Baupreise Mundelfingen

Baupreise Mundelfingen

17. Oktober 2019 8 Von Michael Steinemann

17.10.2019 von Michael Steinemann

Redebeitrag im Original zum TOP 4 in der öffentlichen Gemeinderatssitzung am 17. Oktober 2019:

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
liebe Ratskolleginnen und -kollegen, werte Ortsvorsteherin und Ortsvorsteher,

als erstes bedanke ich mich, dass dieser wichtige und so stark den Bürger betreffende Tagesordnungspunkt nun endlich vom Gemeinderat behandelt wird und zwar öffentlich. Unsere Fraktion hat sich für diese Transparenz eingesetzt, da man sich ansonsten nicht wundern darf, warum der Bürger das Interesse an der Kommunalpolitik, in dem Fall insbesondere auch an den Gemeinderatssitzungen, verliert. Der Bürger hat das Recht zu erfahren wie seine Vertreter abgestimmt haben. Weder das öffentliche Wohl noch berechtigte Interessen Einzelner stehen der öffentlichen Behandlung entgegen.

Viele Mundelfinger haben mich über das Thema Grundstückspreise auf Breiten II angesprochen.

Die Erwartungshaltung für eine gut überlegte Entscheidung ist groß. Hier geht es um die langfristige Weiterentwicklung eines ganzen Dorfs.

Für eine objektive Bewertung eines fairen Verkaufspreises müssten wir die Kalkulation der Kosten – es standen ja mal ungefähr 116 EUR/qm im Raum – vorliegen haben. Haben wir aber nicht. Gerade im Fall Breiten II wäre es interessant zu wissen, welcher Grundstücks- Einkaufspreis einbezogen worden ist. Dieser müsste nämlich bei maximal 5 EUR liegen, da die Grundstücke seit der Flurbereinigung vor einem halben Jahrhundert größtenteils in Gemeindebesitz sind. Wenn jetzt beispielsweise hier 25 EUR/qm angesetzt worden sind, hat die Stadt schon einen riesigen Spekulationsgewinn gemacht. Dazu kommen überschaubare Erschließungskosten. Die vergleichbare Erschließung liegt in Bräunlingen laut einem Pressebericht bei umgerechnet ca. 40 EUR/qm.

So finde ich die vorliegenden Vorschläge der Verwaltung von 139 EUR und gar 149 EUR befremdlich. Hieß es nicht einmal, die Ortsteil-Grundstücke würden prozentual maximal so viel aufschlagen wie die Kernstadt-Grundstücke? Hier lag die Steigerung doch bei ca. 30 Prozent, das hieße, dass die Grundstücke in Mundelfingen maximal ca. 130 EUR/qm kosten dürften. Und 130 EUR/qm bei durchschnittlich 730 qm Grundstückfläche bedeuten schon mal 95.000 EUR für den Bauplatzerwerb, zuzüglich der Grunderwerbssteuer, ohne dass ein Handwerker für den späteren Hausbau überhaupt einen Finger krumm gemacht hat. Und das für ein Mischgebiet, welches im Umkreis von 10 km keine Stadt mit all seinen Vorzügen vorweisen kann und der Nachbar in diesem Mischgebiet theoretisch einem einen störenden Gewerbebetrieb vor die Nase setzen darf. Für was sind solch hohe Gewinnziele überhaupt gut? Welche Großprojekte sollen damit gegenfinanziert werden? Normale wiederkehrende Investitionen wie die Kindergärten oder der Straßenbau sollten nämlich über das Steuereinkommen der Stadt gestemmt werden.

Neben der Kostenkalkulation fehlt in den Sitzungsunterlagen der Vergleich mit den umliegenden Gemeinden. Beides sind nötige Orientierungshilfen für unsere Entscheidung, welche wir bei anderen Tagesordnungspunkten gewöhnlich unaufgefordert erhalten. Dieses Mal nicht.

Und noch ein weiterer Punkt: Wenn der qm-Preis in Mundelfingen mit einem großen Neubaugebiet, immerhin 25 Plätze, und minimalen Investitionskosten durch Feldkäufe, bereits bei 149 EUR/qm liegt, wo werden dann die kleinen Neubaugebiete wie in Sumpfohren preislich liegen, wo zum einem hohe Fixkosten entstehen und relativ hohe Kaufkosten der Grundstücke. Bekommen wir von den Landwirten überhaupt noch die Felder zu normalen Preisen angeboten, wenn diese mitbekommen zu welchen Preisen diese wiederum weiterveräußert werden? Wie kommt man überhaupt auf diese 149 EUR/qm, wie wir sie in der Sitzungsvorlage vorfinden? Herr Bürgermeister, wenn sich die Verwaltung hierbei tatsächlich an einem einzigen Privatverkauf in einem Ortsteil orientiert, kann der Gemeinderat dies nicht ernsthaft und glaubwürdig als Maßstab verwenden. Wenn es diesen Privatkauf überhaupt gab, vielleicht handelt es sich ja dabei um ein Liebhabergrundstück in exponierter Lage oder einen Kauf eines betuchten Auswärtigen ohne Marktkenntnisse. Wir wissen es nicht.

Es ist übrigens rührend im Beispiel Mundelfingen die Bebauung auf der grünen Wiese in ein negatives Licht zu stellen und gar mit Ökopunkten zu argumentieren: Das Solardorf Mundelfingen hat seine Hausaufgaben gemacht: Mit dem Melap-Programm wurden vor wenigen Jahren aus zahlreichen alten Ökonomiegebäuden im Ort Wohnraum für viele Familien geschaffen. Die Baulücken innerorts sind in privater Hand und stehen trotz mehrmaliger Nachfrage durch die Ortsverwaltung nicht zum Verkauf. Zudem befinden wir uns bei den relativ kleinen Grundstücksgrößen in einem für den Flächenverbrauch erträglichem Maß.

Unsere Fraktion schließt sich dem Votum des Ortschaftsrates Mundelfingen an. Wir wollen junge Familien, insbesondere Einheimische, unterstützen und wollen sie nicht in benachbarte Dörfer wie Ewattingen oder Achdorf nur aufgrund des Bauplatzpreises abwandern lassen. Dies wäre ein Todesstoß für die weitere Entwicklung der Ortsteile. Wir wollen heute nicht wieder erleben, dass der Gemeinderat einen gut überlegten Vorschlag eines Ortschaftsrates über die Belange seines Dorfes überstimmt. Als Kompromißvorschlag beantragt unsere Fraktion basierend auf dem Vorschlag des Ortschaftsrates einen Gesamtverkaufspreis von maximal 130 EUR/qm.

Noch ein paar mahnende Worte zum Schluss: Nun bekommen die Ortsteile die nächste Quittung für die Abschaffung der Unechten Teilortswahl. Daher ist wohl ein neuer Bürgerentscheid hierzu unausweichlich. Heute Abend stimmen zwei Mundelfinger und 16 Hüfinger nicht nur über die Mundelfinger Dorfentwicklung ab, sondern über die Entwicklung aller fünf Ortsteile und über die Zukunft unserer Gesamtstadt. Ich kann nur an alle Ratskolleginnen und -kollegen appellieren: Stimmen Sie weise und ohne Fraktionszwang ab, springen Sie über Ihren Schatten und bauen Sie Brücken zu allen Teilen der Gesamtstadt Hüfingen.