3 Millionen verzockt und kein bisschen Demut

3 Millionen verzockt und kein bisschen Demut

6. Mai 2021 1 Von hieronymus

06.05.2021 von Kerstin Skodell, Fraktionsvorsitzende der SPD Hüfingen

Die Stadt Hüfingen ist eine der allerletzten Kommunen, die am 5. Januar Festgeld bei der Greensill Bank angelegt haben. Ein Zeitpunkt wo jeder Laie schon im Internet über die Schieflage der Greensill Bank recherchieren konnte.

Greensill war längst nicht mehr im A Rating, wie das die vom Gemeinderat beschlossenen Anlagerichtlinien der Stadt fordern, sondern längst in Rating B. 

Man fragt sich: „Wozu eigentlich kauft die Verwaltung auch noch den Rat eines sogenannten Finanzdienstleisters ein, wenn sie selbst das Rating der Bank problemlos nachschauen und im Internet längst die bedenklichen Kommentare zu dieser Bank lesen konnte?“

Wenn wir uns die Verzinsung dieser beiden Geldanlagen ansehen stellt sich die Frage was die Verantwortlichen dabei gedacht haben 3 Millionen. für 0,00-0,05 % Zins, überstürzt und ohne professionelle Recherche, in eine unsichere Bank anzulegen, um einen „Kleckersbetrag“ von Strafzinsen zu sparen.“ Das hätte die wenigen Tage um die Jahreswende bei 3 Millionen, wenn überhaupt einen Minuszins von nicht einmal 500 € ausgemacht. Es wäre dann Zeit genug gewesen sich in Ruhe mit dieser Anlagesituation auseinanderzusetzen.

Die Zinssituation stellt uns schon seit der letzten Finanzkrise 2008 vor Herausforderungen. Das kann aber doch keine Entschuldigung für überstürzte und unüberlegte Anlagengeschäfte sein. Der Bürgermeister rühmt sich mit Zinserträgen von 11.6 Millionen. seit dem Jahr 2000. Davon ist aber nur ein Minimum in seiner Zeit seit 2017 entstanden. Der allergrößte Teil wurde in Zeiten seines Vorgängers erwirtschaftet. Ja, eine 100 % Sicherheit gibt es nie. Die gab es aber in den vergangenen Jahrzehnten auch nie! Es gab aber Bürgermeister, die sich mit diesen Anlagegeschäften intensiv beschäftigt haben.

Die SPD Fraktion hat bereits am 13. März mit einem Schreiben an den Landrat die Rechtsaufsichtsbehörde um eine kommunalrechtliche Stellungnahme zu diesem Vorfall gebeten. Die Bürgerinnen und Bürger haben das Recht, dass das Geschehene transparent und gerecht aufgearbeitet wird.

Es ist auch das Recht des Gemeinderates vom Bürgermeister, eine aktuellen Stand der Liquidität und der Geldanlagen anzufordern; „Was ist wo – wieviel – bis wann – zu welchen Konditionen angelegt,“ Das haben wir bereits im Januar beantragt und mussten es später erneut anmahnen. In der dann erst spät vom Bürgermeister gelieferten Aufstellung hat, man höre und staune, die Greensill Bank gefehlt. D.h. der Bürgermeister hat den Gemeinderat hinters Licht geführt. Das ist unglaublich und fördert eine vertrauensvolle Zusammenarbeit in keiner Weise.

Wir müssen auch festhalten: Der Informationsfluss an die Bürgerinnen und Bürger verlief von Seiten der Verwaltung zu langsam. Am 16. März hat der Bürgermeister die erste Pressemitteilung rausgegeben. Bereits am 3. März war die Schließung der Greensill Bank öffentlich. Es gibt andere Beispiele, wie Information besser laufen kann. Und dann: Zuerst einen Schuldigen suchen und dann erst an die Öffentlichkeit gehen ist nicht die feine Art. Von einem Bürgermeister, der Chef der Verwaltung ist, erwarten wir hier etwas Anderes. Der Chef trägt immer die Verantwortung. Intern kann dann hinterfragt werden, wie es zu so einem fatalen Fehler kommen kann. Daraus können sich dann neue Arbeitsanweisungen oder verwaltungsinterne Richtlinien ergeben. Aber nicht die öffentliche Brandmarkung des Angestellten mit der geringsten Verantwortung.

Wie hoch sind die Kosten, des beauftragten Rechtsanwaltbüro, um eventuell noch an Teile der fehelenden Gelder zu kommen? Das wollen wir wissen.

Weitere Fragen auf die wir bisher keine Antwort erhalten haben:

  • Welche Externen Berater sind hinzugezogen worden und wie hoch sind die Kosten?
  • Wer hat mit wem bei der Sparkasse, deren Miteigentümer die Stadt ist, über diese Geldanlagen und ihre Problemlösungen gesprochen?
  • Wer hat mit wem bei unserer regionalen Volksbank, mit der wir ebenfalls enge Beziehungen haben, sich zu diesem Sachverhalt beraten? 
  • Wie hoch sind die Kosten für die Berater, die in der Gemeinderatsitzung uns und die Bevölkerung besänftigen sollten?

Fazit:

3 Millionen schmerzen und werden der Stadt Hüfingen noch lange anhängen.

Es muss eine Lösung gefunden werden, wie in Zukunft so eine Misere möglichst nicht mehr vorkommt.

Ein Teil dieser Lösung werden überarbeitete Geldanlage-Richtlinien sein.

Wobei hier ganz klar ist: der Gemeinderat gibt die Richtlinien vor.

Der Gemeinderat wird und kann nicht in die innere Organisationshoheit des Bürgermeisters in der Verwaltung eingreifen. D.h. Hinweise wer innerhalb der Verwaltung was zu machen hat obliegt, nach der GemO, dem Bürgermeister als Chef der Verwaltung und nicht dem Gemeinderat.

Weder der Gemeinderat als Gremium, noch einzelne Verantwortliche gehören in die Richtlinien, die der Gemeinderat der Verwaltung als Arbeitsgrundlage gibt. Hier benötigen wir einen besseren, brauchbaren Entwurf.

Sowohl nach der Richtlinie von 2018 wie nach der Gemeindeordnung (GemO) liegt die Verantwortung automatisch mindestens beim Kämmerer. Er ist als Amtsleiter Vorgesetzter im Rechnungsamt zu dem auch die Kasse gehört. Das gilt insbesondere, wenn man weiß, dass der Hüfinger Kämmerer auf Vorschlag und Drängen von Bürgermeister Kollmeier höher bezahlt ist, als das in Gemeinden unserer Größenordnung üblich ist. Abgesehen davon kann und darf sich ein Bürgermeister in der Größenordnung von Hüfingen hier auch in der Sache nicht der Verantwortung entziehen. Bei Geldgeschäften in dieser Größenordnung muss sich der Bürgermeister, nach unserer Auffassung, auch um Details in der Sache kümmern. Das waren wir in der Vergangenheit anders gewohnt.

Und eines geht gar nicht: einen untergeordneten Angestellten öffentlich an den Pranger stellen. Da machen wir nicht mit!

Wenigstens ein bisschen Demut und mea culpa hätte man vom ersten Mann in der Stadt erwarten dürfen.