Kommentar zur “Lösung” des Kitaproblems

Kommentar zur “Lösung” des Kitaproblems

22. Dezember 2021 2 Von hieronymus

22. Dezember 2021 von Frank Meckes

„Die Kindertageseinrichtungen stoßen trotz sechs Kindertageseinrichtungen an ihre Grenzen“. So beginnt der Zeitungsartikel von Rainer Bombardi vom 17.12.2021 im Schwarzwälder Boten als Feststellung und lässt vermutlich schon bei vielen Bürgerinnen und Bürgern den Kopf schütteln. Seit nunmehr über drei Jahren stehen Eltern von Kita-Kindern sowie Elternvertreterinnen und Elternvertreter immer wieder auf, und zeigen den Mangeln an Plätzen auf. Ein Blick in die Daten des Statistischen Landesamtes Baden-Württembergs zeigt seit über 6 Jahren für den Schwarzwald-Baar-Kreis eine stark steigende Tendenz an Geburten in unserer Region. Weit höher als im Landesdurchschnitt.

Schon beim Umbau der Schule in Behla zum jetzigen Kindergarten wurde in Bürgersprechstunden beim Bürgermeister über die zu geringen Plätze hingewiesen. Betont wurde dabei auch, dass schon bei den damaligen Geburtenzahlen und geplanten Bauplätzen ein Mehrbedarf zu erwarten ist. Das Einzige was passiert ist:

  • Man hat trotz dieser Tendenz die Kita in Hausen vor Wald – mit über 20 Kindern belegt – geschlossen,
  • Fürstenberg und Mundelfingen sollten mittelfristig folgen,
  • Sumpfohren wurde nach vehementem Einsatz der Bürgerinnen und Bürger zu einer Kinderkrippe gemacht und nicht ganz geschlossen,
  • Ein fertiges Konzept für einen Naturkindergarten wurde vom Bürgermeister ohne weitere Prüfung abgelehnt.

Jetzt stehen dringende Entscheidungen an, um den Bedarf an Betreuungsplätzen decken zu können. Der aktuelle Plan: Die noch bestehende Kita-Einrichtung in Mundelfingen soll erweitert werden, um den „geburtenstarken Jahrgängen in Mundelfingen und Hausen vor Wald Rechnung zu tragen“.

Liebe Gemeinderätinnen und -räte, wenn Sie sich die Familienstruktur Hüfingens und der Ortsteile ansehen, dann werden Sie feststellen, dass wir nicht in einer Welt der Ein-Kind-Politik leben. Viele Familien haben 2, 3 oder mehr Kinder. Wenn ich nun in Hausen vor Wald wohne, mein erstes Kind in Behla in der Kita betreut ist, so können diese Eltern damit rechnen, dass aufgrund Platzmangels das nächste Angebot demnächst in Mundelfingen sein soll? Bei einem Bedarf für ein weiteres Unterdreijähriges Kind, könnten sich die Ziele sogar bis Sumpfohren ausweiten. Wie viel Zeit und Kilometer meine lieben Gemeinderätinnen und Gemeinderäte sollen Eltern am Morgen und am Mittag auf der Straße zubringen, um ihre Kinder von Ortsteil zu Ortsteil zu fahren, hin und her, weil Sie sich nicht einfach mal intensiv mit einer Generallösung beschäftigen wollen, sondern stets in Sachen Kinder- und Jugendlichen eine baulich kostengünstige Alternative suchen und anstreben. Und wir sprechen hier nicht von Fahrtzeiten in besonders außergewöhnliche Einrichtungen wie Montessori-, Waldorf-, oder Waldkindergärten als Kinderbetreuung, was bereits zahlreiche Eltern in unserer Gemeinde auf sich nehmen. Wenn es Ihnen nur ums Geldsparen geht, dann lassen Sie es doch einfach mit diesen halbseidenden Beschlüssen gleich ganz sein und präsentieren sie dies nicht als eine Lösung. Aber ich kann Sie – falls Sie sich hier aufregen sollten – gleich wieder beruhigen. Wir leben mittlerweile in einer Gesellschaft, wo Eltern froh sind, ihre Kinder überhaupt unterbringen zu können. Und zwar so, dass es bedarfs-, familien- und berufsgerecht ist. Dafür fahren diese – vor allem in den Ortsteilen – auch und nehmen Vieles hin. Daher werden Sie kaum Widerstand erfahren, außer in Artikeln wie meinem.

Halten wir also fest:

Der Reporter hält zwar in seiner Zwischenüberschrift diese „Erweiterungen durchdacht“, sie zeigt jedoch, dass sich eine Entscheidung platziert hat, die von wenig Weitsicht im Sinn von familienorientierter Handlung und Weitblick gesellschaftlicher Entwicklungen sondern alleine aus finanziellen Gesichtspunkten gezeichnet war.

Liebe Kernstadteltern. Sie können zumindest froh sein, dass Sie nicht in naher Zukunft ihre Kinder in einer „Massenanstalt“ St. Verena der frühkindlichen Erziehung unterbringen müssen, weil man dann doch aus pädagogischer, aber vor allem verkehrstechnischen Gründen von einem weiteren Ausbau in der Friedenstraße abgesehen hat. Vielleicht auch, weil sich mehrstöckige Wohngebäude in diesem Bereich, wie bereits gezeigt, für Investoren mehr lohnen, als eine Kindertageseinrichtung.

Sie bekommen einen tollen neuen Kindergarten. Ich vermute jedoch nicht „Auf Hohen“, wo auch dort? Oder meinen Sie „Auf Hohen II“ am neuen vierspurig ausgebauten Kreuzungspunkt von B27/B31 direkt am Bauhof, weil dort noch ein für junge Familien unattraktives Grundstück frei wäre? Man könnte ja auch das Aquari abreißen und hier den in millionenschweren Investitionen geformten Bildungscampus um eine frühkindliche Einrichtung erweitern. Das wäre doch auch eine prima Lösung. Vielleicht wird dann auch die Lucian-Reich-Schule in Zukunft von mehr Hüfinger Kindern in Anspruch genommen werden, was eine planerische Zukunftsvision als Basis voraussetzen würde. Doch wie wir lesen, streben Sie, liebe Gemeinderätinnen und –räte nach bautechnisch günstigen Lösungen. Vielleicht wäre dann eher im neuen Gewerbe-Mischgebiet Ziegeleschle II ein Plätzchen machbar. Da lässt es sich dann auch prima spielen, während das Gewerbe ihren handwerklichen, halbindustriellen oder anderen Arbeiten nachgeht und der Zulieferverkehr täglich an- und durchrollt. Zumindest wäre hier ausreichend Platz und vielleicht wird bei einem Neubau auch großzügig die Quadratmetervorgabe des KVJS von 2,5 qm überschritten, um tatsächlich mal einen Ort für Kinder zu schaffen und nicht eine baulich kostengünstige Einrichtung in kleinklein und engeng. Vielleicht wird dann auch dieses Konzept gleich weitergedacht und man plant eine Jugendeinrichtung wie das lang ersehnte Jugendhaus gleich dort mit, damit die Kids mal aus dem verschimmelten Kronekeller in eine den heutigen Anforderungen angemessene Einrichtung ihre Freizeitgestaltung umsetzen können. Oder mangelt es hier, weil wir nach vielen Monaten noch nicht mal eine Lösung für eine neue Stadtjugendpflege haben und die Jugendarbeit so eh langsam den Bach runtergeht.

Zudem lese ich mit Fassungslosigkeit, dass dadurch gleichzeitig die Kita in Behla entlastet werden soll. Eine Kita, bei der noch im Bau nicht nur Eltern darauf hingewiesen haben, dass die Einrichtung zu klein geplant ist, und vom Bürgermeister lediglich die kalte Schulter gezeigt bekommen haben. Diese ist nun zu klein?

Am Schluss möchte ich noch eines feststellen. Der Gemeinderat folgt hier nicht einer Initiative von Eltern oder einer kindgerechten Zielvorstellung. Es geht hier darum, schnell einen Bedarf zu decken. Hat nicht derselbe Gemeinderat vor 4 Monaten im Zusammenhang mit den Kita-Gebühren und einer Entlastung von Eltern bei den jährlich und seit über 10 Jahren stetig steigenden Kita-Gebühren (mittlerweile in diesem Zeitraum gut 25%) in seiner Abstimmung klar mit allen Stimmen von CDU und FDP gegen die Familien und Eltern gestellt.

Und eines zu guter Letzt: Sehr geehrter Herr Bürgermeister,

Wenn Sie darauf verweisen, dass die Stadt von dem qualitativ hochwertigen pädagogischen Engagement der kirchlichen Träger gerade in diesen Zeiten der Pandemie profitieren, schlage ich Ihnen gerne mal vor, sich mit Eltern ehrlich ins Gespräch zu begeben, um hier die zum Großteil gänzlich gegenteilige Meinung sich zumindest mal anzuhören. Sprechen Sie auch gerne mit solchen Eltern, die nicht mit Ihnen auf Du und Du sind. Sie könnten überrascht sein, wie falsch Sie in Ihrer Aussage liegen. Die Einrichtungen haben es schwer mit all den Verordnungen und Auflagen – keine Frage. Genau deshalb braucht es eine andere, intensivere Kommunikation mit den Eltern, neue Ideen und mehr Unterstützung der Fachkräfte.

Hinsichtlich des Durchschnittsalters der Bevölkerung Hüfingens von 42,9 Jahren, wünsche ich mir auch im Gemeinderat ein solches Durchschnittsalter. Vielleicht wäre dann in Bezug auf eltern- und familienbezogener Politik wieder einiges realer, als dass, was ich in dem besagten Artikel lesen musste. Da reicht es nicht aus, liebe Gemeinderätinnen und –räte, Enkel in einer Kita das ein oder andere Mal abzuholen.

In der Hoffnung, dass sich die Eltern- und Familienpolitik in Zukunft stärker an den Bedarfen orientiert, die Prognosen und gesellschaftlichen Veränderungen konkret mit einbezieht, setze ich nun hier meinen Punkt.