Standortübungsplatz oder Truppenübungsplatz?

Standortübungsplatz oder Truppenübungsplatz?

7. Oktober 2020 1 Von Andreas Hofmann

Was ist eigentlich der Unterschied?

In den letzten Monaten erhitzt das Thema „Erweiterung des Standortübungsplatz Donaueschingen“ immer wieder die Gemüter in der Region. Dabei wird auch ständig die Begrifflichkeit des „Übungsplatzes“ wild durcheinander geworfen, weshalb ich hier die Gelegenheit nutzen möchte, den Unterschied zwischen Standortübungsplatz und Truppenübungsplatz aufzuzeigen.

Ein Standortübungsplatz (StOÜbPl) unterscheidet sich von einem Truppenübungsplatz (TrÜbPl) darin, dass sich der StOÜbPl am jeweiligen Standort (Garnisonsgemeinde), oder auch oft direkt an einer Kaserne liegt oder für mehrere Kasernen in einem Bereich/Stadtteil gedacht ist, wie eben beispielsweise der StOÜbPl Donaueschingen für das hier in der Fürstenberg-Kaserne beheimatete Jägerbataillon 292 (JgBtl 292).

Ein TrÜbPl, üblicherweise wesentlich größer als ein StOÜbPl, wird nur zeitweise von Verbänden aufgesucht und liegt von der Heimatkaserne der übenden Soldaten in der Regel weiter entfernt, so dass zu Übungszwecken die ganze Einheit dorthin verlegt wird.

Der StOÜbPl wird zu verschiedenen grundlegenden Ausbildungen genutzt, bei denen nicht scharf geschossen wird. Jedoch können auch auf Standortübungsplätzen Standortschießanlagen (StOSchAnlg) eingerichtet sein. Auf diesen wiederum wird auch scharf geschossen, d. h. es wird mit Gefechtsmunition geschossen. 
Auf einem Truppenübungsplatz jedoch wird ein Ernstfall (Gefechtssituation im größeren Rahmen), meist in größeren Einheiten ab Bataillon aufwärts, simuliert. 

TrÜbPle sind, im Gegensatz zu StOÜbPl, größere staatseigene Landflächen zur militärischen Nutzung mit Unterkünften für die übende Truppe („Truppenlager“) und mit Anlagen, die es Soldaten aller Teilstreitkräfte und Truppengattungen ermöglichen, eine wirklichkeitsnahe Gefechtsausbildung mit Übungs- und Gefechtsmunition gegebenenfalls von Außenfeuerstellungen durchzuführen.

Hier in Baden-Württemberg gibt es einen TrÜbPl, nämlich den TrÜbPl Heuberg bei Stetten am kalten Markt. Vom Standort Donaueschingen je nach Strecke zwischen 71 – 85 Straßenkilometer entfernt. (Abb. 1)

Abb. 1

Auf einem Hochplateau „Großer Heuberg“ auf der Schwäbischen Alb gelegen, wird das Areal von den Ortschaften Albstadt im Norden, Stetten am kalten Markt mit Lager Heuberg und Alb-Kaserne (beide Heer) im Südosten und Meßstetten mit der Zollernalb-Kaserne (Luftwaffe mit Luftraumüberwachung) im Nordwesten eingerahmt. Der Übungsplatz wurde zeitgleich mit dem Lager Heuberg zwischen 1910 und 1916 für das XIV. (Badische) Armee-Korps errichtet und bis auf eine Demilitarisierung zwischen Ende des Ersten Weltkrieges und 1933 durchgehend militärisch genutzt. Im Ersten und Zweiten Weltkrieg war auf dem Übungsplatz auch jeweils ein Kriegsgefangenenlager eingerichtet worden sowie Anfang 1933 vom NS-Regime ein sogenanntes Schutzhaftlager. Von 1945 bis 1959 war der Platz unter französischer Verwaltung. Die letzte französische Armeeeinheit rückte 1997 aus dem Lager Heuberg ab. Bis um die Jahrtausendwende hauptsächlich für die Panzertruppe genutzt, wird der Heuberg heute vielfältig genutzt (neben der übenden Truppe auch vom Technischen Hilfswerk, Polizei und Bundespolizei).

Der TrÜbPl Heuberg umfasst eine Ausdehnung von ca. 48 km2, oder 4.800 Hektar (Abb. 2)

Abb. 2

Der StoÜbPl Donaueschingen hat eine Fläche von 52 ha, plus sogenannte standortnahe Übungsräume mit einer Fläche von 170 ha. (Abb. 3)

Abb. 3 (Präsentation BAIUDBw)

Der Bedarf des Jägerbataillons 292 (JgBtl 292) liegt laut Bundeswehr aber bei 521 ha. Das entspricht einer Fläche von ca. 521 Fußballfeldern. (Abb. 4)

Abb. 4 (Präsentation BAIUDBw)

Wenn wir uns nunmehr betrachten, was auf der neuen Fläche alles eingerichtet werden soll (Abb. 5), so komme ich zu dem Schluß, dass das auch alles auf dem TrÜbPl Heuberg schon vorhanden ist, bzw. was es dort eventuell nicht geben sollte, durchaus eingerichtet werden kann, ohne dass dafür neues Gelände erforderlich wäre.

Abb. 5 (Präsentation BAIUDBw)

Bei einer Erweiterung des StOÜbPl Donaueschingen würden leider einige Bereiche des Naturschutzgroßprojekt Baar, in das bisher eine nicht unerhebliche finanzielle Summe geflossen ist, beeinträchtigt werden, wenn nicht sogar zugunsten der geplanten Einrichtungen zerstört werden.

Von den Beeinträchtigungen für die nahegelegene Nachsorgeklinik Tannheim ganz zu schweigen.

Ebenfalls für mich nicht nachvollziehbar sind die durch die Stuttgarter Vertreter des Bundesamtes für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr (BAIUDBw) vorgebrachten „Verniedlichungen“, soviel würde da gar nicht beeinträchtigt werden, da man ja auf dem StOÜbPl „nur“ mit Übungs- und/oder Manövermunition schießen würde.

Auch bei Manöver- und Übungsmunition entstehen zum einen Abfälle, in Form der ausgestossenen Patronenhülsen und zum anderen werden bei der Übungsmunition auch Geschoße verfeuert, die anschließend irgendwo in der Natur herumliegen, oder in den Bäumen stecken. Sowohl Manövermunition, als auch die Übungsmunition bestehen zum Großteil aus Kunststoff. Zwar sollen/werden diese auch wieder aufgelesen, aber nie zu 100%. Das ist nahezu unmöglich, schon gar nicht bei der Manövermunition, die zum Großteil olivgrün ist und somit auf dem Waldboden fast nicht mehr gefunden werden kann. 
Eine Beeinträchtigung des Geländes durch diese Abfälle ist deshalb nicht von der Hand zu weisen. 

Ein weiterer Punkt der u. a. bei der Stadtratsitzung in Donaueschingen durch die Vertreter des BAIUDBw vorgebracht wurde, war der, dass es nicht zumutbar sei, zuviel Zeit für die Fahrt zum TrÜbPl Heuberg zu verbringen, da dies verlorene Ausbildungszeit sei. Diesem Argument widerspreche ich mit der Begründung, dass es seit Jahren bekannt ist und  immer wieder heißt, dass die Soldaten zu wenig Fahrpraxis auf den gepanzerten Gefechtsfahrzeugen haben und es deshalb, insbesondere im Auslandseinsatz unter Gefechtsbedingungen zu Unfällen kommt, die auf mangelnde Fahrpraxis zurückzuführen sind. 
Also ist die Fahrt zum Heuberg sehr wohl Ausbildungszeit. Nämlich die zum erlangen von Fahrpraxis für die Gefechtsfahrzeuge.

Und wer sagt denn, dass man abends wieder zurückfahren muß? Wir erinnern uns, dass der Heuberg ein Truppenübungsplatz ist und deshalb dort Unterkünfte in Form des Truppenlagers vorhanden sind. Also warum nicht eine mehrtägige Übung dort abhalten? 

Bei einer solchen mehrtägigen Übung können nicht nur die infanteristischen Grundfertigkeiten geübt werden. Nein, auch die kompletten logistischen Fähigkeiten, wie z. B. Truppenversorgung mit Verpflegung durch den Feldküchentrupp, oder auch die Versorgung mit Munition und Betriebsstoffen durch die anderen logistischen Kräfte die so ein Bataillon hat.

Für mich, als ein sowohl aus der Infanterie (Gebirgstruppe in Bad Reichenhall) und der Logistik stammender ehemaliger Berufssoldat, bietet der Heuberg einfach alles, was die Truppe zum Üben braucht.

Ich könnte hier noch einige Punkte auflisten, die aus meiner Sicht die Erweiterung des StOÜbPl Donaueschingen ad absurdum führen, aber das würde den Rahmen sprengen.

Mit dem TrÜbPl Heuberg hat die Truppe in Donaueschingen einen Übungsplatz „vor der Haustüre“, nach dem sich andere die Finger lecken würden.

Ich bin als ehemaliger Berufssoldat, der 40 Jahre in der Bundeswehr gedient hat, nicht gegen die Bundeswehr. Ganz im Gegenteil. Ich begrüße es, dass Donaueschingen Garnisonstadt ist und die Bundeswehr hier auch willkommen ist.

Aber wenn es um Belange des Naturschutzes geht und um die Belange der Nachsorgeklinik Tannheim, dann muß man die Kirche auch mal im Dorf lassen und nach anderen Möglichkeiten suchen. Und gerade hier sind diese vorhanden und nicht schlechter, als das was man hier verwirklichen möchte.

In diesem Sinne bin ich gegen eine Erweiterung des StOÜbPl Donaueschingen und hoffe auf einen breiten Widerstand gegen dieses Vorhaben aus der Bevölkerung, unter gleichzeitigem Rückhalt zu unserer vor Ort ansässigen Truppe.