Ästlinge Fortsetzung

Ästlinge Fortsetzung

11. Juni 2025 0 Von Dr. Franz Maus

Liebe Bürgerpostleser,

die Hausrotschwanzgeschichte ging noch etwas weiter, weil sich ein Jungtier bei uns im Haus verirrte und tags darauf im Zimmer unseres Sohnemannes. Das Bild zeigt den stolzen Burschen, wie er selbstverständlich auf der Gardinenstange sitzt. Ich machte das Fenster auf und versuchte ihn zum Hinausfliegen zu bewegen. Aber anscheinend kannte er mit seinem jungen Alter noch nicht, dass man durch ein offenens Fenster fliegen kann. Immer wieder, wenn ich dachte, jetzt müsste es passieren, flog er die Gardinenstange an. Es half nur, ihn mit einem Käscher zu fangen und in der Hand – sicher gehalten – aus dem Zimmer zu begleiten. Er zeigte sich sehr vital und nach dem Fototermin flog er auf den nächsten Baum. Die Elterntiere waren sofort zu Stelle. Anders als bei Kitzen macht bei Vögeln die Berührung der Jungtiere durch uns Menschen nichts aus. Ein Riesenvorteil.

Das 2. Bild zeigt das zweite Eindringen. Er ist erstaunlicher Weise durch das gekippte Fenster in die Wohnung gelangt. Ich vermute, es war der gleiche Bursche wie am Vortag, dem hat es einfach gut gefallen. Über die Balkontüre verließ er anstandslos die Wohnung.

Herzliche Grüße
Franz Maus

Ästlinge 1. Teil vom 4. Juni 2025

Liebe Bürgerpostleser, 

ist das nicht ein putziges Kerlchen auf dem Bild unten? Man fragt sich, was ist mit dem Schwanz los, hat er ihn verloren oder kommt er noch? Ich habe ihn in den Status gestellt, nur Ralf Claaßen aus Villingen und Oliver Bury aus Frittlingen hatten die richtige Antwort, es sei eine junge Mönchsgrasmücke. Hätten Sie sie erkannt? Ich war auch unsicher, anhand der braunen Kappe hatte ich einen unsicheren Verdacht. Ein Dank gilt Ingo Kirchhoff aus Wietzen, der mir dieses Bild geschickt hat. Übrigens, der Schwanz kommt noch, er ist das letzte, was sich entwickelt. Eine Frage stellt sich einem bei diesem Anblick, muß man dem Vogel helfen oder nicht. Sie können sich kurz dazu Gedanken machen, die Lösung kommt noch.



Die nächsten drei Bilder sind bei mir entstanden und zeigen auch einen Jungvogel. Ich will Sie nicht lange auf die Folter spannen, es ist ein junger Hausrotschwanz. Die brüten die letzten Jahre gerne bei unserem Haus auf dem Firstbalken meist mit zwei Bruten. Ich wusste das natürlich, aber erst am Geschrei bei der Fütterung der Jungvögel hab ich es gemerkt. Das wird mit der Zeit immer lauter und man kann abschätzen, wann das Ausfliegen beginnen könnte.

15 bis 17 Tage sind die Jungvögel Nestlinge.  Am 1. Juni entdeckte ich den Jungvogel im Gartenschuppen und er ließ mich in Ruhe an sich herankommen, bis die Altvögel ihm zuriefen: „Versteck Dich, wer weiß, was der Franz Maus mit Dir vorhat“. Wie vom Blitz getroffen war er in der Hütte verschwunden. Auch hier die Frage, muß man helfen oder nicht?

Ein klares nein, das muss man nicht!

Denn die Altvögel versorgen sie weiterhin mit allem, was sie brauchen. Natürlich haben Feinde in der Phase ein leichteres Spiel, aber das ist Natur. Dieser Ästlingsphase genannte Zeitraum dauert bei den Hausrotschwänzen etwa zehn Tage, bis der Schwanz die volle Länge hat, vergehen zwei bis drei Wochen. Gott sei Dank gibt es in Villingen beim Ehepaar Claaßen eine Aufzucht- und Pflegestation. Wenn man unsicher ist, ob alles klar läuft in der Ästlingsphase, ob die Eltern noch leben beispielsweise, dann kann man sich telefonisch melden. Dort erhält man dann eine Händynummer, an die man ein Bild des Jungvogels schickt. Anhand dessen wird entschieden, was zu tun ist. Ich habe schon mehrmals einen guten Rat bekommen, wofür ich sehr dankbar bin. 

Zum Hausrotschwanz noch ein paar Fakten: Er wurde Vogel den Jahres 2025. Rund 70 Minuten vor Sonnenaufgang beginnt er als einer der ersten Sänger und ist bis nach der Abenddämmerung zu hören. Über den Gesang des Jahresvogels schrieb der bekannte Zoologe Alfred Brehm in seinem „Tierleben“ allerdings ein wenig erbauliches Urteil: Das ihm eigene Röcheln, das sich mit knirschenden, klappernden Tönen und flötenden Trillerlauten abwechselt, nannte er als „jeden Wohlklanges bar“. Dem Hausrotschwanz kommt zugute, dass er keine hohen Ansprüche an seine Brutgebiete stellt. Steinig, trocken und warm sollte es sein, dann kann der Hausrotschwanz seine Nester in nahezu jede Nische und jeden Hohlraum bauen. Gesellige Typen sind Hausrotschwänze allerdings nicht. Im Spätherbst machen sich die Mittelstreckenzieher allein auf den Weg und halten sogar an Sammelstellen wie Gewässern, Feldern oder Klippen einen angemessenen Abstand zueinander.

Ich freue mich jedenfalls, dass er bei uns ist und besonders im Frühjahr, wenn er relativ früh wieder bei uns erscheint. Mit 800.000 bis 1.000.000 Brutpaaren ist er bei uns in Deutschland verhältnismäßig häufig.

Herzliche Grüße
Franz Maus