Streicheleinheiten für den Klimaschutz

Der Landrat rät dem Unbequemen,
Die Sache nicht mehr aufzunehmen.
Es wollen Presse auch und Funk
Sich nicht mehr mischen in den Stunk
Der Mensch steigt von den Barrikaden – 
Er ist zum Richtfest eingeladen.

Eugen Roth: Ermüdung (1948)

Nun ist es soweit: Die Betontürme stehen und können, wenn auch noch ohne Rotoren obendrauf, stolz der Öffentlichkeit präsentiert werden. „Hunderte Neugierige kommen zum Tag der offenen Tür beim Windpark Länge“ berichtet der Schwarzwälder Bote am 1. Oktober 2025 unter der Überschrift „So sieht es im Windradturm aus“. Für den Vorstand der Betreibergesellschaft sei die Veranstaltung „ein Volltreffer“ gewesen. Eine nicht enden wollende Menschenschlange habe sich vor dem Turm eingefunden, „um einen Blick ins Innere des Bauwerks zu ergattern“. Neben dessen Türe präsentieren sich plakativ die Betreibergesellschaft und ihre Kommanditisten, daneben sind (wie in Eiszeithöhlen) Abdrucke farbiger Hände zu bestaunen. Wie sollen die bloß gedeutet werden? Sind´s überschwängliche Sympathiebekundungen oder sollten sich hier schon Windkraftgegner mit abwehrendem Geschmier verewigt haben?

Der Turm vom Windpark Länge unten mit der Infotafel: Der Windpark Länge besteht aus 6 modernen Windkraftanlagen Nordex N-163. Betreibergesellschaft ist die Solarcomplex GmbH Windpark Länge.

Der Blick ins Turminnere dürfte die Besucher auch etwas abgelenkt haben vom Staunen über das Ausmaß der Baustelle rundherum wie über den gewöhnungsbedürftigen Umgang mit dem herbstlich verfärbtem Wald, und dies gedanklich mal sechs: an allen sechs Standorten – inklusive der  inzwischen auf über Kreisstraßenbreite ausgebauten Zufahrtswege mit ihren für den Transport von Kränen und Rotorflügeln üppig erweiterten, vom Gehölz geräumten Radien.

Nicht etwa nur ins Turminnere, sondern buchstäblich in die Röhre schauen unterdessen die Gegner von der hiesigen Bürgerinitiative, die sich mit Gutachten, Petitionen und Verwaltungsgerichtsverfahren so energisch gegen das Projekt gewehrt hatten. Die Beanspruchung des Längewalds, so spendet ihnen der Chef der Betreiberfirma zur Feier des „Tages des offenen Bauwerks“ Trost, erfordere ja doch nur einen „relativ geringen Flächenverbrauch“, vergleiche man ihn mit dem Braunkohleabbau in der Lausitz. Ist damit jetzt alles gesagt zu den Fragen einer Verhältnismäßigkeit von Eingriffen in ein bisher gänzlich unzerschnittenes und unvorbelastetes, ökologisch hochwertiges Waldgebiet und dem erhofften Nutzen für den Klimaschutz?

Neue Akzente im herbstlich verfärbten Längewald

Für den erwarteten Besucherandrang am „Tag des offenen Bauwerks“ hatte man eine stattliche Zahl von blauen Dixi-Klos herbei geschafft und sogar einen Partyservice engagiert, um es an nichts fehlen zu lassen „trotz schwieriger Anfahrt und eines mehrere hundert Meter langen Fußmarsches“. Als ob man sich nach über 12 Jahren kontroverser Diskussion um den Windpark nicht auch mal etwas spendabel zeigen dürfte. „An Stehtischen und auf Sitzgelegenheiten“, so beschreibt der Schwarzwälder Bote die Stimmung, „ging es beim Publikum im geselligen Beisammensein zumeist um die Notwendigkeit erneuerter Energien, insbesondere der Windenergie. Doch auch Bedenken gab es.“

Noch sind es ja nur sechs solcher Türme geworden, wo es ursprünglich ja elf  werden sollten, bevor die im Blumberger Teil der Länge agierende Betreiberfirma Insolvenz angemeldet hatte. Doch nach den Plänen des Regionalverbands Schwarzwald-Baar-Heuberg bleibt die gesamte Länge Vorranggebiet, sodass die Blumberger wie auch die Geisinger ja wohl noch nacharbeiten müssen. Ade Längewald – wird die Badische Alb vollends zum Albtraum? 

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