Wo ist das Tempolimit abgeblieben?

Wo ist das Tempolimit abgeblieben?

4. Februar 2025 0 Von Wolf Hockenjos

Einer Studie des Umweltbundesamtes (UBA) zufolge können durch ein Tempolimit von 120 Kilometern pro Stunde auf Autobahnen jährlich rund 6,7 Millionen Tonnen Kohlendioxid eingespart werden. 

In der Debatte um das Tempolimit ist es still geworden – sowohl in den Medien als auch im gegenwärtigen Wahlkampfgetöse. Als seien die Parteien bemüht, das Thema diesmal strickt auszuklammern, wo doch die deutsche Autobranche so tief in der Krise steckt. Wie denn auch der Klimaschutz insgesamt hinter die aktuellen Aufregerthemen Migration und Wirtschaftskrise zurückgestellt wurde. Bleibt es also auch in der nächsten Legislaturperiode beim deutschesten aller deutschen Anachronismen, getreu dem altbewährten Motto „Freie Fahrt für freie Bürger“, der weltweit nahezu einzigartigen Regelung, wonach auf den Autobahnen gerast werden darf, was immer die PS hergeben. Nicht einmal die krudesten Rechtspopulisten und Autokraten kämen derzeit auf die Idee, die Tempolimits in ihren Ländern abzuschaffen, um so bei ihrer Klientel zu punkten und der Automobilbranche Auftrieb zu verschaffen, mag ansonsten jede noch so krasse Disruption (um hier das neue Modewort zu verwenden) mittlerweile in den Bereich des politisch Denk- und Machbaren gerückt worden sein. So hinkt denn hierzulande der Verkehrssektor nach wie vor meilenweit hinter den nationalen Klimazielen her, derweil die Solar- und Windparks boomen. Selbst die Grünen scheinen „Tempolimit“ einstweilen aus ihrem Sprachschatz gestrichen zu haben – dies, obwohl selbst ADAC-Mitglieder, glaubt man den Umfragen, mehrheitlich dazu bereit wären, sich auf Autobahnen damit abzufinden, um so letztendlich ja auch den Verkehr wieder zu verflüssigen und die Unfallgefahren einzudämmen.


Oder sollten die Verkehrspolitiker bereits unsere komplette E-Motorisierung im Blick haben? Wo die doch zwangsläufig zu fahrerischer Vernunft führen muss, weil bei allzu flottem Fahrstil der Verbrauch so rasant zunimmt, dass womöglich die nächste Zapfsäule nicht mehr erreicht wird? Nein, keine Sorge: CDU/CSU, FDP und AfD versprechen dem Wahlvolk doch längst, dass das ab 2030 vorgesehene Aus für den Verbrennermotor zurückgenommen wird – Klimaziele hin oder her.

Es darf also weiter gerast werden, nicht nur auf Autobahnen und Schnellstraßen, allen Treibhausgas-Einsparmöglichkeiten zum Trotz. Dabei hatte das Umweltbundesamt 2024 errechnet, dass bei Einführung von Tempo 120 auf Autobahnen und Tempo 80 auf Außerortsstraßen bis zum Jahr 2030 sogar rund 47 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente eingespart werden könnten. Doch leider hat im Jahr zuvor das Karlsruher Bundesverfassungsgericht die Einführung eines allgemeinen Tempolimits auf Autobahnen per Verfassungsbeschwerde als unzulässig abgewiesen, denn es sah die Auswirkungen auf den Klimaschutz als nicht ausreichend belegt an. Ja wer, wenn schon nicht das Umweltbundesamt, hilft den Richtern da noch auf die Sprünge? Und wer den Politikern und den Bürgern?