Die Mondfrau

Die Mondfrau

30. Juni 2024 0 Von hieronymus

Text von Wolf Stucke, Illustration von Heiner Graf und gelesen von Maria Simon.

Es war einmal vor nicht langer Zeit, während einer Vollmondnacht, dass zwei Kinder in einem entfernten kleinen Dorf, in einem uns unbekannten Land, in ihrem Stockbett lagen und versuchten den Schlaf zu finden.  Aber sie schlafen nicht ein, ganz und gar nicht, stattdessen erwartet sie eine traumhafte Abenteuernacht.

Doch der Reihe nach: 
Die beiden nicht schlafenden Kinder heißen Lala und Jojo, Lala ist schon beinahe acht und die große Schwester von Jojo, der erst fünf ist.

„Du, schläfst Du schon?“ fragt just in diesem Moment Lala ihren kleinen Bruder, den sie unter sich weiß. Sie, als ältere Schwester darf natürlich oben im Doppelbett liegen.
„Soll ich jetzt ‘Ja’ sagen?“ hört sie Jojo antworten.
„Ja“ erwidert Lala erleichtert, dass sie nicht alleine wach liegen muss, in dem gar nicht so dunklen Zimmer. Die Sonne ist zwar schon seit Stunden untergegangen, aber durch das Fenster scheint der Mond, der voller nicht sein könnte. Durch das Licht des Mondes erinnert sich Lala, dass ihre Eltern mal erwähnt hatten, dass manche Personen mondsüchtig seien. Sie hatte sich daraufhin vorgestellt, dass diese mondsüchtigen Menschen, wohl ähnlich wie Wölfe, den Mond anheulten. Aber das stellte sich als Irrtum heraus, mondsüchtigen Menschen schlafwandeln einfach bei Vollmond durch das Haus. 

„Jojo, weißt Du was mondsüchtig ist?“ fragt Lala ihren jüngeren Bruder.
„Nein“
„Menschen, die bei Vollmond durch das Haus laufen“
Eine Erklärung, die den kleinen Bruder nicht sehr beeindruckt.
„Warum?“
„Weiss ich auch nicht.“

Als könnten die beiden Geschwister die Antwort auf diese Frage im Mond entdecken, betrachten beide den gut zu sehenden Vollmond. 


„Warum hat der Mond eigentlich dunkle Flecken?“ möchte da Jojo von seiner großen Schwester wissen.
„Ich glaube, das sind die Krater, so etwas wie Berge, aber manche behaupten auch das sei der Mondmann.“
„Der Mondmann?“ wiederholt Jojo ungläubig.
„Äh, Ja ja!“ erwidert daraufhin seine Schwester.

Und da erkennen die Kinder, wie die dunklen Flecken im Mond sich scheinbar bewegen, ein Fleck bewegt sich nach oben, ein anderer dreht sich. Lala traut kaum ihren Augen, das kann doch nicht sein. Doch, doch, die Flecken reihen sich aneinander, und bilden eine Gestalt, eindeutig, die dunklen Flecken formen Beine, Bauch, Arme und einen Kopf. 

„Du, Lala, jetzt sehe ich den Mondmann, Du hast recht“ stellt Jojo nüchtern fest.
Mit fünf Jahren ist seine kindliche Fantasie noch so viel größer, als dass winkende Mondflecken ihn überraschen könnten. 
„Lala, hast Du das gesehen, der Mondmann winkt uns, da guck mal.“
„Äh, ja.“ stammelt sie, während sie genau dasselbe beobachtet.
„Na, wenn er uns schon winkt, dann sollten wir wohl hin, oder?“ schlägt Jojo gelassen vor.
„Aber, wir können doch nicht fliegen. Also, außer in unseren Träumen, oder in unserer Fantasie, oder in Büchern, oder so“ antwortet Lala.

Dann denkt sie nach und entsinnt sich des Buches: Peterchen’s Mondfahrt. Es handelt von zwei Kindern, die zum Mond fliegen. Sie erinnert sich, wie in dem Buch die beiden Kinder die Schwerkraft überwinden. Dann schweben sie, und schafften es sich mit der Luft zu vereinen.

„Also gut, Jojo, wir können es ja mal versuchen, also wir müssen unsere Arme ausbreiten,“ erklärt sie, „die werden zu unseren Flügeln, und dann müssen wir der Schwerkraft entgegenwirken.“
„Was ist Schwerkraft?“ fragt ihr Bruder.
„Egal“ fährt die große Schwester fort.
„Also wir müssen die Arme ausbreiten, und dann Leichtigkeit in uns einsaugen, damit uns die Schwerkraft nicht mehr nach unten zieht, und dann, ja, dann können wir vielleicht schweben, na, und vor allem müssen wir daran glauben. Mama sagt ja immer, der Glaube kann Berge versetzen.“
„Aber wir wollen doch fliegen, oder?“

Eigentlich hat sich Jojo schon daran gewöhnt, dass seine Schwester sich manchmal sehr rätselhaft oder einfach ein bisschen blöd ausdrückt, aber nichtsdestotrotz ist Lala seine Schwester. Die tollste Schwester, die es überhaupt nur gibt. 

Und wie mutig sie ist!!

„Komm“, unterbricht Lala seinen Gedankenfluss, „Lass es uns einfach versuchen.“
Und dann kommt sie hinab, ergreift die Hand ihres Bruders, leise schleichen sich die Geschwister aus dem Haus und in den Garten. 

Fest die Hände haltend konzentrieren sie sich, schließen die Augen und atmen Leichtigkeit in sich ein. „Eigentlich atme ich Luft ein, ein bisschen frisch,“ denkt Jo-Jo. „So kann ich doch nicht fliegen.“
Dann schaut er hinüber zu seiner Schwester, die weiter mit geschlossenen Augen, seine Hand festhaltend und scheinbar sehr konzentriert, Luft in sich aufnimmt. 
„Hmm, dann mach ich das auch so.“ Denkt er sich, und widmet sich dann, wie seine große Schwester, weiter der frischen Abendluft. Und dann merkt er, wie sich Leichtigkeit in seinem Körper verbreitet, er fühlt sich so anders an, so als wäre alles viel leichter, so als würde er den Boden nur noch streifen, und nicht fest darauf stehen, wie doch sonst immer. Und da, plötzlich erheben sich seine Füße etwas vom Boden, genau wie die von Lala. 

Unglaublich, „ich kann fliegen“ denkt Jojo.
Und dann mit all ihrer geschwisterlichen Vorstellungskraft, und ihrem Wunsch zum Mond zu gelangen, schweben sie immer höher, lassen die Baumwipfel unter sich und gleiten Richtung Mond. 
Auf ungefähr halbem Weg entdecken sie eine milchige Straße. Die beiden sind ziemlich überrascht, wie wir alle bestens verstehen können. Wer denkt schon, dass man zwischen Erde und den Sternen auf eine Straße treffen könnte. Und zu dem herrscht auf selbiger Straße ein reger Betrieb. Vor ihren Nasen rast plötzlich im Zickzack ein schmaler aber groß gewachsener Mann an ihnen vorbei.


„HaloHalidolai!“ schreit er den Kindern zu, „ich bin der blitzschnelle Blitz-Hans, keine Zeit, ich muss mich mal wieder über Stuttgart entladen. Und zwar so richtig kräftig.“

Und schon war er weg, Jojo und Lala staunten nicht schlecht.

Kurz darauf ächzt ein eher rundlicher Geselle hinterher, er sei der Donnerbommel erklärt er kurz den Geschwistern, er sei gar nicht gut gelaunt, überhaupt nicht, immer dürfe er nur die zweite Trommel spielen. Immer erst nach dem Blitz-Hans dürfe er donnern, und überhaupt wollte er eigentlich mal so entspannen und sich ausruhen. Aber nein, immer muss er dem Blitz-Hans hinterher, beschwert er sich bei den Kindern. Doch dann hält er einen Moment inne, guckt die Geschwister interessiert an, und fragt dann neugierig.


„Wer seid ihr eigentlich?“
„Ich bin die Lala und das ist Jojo, mein Bruder, der Mondmann hat uns gewunken.“
„Ahh der Mondmann, lieber Kerl“ antwortet ihnen Donnerbommel.
„Aber falls er schlechte Laune hat, dann ist er ziemlich ungenießbar, so richtig miesepetrig. Aber mit etwas Kartoffelmarmorkuchen strahlt er wieder, als sei er der Sonnenmann. Der mag diesen Kuchen, als gäbe es nichts anderes leckeres, wie zum Beispiel ein frisch zubereitetes Zuckerwatten-Gänseblümchen-Ragout. Aber ihr habt Glück, meine Frau, die liebe Nebelina, hat gestern einen Kartoffelmarmorkuchen gebacken, und ich habe ein großes Stück dabei, man weiß ja nie, wie lang der Blitz-Hans da rumblitzen will, aber wenn ihr noch zum Mondmann wollt, dann braucht ihr den Kuchen mehr als ich.“
Und damit überreichte er den beiden Geschwistern ein großes Stück Kartoffelmarmorkuchen.
„So, jetzt muss ich mich aber wirklich sputen.“ Und das gesagt bummelte Donnerbommel weiter dem Blitz-Hans hinterher.

Nur wenige Augenblicke später schlurft da platsch, platsch, platsch eine komplett durchnässte Frau an Lala und Jojo vorbei. Auch sie klagt den Kindern ihr Leid:
„Oh, Hallo ihr Zwei, ich bin die Wasserfrau, aber ich muss weiter! Schon wieder! Warum können die zwei nicht alleine rumblitzen und Krach machen, nein nein, auch ich soll wieder mit!“


Lala und Jojo staunen nicht schlecht, hier auf dieser weiß-milchigen Straße ist ja echt etwas los. Kurz darauf treffen sie auf eine junge schöne Frau, leuchtend in allen nur erdenklichen Farben. Sie fragt die Geschwister, ob sie denn den Sonnenmann oder die Wasserfrau gesehen hätten, und sie sei übrigens die Kunterbuntfee. Das Leben sei ja so ungerecht, beschwert auch sie sich, noch bevor die Geschwister ihr antworten können.

„So gerne würde ich öfter erscheinen, aber die Wasserfrau und der Sonnenmann, die mögen sich ja nicht so, und ich, ich darf mich nur dann blicken lassen, wenn die beiden mal nicht sich gegenseitig ärgern. Nämlich nur wenn Wasserfrau und Sonnenmann gemeinsam losziehen, darf ich in Erscheinung treten. So eine Gemeinheit! Dabei bin ich so reich an allen nur erdenklichen Farben, und damit mache ich alle Menschen froh, oder?“
Dies gesagt schaut sie fragend die beiden Kinder an, die staunend die wahrhaft farbenfrohe Fee betrachten, und stumm nicken.
„Ja seht ihr, wenn ich zum Beispiel mit dem Blitzhans und dem Donnerbommel auf Tour gehen könnte, die sind ja dauernd unterwegs, dann könnte ich mich so viel öfter zeigen. Aber nein, das ginge ja nicht, das sei unnatürlich, quatsch unnatürlich, das wäre ein Riesenspass! Habt ihr denn vielleicht die Wasserfrau oder den Sonnenmann gesehen?“ wiederholt sie ihre Frage.
„Äh ja“, meint Lala „die Wasserfrau ist da dem Blitzhans und dem Donnerbommel hinterher!“
„Ach Mist, und der Sonnenmann?“
„Ähh, nicht gesehen.“
„Ahh nein, sowas, dann gehe ich mal wieder die Schäfchen ausführen, dann können wenigstens die Menschen besser schlafen, manche zählen nämlich Schäfchen vor dem Schlafen, und das, obwohl sie die Michstraßenschäfchen gar nicht sehen können, Menschen soll man mal verstehen, naja, ihr seid ja Kinder, die sind einfach toll. Also, Tschüss ihr zwei, ich muss die Schafe wieder einfangen.“


Und so entschwebt die Kunterbuntfee. Lala und Jo-Jo sehen noch wie sie etwas weiter die Milchstraße verlässt, wohl um die Weide der Schäfchen aufzusuchen, die ja wohl kaum auf der Straße liegt. 
Kaum ist die Fee gänzlich aus ihrem Blickfeld entschwunden, wird es heller. Ungewöhnlich hell, und dies mitten in der Nacht. Und da nehmen die Kinder eine hell strahlende Figur wahr, die sich ihnen langsam nähert.
„Oh, hallo wer seid ihr denn?“ richtet sich ein golden strahlender Mann an die beiden Kinder.
„Ich bin Lala, und das ist mein Bruder Jo-Jo“ antwortet ihm die große Schwester.
„Hallo Kinder, ich bin der Sonnenmann, habt ihr vielleicht meine Frau gesehen, die Wasserfrau?“
„Ja, ja, die ist vorhin hier vorbeigekommen, sie ist dem Blitzhans und dem Donnerbommel hinterher.“
„Oh nein, die zwei schon wieder. Das kann ja wieder dauern, wenn dieser Hans sich mal ein bisschen zurücknehmen könnte. Wenn es nach dem ginge, dann würde er das ganze Jahr hindurch ein Blitzfest veranstalten! Hm, schade.“
Und der strahlende Sonnenmann setzt sich zu den Kindern, stützt seinen Kopf in die Hände und seufzt laut. Er sieht ziemlich traurig aus. So traurig, dass Lala besorgt nachfragt:
„Stimmt etwas nicht? Du siehst traurig aus.“
„Hmm. Ach, wisst ihr, wir haben uns wieder gestritten und dabei habe ich sie doch so lieb, meine Wasserfrau, tollste Frau des Universums, wenn auch ’n bisschen nass.“
Und nochmals stößt er einen Seufzer hervor und spricht dann weiter.
„Ach wisst ihr, ich wollte mich bei ihr entschuldigen, das war doof von mir. Ich habe behauptet, dass die Menschen sich ja so viel mehr über Sonnenstrahlen freuen würden, als über Regentropfen. Aber das stimmt ja gar nicht, ich weiss auch nicht, das war doof von mir und ich wollte mich entschuldigen. Und eigentlich gibt s ja nichts tollereres, als so `n richtig erfrischenden Regen. Oder? Ja, und eigentlich wollte ich sie fragen, ob wir so einen schönen Ausflug zusammen machen könnten, und dazu dann auch noch unsere Tochter mitnehmen, die hätte ja sicher auch Lust. Hmmm“
Und abermals wird sein Redefluss durch einen langen Seufzer unterbrochen. 
„Apropos meine Tochter, habt ihr vielleicht die Kunterbuntfee gesehen?“
„Ja“ antwortet diesmal Jojo.
„Die war vorhin hier, und meinte sie würde zu den Schäfchen gehen.“
„Ah, das ist lieb von ihr, überhaupt, eine so liebe Tochter. Ja dann guck ich mal, ob ich sie dort antreffen werde. Danke Kinder.“
Damit erhebt er sich, und schwebt Richtung Schafweide davon.

Jojo und Lala blicken ihm nach, und dann zum Mond, wo sie wiederum das Winken des Mondmannes sehen:
„Auf zum Mond!!“

Mit Leichtigkeit schweben die beiden dann auch von der Milchstraße bis zum Mond. Dort gelandet erkunden sie die Landschaft, staunen über die kargen ‚Berge‘, bis plötzlich hinter einem dieser der Mondmann erscheint. Wieder winkt er ihnen zu, doch seine Miene wirkt auf sie etwas düster.
„Hallo ihr zwei, habt ihr denn etwas Kartoffelmarmorkuchen für mich dabei?“ Lala nickt, und gibt ihm vorsichtig das Stück Kuchen.


Und sofort erhellt sich sein Antlitz. Zufrieden lässt er sich seine ganz persönliche Gaumenfreude munden. Da halten die beiden Kinder auch nicht zurück und futtern mit. Sie haben gar nicht bemerkt, wie sie nach dieser aufregenden Reise durch die Nacht Hunger bekommen haben.

Gesättigt fragt sie der Mondmann, ob sie sich trauten in das Innere des Mondes einzudringen und die dort verborgenen Geheimnisse zu ergründen. Naja und dabei könnten sie natürlich auch die Mondfrau kennenlernen. 
„Total liebe Frau, nicht so missmutig wie ich zu Weilen, und ’n bisschen Kuchen könnten wir ihr auch noch mitbringen.“

Lala und Jojo stimmen zu, denn dort, wo sie ein mögliches Abenteuer erwarten, zögern die beide nicht lange. Der Mondmann führt sie zur Mond-Innenbahnrutsche. 
„Ok, hier wir sind angekommen, da ist die Rutsche“ und er deutet mit seinem Finger auf den Mondboden, genau dort, wo Lala steht. Doch Lala erkennt da nichts, nichts außer dem steinigen Mondboden.
„Aber wo ist eigentlich die Rutsche?“ fragt Lala leicht verunsichert.
„Na, Du stehst genau darauf, Du musst nur noch das Passwort sagen, übrigens mein Lieblingsessen, und schon geht’s ab und Du rutschst los.“
„Ok.“ Lala holt tief Luft, nimmt ihren ganzen Mut zusammen, von dem sie ja zum Glück in Übermaßen hat, und sagt dann klar und deutlich:
„Kartoffelmarmorkuchen“

Kaum gesagt, öffnet sich der Boden unter ihren Füssen und sie fällt, erst langsam und dann immer schneller, durch einen scheinbar langen, mit einem roten Schimmer durchzogenen Tunnel. Plötzlich macht der Tunnel eine scharfe Wendung und Lala knallt mit der Hüfte an die Wand des Tunnels. Doch der Schlag wird aufgefangen, die Wand ist ganz weich, wie aus Schaumstoff, als wäre sie aus so einem Riesenkaugummi, nur nicht so klebrig. 
„Aber warum riecht es hier so nach Erdbeere?“ denkt sie.
Bumm, und schon pflatscht sie mit dem Popo voraus auf den Boden, der aber glücklicherweise wiederum kaumgummiweich ist. Und batsch schon landet neben ihr Jojo und kurz darauf neben ihm auch noch der Mondmann.

Lala blickt umher, seltsam, alles ist rund, scheinbar gibt es keine Ecken. Ein sanftes rötlich getöntes Licht erhellt die Umgebung, so als wären sie in einer Schaumgummiseifenblase gelandet. 
„Warum riecht es denn so sehr nach Erdbeere hier?“ traut sich Jojo zu fragen.
„Naja, wenn wir, also die Monfrau und ich, halt mal keinen Kartoffelmarmorkuchen haben, dann beißen wir auch gerne mal in die Wand!“
„Wie bitte, ihr beißt in die Wand?“ wiederholt Jojo.
„Jaja, nicht so deliziös wie Kartoffelmarmorkuchen, aber auch nicht schlecht, versucht’s mal, einfach mal die Zähne kräftig in die Wand hauen.“
Na, da Lala und Jojo bereits gemerkt haben, dass hier, nichts aber auch gar nichts wie auf der Erde ist, schrecken sie nicht zurück und beginnen die Wand anzuknuspern. 
„Hmm, gar nicht so schlecht, schmeckt wie Erdbeereis, nur nicht so kalt, und tropft auch nicht.“
„Lecker“, bestätigt Jojo.

„Mondmann, hast Du etwas Kartoffelmarmorkuchen für mich dabei?“ vernehmen da die Geschwister eine Stimme, die von der anderen Seite der Kugel, aus einem kleinen Zugang zu einem anderen Tunnel kommt.
„Ja, habe ich, meine liebe Mondfrau, und nicht nur das, zwei Menschenkinder sind zu uns gekommen.“
„Oh, wirklich, was für eine schöne Überraschung, bring sie rüber.“
„Na, kommt“, meint da der Mondmann zu den beiden Geschwistern.

Beide haben noch den Mund voll mit Erdbeerschaumwandgummis, nicken und folgen gespannt dem Mondmann. Dieser zwängt sich durch einen Zugang, durch den er gerade so eben durchpasst, in einen anderen Tunnel hinein, Lala und dann Jojo hinterher. Der Tunnel ist nicht lang und schon gelangen die drei in einen etwas größeren Raum, der wiederum ganz rund ist, und von vielen verschiedenen Lichtern aller Farben durch- und überflutet wird. Die Lichter tanzen durch den Raum, als wären sie kleine Leuchtwürmer, und bei jedem Aufeinandertreffen lassen sie Funken aufsprühen. Die Kinder betrachten staunend das Lichterspektakel. 

Dann nehmen sie die Mondfrau wahr, sie befindet sich in der Mitte des Kugelraums, und direkt neben ihr sehen Lala und Jojo etwas sehr Seltsames. Sie erblicken verschiedene Kristallkugeln, die miteinander verwoben sind, in manchen der Kugeln sprudeln Flüssigkeiten, mal sprudelt ein dunkles Lila, mal glänzt die Kugel in türkis. Oberhalb der ineinander verflochtenen Kristallkugeln ist eine noch etwas größere montiert aus der eine Art langes Rohr herausragt. Das führt zu einem kleinen Loch in der Erdbeerschaumgummiwand, hin zu einem winzigen Ausgang. 


Die Kinder betrachten fasziniert sowohl die Mondfrau als auch diese farbig glitzernde Maschine.
„Hallo, meine Lieben, wer seid ihr denn, ich bin die Mondfrau.“
„Hallo, ich bin Lala.“
„Und, ich der Jojo.“
„Oh, wie schön, dass ich euch mal treffen darf, oh Lala, ist der Regenbogen angekommen?“
„Wie, bitte, was für ein Regenbogen?“
Wovon spricht denn die Mondfrau, wundert sich Lala.
„Na, ich habe Dir vorgestern eine grün-glitzer-lila-zitronengelb Mischung geschickt und meistens bringt diese Mischung dann Regenbögen in die Träume.“

Und da erinnert sich Lala, tatsächlich, vorletzte Nacht hatte sie davon geträumt, wie ein Regenbogen im Schornstein feststeckte, na und Papa hatte erfolglos versucht ihn da aus dem Schornstein wieder rauszuziehen, während sie, Mama und Jojo das superlustig fanden und einen Kicheranfall nach dem anderen bekamen. Ja, aber wie konnte denn die Mondfrau das von dem Regenbogen wissen.
„Ähh ja tatsächlich, aber woher weißt Du das?“
„Ach, wisst ihr, das ist doch meine Arbeit, ich kümmere mich um die Kinderträume auf der Erde, guckt mal, jetzt möchte ich zum Beispiel dem lustigen Rotschopf, dem Paul, einen schönen Traum schicken. Erst gehe ich ganz tief in die Fantasie von dem Kind, und dann mische ich einen Traum.“

Vorsichtig berührt sie mit ihren Händen eine Kristallkugel, in der sich eine hellblaue Flüssigkeit befindet. Die blaue Flüssigkeit fängt an zu drehen und sprudeln, bis sich drei dicke Tropfen in die große Kristallkugel absondern. Den Vorgang wiederholt sie noch mit einer gelben und einer grünen Kristallkugel. Anschließend streicht sie mit ihren Händen über die große Kristallkugel in der sich die verschieden farbigen Tropfen befinden. Daraufhin flitzen die Tropfen rasend hin und her und sprühen Funken in allen Richtungen. Dann werden sie wieder langsamer, finden zueinander, vereinigen sich und die zwei Kinder dürfen beobachten, wie die Tropfen sich ausdehnen und auf diese Art eine glänzende Traumblase geformt wird. Wie von magischer Hand angezogen findet die Traumblase das Bambusrohr, treibt langsam hindurch und dann weiter durch den Ausgang, wo dann Pauls Traumblase gänzlich aus der Sicht der Kinder entschwindet.

„Die Traumblase fliegt jetzt erst durch den Mondtraumtunnel und macht sich dann auf den Weg zum Paul, um ihm diesen Traum zu bringen.“ erklärt die Mondfrau weiter.
„Oh, das ist ja unglaublich und erfindest Du dann den Traum, wie bei dem Regenbogen bei mir?“ fragt Lala neugierig.
„Nein“, lacht da die Mondfrau, „die Träume kann ich nicht erfinden, ich bringe nur die Traumblasen, zum Beispiel viel grün, dann wird es lustig, mit blau und gelb werden Tiere auftauchen und dann mit mehr oder weniger Glitzer, sind die Träume eher aufregender oder ruhiger. Na und dann habe ich selbst viel gelernt, die grün-glitzer-lila-zitronengelb Mischung bringt eigentlich immer einen Regenbogen und noch so vieles mehr!“
„So jetzt muss ich weitere Träume machen, viele Kinder brauchen noch ihre Frühmorgenträume und wenn sie die nicht bekommen, dann fängt der Tag für die Kinder nicht so schön an.“

Gebannt schauen Lala und Jojo ihr weiter zu. 
„So eine grün-glitzer-lila-zitronengelb Mischung würde ich ja auch gerne kriegen, so ein Regenbogen im Traum ist sicher schön und wenn er dann noch im Schornstein feststeckt, hmm …“ denkt sich Jo-Jo, und überlegt gerade noch, ob er sich denn bei der Mondfrau einen bestellen könnte, als er bemerkt, wie schwer sich alles anfühlt, wie müde er ist.
Auch Lala denkt daran, dass sie ja wirklich wieder nach Hause müssen, ihre Eltern machen sich möglicherweise schon Sorgen und sie müssen ja auch noch zurückfliegen. 
Die Geschwister verabschieden sich. Doch bevor sie gehen können, überreicht die Mondfrau beiden ein kleines Geschenk.
„Was ist denn das für eine schöne Glitzerflasche.“ staunt Jojo.



„Na, das ist keine Glitzerflasche“, widerspricht ihm die Mondfrau, „das ist eine Albtraum-Schutz-Flasche“. Die Mondfrau schüttelt sie drei Mal, „wie ihr seht, entstehen dann ganz viele kleine farbige Bläschen, und da unten könnt ihr…“ sie deutet mit ihrem Finger auf eine kleine Öffnung am Flaschenbauch „….vorsichtig reinblasen, und dann kommt oben durch dieses kleine Röhrchen eine kleine Schutz-Traum-Blase, ja und die beschützt euch vor Angst-Träumen und alle weiteren Träume der Nacht werden einfach nur schön!“
Lala und Jojo strahlen, nehmen sich beide ihre Albtraum-Schutz-Flasche und bedanken sich ganz herzlich bei den zwei Mondmenschen.

Etwas später schweben sie bereits mit Leichtigkeit der Erde entgegen. Als sie an der Milchstraße vorbeikommen, hören sie aus der Ferne.
„Nein, ich will aber nicht schon wieder los und mach mal langsam, gibt s bei Dir denn gar nicht Mal einen Sonntag, schon mal was von Feiertag gehört…..“
Die beiden Geschwister kichern in sich hinein, „ach, der liebe Donnerbommel“

Noch kurz vor Morgengrauen schweben sie durch das Fenster in ihr Kinderzimmer. Seltsam so viele Abenteuer in nur einer Nacht, aber vielleicht hat ja jemand für sie die Zeit in dieser Nacht auseinandergezogen. Und nach dieser Nacht wissen sie, dass auch das Unmöglich mit etwas Fantasie und ‘Leichtigkeit’ nicht unmöglich bleiben muss.

Mondmann’s Gaumenschmaus:

Rezept für einen Kartoffelmarmorkuchen

Zutaten:

2 mittelgroße gekochte Kartoffeln
300 gr. Weizen- oder Dinkelmehl (weiß, Vollkorn oder gemischt)
100 gr. Butter (2 Stunden vor Zubereitung aus dem Kühlschrank nehmen)
3 Eier 
200 gr. Zucker (weiß oder braun)
1 Packung Backpulver (Weinstein)
2 Packungen Vanillezucker
50 gr. Kakaopulver
7 Salzkörner (entspricht einer halben Prise Salz)

Zubereitung:

An Tagen, an denen Deine Eltern mal wieder Pellkartoffeln zum Mittagessen machen, fraget doch, ob sie zwei extra machen könnten, die ihr ja für den Kartoffelmarmorkuchen braucht.
Du nimmst eine Schüssel, in die Du das Mehl mit dem Backpulver, Vanillezucker und Salzkörnern gibst. Mit einer Gabel vorsichtig vermischen. 
Dann gibst Du den Zucker, die geschälten Kartoffeln, die weiche Butter und die 3 Eier hinzu. Mit einem elektrischen Rührer alles zu einem geschmeidigen Teig verarbeiten.
Nun nimmst Du eine zweite Schüssel, in der Du ungefähr die Hälfte des Teigs hineingibst und dann mit dem Kakaopulver vermischst.
Nun hast Du zwei Schüsseln mit einem hellen und einem dunklen Teig: vermische beide mit den Händen (kein Elektrorührer) genauso, wie Du gerne Deinen Kartoffelmarmorkuchen gestalten möchtest. 
Anschließend ´gib den Teig in eine eingefettete Kuchenform Deiner Wahl; und dann 37 Minuten bei 220 C (Ober u. Unterhitze) in den Backofen.

PPS: Der Kuchen ist nicht nur (natürlich auch) zum Anschauen, sondern vor allem auch zum Essen!! Lasst es Euch gut schmecken!