern gepflegt und behütet. Und wenn auch die Störungen und Beschädigungen, welche dem Hause von Seite irregeleiteter Mitbürger widerfuhren, keineswegs geeignet waren, Wohlstand und Besitztum zu mehren, so fand dafüer die Familie ein solideres Glück in treuem Zusammenhalten in guten und schlimmen Zeiten und dem Selbstbewusstsein besserer Naturen, gegenüber äußerlicher Anfeindung und Verkennung.

Noch war aber der Streit im Allgemeinen nicht zu Ende. Nach längerem Verhandeln war man zwar mit St. Blasien einig geworden, dem Land allen Lasten, welche der ehemaligen Leibeigenschaft entstammten, gegen gewisse Loskaufssumme zu erlassen, und alle Billigdenkenden, welche es mit dem Lande gut meinten, wünschten sich Glück zur endlichen Beilegung der unseligen Händel; nicht so die Salpeterer. Diese schrieen über Verrat, hielten wieder bei Tag und Nacht Versammlungen, warben Anhänger und bereiteten sich zum abermaligen Widerstande vor. 20 Männer, der Häuptling Fridolin Gerspach an der Spitze, machten sich unverzüglich auf den Weg nach Wien, um bei dem Kaiser Beschwerde einzulegen wegen der Schließung des Vertrages.

Zugleich unternimmt ein Schwärmer, Leontius Brutschi von Dogern, eine Wallfahrt nach Einsiedeln mit hundert und elf Jungfrauen, um für glückliche Verrichtung der Geschäfte zu beten. Zwei Männer aus jeder Einung ordneten die Reihen, während eigend bestellte Weiber für den täglichen Anzug und die Zöpfe der Pilgerinnen Sorge tragen müssen.

Aber weder er die Gunst des Himmels noch die Zustimmung des Kaisers ward den Unzufriedenen. Es erschien vielmehr eine landesherrliche Botschaft, welche das Getriebe offen mißbilligte, so wie ein kaiserliches Sendgericht, beschützt von militärischer Macht, um die Zustände des Landes einer Prüfung zu unterwerfen.

Joseph Tröndlin, der einsichtsvolle Einungsmeister, mit den übrigen Obmännern und einem freigewählten Landesausschuß traten mit dem Abgesandten in’s Einvernehmen. Die Salpeterer, um alle Verständigung zu hindern, nahmen ihre Zuflucht abermals zur Gewaltthätigkeit. – Bewaffnete Rotten erheben sich im Gebirge, bei Gurtweil und dem wilden Tiefenstein; ein verabschiedeter Soldat ordnet die Reihen und führt sie gegen die heranrückenden Milizen. – Wie bei Dogern folgt auch hier auf die ersten Schüsse übereilte Flucht, und mehrere der Anführer werden mit dem Waffen der Hand ergriffen. – Doch konnte weder das Hochgericht zu Albbruck, noch die Strafen der Verbannung den tiefgewurzelten bösen Schaden heilen, welcher vier Jahre später wiederholt zum Ausbruch kommen sollte.

Mildgesinnt hatte die Kaiserin Maria Theresia den Verbannten Rückkehr in die Heimat gestattet. Manche, welche die Unverbesserlichkeit dieser Schwärmer kannten, schüttelten bedenklich die Köpfe, als sie von dieser Maßregel hörten. “Setze eine Katze in’s Taubenhaus wie du willst, sie bleibt eine Katz und wird miauen!” sagte der alte Tröndlin, als er die Rückkehr der erzunruhigen Parteigänger vernahm. Und siehe, er hatte sich nicht getäuscht. Denn alsbald erscholl erwartungsvoll die Kunde von der Freilassung der Verbannten, und wieder begann das alte Spiel. Die Männer, hieß es, seien ins Land geschickt, um die Beschwerden der Salpeterer zu sammeln und ihren Handel aufs Neue zur Entscheidung von den kaiserlichen Thron zu bringen.

Ein Anschlag der Anführer, sich des Landesarchiv in Dogern zu bemächtigen, wird durch die besonnene Dazwischenkunft des Einungsmeisters Tröndlin vereitelt, der schleunigst die Schriften nach Waldshut zu bringen sucht. Aber nur mit Mühe gelingt es durch Schließen der Stadttore, den nachstürmenden Tross von der Verfolgung abzuhalten.

Dieses war jedoch Alles nur der erste Akt des beginnenden Drama’s, in welchem die berüchtigten Anführer: das begnadigte “Tochtermännle”, der “Preuß”, “Gudihans” und Andere die Heldenrollen übernehmen.

Vor allen Dingen sollte ein vernichtender Schlag gegen die Hauptgegner Joseph Tröndlin in Alpfen und den gleichnamigen Einungsmeister in Rotsel ausgeführt werden. Beide Männer waren bisher zum großen Verdruss der Unruhestifter immer wieder durch des Volkes Stimme zu den obersten Einungsstellen berufen worden. Ein Advokat aus Basel, welcher die Sache der Salpeterer zu führen unternommen, hatte er in langer Schrift die Beschwerden seiner Partei der Landesregierung zu Freiburg übergeben, und besonders heftig gegen die obengenannten Männer losgezogen und auf ihre Beseitigung gedrungen. Diese verfaßten eine Gegenschrift, die mit biderbem Spotte, scharfstimmig und schlagend die Gegner entwaffnete, zugleich aber ihren Hass aufs höchste steigerte.

Der unterdessen hereingebrochene 7-jährige Krieg hatte dem Lande drückende Lasten und Einquartierungen gebracht. Natürlich, dass an allem Diesen niemand Schuld ist, als die beiden Trödlin. Eine Deputation der Unzufriedenen geht deshalb abermals an den Wiener Hof, die Unbill dem Kaiser vorzustellen. – Verderbensträchtige Dünste sammeln sich, die bald wieder als Gewitter über dem Müllerhause zu Alpfen sich entladen sollten.

Dem anhebenden Sturme zu begegnen, hatte der Obrist des über den Wald verlegten österreichischen Regimentes mehrere der Aufwiegler gefänglich einbringen lassen. Vergeblich. – Schon zeigten sich wieder die bekannten Sturmvögel: Bettler, Kesselflicker, Wahrsager und Gaukler, und durchziehen in Scharen das Land, die unsinnigen Gerüchte verbreitend. Der wackere Einungsmeister Tröndlin, hieß es, sollte bald verrückt geworden, bald erschlagen oder landesflüchtig sein.

Es war zu Anfang des August. Eine trübe regnerische Luft lag über der Landschaft. – Wohl mochten böse Ahnungen den Bewohnern der Mühle am Steinbach Unheil künden. – Im Hause des Mayrer, eines Bruders des berüchtigten Tochtermännle, ging’s geschäftig aus und ein. Bis tief in die Nacht dauerten die heimlichen Zusammenkünfte. Eine Lumpensammlerin, die dort übernachtete, hatte die Müllersfamilie gewarnt, auf der Hut zu sein, herumstreifendes Gesindel habe verlauten lassen: dass der alte “Halunke”, der Einungsmeister, von einem hingerichteten Salpeterer in Josaphat’s Thal geladen, im nächsten Frühjahr seine Felder nicht mehr selbst ansehen werde u.s.w. Und schon gab es Manche, die, auf allgemeine Verbrüderung hoffend, diesen aber jenen Acker des Müllers als ihr dereinstiges Eigenthum ansehen mochten.

Tiefhängende Wolken verfinsterten die Nacht. Ein schnaubender Wind schweifte um die Halden, über die weiten Getreidefelder, und flüsterte unheimlich in den Erlen am Mühlbache.

Da weckte Gepolter die Hausbewohner; der Müller sprang aus dem Bette, donnert’s? fragte ihn erschreckt und ängstlich sein Weib. – ehe ihr Mann aber noch antworten konnte, begann der Lärm von Neuem. Die Haustür wurde eingeschlagen; – vergeblich war das mannhafte Entgegentreten des Müllerknechts. Die Verschworenen dringen ein, die Stiege herauf, Mayer, des Tochtermännles Bruder, voran. “Landesverräter”, schreit der Troß dem Müller entgegen, der mit einer Hellebarde mutig sich zur Wehr setzt. Er wird übermannt, der obere Stock erstürmt, die Türen erbrochen und der Einungsmeister ergriffen und gebunden herausgeschleppt. Jammernd und halbtot vor Schrecken waren Mutter und Tochter eine Zeit lang in der Kammer geblieben; als das wilde Getöse verhallt und Stille eingetreten, wagten sie sich heraus. Betäubt und blutend von einem schweren Schlage über den Kopf liegt der Müller auf dem Boden. – Mit Hilfe eines Müllerknechts gelingt es der jammernden Frau, dem Mann wieder ins Leben zurückzurufen.

Katharina, das Töchterlein, war dazumal neun Jahre alt. In ein und derselben Nacht war auch das Haus des Einungsmeisters in Rotsel und andere Männer von der Gegenpartei überfallen und die Inwohnenden abgeführt worden. Unter den rohesten Mißhandlungen wurden die Unglücklichen fortgeschleppt in die rauhe entlegene Gegend Gerweil’s, wo man sie im dortigen Wirtshaus in enge feuchte Kellerlöcher eingesperrte. Sie schienen verloren, denn der rasende Haufen verlangte ihren Tod. Vergeblich waren die Befehle des Waldvogts, sie freizulassen; erst nachdem der Waldkommandant Pommer mit Grenadieren und Husaren heranzieht und die Verschworenen überwältigt, gelingt die Befreiung.

Aber noch waren die Tage des Schreckens und der Verwirrung nicht vorbei. Das Gift gehässiger Spaltung war bis tief ins Innere einer jeden Gemeinde und Familie gedrungen; ja, sogar die Spielplätze der Kinder waren in zwei feindliche Lager geteilt. Die ganze Einung bot ein Bild der traurigsten Zerrissenheit. Männlichkeit und besonnen hatten die Tröndlin auf einer Landgemeinde zu Gerweil zur Besonnenheit gemahnt. Der zudringliche Baseler Advokat spielt im Lande den Gesetzgeber und ordnete den Landsturm. Fanatisierte Haufen durchziehen das Land; von Dorf zu Dorf, von Hütte zu Hütte werden die Tröndlin’schen verfolgt, mißhandelt und im wilden Taumel teilt man sich ihre Güter. Gaudihans als Diktator der freien Grafschaft landete die beiden verhaßten Einungsmeister von Alpfen und rote Rotsel vor seinen Richterstuhl. Sie mußten flüchten, zuerst nach Waldshut, dann über den Rhein, geächtet und mit dem Tode bedroht.

Und über die Mühle zu Alpfen bricht abermals ein böses Verhängnis herein. – Was geschah, melden die Familienpapiere mit kurzen Worten:

“†1745 wurde Konrad Tröndlin (der Sohn des Einungsmeisters) von den Salpeteren so erbärmlich mißhandelt, dass er das Leben dadurch einbüßen müßen”.

Noch vor Ablauf desselben Jahres war die Macht der Empörer in zwei kurzen Treffen gebrochen. Die rings aufgeboten de Landwehr, Bruder gegen Bruder, ein Trupp Husaren und wendige Infanterie trieben die Empörer, welche Waldshut vergeblich berennt hatten, in die Enge. In den wilden Bergen und Feldschluchten um Herrischried, wohin selbst im Schwedenkriege nie der Fuß eines Kriegers gekommen, wurde der letzte Kampf gekämpft, und geendet zum Nachteile der Meuterer –

Aber das tiefe Leid mancher Familie, der Schmerz um verlorene Angehörige, gesunkener Wohlstand und was sonst noch für bittere Früchte der Aufruhr und Krieg gebracht – das Alles konnte nur allmählig die Zeit heilen und die Hand dessen, welcher die Schicksale der Völker lenkt.

Auf dem Bild von Lucian Reich oben ist der Einungsmeister und Müller Josef Tröndlin mit seiner Frau Maria Zimmermännin etwa um 1730 dargestellt.

Gemälde des Einungsmeister Josef Tröndlin in der Einungsmeistermühle

Die Ursula Binkerin von Birndorf muss bald nach dem frühen Tod ihres Mannes den »Hirschen« veräußert haben. Der Käufer war Johann Baptist Tröndlin, Sohn des von den Salpeterern am meisten gehassten Einungsmeisters Josef Tröndlin, des Müllers von Unteralpfen.
Im Juli 1757 ging der »Hirschen« in Flammen auf.
Tröndle ließ das heute noch bestehende Haus bis 1758, zwar nicht mehr in der alten Größe aber immer noch in einem stattlichen Ausmaß errichten.
Im Februar 1759 heiratete Johann Konrad Ebner, Sohn des von den Salpeterern zu Tode gequälten Redmanns Johann Michael Ebner, die einzige Tochter Katharina des Hirschenwirts Johann Tröndle und der Katharine, geb. Iselin. Von der Webpage des Hirschen

Laut Lucian Reich ist die Geschichte etwas anders als oben auf den Seiten des Hirschen zu Dogern erläutert.

Des Hirschwirts Sohn (Konrad Ebner) von Dogern braucht nicht auf Geld und Gelderwerb zu schauen. Seine Mutter führte das Wirtshaus durchaus sehr erfolgreich alleine.

Womöglich wurden diese alten patriarchalen Gesetzte damals nicht ganz so gelebt, wie es heute den Anschein hat. Auch soll Konrad Ebnerauf Jakobi den Kauf übernehmen“. Womöglich ist damit der Hirschen zu Dogern gemeint.

Laut Lucian Reich ist auch des “Müllers Kätherle” die einzige noch lebende Tochter des Johannes Michael Tröndlin. Dies stimmt auch mit dem Stammbaum der in der Mühle hängt überein. Hier steht eine Katharina Theresia geboren 18.3.1736 deren Mutter Katharine, geb. Iselin ist. Johannes Baptista Tröndle war also ein Bruder des Müllers Johannes Michael. Dies ist auch sehr verwirrend, da der Einungsmeister Josef Tröndlin von seinen 9 Kindern drei Johannes getauft hatte und gleich fünf Maria.

Vermutlich war der namentlich nicht erwähnt Götti und “Familienrat”, der Johannes Baptist Tröndlin, auf dem Papier der Besitzer des Wirtshauses Hirschen, das dann später an Jakobi offiziell an den Konrad Ebner ging.

Stammbaum der Familie des Einungsmeisters an der Wand in der Einungsmeistermühle.

Die Einungsmeistermühle in Unteralpfen deren Ursprung auf das Jahr 1342 zurück geht und die den Dreißigjährigen Krieg überstanden hat.

Die alte Mühle in Unteralpfen war über Jahrhunderte im Besitz der Familie Tröndlin und wurde vor etwa 20 Jahren an einen Schweizer verkauft. Dieser Herr war so nett, mir die Mühle zu zeigen und zu erklären. Vielen Dank!

Die in den 1980ern renovierte Mühle in Betrieb.

(Für die Beschreibung bitte auf die Fotos klicken)

Bei den Salpeter-Aufständen oder Salpeterunruhen handelte es sich waren mehrere Bauernaufstände, die sich im Hotzenwald des 18. und 19. Jahrhunderts ereigneten.

In der „Grafschaft Hauenstein“, einem Verwaltungsbezirk des ehemaligen Vorderösterreich, gab es Anfang des 18. Jahrhunderts eine Besonderheit in den absolutistisch regierten deutschen Staaten. Hier hatte sich eine Schicht „freier“ Bauern erhalten, die sich direkt und ausschließlich dem habsburgischen Kaiserhaus zugehörig wussten.

Auch am Anfang des achtzehnten Jahrhunderts regte sich Widerstand. Einer, der Gefahren für Freiheit und Verfassung heraufziehen sah, war der Bauer und Salpetersieder Johann Fridolin Albiez (1654-1727), Salpeterer-Hans genannt, aus Buch. Der damals schon über Siebzigjährige genoss großes Ansehen im Wald. Seine Agitation gegen das Kloster und für die „alten Rechte und Freiheiten“ fand Gehör. Und als im Mai 1727 die Bewohner der Grafschaft einem neuen Abt, Franz II. Schächtelin, ein Treuegelöbnis ablegen sollten, verweigerten sie die „Huldigung“. Die Verweigerung der Huldigungsleistung gegenüber einer Obrigkeit aber galt als Aufstand. Es wurde Militär auf den Wald geschickt und in die Bauernhöfe einquartiert, so dass der Widerstand gegen die Huldigungsleistung rasch zusammenbrach. Der Salpeterer-Hans saß währenddessen in Freiburg im Breisgau, dem damaligen vorderösterreichischen Regierungssitz, im Gasthaus „Bären“ in Arrest. Dort starb er im September 1727.

Andere Bauern, wie Johannes Thoma oder Josef Meyer übernahmen die Führung der Salpeterer, wie sie nun genannt wurden, und sorgten dafür, dass das Misstrauen gegen das Kloster und seine Bestrebungen, aber auch gegenüber den anderen Obrigkeiten nicht einschlief. Unter der Bauernschaft selbst bildeten sich Gruppen für und gegen die salpeterischen Bestrebungen und verschärften die Situation. Die den Salpeterern gegenüberstehenden Bauern nannte man nach den Namen der Anführer die „Tröndlinschen“ oder auch die „Ruhigen“. Die „Salpetererkriege“ fanden darum auch überwiegend zwischen den gegnerischen Bauerngruppen statt – also jenen, die gegen den Ausverkauf alter Rechte und Freiheiten unüberhörbar Widerstand leisteten und den anderen, die zwar dasselbe wollten, aber andere „ruhige“ Wege beschreiten wollten, wie zum Beispiel sich frei zu kaufen.

Als aber das Kloster sich 1738 entschloss, in den von den Einungen betriebenen Freikauf aller Bauern in den Einungsbezirken einzuwilligen und eine Volksabstimmung eine Mehrheit für den Loskauf erbrachte, wollten die salpeterisch gesinnten Einungsgenossen nicht zahlen. Es kam sogar zu einem Treffen zwischen einem Bauernaufgebot der Unruhigen auf der einen und Militär auf der anderen Seite im Mai 1739 bei Etzwihl. Schüsse trieben die Bauern in die Flucht. Dieser zweite Salpetereraufstand endete mit Todesurteilen gegen einige Anführer. 1745 kam es zu zwei weiteren Unruheperioden. Im Frühling gab es sogar für zwei Wochen eine „Salpetererregierung“ in der Grafschaft, und im Herbst versuchten die Salpeterer zweimal, Waldshut zu stürmen, um dort einige inhaftierte Gesinnungsgenossen zu befreien. Diese Belagerung und versuchte Erstürmung von Waldshut und in diesem Zusammenhang stattfindende große nächtliche Schlägereien zwischen „Unruhigen“ und „Ruhigen“ oberhalb Schmitzingen bildeten einen vorläufigen Schlusspunkt der Salpetererunruhen. Es gärte aber “auf dem Wald” noch einige Jahre weiter. Erst mit der Deportation aller führenden Salpetererfamilien ins Banat (Lucian Reich schreibt von der ungarischen Militärgrenze) erloschen die Unruhen zunächst. Sie fanden jedoch im neunzehnten Jahrhundert eine religiös legitimierte und stark veränderte Neuauflage.

nach Wikipedia

Über diese religiös legitimiert Neuauflage spottet Lucian Reich:

Bald werde jedoch unter Gottes Leitung die goldene Zeit des Patriarchal-Lebens zurückkehren. Jedermann werde frei sein, und Gottes Wort allein, ohne andere Zutat, richten. u.s.w.

Weiter berichtet Lucian Reich:

Zugleich unternimmt der Schwärmer Leontius Brutschi eine Wallfahrt nach Einsiedeln mit hundert und elf Jungfrauen, um für glückliche Verrichtung der Geschäfte zu beten.

Die Zahl der 111 Jungfrauen stimmt laut Mitteilung von Heinrich Dold. Diese Pilgerfahrt sei am 29. April 1739 unternommen worden. Vielen Dank an Herrn Heinrich Dold, den Hauensteiner Ehrenredmann!

Auf der Seite von Dogern gibt es folgendes dazu:

Schlimm erging es dem Dogerner Leontius Brutsche nach dem “Gefecht” von Etzwihl (Gemarkung Albbruck) 1739. Trotz seiner Wallfahrt mit 111 Jungfrauen nach Einsiedeln, und obwohl viele Frauen und Jungfrauen beim österreichischen Waldvogt in Waldshut für ihn um Gnade baten, musste er seinen Freiheitsdrang mit dem Tode büßen. Er wurde auf der Richtstätte in Albbruck enthauptet.

https://www.dogern.de/de/gemeinde-dogern/gemeindeportrait/geschichte-dogern

Jakobusbrunnen in Hüfingen

Das Kloster Einsiedeln mit der Gnadenkapelle und einer Figur der Schwarzen Madonna, ist Etappenort des Jakobsweges. Hier wird die Geschichte mit Hüfingen verknüpft, das es seit dem Mittelalter auf dem Jakobusweg ist. In früheren Zeiten gab es in Hüfingen viele Pilger. Ein Pilger auf dem Weg war deshalb ein Jakobsbruder.

Eine etwa 300 Jahre alte Fahne der Jakobuspilgerbruderschaft erinnert noch heute in Hüfingen an diese Pilgerwanderungen. Die Jakobusfahne wird an Fronleichnam bei Prozessionen mitgeführt und wurde vom FF Hofmaler Franz Joseph Weiß gefertigt (siehe Kapitel 17 vom Hieronymus). Ebenfalls erinnert der Jakobusbrunnen vor dem Hüfinger Stadtmuseum und der Jakobusaltar in der Hüfinger Stadtkirche St. Verena und Gallus an die Jakobusverehrung.

Lucian Reich berichtet,

dass die Kaiserin Maria Theresia den Verbannten Rückkehr in die Heimat gestattet. Manche, welche die Unverbesserlichkeit dieser Schwärmer kannten, schüttelten bedenklich die Köpfe, als sie von dieser Maßregel hörten. “Setze eine Katz in’s Taubenhaus wie du willst, sie bleibt eine Katz und wird miauen!”

Am Ende des Kapitels schreibt Lucian Reich, die Familienpapiere melden mit kurzen Worten:

1745 wurde Konrad Tröndlin (der Sohn des Einungsmeisters) von den Salpeterern so erbärmlich mißhandelt, daß er das Leben dadurch hat einbüßen müßen.

Konrad Tröndlin war vermutlich ein Bruder des Josef und eins der neun Kinder vom Einungsmeister Adam Tröndlin.

Kreuz von 1847 an der Einungsmeistermühle

Fortsetzung hier:

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