Bescherung für Luchsfreunde

Bescherung für Luchsfreunde

28. Dezember 2021 0 Von Wolf Hockenjos

Im grün-schwarzen Koalitionsvertrag des Jahres 2021, dem Erneuerungsvertrag für Baden-Württemberg, findet sich das Thema zwar bereits angekündigt. Und doch war es für die Luchsfreunde eine faustdicke freudige Überraschung, dass das so ausdauernd und so kontrovers diskutierte Artenschutzprojekt kurz vor Weihnachten noch konkrete Formen angenommen hat: Unterschrieben vom Fraktionsvorsitzenden von Bündnis 90 Die Grünen Andreas Schwarz MdL und von Reinhold Pix MdL wurde der Luchs-Initiative Baden-Württemberg e. V. mit Schreiben vom 21. 12. 2021 mitgeteilt, dass im Haushaltsplan des Landes für das Jahr 2022 eine Summe von 200.000 € zum Anschub eines Bestandesstützungsprojekts zur Verfügung gestellt wurde, sodass dieses nun in drei Phasen umgesetzt werden kann:

  1. Vorbereitungsphase rund 0,5 Jahre (bereits angelaufen) zur Vorbereitung der Hauptphase durch die Freiburger Forstl. Versuchs- und Forschungsanstalt (FVA);
  2. Hauptphase 4 Jahre – 2022-2026: Klärung und Beschaffung der Tiere in 2022 und 2023 (Findelwaisen, Nachzucht, Wildfänge), sodann Freilassung von Luchsen, Finanzierungsbeiträge durch das Land sowie NGO´s, Patenschaften und Sponsoring;
  3. Nachbetreuungsphase: Daueraufgabe ab 2027, begleitendes Monitoring durch die FVA.

Ziel sei es, damit in den kommenden Jahren in Baden-Württemberg die Rahmenbedingungen für eine überlebensfähige, sich reproduzierende Luchspopulation zu schaffen. Im Zentrum des mitteleuropäischen Verbreitungsgebiets von Lynx lynx europaeus soll nun endlich die weit aufklaffende Lücke geschlossen werden.

Offenbar ist der Durchbruch nicht zuletzt auch ein Erfolg der seit 2020 amtierenden Vorsitzenden der Luchs-Initiative, Verena Schiltenwolf, die ehrenamtlich auch für den Landesnaturschutzverband tätig ist; mit ihrer gewinnenden und vertrauenserweckenden Art hatte sie in der Politik kräftig gepunktet – auch im Dezember noch anlässlich des gut besuchten öffentlichen Teils der (digitalen) Mitgliederversammlung, an dem auch etliche Vertreter aus Politik und Naturschutzverbänden teilgenommen haben. Als Mitglied der (2004  vom Stuttgarter Ministerium für den ländlichen Raum gegründeten) AG Luchs und Wolf habe sie, wie es in dem Schreiben heißt, mit dazu beigetragen, Akzeptanz für den Luchs zu schaffen und wertvolle Expertise einzubringen. 

Womit sie zweifellos erfolgreicher agiert hat als die bislang zumeist mit Forstleuten besetzten Vorstände der Initiative (mit ihrem zumal aus der Sicht der Jägerschaft eher belasteten Image), die sich über drei Jahrzehnte lang vergebens um das nunmehr in greifbare Nähe gerückte Ziel bemüht hatten. Andererseits war es gewiss auch den Schwarzwälder Dickschädeln und Dickbrettbohrern des Vereins zu verdanken, dass der Luchs seit jenem Jahr 1986, als die Idee für das Projekt erstmals aufgekommen war, nie mehr vollends aus den Schlagzeilen und in der jagd- und naturschutzpolitischen Versenkung verschwunden ist. Erst recht ist den Mitarbeitern des Wildtierinstituts der Freiburger FVA zu danken, allen voran Dr. Micha Herdtfelder, für ihre ebenso beharrliche wie professionelle Arbeit. Kurz vor Weihnachten ist es ihnen erst wieder gelungen, einen der seit Jahren in Baden-Württemberg solitär lebenden Luchskuder zu besendern. Ob sie auch ihm nächstens eine Gefährtin zuführen werden?

Was lange währt, scheint endlich gut zu werden – seit Weihnachten 2021 ist ein Happy-End des baden-württembergischen Luchsdramas abzusehen.

Beim Thema Luchs Wort gehalten (Winfried Kretschmann MdL am 13. 4. 1991 in der Heilbronner Stimme)