Haushaltsrede 2023  –  Bürgerforum/DIE GRÜNEN-FRAKTION

Haushaltsrede 2023  –  Bürgerforum/DIE GRÜNEN-FRAKTION

20. Dezember 2022 1 Von Michael Steinemann

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

vermutlich dachten viele Mitmenschen, dass die Jahre 2020 und 2021 durch das Corona-Virus, – mit den vielen Toten und finanziellen Kraftanstrengungen- in die Geschichte eingehen wird. Das werden sie vermutlich auch. Dass aber ein Schreckgespenst durch ein anderes nahezu eins zu eins ersetzt wird, hätten im Januar diesen Jahres die meisten als Hirngespinst abgetan. Doch es kam bekanntlich anders: Seit Februar wurde auch unser Leben im sicheren Deutschland radikal verändert. Der Krieg in der Ukraine bringt nun – wie bereits in den Vorjahren durch das Corona-Virus -Leid über uns. Während wir hier in Deutschland über die wirtschaftlichen und finanziellen Konsequenzen stöhnen, sterben anderswo täglich hunderte Zivilisten und Soldaten in einem Krieg in Europa, den fast niemand im 21. Jahrhundert für möglich gehalten hatte. Ich denke heute auch an die fast tausend Kinder, die dabei viel zu früh sterben mussten.

Leider können wir hier in der Kommunalpolitik wenig beitragen. Was wir tun können, ist, den Flüchtlingen aus der Ukraine hier bei uns in Hüfingen unsere Unterstützung zuzusichern. Für uns als Stadt ist dies finanziell und logistisch gar nicht so einfach. Daher danke ich an dieser Stelle auch allen privaten und Vereinsinitiativen, die sich in der Flüchtlingshilfe an der ein oder anderer Stelle ehrenamtlich einbringen.

Der Krieg in der Ukraine ist auch hier in Hüfingen angekommen. Damit meine ich nicht nur die im Stadtbild immer häufiger zu sichtenden Autos mit ukrainischem Kennzeichen, sondern auch die direkten Belastungen für unsere Bürger und die Stadt. Die enormen Mehrbelastungen bei alltäglichen Produkten wie Brot oder Milchprodukten merkt der Durchschnittsverdiener sehr stark. Dazu kommen enorme Preissteigerungen bei Baurohstoffen und Energie. Dies merken wir als Kommune besonders stark. Nahezu jede Bautätigkeit hat sich zu Vergleichen aus den Vorjahren sprunghaft nach unten entwickelt. Vermutlich muss man so eine Entwicklung zynisch sehen und konstatiert, dass bei der Entwicklung der Bauanträge der letzten vier Monate unser Bauamt bald beschäftigungslos sein wird.

Damit aber die Gefahr von Langeweile im Bauamt schon gar nicht aufkommt, haben wir als Stadt einige Projekte initiiert. Da wäre z. B. die neugeplante Kindertagesstätte im Ziegeleschle. Im Haushalt planen wir hier mit einer 4-Millionen-Investition. Ich freue mich zwar über jeden Euro, der für unsere Kinder ausgegeben wird, allerdings befürchtet unsere Fraktion eine Kostenexplosion Richtung 6 Mio. EUR. Wir hatten von Anfang an, andere Varianten ins Spiel gebracht. Entweder die flexible Lösung mit einem Container oder einer kleinen Baumaßnahme auf der freien städtischen Fläche in der Friedenstraße für die Krippenkinder, die U3-Kinder. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite wären dann komplett die Ü3-Kinder beheimatet gewesen. Oder eben einen Waldkindergarten. Die von uns vorgeschlagenen Varianten hätten den kurzfristigen Mehrbedarf abdecken können und wären wesentlich günstiger gewesen. Leider haben wir aus dem Rat keinerlei Unterstützung erhalten, sondern wurden mehrheitlich dafür belächelt. Es wird Zeit, dass auch Teile des Gemeinderates und der Stadtverwaltung akzeptieren, dass es Eltern gibt, die eine Trägervielfalt haben möchten. Diese Eltern sind weltoffener und tendieren zu einem unkonventionellen Angebot. Auch die Naturverbundenheit und die Größe einer Einrichtung sind für viele Eltern ein Entscheidungskriterium. Nicht alle Eltern wollen ihre Kinder in einem 100-Kinder-Kindergarten unterbringen. Spannend wird die Situation in zwei bis drei Jahren. Das statistische Landesamt sagt für Hüfingen mittel- und langfristig sinkende Kinderzahlen voraus. Dann haben wir jedoch einen neuen großen Kindergarten im Ziegeleschle, womöglich einen freien Waldkindergarten und einen älteren Bestandskindergarten in Fürstenberg, der es nicht zuletzt aufgrund sinkender Einwohnerzahlen in Fürstenberg, gerade schwer hatte. Meine Glaskugel sagt mir, dass diese geschaffene Konkurrenzsituation in nicht so weiter Zukunft für viel Redebedarf sorgen wird.

Wir haben uns gefreut, dass der Gemeinderat – wenn auch zögernd und über Umwege – unseren Antrag zur Tempobegrenzung auf der Hauptstraße und der Donaueschinger Straße mit großer Mehrheit zugestimmt hat. Dies dient der Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer und dem Lärmschutz der Anwohner und sollte als Teil einer umfassenden Verkehrslösung verstanden werden.

Wir vermissen nach wie vor ein umfassendes Verkehrskonzept. Allein die Abarbeitung des Lärmaktionsplanes ist uns zu wenig.
Auch die Attraktivität und Aufenthaltsqualität der Innenstadt muss seitens der Kommune
nachhaltig gestärkt werden. Andere Städte und Gemeinden sind uns weit voraus.

Ökologie ist Teil des städtischen Slogans und betrifft uns alle. Daher werden wir auch weiterhin das ökologische Gewissen sein, das immer wieder auf die Wichtigkeit von Umwelt- und Naturschutz hinweist.

Dass der Gemeinderat auch eine soziale Verantwortung hat, hat er in mehreren Beschlüssen bewiesen. Positiv hervorheben möchte ich hier die leichten Verbesserungen beim Sozialpass und die vorübergehende Nicht-Erhöhung der Wassergebühr. Beides hilft gerade den Einkommensschwächeren.

Die Förderung von Wohnraumschaffung kommt mir in Hüfingen entschieden zu kurz: Leider wurde die städtische Förderung in der Rubrik „Innen vor Außen“ nie erhöht. Das gleiche gilt auch beim Kinderzuschuss beim Bauplatzerwerb. Ständig wird geschaut, dass die Bauplatzpreise nach oben gedrückt werden. Aber auf der anderen Seite vergisst man, die Entlastungen ebenfalls zu erhöhen. Hier könnte die Stadt eine bescheidene Lenkungspolitik betreiben. Menschen brauchen Anreize und keine Verbote. Dies gilt auch bei PV-Anlagen. Bürger mit kleinem Geldbeutel und keinen eigenen Dachflächen wollen auch ihren Beitrag für die Energiewende beisteuern. Hier hätte die Stadt einen Anreiz schaffen und kleine Balkonkraftwerke bezuschussen können. Leider hat dies der Ausschuss für Umwelt und Technik nicht mitgetragen. Hier gilt mein Dank der Verwaltung, die ursprünglich im Haushalt 2023 10.000 EUR für diesen Posten vorgesehen hat.

Die Möglichkeit der politischen Mitwirkung der Bürgerinnen und Bürger ist wichtig und das Fundament einer Demokratie. Bürgerbeteiligung sollte aber nicht falsch verstanden werden. Einen Bürgerdialog ein halbes Jahr vor Gemeinderats- bzw. Bürgermeisterwahlen anzusetzen, hat für viele – mich eingeschlossen – ein Gschmäckle und viele könnten der Versuchung erliegen es als Wahlwerbeveranstaltung aufzufassen. Außer der Werbewirksamkeit ist der Mehrwert dieser Veranstaltung überschaubar und die Kosten – immerhin ein mittlerer fünfstelliger Betrag – in diesen ungewissen Zeiten an anderer Stelle sinnvoller eingesetzt. Es gibt günstigere Möglichkeiten die Bürger mit ins Boot zu nehmen. Ein respektvoller transparenter Umgang auf Augenhöhe im ganzen Jahr ist zum Beispiel einer.

Zu Greensill wollte ich heute gar nicht viel sagen. Ich würde es aber als hilfreich und transparent einschätzen, eine Auflistung im Haushaltsplan zu finden, welche die Aufwendungen wie Dienstreisen, Beratungskosten oder verlorene Zinseinnahmen über die Jahre aufzeigt.

Gutes, aber auch zufriedenes, städtisches Personal ist uns wichtig. Es hat allerdings viele Wechsel in der Verwaltung gegeben. Darunter waren einige Leitungsstellen. Das Ganze wirkte von außen als unruhige Einheit. Wir hoffen, dass wir ab dem kommenden Jahr wieder in ruhigeres Fahrwasser geraten und wir als Arbeitgeber noch attraktiver und moderner in Erscheinung treten können.

In der Zeitung durfte man ja in den letzten Jahren und Monate lesen, dass es im Gemeinderat eine schlechte Stimmung gebe, es sei nicht mehr so harmonisch und einige seien Hauptsache dagegen. Dazu will ich heute nur mal zwei Punkte dazu anmerken: Wenn man immer nur einer Meinung wäre und immer nur allem der Harmonie wegen blind zustimmen würde, wäre man überflüssig in so einem Gremium und hätte schlichtweg die Aufgabe eines Gemeinderates nicht richtig verstanden. Der zweite Punkt ist, und da hole ich wieder meine Glaskugel raus, dass wir in den neuen Zwanzigern leben. Die Zeiten von nur zwei oder maximal drei Fraktionen, egal ob im Bundestag oder eben hier im Gemeinderat, sind vorbei. Die Gesellschaft ist vielfältiger und Neuem gegenüber offener geworden. Die politischen Ansichten in Gremien werden dadurch auch immer breiter. Und diese Entwicklung wird weitergehen.

Ich möchte auch ein paar Sätze zum politischen Ehrenamt verlieren. Wir Gemeinderäte üben unser Amt – abgesehen von einer überschaubaren Aufwandsentschädigung – ehrenamtlich aus. Die Ortsvorsteher erhalten zwar eine nochmal andere Entschädigung, haben aber auch eine ganz andere Aufgabenfülle. Wir alle investieren hierbei eine Menge Herzblut und vor allem auch eigene Freizeit. An mancher Stelle fehlt mir da schon etwas das Hineindenken, Verständnis und Anerkennung von Seiten der Verwaltung respektive der Verwaltungsleitung. Gerade beim Sitzungsmanagement hoffe ich immer noch auf Verbesserung. Oft kommen Einladungen recht kurzfristig. So passiert es, dass erst drei Stunden vor einer Fraktionssprechersitzung zur selbigen eingeladen wird oder dass Einladungen zum Weihnachtsessen erst nach der Rückmeldefrist bei Ratsmitgliedern ankommen. Das ist kein respektvoller Umgang. Auch die Menge an Unterlagen zu i.d.R. wichtigen Themen, die wir innerhalb von wenigen Tagen -im Ehrenamt- gewissenhaft studieren sollen, ist grenzwertig und nur schwer mit der Gemeindeordnung vereinbar wie mir auch von der Hochschule Kehl bestätigt wurde. Leider sehe ich hier keine Besserung, auch wenn ich schon in Fraktionssprechersitzungen darauf hingewiesen habe. Auch die Dauer unserer Sitzungen sind oft eine Zumutung. Heute stand in der Presse etwas von einer Mammutsitzung im Gemeinderat Bräunlingen mit einer Sitzungsdauer von gerade mal 4,5 Stunden. Bei uns in Hüfingen ist das leider Standard. Das alles spricht sich in der Bevölkerung auch rum und macht die Kandidatensuche für die nächste Gemeinderatswahl mit Sicherheit nicht leichter.

Unsere Fraktion macht für Hüfingen und all seine Einwohner Politik. Wir wehren uns entschlossen dagegen, dass unsere Stadt als Melkkuh der Südbaar angesehen wird. Egal ob Gemeinschaftsschule, Hallenbad oder Sauna. Unsere Infrastruktur wird überproportional von den Bürgern umliegender Gemeinden in Anspruch genommen. Hier werden wir künftig mehr auf einen fairen Lastenausgleich zwischen den Kommunen pochen. Die interkommunale Zusammenarbeit muss ausgebaut werden.

In einem zähen Prozess befinden wir uns gerade bei der städtischen Sauna. Die Besucherzahlen sind erschreckend. Die gesellschaftliche Debatte um Energiesparsamkeit wird zudem zu schwerwiegenden Konsequenzen führen. Im Gegensatz zu anderen vergleichbaren Saunen, macht unsere städtische Sauna jährlich Defizite. Spätestens für die Zeit nach der aktuellen Wintersaison müssen mutige Entscheidungen her. Hier war die Stadtverwaltung zu zögerlich und hat zu wenig das Interesse der übergroßen Bevölkerungsmehrheit berücksichtigt, die in ihrem Leben noch nie einen Fuß in die Sauna gesetzt hat und es auch nie tun wird. Hier erwarten wir in den nächsten Monaten die dringend notwendigen mutigen Schritte von Seiten der Stadtverwaltung, die ich bei diesem Thema bis vor kurzem vermisst habe.

2020 haben wir immerhin noch 100.000 EUR Gewinn mit unseren Stadtwerken erzielen können. Für 2023 rechnen wir mit über 900.000 EUR Verlust. Lange kann so etwas nicht gut gehen. Hauptursache sind Hallenbad und Sauna mit insgesamt fast 1,1 Mio. EUR Verlust. Zur Sauna habe ich mich vorhin schon geäußert und zum Hallenbad habe ich mich ja schon oft genug geäußert und sage ich im Hinblick des Weihnachtsfriedens heute nichts dazu. Die SPD-Fraktion darf es als verfrühtes Weihnachtsgeschenk von mir betrachten.

Ich habe vorhin von unserer sozialen Ader im Bezug der Wassergebühren gesprochen. Es ist richtig, dass wir die Wassergebühren für 2023 nicht erhöht haben. Allerdings sollten wir alle wissen, was für 2024 zu entscheiden ist, wenn wir den Gewinneinbruch in der Wasserversorgung im nächsten Jahr betrachten. Hier haben wir es immerhin in der eigenen Hand. Ganz anders bei der ESB, bei der wir nur Gesellschafter sind. Der stetige Gewinnrückgang bzw. die entsprechend sinkende Dividende an uns aus Richtung ESB stammt aus der Vor-Krisen-Zeit. Die Energiekrise zeigt aber, dass wir nur ein kleiner Fisch sind und die turbulenten Zeiten am Markt können die ESB und uns als Gesellschafter in die Knie zwingen. Hier müssen wir uns als Stadt Hüfingen bald fragen, wie es überhaupt weitergehen soll.

Angesichts der schwierigen Rahmenbedingungen und die dadurch zusätzlich entstandenen Aufgaben danke ich der Verwaltung, insbesondere dem Rechnungsamt mit Herrn Binninger an der Spitze, für die Erstellung des soliden Haushaltsplans 2023 und des Wirtschaftsplans der Stadtwerke. Die allermeisten Zahlen sind im Stille des kaufmännischen Vorsichtsprinzips angegeben. Die zwei wichtigsten Botschaften für die Hüfinger dürften sein, dass wir sogar mit einem kleinen Überschuss rechnen und die kommunalen Steuersätze stabil bleiben. Gute Nachrichten in Krisenzeiten!

Ich bedanke mich bei der gesamten Stadtverwaltung und allen Ratskollegen für die geleistete Arbeit im Jahr 2022 und die gute Zusammenarbeit.