
Spechtlöcher
Liebe Bürgerpostleser,
heute kommt wieder eine spannende Geschichte. Simone Bröcheler schickte mir am Samstag, den 18. Januar 2025 diese Bilder mit folgendem Text: „Wir haben heute unseren Birnbaum in der Nähe des Hauses gefällt. Als er gefällt war, sind uns diese Löcher in der Rinde aufgefallen. Ab den ersten Ästen in vier bis fünf Meter Höhe hat es angefangen. Nur der halbe Stammumfang in Richtung Schuppen – zur Wetterseite Westen hin – sei angepickt gewesen. Was könnte das sein“? Ich fragte bei Simone nach, ob der Baum abgestorben gewesen sie. „Nein, im Gegenteil, der war voll im Saft“. Also dann waren es keine Holzschädlinge, die da bekämpft wurden. Ich stand auf dem Schlauch, noch nie hatte ich solches gesehen. Ich googelte „Spechtlöcher“, dort wurde die Frage, wann machen Spechte Löcher, wie folgt beantwortet: „Schäden durch Spechte treten insbesondere im zeitigen Frühjahr auf, wenn die Tiere Löcher in die Rinde hacken, um den zuckerhaltigen Saft aufzunehmen.“

Die etwa 5 mm großen Löcher gehen dabei bis ins Splintholz, schön zu sehen auf dem Bild oben, wo ein Teil der behackten Rinde entfernt wurde. Sie werden meist in waagerechten, teilweise auch spiraliger Weise von den Spechten in den Stamm gehackt. Je nach Stammdicke wird nur ein Teil der Rinde bearbeitet – wie beim besprochenen Birnbaum, bei dünneren Stämmen kommt es auch zum „Ringeln“ der Bäume, also einer stammumfassenden Schädigung.

Der sich in den Löchern ansammelnde Saft wird dann getrunken. Diese Behacken der Rinde tritt bevorzugt im zeitigen Frühjahr zum Saftaustrieb der Bäume auf, bereits ab Februar. In unserem Fall bereits kurz nach Mitte Januar, vermutlich lässt der Klimawandel grüßen. Diese hier näher beschriebenen Spechtschäden werden insbesondere dem Buntspecht sowie dem Dreizehenspecht zugesprochen. Simone wohnt in Waldshut-Gutenburg auf 421 m Meereshöhe. Da kann man den Dreizehenspecht mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit ausschließen.
Ich habe das Thema in den Status gestellt und einige meldeten den Specht aber nicht als Safttrinker, sondern als Larvenfresser. Nur Otto Körner als Bräunlingen kannte den Zusammenhang, weil er einen Dreizehenspecht bei dieser Tätigkeit beobachten konnte. Ein Ornithologe aus Hessen wusste es auch. Ich frage mich, woran das liegt. Der Grund ist vielleicht, dass wir das nicht sehen im normalen Alltag. Denn wenn der Birnbaum nicht gefällt worden wäre, hätte es Simone nicht sehen können in vier bis fünf Meter Baumhöhe.
Ist das nicht wieder ein tolles Beispiel, was es alles gibt in der Natur?
Simone, herzlichen Dank für die Bilder und die Ermöglichung dieses Beitrags.
Herzliche Grüße
Franz Maus