Insel Mainau – Bodman und Lüzelstetten

Insel Mainau – Bodman und Lüzelstetten

28. November 2024 0 Von Hannah Miriam Jaag

Für die dunkle Jahreszeit empfehle ich die Insel Mainau und der Badische Bodensee von Lucian Reich aus 1856. Das Buch hatte ich im Winter 2022/2023 hier vorgestellt und möchte es jetzt aktualisieren.

Hier das Kapitel Bodman und Lüzelstetten. – Ja, Lüzelstetten steht da, nicht Litzelstetten!

Bodman und Lüzelstetten

Das Wetter war kalt, unfreundlich geworden; in Gewitter, das im Lauf des gestrigen Nachmittags aufgezogen, hatte, die Atmosphäre gekühlt und verdüstert. Ein rauher Ost haderte so gewaltig mit den Wellen, dass ich zwei Ruderer brauchte, um nach Bodman überzusetzen.

Zwischen diesem Dorfe und Ludwigshafen, wo der See gegen das Tal von Espasingen an flachen Ufern endet, mündet die Stockach. – Bodman selbst liegt malerisch am Fuße waldiger Berge, die so hoch im Süden aufsteigen, dass den Einwohnern Winters um zwei Uhr schon die Sonne entschwindet. Trotzdem ist die Vegetation hier früher, als in der südlichen Bucht von Ludwigshafen; ohne Zweifel deshalb, weil Bodman den Vorteil der Morgensonne hat. Das wenige Land um das Dorf ist außerordentlich fruchtbar., die Häuser stehen in einem förmlichen Wald von Obstbäumen. – Das Schloss des Freiherrn von Bodman umgeben zierliche Gärten und Anlagen; es ist von mäßigem Umfang und scheint der Bauart nach dem vorigen Jahrhundert anzugehören.

Das Geschlecht dieses Hauses, ein ehemaliger reichenauischer Dienstadel, gehört zu den ältesten am See. An ihr Wappen mit den dreilinden Blättern hat Dr. Bader in seinem neuesten Werk „Fahrten und Wanderungen im Heimathlande“ interessante Aufschlüsse geknüpft.

Auf einem der drei „Randen“, die sich hinter dem Dorfe erheben, liegt in Ruinen Altbodmann, der frühere Sitz des Geschlechtes – und gegenüber der Frauenberg, welche allgemein für den Ort gilt, wo die alte fränkische Königspfalz Bodama gestanden, auf der Kaiser Karl im Jahre 881 Urkunden ausfertigte, wie vorher Ludewig der Fromme den 18. April 839. In folgenden Jahrhunderten saßen hier die mit dem Bischof Salomo streitenden Kammerboten Echanger und Berthold, welche über dem Kampfe um Wiederherstellung des altalemannischen Herzogtums das Leben verloren. Auch wurde auf dem Frauenberg der heilige Othmar gefangen gehalten, der von einigen umwohnenden Gaugrafen gehasst und verfolgt, auf der Insel Stein (759) sein viel geprüftes Dasein beschloss.

Gegenwärtig steht ein Schlößlein aus mittleren Zeiten an der Stelle. Ein Gang zu seinen hohen Waldgipfel über dem See, versetzt uns in das stille Reich einsamsten Naturlebens. Ein bodmanscher Dienstmann, der hier wohnt, öffnet uns die Hausräume und die Kapelle, in der ehemals ein salemischer Priester den Wallfahrtsdienst besorgte. An der Rückwand hängt ein großes Ölgemälde mit Kostümfiguren; es bezieht sich auf die wunderbare Errettung des einzigen Sprößlings bodman’schen Stammes. Als im Jahre 1307 während eines Familienfestes, „das Bodmerschloss durch Gottes Gewalt und Donnerstrahl“ entzündet ward, und alle Sippen des Geschlechts von Bodman in den Flammen ihren Tod fanden, rettete Adelhaid, des jüngsten Kindes Säugamme, ihren Schutzbefohlenen dadurch das Leben, dass sie den Knaben in einen kupfernen Kessel setzte und selbigen im Namen der heiligen Dreifaltigkeit den Abhang hinunter rollen ließ. Im Mitte des Berges, an der Stelle, wo jetzt ein Bildstöcklein steht, blieb der Kessel mit der teuren Last im Gestrüpp hängen. Der Kleine wurde von Dorfbewohnern gefunden und zu Verwandten auf die Burg Kargeck gebracht, wo er eine sorgfältige Erziehung erhielt.

Eine im Munde des Volkes lebende Sage bringt dieses Ereignis mit einer älteren, wunderlichen Mär in Verbindung. – Ein Ritter von Bodman, heißt es, wollte die Welt ausreiten. Er nahm von seiner Gemahlin Abschied mit dem Bedeuten, dass er binnen sieben Jahre nicht zurückkehren werde, sie ihn für tot halten und, wenn er ihr bliebe, sich wiederum verheiraten dürfe. Von ein paar. Knappen begleitet, machte sich der Ritter auf den Weg; er zog übers Meer in unbekannte, ferne Länder. Nachdem er schon viele Jahre gereist war, kam er in eine wilde Einöde, wo er abends auf einem hohen Berg ein Licht schimmern sah. Er schickte einen Knappen hinauf, um zu erfahren, ob Menschen da wohnten, bei denen man eine Herberge finden könne. Der Diener ging, kam aber nicht wieder; ebenso der zweite und der dritte. Endlich, nach langem Harren, machte sich der Herr selbst auf den Weg. Oben angekommen findet er in einen kleinen Haus ein Weiblein, das ihn mit bedächtiger Miene begrüßt und ihn sagt, ihr Mann sei das Nebelmännlein und ein grausamer Feind der Menschenkinder; wolle er das Schicksal seiner Diener nicht teilen, so müsse er sich schleunigst von hinnen machen. Während sie aber noch sprach, hörte man jemand kommen, und das Weib sagte Ich will Euch verbergen, schlupft da hinunter in den Keller. – Der Ritter folgte dem Wink. Das Nebelmännlein aber ließ sich nicht täuschen. Ich wittere einen Menschen! schnaubte es gleich beim Eintritt. – ein Mensch muss da verborgen sein! und näherte sich dem Kellerloch. Der Ritter, der sich entdeckt sah, trat heraus, aber wie erstaunte er, als ihn der Alte nicht unfreundlich mit Namen begrüßte. Woher wisst ihr, wie ich heiße? Fragte verwundert der Ritter. Ich weiß noch mehr, sagte der Nebelmann, morgen früh wird Eure Gemahlin getraut in der Schlosskapelle zu Bodman. Die sieben Jahr, die ihr Bedung habt, sind längst verflossen. – Den Ritter traf dies Wort wie ein Wetterstrahl; das Nebelmännlein aber fuhr fort: „Ich will einen Vertrag mit Euch abschließen – wisst, ich bin der Nebelmann vom Bodensee, und die Nebelglocke, die jeden Abend in Bodman geläutet wird, schlägt mich jedes Mal bummelnd um den Kopf – wenn ihr mir versprecht, das leidige Ding für ewige Zeiten in den Bodensee zu versenken, so will ich euch noch vor Tagesanbruch in die Heimat schaffen. – Der Ritter willigte ein, worauf das Nebelmännlein einen seiner dienstbaren Geister berief und ihn fragte: Wie schnell bist du? – Wie der Pfeil vom Bogen! Lautete die Antwort. – Du bist zu langsam, versetzte der Nebelmann und zitierte einen zweiten: Wie schnell bist du? So schnell wie der Wind! – erhielt er zur Antwort: Zu langsam – hieß es und ein dritter wurde gerufen, der auf die Frage, wie schnell er sei, zur Antwort gab: So schnell wird es Menschengedanken! Gut, versetzte das Nebelmännlein, Du bist der Rechte auf mit im und davon. –

Der Ritter wusste nicht, wie ihm geschah. – Als er erwachte, lag er auf dem „Gänsriedersteg“ bei Bodman. Lieblich von der Morgensonne beschienen, glänzte der See und die hohe heimatliche Burg, die Glocken riefen zur Kirche. Bei dem Festmahle, das der Trauung folgte, wird dem Fremden im Schlosshofe stehenden Pilgrim hereingerufen und ihm einen Ehrenplatz angewiesen; die Braut selbst kredenzt ihm den üblichen Trunk. Der Ritter lässt seinen Ehering in den Wein fallen, und die gute Frau, als sie Bescheid thun will, sieht das Zeichen auf das Bechers Grunde liegen -sie wird aufmerksam – und erkennt in dem Gaste den todt geglaubten Gemahl – und Alles endet in Freude, der Ritter aber löst getreulich sein Versprechen wegen des Nebelglöckleins. – Gewöhnlich wird der Geschichte im Volksmund durch Verknüpfung der späteren Sage ein tragisches Ende gegeben.- Die Frau will den, durch lange Jahre und Mühseligkeiten gealterten Gemahl nimmer erkennen, worauf dieser des Himmels Strafe und Verderben über die Ungetreue und ihr ganzes Haus herabschwört. Sogleich erfüllt sich die Verwünschung. Ein Wetter zieht am Himmel auf, und der Strahl entzündet die Burg, in welcher alle in den Flammen den Tod finden, mit Ausnahme des jüngsten Sprößlings eines anwesenden Ritters von Bodman, der durch die Geistesgegenwart der Amme gerettet wird. Bis auf den heutigen Tag wird im freiherrlichen Schlosse der Kessel, in dem das Kind gelegen, als Familienreliquie aufbewahrt. Und jeder Fremde, der das gastliche Haus besucht, übt gerne den alten Brauch, stehend auf dem Grunde des ehernen Gefäßes einen Becher Weins auf das Wohl des Geschlechtes von Bodman zu lehren.

Noch soll zuweilen bei niederem Wasserstand die versenkte Nebelglocke gesehen werden. Das Nebelmännlein aber hat seinen Sitz im „Löchle„, einer angeblich unergründlichen Tiefe des See’s bei Bodman, welcher Fleck bei größter Kälte niemals zu gefriert. In stillen Nächten steigt der silberbärtige Alte auf, beirrend die Schiffsleute und beschadigend mit kaltem Reife die Reben.

Die Keller unter dem Schlösslein Frauenberg sollen den heiligen Othmar beherbergt haben. Ein Platz am See heißt noch heute das Othmarsenstücklein; von hier soll der fromme Mönch, aus seinem Kerker entlassen, trockenen Fußes über den See, an das jenseitige Ufer gewandelt sein. – Auch von der ehemaligen Stadt Bodungo lebt noch eine Tradition im Volk. Ein großes Stück Feld, westlich vom Dorf „auf Mauern“ geheißen, soll ihre alten Fundamente bergen.

Unter den hiesigen alten Volkssitten findet sich auch der anderwärts herrschende, jetzt aber abgekommene Brauch, Gegenstände der Landwirtschaft, die vom saumseligen Bauern über Winter draußen im Felde gelassen worden, vogelfrei zu erklären und zur Fastnachtszeit lustig zu verschmausen. – Noch in den dreißiger Jahren holten die Bodman junge Bursche einen Sägklotz vom Felde und schickten sich an, die gute Prise im Wirtshaus zur „Linde“ zu vertrinken – aber man erklärte ihnen, die alten Privilegien hätten aufgehört, und das Fasnachtsrecht sei außer Kraft.

In einer handschriftlichen Chronik fand ich einen ähnlichen Zug aus Hintschingen in der Baar. Bauernweiber, darunter die Frau Vögtin selbst, holten am Aschermittwoch einen im Felde stehen gebliebenen Pflug und hielten auf Kosten des Eigentümers einen Schmaus im Wirtshaus.

Von Bodman bis Wallhausen, die ganze Uferstrecke entlang, führt kein eigentlicher Weg. Ein schmaler Raum zwischen Wald und See dient bei niederem Wasserstand dem Fußgänger zum notdürftigen Pfad. – Von Bodman hatte ich einen Führer und Packträger mitgenommen. Die Luft war immer noch stürmisch, aber wolkenlos und klar. Ein Sonntagnachmittag, ganz geeignet, einen so wild einsamen Landstrich zu durchwandern. Das brausende, tief erregte Gewelle in seinem dunklen Blau bildete einen wundersamen Gegensatz zum jenseitigen grauen Felsgestade und seine sonnenhellen Höhen im zartgrünen Frühlingsgewande. Glänzend stand die verlassene Kirche Neubirnau’s als erhabener Mittelpunkt in der schönen Landschaft.

Während mir längs des Kranzes von verwelkten Blättern, den in vorigen Herbst der Wald dem wellenreichen Bodan um die Stirne gelegt, dahin wandelten, erzählte mein Begleiter mancherlei auf die Gegend bezügliches. – Entlang dem düsteren Bodenwalde, der sich weithin über den Rück ausbreitet, gelangt der Wanderer zu einer Schlucht, über welcher in kolossalen Trümmern auf Felsen die Burg Kargeck, vergessen von der Welt, seit Jahrhunderten die Einsamkeit hütet. Sie ist Eigentum der Herren von Bohman und soll im Bauernkrieg gebrochen worden sein. – Das Gemäuer überblickt weithin den See, und die Besitzer konnten den von Hohenfels am jenseitigen Ufer in die Fenster schauen.

Nach einer Volkssage lebte in dem alten Schlosse eine schöne Fräulein, Fortunata, die von einem Ritter von Hohenfels geliebt wurde. Aber nur in dunkeln, sternenlosen Nächten durfte der Erwählte es wagen, sein von einem tyrannischen Vater bewachtes, Mädchen zu besuchen. Ein zweiter Leander, schwamm er über den breiten See nach dem Schlosse, wo auf hohem Söller ein Licht brannte – das Zeichen der Sicherheit und zugleich dem nächtlichen Schwimmer ein Leitstern. Während er einst dieses Wagnis unternahm, erhob sich ein Unwetter, der rasende Sturm verlöschte das Licht – und der weitverschlagene Ritter fand in den Wogen seinen Tod. – Die Liebende aber nahm ihre Treue mit in’s Grab – sie soll die letzte ihres Stammes gewesen sein. Die Sage läßt wunderseltene Schätze in der Burg verschüttet sein, unter Anderem ein Kegelspiel von purem Golde. Mehr waldeinwärts liegt der boman’sche Prachthof Kargeck. Der See soll in dieser Gegend von außerordentlicher Tiefe sein.

Weiterhin, hart am Ufer, kommen wir zum sogenannten Halbmond, einer alten fichtenbeschatteten schroff ansteigenden Felswand mit einer, wie von Menschenhand gebildeten, Bogenstellung. – Ein harmloses Schneiderlein aus einem benachbarten Dorfe suchte einst im Wald nach Haselnüssen. An der dichtbewachsenen Felswand macht er einen Fehltritt und stürzt hernieder. Aus der Betäubung unverletzt erwachend, gelobte er eine Wallfahrt nach Maria Einsiedeln, mit dem Versprechen, dem dortigen Gnadenbilde so viele Pfund Wachs zu opfern, als sein eigenes körperliches Gewicht betrage. Am fernen Gnadenorte angekommen, läßt er sich wägen – und siehe – sein Gewicht beträgt kaum 10 Pfund. Misstrauisch besteigt er die Waagschale zum zweitenmale – da sieht er bloß noch 5 Pfund. Jetzt ahnt er übernatürlichen Einfluss und wie gut es seinen Fürbitterin die Mutter Gottes mit ihm meine, opfert gläubig nach Maßgabe des reduzierten Gewichtes und scheidet neugestärkt im Glauben von hinnen.

Ferner zeigte mir mein Cicerone die Stelle (vis a vis von Überlingen), wo unterm Wasserspiegel verborgen das sogenannte Teufelstisch liegt – ein isolierter Felsblock von etwa 40 Fuß im Durchschnitte, der nur in ganz trockenen Jahrgängen bei außerordentlich niederem Wasserstand zum Vorschein kommt. Wie der gefrorene See, so wird auch dieses Vorkommniß mit einiger Umständlichkeit gefeiert.

Im Jahre 1829, wo der Block zum Vorschein kam, hielt eine joviale Gesellschaft von Überlingen ein Gastmahl und Tanz auf dem alten Felszahn, dem sie ihre Namen und die Jahreszahl meißeln ließen. Auch im vorigen Jahre (1854) kam der Tisch über der Wasserspiegel. Einen außergewöhnlich niederen Wasserstand beobachtete man auch im Jahr 1672 im März. Damals kam bei Konstanz oberhalb der Rheinmühle nächst der Dominikanerinsel ein großes „Horn“ zum Vorschein, auf welchem ein Freischießen abgehalten, unter Zelten gewirtschaftet und von der Kieferzunft ein Fass gefertigt wurde.

Den höchsten Stand des See’s brachten die Monate Juni und Juli im Jahre 1817. Dazumal machten manche seiner kaltblütigen Bewohner Exkursionen in ganz fremde, vorher nie von Fischaugen erschaute Gegenden. In den Straßen und Häusern von Konstanz zum Beispiel wurden häufig Fische gefangen; in Unteruhldingen stand ein Bäcker, der nach seinem unter Wasser gesetzten Backofen sah, eine mächtige Forelle in demselben, und der Kiefermeister zu Mainau hatte sogar das Glück, in der Schublade des schweren eisernen Tisches, der „Binhausstube“ (am Hafen) allerlei Fische zu fangen.

Unter solchen Diskursen gelangten wir, ermüdet von dem Gang auf Sand und Kies, nach Wallhausen. Wir haben bereits vernommen, dass hier seit 1488 die Commende Mainau den Kelnhof besaß, zugleich mit der Gerichtsbarkeit über das Dorf. Der Ort liegt malerisch hübsch mit den zierlichen landschaftlichen Einzelheiten am Tobelbache, der silberhell durch üppige Wiesen, eingefaßt von Obstbäumen, dem See zueilt.- Westlich, in kaum viertelstündiger Entfernung, steht einsam, hoch über dem See, das Schlösslein Burg, jetzt ein herrschaftlich badischer Parthof. Es ist in der Geschichte vom Mainau gesagt worden, wie die „alte Burg“ zu Dettingen 1405 vom Konstanzer Patriziergeschlechte Blarer mit reichenauischer Bewilligung an den Deutschorden gekommen. Hier ist ohne Zweifel die Heimat des Minnesänger Heinrich von Dettingen zu suchen. – Wenig ist vom Sange dieses Meisters der Nachwelt geblieben; aber das Wenige ist Zeugnis eines tiefen, liebreichen Gemüts. Er singt:

„Lieb, liebes Lieb, liebe Fraue!
Lieb, Trost des Herzens und der Sinne!
Lieb, liebes Lieb, liebe Schaue!
Lieb, daß mich raubet deine Minne!
Hei, lieber Leib,
Selig Weib!
Lieb, liebes Lieb, sehnendes Leid mir vertreib!“

Von der alten Burg sehen wir nur wenige Mauertrümmer; aber nebenan erhebt sich wohlerhalten mit Zinnen und Giebeln, das spätere Herrenhaus von einem Graben umgeben. Das ganze Anwesen macht den Eindruck einladender Heimeligkeit, weitentlegen von prosaischem Weltkram. – Von der einen Seite drängt sich ein finsterer Tannenforst dicht heran, während gegen den See ein urwüchsiges Gehölz von Buchen und Fichten den steilen Abhang beschattet. – Im oberen Stockwerk des Pächterhauses finden wir einen kleinen Saal, der mit Ziegelsteinen gepflastert ist und einen Hausaltar hat und einen Erker, dessen Fenster die anmutigsten Fernsichten geben – von der jenseitigen Sängerburg Hohenfels und den schwarzwaldiegen Höhen hinter Aufkirch bis zum weitsichtbaren Heiligenberg und dem fernen Meersburg, wo die Tiroleralpen noch hervortreten – und tief unter uns liegt der See und der abschüssige, wildverschlungene Wald, deren gemeinsames Brausen feierlich im Winde verhallt.

In der Nähe auf einsamer Wiesenau ruht das Dörflein Dettingen, wohin die Höfe Burg, Rohnhausen und das Dorf Wallhausen pfarrhörig sind. – Von hier kehren wir zurück nach Wallhausen, um von da nach Dingelsdorf zu wandern. – Dieses ehemals mainausche Pfarrdorf hat eine eben so malerische Lage wie Wallhausen. Noch tragen viele Häuser die Farben und das heraldische Kreuz des Ordens. Einige vorhandene Wohngebäude in Renaissance rühren von einem komptur’schen Amann des 17. Jahrhunderts her; sie wären werth, von einem Architekten gezeichnet zu werden, ehe die Zeit ihr eigentümliches Gepräge vollends verwischt.

Von Konstanz über Lüzlstetten bis hierher und zur nahen Schiffslände Sankt Nikolaus (Überlingen gegenüber) führt eine ehemals stark begangene Straße, die jetzt durch die Dampfschifffahrt etwas verödet ist.

Über Lüzelstetten, berichtet Freund Bader, besitzt man noch eine wohl erhaltene Urkunde von 1285, worin ein Ulrich von Alga „vom Heiligen Geiste geleitet“ dem Stift Reichenau, zu seinem und seiner Vorälteren ewigem Seelenheil, all‘ seine eigenthümlichen Güter „in Liuzelenstetten“ unter der Bedingniß vermacht, dass ihm dieselben wieder zu einem „rechten Lehen“ verliehen werden. Diese Güter gelangten später an das Ritterhaus zu Mainau und waren vielleicht der Anfang von dessen Besitzungen zu Lüzelstätten. Aber auch das Domstift von Konstanz hatte Güter daselbst, deren Lehnsbesitzer öfters genötigt waren, gegen die strenge ritterliche Oberherrschaft, welche in dem tonsierten Lehnsherrn einen „Sackaufheber“ sah, Klage zu erheben. Komtur und Bischof stunden wohl nicht immer auf dem brüderlichen Fuße miteinander.

Indem wir Lüzelstetten noch besuchen, nähern wir uns wieder unserem Ausgangspunkte, der Insel Mainau. – Dem holden Eilande mit seinem See letzte Grüße zusendend, schlagen wir den Waldweg ein, nach dem einsamen Klosterbau St. Katharina, und weiter zum Dorfe Wollmatingen, an die Ufer des jenseitigen Untersee’s.

St. Peter und Paul in Bodman. Bleiglasfenster von 1889, Darstellung: Hl. Otmar, Wappen des Stifters Othmar Freiherr von Bodman-Bodman. Foto: GFreihalter.

Pfarrkirche St. Othmar in Kirchberg. Hochaltar: Statue des heiligen Othmar (1710). Foto: Wolfgang Sauber

Pfarrkirche St. Otmar, Ludwigshafen. Photo: Veit Feger

Wappenscheibe der Fürstabtei St. Gallen im Kreuzgang des Klosters Muri. Wappen der Abtei (Schwarzer Bär auf goldenem Grund), der Grafschaft Toggenburg (Schwarze Dogge auf goldenem Grund) und von Fürstabt Diethelm Blarer von Wartensee; neben den Schilden die Heiligen Gallus und Otmar von St. Gallen; im Oberbild Gallus im Gebet und mit dem Bären. Foto: Marco Zanoli

Die Burg brennt

Schloss Frauenberg

Schloss Frauenberg ist eine ehemalige Burg der Grafen von Bodman bei Bodman-Ludwigshafen und wird heute durch die Communitas Agnus Dei als Kloster Frauenberg genutzt.

Die Burg Frauenberg war ursprünglich der Sitz der gräflichen Familie, bis am 16. September 1307 während eines Familienfestes ein Blitzschlag einen Brand verursachte. Der Legende nach verbrannte die gesamte gräfliche Familie und einige Angehörige des Hegauer Adels. Unter den Opfern waren Conrad, Katharina, Adelheid und Anna von Bodman, Gottfried von Kreyen (Krähen), Heinrich von Blumegg und die Ritter Hans von Bodman und Hans von Schellenberg. Nur der jüngste männliche Namensträger des Geschlechts, der einjährige Johannes von Bodman, überlebte die Katastrophe, indem die Amme das Kind in einen großen Kessel steckte und diesen samt Kind aus dem Fenster warf. Der Kessel stürzte die Felsen hinab, wurde von den Büschen gebremst und blieb schließlich hängen. Der Fundort ist heute durch einen kleinen Obelisken gekennzeichnet.

Nach dem Brand errichtete der Großvater des Geretteten am Ort der vollständig zerstörten Burg Frauenberg eine Kapelle mit Priesterhaus und schenkte diese um das Jahr 1308/09 dem Zisterzienserkloster Salem für die Errettung des Stammhalters. Das Kloster baute die abgebrannte Burg zum Kloster Frauenberg aus. Im Jahre 1515 fanden Baumaßnahmen und eine Neukonsekrierung statt; in den Jahren 1610/11 wurde das Gebäude schließlich erneut umgebaut. Im Zuge der Säkularisation gelangte das Kloster 1806 in den Besitz der gräflichen Familie zurück.

Teufelstisch

Der Teufelstisch ist eine Felsformation im Überlinger See. Es handelt sich hierbei um eine Felsnadel, die am Bodanrück im Uferbereich zwischen Wallhausen und dem Beginn der Marienschlucht dem Steilabfall des Flachwasserbereichs (dem „Felsen“) vorgelagert ist. Die Felsnadel endet in einer flachen Platte dicht unter der Wasseroberfläche.

Das häufig sogar von der Seeoberfläche aus sichtbare Plateau des Teufelstisches hat eine Größe von rund 22 m × 10 m (Fläche: 160 m²) und liegt normalerweise bis zu 1,5 m, bei Hochwasser bis zu 3 m unter der Wasseroberfläche. Seeseitig fällt die Wand des Teufelstisches fast senkrecht bis in rund 90 m Tiefe ab. Der Teufelstisch befindet sich 50 m vom Ufer und 14 m vom uferseitigen Niedrigwasserbereich entfernt. Ein schmaler Felssteg an der südsüdwestlichen Seite des Tischs, der sogenannte Sattel, verbindet den Gesteinszacken in rund 32 m Tiefe mit dem Gestein des landseitigen Bodanrück-Sockels, so dass tatsächlich nur etwas mehr als 30 m der Zinne wirklich frei stehen.

Das Plateau liegt nur bei sehr starkem Niedrigwasser über der Wasseroberfläche. Bei einem Pegelstand von unter 2,40 Meter wird es teilweise begehbar, ab einem Wasserstand von unter 2,30 Metern ragt die gesamte Oberfläche aus dem Bodensee. Diese Ereignisse werden von den Jahren 1672, 1823, 1829, 1854, 1858, 1909, 1949, 1963 und 1972 berichtet. Alle Angaben aus Wikipedia. Wobei 1829 mit der Tanzgesellschaft bei Wikipedia nicht verzeichnet ist. Auch über 1672 und dem „großen Horn“, dem Freischießen und dem Faß lässt sich nichts finden.

Seezeichen 22, Teufelstisch.
Foto: Holger666

Teufelstisch.
Foto: Marco Hertwig

Sagen und Legenden um die Burg Tettingen

Wie bei allen Burgen ranken sich auch um die Burg Tettingen Sagen und Legenden. Aber leider sind uns heute nur noch wenige bekannt. Zu ihnen gehören die „Legende von der Christnacht 1790“ und „Das verschollene goldene Kegelspiel.

Die Christnacht im Jahre 1790

Wie es alle Jahre Brauch war, gingen die Leute vom Burghof auch in der Christnacht 1790 zur Christmette. Um die Mitternachtsstunde wurde diese in der Pfarrkirche zu Tettingen abgehalten.

Tief verschneit lagen Wald und Flur. Silbern glitzerte der Schnee in der klaren Mondnacht. Nur ein schwaches Licht brannte oben in der Burgstube. Hier hütete eine junge Magd, die zurückgeblieben war, das jüngste Töchterlein des Burgherren. Fürchten brauchte sich die junge Maid nicht, denn wachsame Hunde lagen am Eingang der Burg. Wehe dem Fremden, der es gewagt hätte, in die Burg einzudringen. Dumpf und schwer schlug die „Osianna“-Glocke auf dem Überlinger Münster die Mitternacht. Ringsum läuteten die Glocken ihr Jubilate in die Heilige Nacht und kündeten die Geburtsstunde des Herrn. In Kirchen und Kapellen knieten die Menschen und feierten das Wunder der Heiligen Nacht. Friedlich schlief das Kleine in der alten Wiege, in der schon sein Urahn gelegen hatte. Die Magd betete vor dem Herrgottswinkel. Über allem lag ein heiliger Zauber: Christus ist geboren!

Plötzlich horchte die Magd auf. Leise Schritte auf dem Gang, ein Rauschen, wie von einem schweren Kleid. Leise öffnete sich die Türe. In ihr steht ganz in weiß gekleidet ein blühend junges Weib. Als wäre ihr eine Heilige erschienen, sinkt die Magd in die Knie und starrt die geheimnisvolle Dame an. „Fürchte die nicht!“, sprach die Erscheinung. „Es soll dir kein Leid geschehen, aber laß mich kurze Zeit bei dir ruhen und meine Not dir klagen. Endlose Jahre schon muß ich friedlos wandern, von einer Christnacht zur andren. Böses tat einstmals einer meiner Ahnen, er verging sich an der Unschuld eines Mädchens. Nun muß eines unserer Sippe dafür büßen. Mich traf dieser furchtbare Fluch. Kinderlos blieb mein Schoß, und früh mußte ich von dieser Erde scheiden. Doch ruhen darf ich nicht, Denn noch ist der Baum nicht gepflanzt, aus dessen Holz man einst die Wiege schnitzt für den, der mich erlösen soll, einmal in der Christnacht durch sein Beten.“

Sprach’s und leise, wie sie gekommen war, verschwand die Erscheinung wieder. Und wieder umgab tiefe Stille die Magd und ihrern Schützling in dieser geheimnissvollen Nacht.

Das verschollene goldene Kegelspiel

In vielen Burgen haben sich die edlen Herren mit Kegelspielen vergnügt. Kunstvolle Figuren aus Holz und sogar aus reinem Gold wurden verwendet. Eines Tages nun war das goldene Kegelspiel verschwunden. Irgendwo auf dem Burghof hatte es ein Ritter vergraben. Lange hatte man danach gesucht, es aber nie mehr gefunden. In dunklen, unheimlichen Nächten allerdings, soll dieser Ritter, der danach keine Ruhe mehr gefunden hat, dieses goldene Spiel hervorholen und die Kugel rollen lassen. Oft haben früher die Leute dieses unheimliche Rollen der schweren goldenen Kugel vernommen und zwar immer dann, wenn wieder einmal Schatzsucher nach dem verschwundenen Kegelspiel gegraben haben.

Quelle: Festschrift und Orts-Chronik anläßlich der 1250-Jahr-Feier



Heinrich von Tettingen

Lieb liebes lieb liebú vꝛowe·
lieb h̾zen troſt vn̄ der ſinne·
lieb liebes lieb liebú ſchowe·
lieb dc mih rǒbet din mīne·
hei lieb̾ lib
ſelig wib·
lieb liebes lieb ſendú leit mir v̾trib·

Lieb dv biſt mir nv vil lange·
lieb vn̄ han dir vil geſvngē·
nach din hulde iſt mir ange·
des hat mich mīne betwūgen·
ach frowe min·
ſich d̾ pin·
nimet froͤide mir ſol ich lange alſe ſin·

IR ſchoͤne ir gvͤte ir gebare·
hant mich ze tode v̾wundet·
des ſtirbe ich nv ī einē iare·
ob mich ir troſt niht geſvndet·
ach wafena·
ſi iſt mir da·
lieb vn̄ lit minē herzen vil na·

Das dú zit iſt alſo ſchoͤne·
da vō ſiht mā nv die heide·
wol gebluͤmet[WS 2] vn̄ dē walt·
dar zv̊ ſingēt ſvͤze doͤne·
kleine vogel dē vil leide·
tet húr ê d̾ wint̾ kalt·
ſi vꝛoͤwēt ſich deſ meijen blvͤte·
dv́ mih twinget doch mit guͤte·
dc dú troſte mī gemvͤte·
ich wurd ǒch ze froͤden balt·

Mir wirt alſe wol zemv̊te·
ſwāne ich die vil liebē ſvͤzen·
ſihe ſo mīneklich getan·
da kvmt es mir ǒch zegv̊te·
wil ſi mīnekliche bvͤzē·
dc ich ſendē kvmb̾ han·
vō ir liebeſ wibes mīne·
lieb minſ herzen kv́nigīnne·
vuͤge dc ich noh gewīne·
vō dir troſt vn̄ liebē wā·

Das mī vꝛowe mir gevellet·
dc kvmt vō vil maniger gvͤte·
vn̄ dē tvgēdē die ſi hat·
nah ir bꝛīnet vn̄ wellet·
h̾ze lib vn̄ mī gemvͤte·
deſ mir ſchiere wurde rat·
wils an frúndeſ trúwe denkē·
alleſ trurē alleſ krenkē·
mvͤſte ſnelle mir entwenkē·
ob ſi mich zeliebe en pfat·

Niemā iehe dc ich ſi tvmber·
ob ich h̾zecliche mīnē·
ein ſo mīnekliches wib·
ein lant ſolte g̾ne in kvmb̾·
komē moͤht es wol gwīnen·
alſe reineſ wibeſ lib·
dú ſo manige vv̊ge hete·
zizelwehe ſi wol nete·
ah dc ichs ir mīne erbete·
wol litte ich darvmbe kib·

https://de.wikisource.org/wiki/Lieb_liebes_lieb_lieb

Codex Manesse, UB Heidelberg, Cod. Pal. germ. 848, fol. 361r: Heinrich von Tettingen
Zwischen 1305 and 1315
Quelle: http://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/cpg848/

Lüzelstetten

Der Name „Litzelstetten“ wurde erstmals 839 als „Luzzilonsteti“ in einer Schenkungsurkunde an das Kloster Reichenau erwähnt. 1272 wurde die Herrschaft in Litzelstetten durch die Kommende Mainau des Deutschen Ordens übernommen, die sie bis zur Säkularisation 1802 behielt.

Als Großherzog Friedrich I. von Baden 1853 die Insel Mainau übernahm, wurde Litzelstetten zu einem seiner Lieblingsorte, was sich auf die Entwicklung des Dorfes positiv auswirkte. Bis 1918 war die Insel Mainau, das Gebiet des heutigen Stadtteils Egg und das frühere Kloster St. Katharina ein Teil der Gemeinde Allmannsdorf. Im Jahre 1915 wurde Allmannsdorf in die Stadt Konstanz eingemeindet. Nach 1918 entschieden die Grundeigentümer der Mainau, dass die Insel und das in ihrem Eigentum befindliche ehemalige Kloster St. Katharina zur Gemeinde Litzelstetten gehören sollte. Erst mit der Eingemeindung von Litzelstetten in die Stadt Konstanz am 1. Dezember 1971 wurden die Mainau und St. Katharina wieder Teil der Stadt Konstanz, verblieben jedoch beim Stadtteil Litzelstetten. (nach Wikipedia)

Wie Lucian Reich auf „Lüzelstetten“ kommt, konnte ich nicht heraus finden.