WALDENDZEIT

WALDENDZEIT

3. Oktober 2024 0 Von Wolf Hockenjos

Wilhelm Bode
WALDENDZEIT
Mit einem Vorwort von Hans Joachim Schellnhuber
Hardcover, 160 Seiten
24,50 €
KJM Verlag
ISBN978-3-96194-247-3

Der Titel des in der Reihe EUROPEAN ESSAYS ON NATURE AND LANDSCAPE erschienenen neuen Buchs von Wilhelm Bode dürfte  empfindsame Waldfreunde auf Anhieb eher erschrecken als anlocken: „Endzeit“ lässt wenig Tröstliches erwarten, vielmehr Apokalyptisches. Dabei hat Wilhelm Bode, streitbarer Autor, Forstwissenschaftler und Jurist, etwas ganz anderes im Sinn: Mit forst- wie kunstgeschichtlichem Spürsinn interpretiert er Walddarstellungen von Albrecht Dürer über Caspar David Friedrich bis zu Max Ernst  und blickt zugleich auf Deutschlands waldwirtschaftliche Entwicklung zurück. Während die Romantiker den Wald zu idyllisieren begannen, hatten die deutschen Forstklassiker um Heinrich Cotta und Georg Ludwig Hartig die Altersklassenwirtschaft erfunden, einen der erfolgreichsten Exportschlager Deutschlands. Leider mit der Folge, dass der Wald im Zuge der „rationellen Forstwirtschaft“ fortan in monotone  Fichten- und Kiefern-Monokulturen umgebaut wurde – unterm Vorzeichen des Klimawandels fraglos eine fatale Erblast, wie sie in seinem Vorwort auch der Potsdamer Klimaforscher Schellnhuber beklagt. 

Einzig Caspar David Friedrich, „Ikone der Romantik“, hat die grundlegenden waldwirtschaftlichen Veränderungen im frühen 19. Jahrhundert wahrgenommen und in seinen Gemälden und Skizzen dokumentiert. Sein „Wanderer über dem Nebelmeer“, stellt nach Bodes Recherche höchstwahrscheinlich einen hochrangigen Forstbeamten dar. Wie dieser blicke auch die heutige Forstwirtschaft in den Nebel einer ungewissen Zukunft angesichts all der katastrophalen Waldschäden wie auch der Verluste an Artenvielfalt, ausgelöst durch das über 200 Jahre lang praktizierte Pflanzen und Ernten im Wald nach Ackerbauart, neuerdings noch verstärkt durch die hoch mechanisierte Holzernte und deren Bodenschäden.

Doch der Autor belässt es nicht beim Wehklagen. Er wie auch Klimaforscher Schellnhuber setzen auf ein ganz anderes Modell, auf den Dauerwald, wie er bereits in den 1920er Jahren vom Forstwissenschaftler Alfred Möller propagiert worden ist und wie er da und dort auch schon sehr viel länger als bäuerlicher Plenterwald existiert: kahlschlagsfrei und ohne Pflanzung, ertragreich und widerstandsfähig, dabei konkurrenzlos günstig im Hinblick auf die CO2-Bindung. In der Holzerzeugung, aber auch in der Waldbauwissenschaft brauche es eine „kopernikanische Wende“, einen Paradigmenwechsel weg vom Holzanbauprinzip, hin zur Dauerwaldwirtschaft. Bodes bebildertes Plädoyer sollte auch im gegenwärtig so heftig entbrannten Streit um die Novellierung des Bundeswaldgesetzes als Argumentationshilfe dienen.