Rötenbacher Gigantismus

Rötenbacher Gigantismus

28. Juli 2024 0 Von Wolf Hockenjos

Unsere Produktion basiert auf den Erträgen nachhaltiger Waldwirtschaft und ist konsequent umweltverträglich ausgerichtet. Über unsere zukunftsweisende Interpretation der 0%-Reststoff-Regel leisten wir einen aktiven Beitrag zum dringend benötigten Klimaschutz: Sie werden erkennen: Wir handeln mit Herz und Verstand.
Werbetext der Ante-Holz GmbH & Co. KG

Wer von der waldarmen Baar herkommend auf der B31 in Richtung Schwarzwald rollt und dabei auf touristisch ansprechende Eindrücke hofft, wird schon gleich hinterm Waldeingang ernüchtert: Zur Linken weitet sich der Blick zu einer dicht an dicht belegten Lkw-Rastanlage mit Tankstelle. Dahinter schließt sich, seitlich leicht versetzt, das Werksgelände des Großsägewerks ante rötenbach GmbH & Co. KG an, seit 2021 Nachfolger der zuvor hier angesiedelten Holzwerke Rötenbach. Schon sie waren eines der größten Schwachholzsägewerke Baden-Württembergs; der Betrieb ist jedoch 2012 eingestellt worden – dem Vernehmen nach wegen unzureichenden Rundholzangebots. Ante Holz ist mit insgesamt 1.200 Beschäftigten an 7 Standorten (einem davon in Polen) und einem jährlichen Einschnitt von 1,2 Mio. Kubikmetern einer der allergrößten inhabergeführten Familienbetriebe dieser Sparte in Deutschland, ja sogar in Europa.

Wo die Holzwerke Rötenbach zuvor ein 15 ha umfassendes Werksgelände beansprucht hatten, will Ante Holz sein Areal nun auf 43 ha erweitern. Sein Personal soll hier von bisher 70 auf ca. 300 Mitarbeitende aufgestockt werden bei einen Jahreseinschnitt von – sage und schreibe! – 750.000 Festmetern – rosige Aussichten also für die Gemeinde Friedenweiler samt Teilort Rötenbach und deren Gewerbesteueraufkommen!  Das Unternehmen ist zuversichtlich, das Baugenehmigungsverfahren inklusive der Anpassung von Regional- und Flächennutzungsplan so zügig bearbeitet zu bekommen, dass bereits 2025 der Baustart erfolgen kann. Artenschutzrechtliche Probleme scheint man nicht zu erwarten, obwohl in  der Nachbarschaft noch ein Auerhuhnvorkommen existiert und ein Wildtierkorridor angrenzt. Kritischer sieht es um die Ergiebigkeit einer Quelle im südwärts gelegenen Matzenmoos aus: durch Rodung und Versiegelung könnte sich ihre Schüttung verringern – zum Nachteil des sie nutzenden Nachbarorts Göschweiler. Womöglich wird man statt ihrer eine Quelle im weiter entfernten Gatterwald „ertüchtigen“ oder zu neuen Lösungen greifen müssen. Und natürlich müssen auch erst noch die Aufforstungsflächen zum Ausgleich des Waldverlustes gefunden  werden. Auch ein Kreisverkehr wird auf der B31 noch erwogen, damit die Holztransporte auch aus Osten ins Werk abbiegen können.

Alles in allem lösbare Probleme, so sieht es der Planer. Doch wie wird sich der Gigant auf die bestehende, vorwiegend mittelständische Schwarzwälder Sägewerksstruktur auswirken, von den kleinen bäuerlichen Sägewerken einmal ganz abgesehen? Die Ante-Betriebsleitung geht davon aus, das Rundholz in einem Umkreis von ca. 100 Kilometern einkaufen zu können. Was den Holzmarkt zweifellos durcheinanderwirbeln wird, denn das Werk wird sich seine Kontingente über Vorverträge mit den größeren Waldbesitzern (mit dem Staatswald, den Kommunen und insbesondere mit dem Großprivatwald) sichern. Wie sich die neue Konkurrenz wohl auf die Ertragslage im bäuerlichen Kleinprivatwald auswirken wird sowie auf die Existenz der noch verbliebenen Schwarzwälder Sägewerke?

Während bislang in den sich häufenden Kalamitäten das Käfer- oder das Sturmholz schleunigst vom nächstgelegenen Kunden übernommen und abgefahren wird, sieht sich bei längerer Transportkette des Großbetriebs der Borkenkäfer in den desto länger unentrindet im Wald verbleibenden Fichtenstämmen zu weiteren Bruten ermuntert, was zu dramatischer Verschärfung der Forstschutzlage führen kann – zu Schreckensbildern à la Sauerland oder Harz, von denen der Schwarzwald einstweilen noch verschont geblieben ist. Oder könnte ein solches Horrorszenario bei einer so gewaltigen Betriebsexpansion bereits einkalkuliert worden sein? 

Expansion in Erwartung eines zunehmenden Käfer- und Sturmholzangebots?

Holz aus nachhaltiger Waldwirtschaft ist ein konkurrenzlos umweltfreundlicher Baustoff und die Nachfrage nach Bauholz ist (speziell im Land der Häuslebauer) trotz weithin lahmender Baukonjunktur weiter ansteigend. Umso attraktiver mag die Ante-Holz-Produktpalette erscheinen, die neben Schnittholz Hobelware, Brettschichtholz, Konstruktionsvollholz, Brettsperrholz, Biobrennstoff auch Holz-Pellets, Haus- und Gartenprodukte verspricht.

Wird der Einstieg des Ante-Holzriesen also zum Glücksfall für Wald- und Holzwirtschaft der Region, gar für die Umwelt? Oder begibt man sich eher auf den Holzweg mit solcherlei Kapazitäten? Die „mit Herz und Verstand“ agierende ante-Rötenbach GmbH&Co. KG   lässt etliche Fragen offen.