Die Donau von ihrem Ursprung bis Tuttlingen

Die Donau von ihrem Ursprung bis Tuttlingen

28. Juli 2024 0 Von hieronymus

von Anton Schlude 1858


Die Donau von ihrem Ursprung bis Tuttlingen.

Wenn die Donau auch nicht, wie ihr Bruder der Rhein, aus himmelanstrebenden Gletschern tobend und schäumend herabstürzt, so ist sie doch eine echte Tochter des Gebirges. Es ist bekannt, dass sie nicht erst bei Donaueschingen, wo man früher im Abfluss des fürstlichen Schloßbrunnens fälschlicherweise die Donauquelle suchte *), sondern in der Vereinigung der beiden, den Schwarzwaldhöfen (um 3000′ hoch) entstammten Schwesterbäche Brege und Brigach mit dem genannten Abfluss ihren Ursprung hat.

Donautempel

*) Die heutzutage auch im Volksmunde zu Gunsten der Brig und Breg bestrittene Berechtigung der Donauquelle im Schlosshof. („Brig und Breg bringen d’Donau z’weg“) zwar freilich seit dem römischen Schriftstellern, die den Tiberius in einem Tagesmarsche vom Bodensee zu den Donauquellen gelangen lassen, nicht nur, wie von jenem Österreicher, der die Röhre des Schloßbrunnens mit der Hand zu hielt und lachend ausrief: „Schauen’s, wie werden die Wiener sich wundern, wenn die Donau ausbleibt,“ sondern bis auf neueste Topografien herab anerkannt. Der Ursprung bot sich eben in den zahlreichen Quellen und dem großen Weiher bei Donaueschingen dem Anblick natürlicher dar, als in den zwei Bächen, die sich in den großen Wasserpfuhl, das sogenannte Ried bildete, ergossen.

Die Junge Donau im Sommer 2019

Kaum ihren Quellen entlaufen, verlässt sie in östlichem Laufe bald das Land ihrer Geburt, welches sie nur noch einmal auf einer kurzen Strecke bei dem Bergschlosse Wildenstein wiedersieht, und als ziemlich bedeutender Fluss bei Gutenstein ganz verlässt, um 381 Meilen weit durch Sigmaringen, Württemberg, Bayern, Österreich und die Türkei bis zu ihrer siebenfachen Mündung ins Schwarze Meer zu reisen.

Verfolgen wir rasch den Lauf des jungen Flusses, der in mancher Windung und oft weiter Ausdehnung, doch immer der Sonne entgegen (daher von den Alten „Sonnentrotzer“ genannt) munter über Stock und Stein hüpft.

Wir gehen aus von Donaueschingen, das einst durch Schenkung Kaiser Arnulfs (889) Besitzung des Klosters Reichenau, einen eigenen Lehnsadel hatte und nach dessen Aussterben (1488) an das Haus Fürstenberg überging. Um 1750 wurde die Residenz des um diese Zeit vereinigten Fürstentums hierher verlegt und das jetzige Schloss erbaut. Im schönen Schlossgarten bieten ein ansehnliches Gewächshaus, Parkanlagen mit trefflichen Baumschlag, in ihnen ein Denkstein, dem Dichter der Emilia Galotti von Fürst Carl gesetzt, eine Festsäule zur Erinnerung an die silberne Hochzeit des verstorbenen Fürsten Carl Egon, eine Bronzebüste des verstorbenen Arztes und Menschenfreundes Hofrat Rehmann, eine treffliche Sandsteingruppe – Donau, Brig und Breg – von Xaver Reich ausgeführt, sehenswerte Gegenstände.*).

*) Gasthöfe: Post, Schützen, Linde, Traube, Lamm, Hirsch.

Die junge Donau als Kind im Schoße der Mutter Baar. Sandsteingruppe von Franz Xaver Reich (1815–1881) am Zusammenfluss von Brigach und Breg in Donaueschingen im Jahr 2009.
Dr. Wilhelm Rehmann im Schloßpark

An Pfohren vorbei, wo am Flusse ein altes Schloss von Kaiser War, der bei Grafen Wolfgang von Fürstenberg hier einige Tage der Jagd oblag, scherzweise „Entenburg“ (Entenfang, nennt es jetzt der Volksmund) genannt, führt die Donau uns in süd-südöstliche Richtung nach Neudingen mit seiner kaiserlichen Pfalz, in welcher Kaiser Karl der Dicke 888 starb.*)

*) So nach der Geschichte. Der Volkssage und Dichtung aber (vergl. I.W. Scheffels trefflichen Roman „Ekkehard“ Frankf. 1855) „gefiel es, den letzteren Träger des Karoling’schen Weltreichen an einemstillen Ort zu entrücken und ihm eine Gerechtigkeit angedeihen zu lassen, die ihm die Mitlebenden versagten“ Das Volk hielt nämlich in Alemannien, lange an dem Glauben fest, daß der alte abgesetzte Kaiser gar nicht gestorben sei und noch, (wie früher und später manch ein anderer Held in irgend einer Höhle) in den Heidenlöchern am Ueberlinger See verborgen sitze, um zu rechter stunde wieder herauszutreten und die Zügel seines Reiche zu Händen zu nehmen.

Donaubrücke von Karl Merz
Entenburg

Auf ihr wurde gegen Ende des 13. Jahrhunderts das Dominikaner- (später Zisterzienser-) Nonnenkloster Mariahof gegründet und zur Grablege der Grafen von Fürstenberg bestimmt. Nach Aufhebung des Klosters Taubstummen-Anstalt, später Rettungshaus für verwahrloste Kinder, brannten die Gebäude 1850 ab. Auf ihrer Stätte wurde die jetzige Gruftkirche der Fürsten von Fürstenberg erbaut. Die Pfarrkirche hat vom alten Bau noch ein byzantinisches Portal aus dem 12. Jahrhundert


Sofort zwischen dem Fürstenberg (südlich) und Wartenberg nördlich hin nach Geisingen. Jener, schon im 11. Jahrhundert ein Besitztum des Zollerschen Hauses, kam im 12. an die Uracher und gab, bei der Erteilung dieses Hauses einem Zweige desselben den Namen. Das über die ganze Baar herniederschauende Schloss wurde im Bauernkriege überrumpelt. Im 30-jährigen Krieg zerstört, das Städtchen aber, das später auf der Höhe des Berges stand, brannte 1841 ab, worauf an dessen Einsattellung das jetzige Dorf erbaut wurde.


Der Wartenberg, ein hoher Basaltkegel, früher Sitz eines mächtigen Dynastenadels, von welchen ein Zweig das Hofrichteramt zu Rottweil verwaltete, bis er durch Mißheirat den Adel verlor, ging durch Erbe im 14. Jahrhundert an Fürstenberg über. Jetzt trägt er ein fürstlich Fürstenbergisches Lustschloss mit hübschem Park und reizender Aussicht über die ganze Baar bis zum Schwarzwald. In dem freundlichen Städtchen Geisingen verdienen die in der Friedhofskirche sich findenden Grabmäler der Grafen von Fürstenberg Geisinger-Linie, Beachtung.

Die Eremitage und der Englische Garten wurden 1783 von Fürst Joseph Maria Benedikt angelegt.

In nordöstlicher Richtung windet der Fluss sich nun nach dem alten Ort Immendingen. Hier in der Nähe der Möhringer Straße, Spuren einer untergegangenen germanischen Niederlassung im Grundmauern und Gräberfunden. Vom 12. Jahrhundert an im Besitz eines Lehnsadels, später in 2 Schlossgüter aufgeteilt, die durch verschiedener Herren Hände hindurch endlich an Fürstenberg kamen – ist der Ort jetzt durch ein Maschinenfabrik auch weiterhin bekannt. Bei dem Dorfe wird die Donau in großen Rissen teilweise vom Boden eingesogen und soll als Aachquelle im Hegau wieder zu Tage kommen, was neuerdings mehrmals gerichtliche Prozesse veranlasst hat.

Donauversickerung 18. Mai 2022

Unferen dem Städtchen Möhringen, das nur durch seine großen Schafmärkte, sowie als Heimat des am Hofe Karls VI. lebenden Mathematikers und Optikers Anton Braun und des früheren Mannheimer Galeriedirektors Zoll, von welchem ein erhebliches Gemälde in der Pfarrkirche sich befindet, nennenswert ist, verlässt die Donau das Großherzogtum Baden und betritt eine halbe Stunde südwestlich von Tuttlingen das Königreich Württemberg. Nachdem sie von Donaueschingen mit dem nicht unbedeutenden Gefälle von 137 Bar. Fuß eine Bahn von 12 Stunden zurückgelegt hat.

Anton Schlude (* 17. November 1808 in Hausen im Tal; † 4. Mai 1863 ebenda) war ein deutscher Natur- und Heimatdichter sowie Heimat- und Burgenforscher.
https://de.wikipedia.org/wiki/Anton_Schlude