
Präsentation 5000 Jahre Siedlungsgeschichte im Ziegeleschle – Werkstattbericht der Rettungsgrabung

von Rolf Ebnet am 26. April 2025
Am 20. März 2025 wurden in der Hüfinger Stadthalle vor ca 170 interessierten und beeindruckten Zuschauern die Ergebnisse der 17-monatigen Rettungsgrabung präsentiert.
Zuerst möchte ich die nicht nur für mich überraschenden Erkenntnisse wiedergeben.
Die Siedlungsgeschichte bei Hüfingen begann bereits vor mindestens 4500 Jahren und fußte letztendlich in der Gründung der Stadt Hüfingen.
Wie sagte Herr Dr. Jenisch vom Landesdenkmalamt (LDA) in der abschließenden Diskussionsrunde?
„Es ist gut möglich, dass es noch heute einen Hüfinger Bürger geben kann, der die Gene der frühen Bewohner vom Ziegeleschle in sich trägt.“
Wie kommen das LDA zusammen mit den Archäologen der Firma ArchaeoTask zu den Erkenntnissen?
Dazu bedarf es Funde aller Art wie Scherben, Knochen, Skelette, Eisenfunde, Gräber, Brunnen etc. Aus den Funden, aber auch aus den Fundlagen (exakte Positionen, wie und wo die Funde entdeckt wurden) schließt letztendlich der Archäologe auf den Befund, der nun eine rund 2500 Jahre längere Siedlungsgeschichte bei Hüfingen erkennen lässt und bisher so nicht bekannt war.



Während der 17-monatigen Rettungsgrabung wurden auf der rund 1,7 Hektar großen Fläche rund 6.900 archäologische Strukturen, sogenannte Befunde, entdeckt und dokumentiert. Die daraus geborgenen Funde, hauptsächlich Tonscherben von Gefäßen, wurden gereinigt, katalogisiert und hinsichtlich ihrer zeitlichen Einordnung bestimmt. Dadurch lassen sich im Ziegeleschle mehrere Siedlungen verschiedener Zeitstellung nachweisen. Die in einem digitalen Plan kartographierten Befunde zeigen eindeutige dörfliche Strukturen mit Straßen und Wegen, möglicherweise lassen sich sogar einzelne Hofstellen mit Häusern, Werkhütten und Zäunen voneinander abgrenzen. Zur Siedlung gehören darüber hinaus Brunnen, ein Teich und Feuerstellen, dazwischen finden sich einzelne Gräber.
Die erste Besiedlung begann bereits am Ende der Jungsteinzeit, fast 3000 Jahre vor Christus, in der Zeit der Schnurkeramik. Aus dieser Zeit stammt das Grab eines Mannes, der eine Axt und eine Klinge aus Feuerstein bei sich hatte, die in den Zeitraum zwischen 2800 bis 2500 v. Chr. datieren. Einzelne Scherben, Steinartefakte und Gruben zeigen darüber hinaus, dass sich hier eine der selten nachweisbaren Siedlungen der Schnurkeramik befunden haben muss.
Weitere Funde wie eine Vasenkopfnadel und Tonscherben schließen auf eine Nutzung des Areals während der späten Bronzezeit (1300-800 v. Chr.), die vor allem vom Mühlöschle und dem Galgenberg bekannt ist. Auch römische Funde zeigen, dass das Ziegeleschle um die Zeitenwende immer wieder aufgesucht wurde.
Die Hauptphase der Siedlung liegt im Hochmittelalter (1000-1250 n. Chr.), zu der auch die 14 Brunnen und der Teich gehören. Die Menge und Verteilung der Brunnen lässt sich möglicherweise dadurch erklären, dass jede Hofstelle ihren eigenen Brunnen errichten wollte. Ein bisher noch undatiertes und beigabenloses Grab dürfte ebenfalls in diese Zeit fallen.
Einzelne Scherben aus dem Spätmittelalter und Funde aus der Neuzeit (Musketenkugeln, Münzen und eine Maultrommel) belegen, dass das Ziegeleschle auch nach der Aufgabe der Siedlung immer wieder genutzt und aufgesucht wurde, wenn auch nicht mehr in dem Maße wie zuvor.
Das Gewann Ziegeleschle ist durch die vielen unterschiedlichen Funde sicherlich ein Hotspot der südwestdeutschen Besiedlungsgeschichte, die noch nicht zu Ende geschrieben ist. Das Gewann Lorettenacker wurde bisher noch nicht detailliert untersucht und birgt sicherlich noch weitere Funde, die die Geschichte von Hüfingen mit Hilfe der Archäologen weitererzählen werden.

Steinaxt und Silexklinge aus dem Endneolithikum.

Fragment eines Mühlsteines aus dem Hochmittelalter (11./12. Jahrhundert)

Eine Silexklinge wird durch Abschlag aus Feuerstein (Silex) hergestellt.
Bleibt zu wünschen, dass die Funde in Verbindung mit der Hüfinger Geschichte bald in Hüfingen im Stadtmuseum präsentiert werden. Sicherlich sollten in solch einer Ausstellung die früher gemachten Funde, angefangen beim Römerbad, die zukünftige Hüfinger Sammlung ergänzen um die Hüfinger Siedlungsgeschichte ganzheitlich als Dauerausstellung zu präsentieren. In der Diskussionsrunde steht Bürgermeister Haas einer solchen Ausstellung sehr positiv gegenüber, ist sich aber bewusst, dass der Aufwand nicht unterschätzt werden darf. Eine Arbeitsgruppe die sich aus Bürgermeister Haas und ehrenamtlichen Helfern rekrutiert, wäre ein Anfang.
Im Heimatmuseum Niedereschach/Fischbach wurde zusammen mit dem LDA ein Römerzimmer eingerichtet, wo man viele Fundgegenstände aus der Grabung eines Römerbades und römischen Gutshofes (villa rustica) aus dem 2. Jahrhundert besichtigen kann.
Dies als Beispiel, dass die kompletten Ausgrabungen mit Willen und Einsatz der Gemeinde als Dauerausstellung präsentiert werden kann.

Foto: Simon Rottler von ArchaeoTask